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Weltbürgerkrieg

Hello, Freunde des Weltbürgerkriegs,

gibt es noch Rätsel über den Kapitalismus, wenn Kapitalisten ihre Frohe Botschaft selbst verraten? Tycoone sind Pfeifen- und Fanfarenbläser ihrer selbst. Sie reden unmissverständlich.

Könnten sie nicht Klartext reden, hätten sie es nie in die enge Tür der heiligen EINPROZENT geschafft. Die EINPROZENT ist die schmale Tür, die enge Pforte. Gehet ein durch die enge Pforte, das haben die Milliardäre begriffen. Der Weg der Vielzuvielen ist breit, der zum Verderben führt. Der Weg ist schmal, der zum EINPROZENT führt, und wenige sind es, die ihn finden.

Tom Perkins ist ein Sprachrohr der Reichen, der Klartext spricht: „Lasset die Reichen reicher werden“ – und wehret ihnen nicht, denn sie haben das Himmelreich errungen.

Was sind die größten Belästigungen für Reiche, die ihr voluminöses Leben unbehindert leben wollen? Demokratie, die Französische Revolution, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Das Wahlrecht für Nichtshaber, die sich den Superreichen gleich fühlen dürfen, obgleich sie keine Steuern zahlen und dem Staat auf der Tasche liegen:

„Wer keine Steuern bezahlt, der sollte überhaupt kein Wahlrecht haben, so seine Überzeugung. Und wo er gerade dabei war, ging er noch weiter:

Auf einer Diskussionsveranstaltung forderte er eine Koppelung des Wahlrechts an die Höhe der entrichteten Steuern. „Wer eine Millionen Dollar Steuern zahlt, der sollte auch eine Millionen Stimmen haben“, stellte er seine Weltanschauung auf

einer Konferenz in San Francisco klar.“

Für Tom Perkins, den Propheten der Milliardäre, ist jeder Kapitalismusgegner ein Nazi-Freund. Schon Mitt Romney hatte im Wahlkampf gegen Obama – als er das Mikrofon ausgeschaltet glaubte – von sich gegeben: Die Armen „verließen sich auf den Staat, sehen sich als Opfer und glaubten, sie hätten Anspruch auf Gesundheitsvorsorge, Wohnungen und was noch alles“.

Das sind die Bürger, denen Perkins das Wahlrecht am liebsten gleich ganz abnehmen würde. „Perkins sieht „einen Krieg gegen die kreativen Ein-Prozent der Amerikaner. Einen Vorschlag hat er auch parat: „Die Lösung ist weniger (staatliche) Einmischung, niedrigere Steuern und lasst die Reichen machen, was Reiche eben machen: reicher werden.“ (Axel Postinett im Handelsblatt)

In einem Punkt irrt Perkins. Er sollte auf seinen Freund Warren Buffett hören, der noch reicher ist als er selbst und in fröhlichem Ton erklärt hatte: Wir Reichen führen Krieg gegen die Armen – und werden ihn gewinnen.

Was, meine Geschwister, ist noch unklar an der Lage der Welt? Wie lange wollen wir uns noch an der Metaphysik des Kapitalismus abarbeiten, obgleich er in erigierter Blöße auf dem Marktplatz herumstolziert? Müssen wir noch immer zu den blauen Bänden greifen und konspirativ wispern: der Meister aus Trier hat es gewusst, er hat schon alles vorausgesehen?

Der Kapitalismus ist kein Fascinosum, er ist platt wie eine Flunder. Wir aber sind gestört und tun, als verstünden wir nichts, als wäre alles so kompliziert. Das Einfache halten wir für die Schalmei der Rattenfänger. Die Reduktion kognitiver Dissonanz ist für uns ein Hobel der Populisten. An der Ausweitung des Unerkennbaren und Komplizierten erkennen wir die Wahrheit – die wir leugnen. Wenn wir nichts erkennen, sind wir schuldlos. Wer nichts weiß, muss nichts tun.

