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Welt retten! Aber subito! XVI

Tagesmail vom 10.10.2022

Welt retten! Aber subito! XVI,

die beschwerlichsten Lasten, mit denen die Deutschen in die Zukunft gehen müssen, sind nicht explodierende Mieten und Gaspreise, sondern – ihre Schuld, ihre übergroße moralische, religiöse, politische Schuld. Ihre Schuld vor Gott.

Nicht Geld-Schulden. Ein Federstrich genügte und diese wären getilgt. Geld ist eine Geburt aus Nichts. Geldschulden wären Nichts, wenn wir sie als Nichts behandelten.

David Graeber beschreibt die „Fähigkeit des Geldes, Moral in eine Sache unpersönlicher Arithmetik zu verwandeln – und dabei Dinge zu rechtfertigen, die ansonsten empörend oder obszön wären.“ (David Graeber, Schulden)

Was ist das größte Geschenk der brillanten Ökonomie an die Menschheit? Sie hat die übergroße, unsichtbare Schuld der Sünder in sichtbaren Zaster verwandelt. In berechen- und nachweisbaren, tresor- und zinsfähigen, zahlbar-quantitativen Zaster.

Das hat Vor- und Nachteile. Die Vorteile liegen auf der Hand: wessen Schulden getilgt sind, die wären per Rückzahlung fürs erste getilgt. Nachteile wären die immer noch vorhandenen Skrupel und Gewissensbisse: ist unsere Schuld tatsächlich verschwunden, wenn wir sie nur mit Mammon beglichen haben?

Gewisse Religionen verwandelten die Menschen in Gläubige und stürzten sie in Schuld und Sünde. Sie fabrizierten Verbote, die zu absurd und komplex waren, um befolgt zu werden. Also verstießen die Menschen in Leichtsinn, Dummheit oder Trotz gegen diese ärgerlichen Vorschriften – und wurden für immer schuldig.

Plötzlich standen sie in der Schuld eines Gottes, den sie vorher kaum beachtet hatten und der sich nun mit List und Tücke in den Mittelpunkt ihres Lebens gedrängt hatte.

Die Verbote bezogen sich auf die köstliche Natur:

„Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet! Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von seiner Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon und er aß. Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.“

Was für eine lächerliche Erzählung am Anfang der Geschichte. Ein Tier wird zum Prinzip des Bösen erklärt, weil es wagte, als Aufklärer den Menschen die Wahrheit zu sagen. Menschen: die Natur ist eure wahre Verbündete, die euch erfreuen, ernähren und klug machen kann – wenn ihr sie in Ehren haltet.

Und nun betritt das Verhängnis in der Person eines Mannes die Bühne, der sich als Schöpfer allen Seins und aller Wahrheit ausgibt und mit einer unfassbaren Strafe – für nichts – die gesamte Geschichte des Menschengeschlechts in ungeheures Blutvergießen, endlose Kriege, unfassbares Elend und übermächtige Schuld stürzen wird.

„Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein. Und zum Mann sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück.“

Selbst wenn es Schuld gewesen wäre, wäre es nur ein Mückenstich gewesen. Da der Mückenstich aber einen Supermann traf, der sich für vollkommen hielt, wurde aus dem Nichts ein Majestätsverbrechen, ja mehr, ein Verbrechen an einem Wesen, das sich für einen allmächtigen Gott hielt.

Der angebliche Sündenfall einer naturliebenden und wahrheitssuchenden Frau wurde vom Mann zu seiner Selbsterhöhung zum Gott genutzt – der mit einem Schlag erreichte, was seinen Gotteswahn von Anfang an gefährdet hätte: die Frau wurde der Natur entfremdet, um dem göttlichen Mann für immer als Magd zu dienen.

Damit waren die Drehbücher der Geschichte von Anfang bis zu ihrem Ende festgeschrieben. In der bevorstehenden Apokalypse droht der Mensch wieder zu dem zu werden, woraus er gemacht worden war: zu Staub und Asche.

Die Heilsgeschichte wurde zur Unheilsgeschichte. Der Mensch wurde dazu bestimmt, die Natur aufzuzehren und zu verwüsten; die Natur, die seine Mutter war, musste den aggressiven Wüstling in Dreck und Staub zerlegen.

Die jetzige Menschheit darf sich freuen. Sie wurde auserlesen, das Ende der Geschichte, die für die meisten Menschen zur Unheilsgeschichte wurde, mit allen Ängsten und Schuldgefühlen zu erleben.

War‘s das? Wissen wir nun, was wir wissen wollten, um unser Leben sinnvoll zu gestalten?