Das Mysterium ist der Schutzwall des Glaubens und des Gelds. Die Deutschen haben es fertig gebracht, die Revolution auf Manjana zu schalten: morgen, morgen, nur nicht heute. Sokrates wurde ins Gegenteil verkehrt. Wir können nichts wissen, also können wir nichts tun.

Warum sind Warren Buffett und Tom Perkins keine Ereignisse in Deutschland? Weil sie unerträglich platt sind, müssen wir sie nicht zur Kenntnis nehmen.

Der Kapitalismus ist geheimnislos, das ist sein einziges Geheimnis. Die Ein-Prozent wird nicht ruhen, bis sie den gesamten Reichtum der Welt an sich gerissen hat. Der Rest der Weltbevölkerung wird durchgefüttert.

Wir beruhigen uns mit den Drohsätzen: Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als ein Reicher ins Himmelreich. Ist dem Kapitalismus damit nicht die Axt an die Wurzel gelegt?

Im Gegenteil. Macht ein Papst auf Armenfreund, lehnen wir uns beruhigt zurück. Die himmlische Dauerwarnung ist geschaltet. Es genügt unserem zarten Gewissen, wenn höhere Mächte zu tun scheinen, was wir selber tun müssten. Religion ist ein Rundum-Wohlgefühl-Paket. Alles wird für uns getan.

Das Christentum hat nie etwas geändert und wird nie etwas ändern. Es wird immer nur drohen. Den Drohton hört die Welt schon seit 2000 Jahren. Die verdorbene Welt ist nicht mehr zu retten. Hier hilft nur Gesamtabriss und totaler Neubeginn. Aber nicht durch uns. Sondern durch den Meister – der sich immer ankündigt, aber nie kommt.

Mit dem Drohton wird das Elend abgesegnet. Elend muss sein, das ist die Voraussetzung jeder himmlischen Totaloperation. Würden die Menschen ihr selbst geschaffenes Elend beiseite schaffen, kämen die Jenseitsärzte umsonst. Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, also müssen wir lebenslänglich auf dem Krankenbett dahinsiechen. Zum Glauben gehört das Bekenntnis, die Welt müsse unrettbar sein.

Prokrastination ist heiliges Warten. Nichts anderes als revolutionärer Attentismus. Systemverteidiger und -angreifer leiden unter derselben Krankheit: Warten auf Godot. Nein, Warten ist keine Krankheit, sondern eine Tugend. Wir müssen warten. Wehe, wir warten nicht. Warten ist Wachen. Da wir rund um die Uhr warten und wachen müssen, sind wir längst mit offenen Augen im Tiefschlaf.

Jesus hatte nichts, wo er sein Haupt hinlegte. Das ist kein Aufruf zur Veränderung, um dem heimatlosen Herrn eine Zuflucht zu verschaffen. Auf Erden arbeitet Jesus an seiner Kreditwürdigkeit, damit er seines ewigen Erbes würdig wird. Zuerst Heilsarbeit auf Erden, dann der Lohn in Ewigkeit.

Das irdische Leben ist Vorlauf, Vorlust, Vorspiel. Hier erweist sich, wer das Erbe verdient hat. Arbeit im Dienst des Heiligen findet auf Erden statt, Zahltag ist im Himmel. Dienstjahre sind keine Herrenjahre. Wer nicht Knecht sein konnte, wird im Jenseits kein Herr.

Das Gegenteil verdient das Gegenteil. Arm verdient reich, Leiden verdient Freude, Tod verdient ewiges Leben. Erlösung ist keine Homöopathie, die Gleiches mit Gleichem kurierte. Erlösung liebt Gegensätze, die sich im Himmel auflösen. Nur, wer den Schein der Gegensätze durchschaut, der kommt ans Ziel.

Man kann nicht zween Herren dienen – entweder Gott oder dem Mammon. Ist Mammon ein Gegengott? Nur wenn er sich dem wahren Gott als Gott entgegenstellt. Wenn er Gott dient, ist er Heilsmittel:

„Den Reichen gebiete in der jetzigen Welt, dass sie nicht hochmütig seien, noch ihre Hoffnung nicht auf den unsichern Reichtum setzen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet zum Genuss, dass sie Gutes tun, reich seien an guten Werken, freigebig seien, gern mitteilend, wodurch sie für sich selbst einen guten Schatz beiseite legen auf die Zukunft hin, damit sie das wahre Leben erlangen.“

Hat jemand das geringste Signal gehört, seinen Reichtum komplett den Armen zu schenken? Im Gegenteil, man muss reich sein, um gute Werke tun zu können. Bist du nicht reich, kannst du nicht freigebig sein. Arm sein, heißt, sich dem Tugendkatalog Gottes zu widersetzen. Der Arme ist ein heimlicher Widersacher Gottes, der tut, als könne er nichts Gutes tun, weil ihm das nötige Kleingeld fehlt.

„Die meisten Evangelikalen, vor allem in unserem Jahrhundert, akzeptierten den Kapitalismus als Wirtschaftsform und damit die Doktrin, dass die Schwächeren im Konkurrenzkampf ausgeschieden werden“, schreibt ein Erich Geldbach (!) im Buch „Gott und Politik in USA“. Tom Perkins ist voll auf der Linie der Gläubigen.

Konkurrenzkampf gibt es nicht im Neuen Testament?

„Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt. Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen. Darum laufe ich nicht wie einer, der ziellos läuft, und kämpfe mit der Faust nicht wie einer, der in die Luft schlägt; vielmehr züchtige und unterwerfe ich meinen Leib, damit ich nicht anderen predige und selbst verworfen werde.“

Nur einer gewinnt den Siegespreis. Einer von wie vielen? Das ist der Ursprung der EINPROZENT-Milliardäre. Alles muss um den Gewinn des finalen Siegs gehen. Was dem Ziel nicht dient, muss verworfen werden.

„Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und wieder verbarg. Und in seiner Freude ging er hin und verkauft alles, was er hat und kauft jenen Acker.“

Das nennt man Risiko-Fähigkeit. Riskiere alles, um alles zu gewinnen. Ohne diese Fähigkeit bist du beim Zocken aufgeschmissen. Konzentriere dich auf das Eine, das not tut – und das ist der Schatz oder die Perle im Acker:

„Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er aber eine kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin, verkaufte alles, was er hatte und kaufte sie.“

Armut kann Sünde sein, wenn sie Folge der Faulheit, der Zuchtlosigkeit, der Genusssucht ist. Im theologischen Standardlexikon der Protestanten stehen die Sätze, dass es einen unlösbaren Zusammenhang zwischen Armut und Sünde gebe: „Die Tatsache der Armut ist Folge der Herrschaft der Sünde.“ Solange die Welt besteht, werde Armut grundsätzlich unausrottbar sein. (RGG)

Womit wir bei Franz von Assisi wären, der ein Leben ohne Eigentum predigte. Dazu gehörte der Verzicht auf gerechte Lohnforderungen. Das werden italienische Arbeitgeber von damals gern gesehen haben.

Der Kirche hingegen passte dieses Armutsprotzen gar nicht. Die Behauptung franziskanischer Kreise, Christus habe in völliger Besitzlosigkeit und Armut gelebt, wurde vom Papst als gefährlich empfunden. Johannes XXII. „verurteilte diese Ansicht im Armutsstreit des 14.Jahrhunderts und erließ ein Diskussionsverbot“.

Ein typisches Beispiel der christlichen Registermoral. Alles ist möglich, alles ist erwünscht, alles ist verboten – such dir das Passende aus.

Im Gleichnis vom verlorenen Schaf wird die EINPROZENT-Elite als heilige Norm gepriesen. Wenn von 100 Schafen eins verloren geht, wird der Hirte 99 den Wölfen überlassen, um das One and Only zu retten: „Und wenn er es findet, wahrlich, ich sage euch: Er freut sich über dasselbe mehr als über die 99, die nicht verirrt waren. So wird im Himmel mehr Freude sein über einen Sünder, der Busse tut, als über 99 Gerechte, die der Busse nicht bedürfen.“

Wer den Erlöser nicht braucht, ist uninteressant und wird verworfen. Wer den Kleinen und Schwachen spielt, um dem Meister zu schmeicheln, der kommt ins Finale. Trotz solcher Stellen wird überall das Märchen erzählt, vor Gott seien alle Menschen gleich. Stell dich doof und dumm und mime das Opfer, dann hast du den Höchsten auf deiner Seite.

Weder das Alte noch das Neue Testament wollen die irdischen Verhältnisse reformieren. Diese seien unreformierbar und benötigten eine himmlische Generalüberholung. Das bestätigt der linke Kantianer Karl Vorländer:

„Jedenfalls hören wir nirgendwo von einer erstrebten Änderung der äußeren Verhältnisse, von einer Bekämpfung des Eigentums. Im Gegenteil: Ihr Sklaven, seid untertan euren Herren. Die Gleichheit aller, die Aufhebung aller sozialen Unterschiede gilt nur vor Gott.“

Die Armen habt ihr allezeit bei euch – ein Aufruf, die Armut auf Erden zu beheben? Und wie steht‘s mit den caritativen Pflichten? Sind sie nicht dazu da, das Armenelend mit guten Taten zu eliminieren?

Im Gegenteil: „Die Ausdehnung der Liebestätigkeit und Armenfürsorge wäre überflüssig gewesen und würde sich erübrigen bei Einführung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung.“

Nächstenliebe ist die Ausnahme, die die Regel der lieblosen Verhältnisse bestätigt. An wem können Christen ihre guten Werke erweisen, die sie zur Gewinnung der Seligkeit brauchen, wenn nicht an Armen? Keine Missverständnisse: die Armen kommen nicht ins Himmelreich, wenn sie einige Brosamen erhalten.

Nächstenliebe ist Sonderrecht, das Gegenteil einer allgemein gültigen Moral, die zum Gesetz eines Staates erhoben werden kann. Mit Sonderrechten kennen sich die Sonderwegdeutschen aus. Das allgemeine Vernunftrecht des Westens lehnten sie vollständig ab und reklamierten für sich das Sonderrecht nationaler Sonderwürste.

Bis heute gelten soziale Gesetze des Staates als minderwertig, verglichen mit Gnadenbrosamen aus der Hand der Privilegierten. Philosoph Sloterdijk wollte alle sozialen Steuern abschaffen und durch Liebesbrosamen ersetzen. Was vom Staat kommt, ist herzlos, was von Sloterdijk, trieft von Agape. Allgemeine Gesetze, die alle Menschen gleich behandeln, sind abstrakt und ohne Gefühl, wer einen Sonderbonus erhält, darf sich selig preisen.

Vorländer: „Jesus will die Seelen erlösen, nicht die irdische Lage der Armen verbessern. Sein Reich „ist nicht von dieser Welt“. Er achtet alle Sorge um das Weltliche gering: «Sorget nicht für euer Leben, was ihr esset, noch für euren Leib, was ihr antun sollt.»“

Dieses Wort hat besonders bei Deutschen eingeschlagen. Es ist das Lieblingszitat von Claudia Roth, die sich unter der Verheißung ein Schlaraffenland vorstellt. Mit dieser trügerischen Verheißung glaubten die Deutschen, sich über allen wirtschaftlichen Sachverstand hinweg zu heben. Schon schwebten sie sorg- und mühelos im Jenseits – und überließen die irdische Welt dem wirtschaftlichen Sachverstand der Angelsachsen.

Die Konkurrenz gegen die fitten Neocalvinisten im gelobten Land Amerika verloren sie mit Pauken und Trompeten. Die zu Hause gebliebenen Schollenbauern verstanden bis gestern nichts von den Tücken des Kredits und der Staatsanleihen. Auch in der sozialen Marktwirtschaft war kein ökonomischer Sachverstand nötig, denn alles brummte wie von selbst.

Erst seit dem Fall der Mauer – seitdem die Perkins & Co an der Wallstreet das Tempo beschleunigten und die Katze des Finanzkapitals aus dem Sack ließen – müssen sie das Einmaleins des Zinsrechnens mühsam nachholen.

Natürlich muss der Mensch sich um seine irdischen Dinge kümmern und sich Gedanken machen, wie er am besten seine Interessen mit denen der Gesellschaft verknüpft. Nur Brauseköpfe vertrauen windigen göttlichen Verheißungen. Während sie träumen, Lilien auf dem Felde zu sein, predigen sie das unerbittlichste Arbeitsethos der Geschichte: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen.

Das ist – strikt gesprochen – das Todesurteil über alle Arbeitslosen. Der Sinn des Lebens besteht in der Maloche um ihrer selbst willen. Der Mensch lebt, um zu arbeiten. Das BGE hat bei der arrivierten Proletenpartei SPD nicht die geringste Chance. Hierzulande muss man schuften, bis die Rentenzeit jedem Müßiggänger seine totale Bedeutungslosigkeit einhämmert.

Menschen mit Arbeit und Einkommen sind vollwertige Menschen. Der arbeitslose Rest der Gesellschaft ist müßiger Sondermüll. Versteht sich, dass Kants Forderung: habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen, von dauerbeschäftigten Arbeitssklaven nicht erfüllt werden kann.

Dem entspricht das Niveau der öffentlichen Debatten. Wessen Gehirn sich nicht gelegentlich lüften kann, der muss seine eingeklemmten Gefühle in Shitstorms ablassen.

Bücherlesen und wahres lebenslanges Lernen – das nicht beruflichem Karriereturnen dient – sind hier so gut wie unbekannt. Glaubt jemand, bei uns würden Gazetten gelesen? Würde man sie aufmerksam lesen, würde man sie nie mehr lesen. Man entziffert Schlagzeilen und komplettiert sie durch Ansagen des schneidigen Herrn Kleber. Fertig ist das Mondgesicht.

Kein Laie, der sich Christ nennt – doch wo Großmutters Bibel steht, hat er vergessen – weiß, dass sein geliebtes Neues Testament zur wirtschaftlichen Korruption rät. Die Kinder des Lichts sollen von den Söhnen dieser Welt lernen. Diese seien jenen an Verschlagenheit überlegen.

Wer rechnet mit solch biblischen Ratschlägen aus dem Handbuch der List und Tücke? Tretet ein und bedient euch: welche Moral hättet ihr gern? Ein bisschen geistbegabte Hinterfotzigkeit?

Im Gleichnis vom ungerechten Haushalter rät der Heilige des Evangelii – Kants Begriff für Jesus –, die Frommen sollten von den Kindern der Welt die Kunst des Bestechens lernen, damit sie ihre Schäfchen ins Trockene kriegen. Den Schuldnern seines Herrn soll der ungerechte Haushalter die Schuldscheine nach unten fälschen, damit sie sich ihm gegenüber erkenntlich zeigen, wenn er von seinem Herrn entlassen wird:

„Und der HERR lobte den ungerechten Haushalter, daß er klüglich gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind klüger als die Kinder des Lichtes in ihrem Geschlecht. Und ich sage euch auch: Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf daß, wenn ihr nun darbet, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.“

Der ungerechte Mammon wird nicht abgelehnt. Er soll dem ewigen Profit dienen. Die Reichen sind zu Recht die Lieblinge Gottes. Sie können – mit dem Segen des Herrn – besser betrügen.

Der Christ soll genau kalkulieren, wem er Gutes tut. Beschenkt er Menschen, die ihm nichts zurückgeben können, wird sein Lohn im Himmel übermäßig sein:

„Er sprach auch zu dem, der ihn geladen hatte: Wenn du ein Mittags- oder Abendmahl machst, so lade nicht deine Freunde noch deine Brüder noch deine Gefreunde noch deine Nachbarn, die da reich sind, auf daß sie dich nicht etwa wieder laden und dir vergolten werde. Sondern wenn du ein Mahl machst, so lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen, die Blinden, so bist du selig; denn sie haben’s dir nicht zu vergelten, es wird dir aber vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten.“

Agape ist eine zinsbegünstigte Investition für den Gewinn der Seligkeit.