Der über alles Irdische erhabene göttliche Mann erlebt den Höhepunkt seiner Herrlichkeit – und darf sich im Triumph auf die Schenkel schlagen. Kann er nun endlich seinen bayrischen Schuhplattler im Universum – zusammen mit seinem Liebling Musk – tanzen und sich seiner Ewigkeit freuen?

Nicht ganz. Eine Kleinigkeit fehlt, um für die notwendige Spannung in der Geschichte zu sorgen. Ohne Spannung und Remmidemmi wird’s nicht nur dem Schöpfer langweilig, sondern auch seinen irdischen Imitationen, den göttergleichen Genies. Wer kreativ sein will, muss unberechenbare Risiken bestehen.

Und siehe, seine unendliche Weisheit hat vorgesorgt:

„Gott der HERR machte Adam und seiner Frau Röcke von Fellen und zog sie ihnen an. Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und nehme auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich! Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, dass er die Erde bebaute, von der er genommen war. Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.“

Gott ist immer unberechenbar: nie darf er nur jähzornig, sondern muss auch fürsorglich und väterlich sein können: persönlich fertigt er den Seinen die Fellröcke an. Auch Trump kann ungewöhnlich charmant und freigebig sein.

Doch wenn er seine almosenhafte Nächstenliebe absolviert hat, folgt der Hammer: raus aus dem Paradies, ihr gottlosen Gestalten, sonst werdet ihr nie mehr rasten oder ruhen, bis ihr unsterblich geworden seid.

Das also ist die prickelnde Spannung: wird es dem Menschen je gelingen, auf Erden unsterblich zu werden – oder werden alle in die Grube fahren?

Das also ist der Wettlauf zwischen dem unsterblichkeits-gierigen Menschen und seinem Schöpfer, der solches mit allen Mitteln vereiteln will. Ray Kurzweil ist nicht der einzige IT-Gigant, der die Sterblichkeit des Menschen überwinden will. Wird es den Genies von Silicon Valley gelingen? Wetten werden noch angenommen.

Der Fortschritt des christlichen Westens ist die Realisierung seines Unsterblichkeitswahns. Nie darf die Zeit stehen bleiben – wie bei den Heiden, die das nunc stans (das stehende Jetzt) als Inbegriff der Vollkommenheit erleben.

Nunc stans ist die mittelalterliche Übernahme einer platonischen Idee: „Platon beschrieb die Zeit als „bewegtes Bild der Ewigkeit“. Die Zeit erstreckt sich zwar auf Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, aber nur der Ewigkeit kommt Gegenwart zu. Aus dieser Bestimmung wird eine Tradition, die die Ewigkeit als zeitloses Jetzt bestimmt.“ (Wiki)

Das stehende Jetzt kann nur in zyklischer Zeit vorkommen. In der linearen Zeit der Heilsgeschichte gibt es keine stehenden Augenblicke. Hier fließt alles, die Zeit und läuft und läuft und läuft …

Im Zyklus bewegen sich alle Dinge und bleiben sich dennoch gleich. In der Heilslinie wiederholt sich nichts – außer der Sünde. In jedem Augenblick beginnt die Schöpfung von vorne oder: alles erfindet sich täglich neu.

Von wem stammt das Lob:

„Ihre Zeitung ging und geht mit der Zeit. Sie war und ist erfolgreich und meinungsstark.“ (Sueddeutsche.de)

Von einer ehemaligen Kanzlerin, die ihre Wiederauferstehung feiert und eine Gazette preist. Indem sie die SZ lobt, wird sie selbst gelobt. Das nennt man einen Win-Win-Deal – oder ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: gibst du mir, geb ich dir. Eine Hand wäscht die andere.

Wer den Unterschied kennt zwischen zyklischer und linearer Zeit, für den können die Worte der Kanzlerin kein Lob sein, sondern im Gegenteil: sie sind ein moralischer Verriss.

Denn wer mit der Zeit geht, ist ein Mitläufer derselben. Alles wird er befolgen, was die Zeit von ihm fordern wird. Nicht er wird sein Tun bestimmen, sondern die über ihm ablaufende Heils-Zeit. Käme er ins kaiserliche Berlin, würde er den Kaiser loben, käme er nach Weimar, würde er die neue Demokratie rühmen, käme er in die NS-Zeit …

Dieses untertänige Mitlaufen mit der Zeit war auch das stumme Regierungscredo der frommen Kanzlerin, die der Obrigkeit der Heilszeit untertan war. Selbst hatte sie keine Leitlinie – und durfte auch keine haben. Das wäre Hybris gegen Gott gewesen.

Wann wir schreiten Seit’ an Seit’
und die alten Lieder singen
und die Wälder widerklingen
fühlen wir, es muß gelingen:
Mit uns zieht die neue Zeit,
Mit uns zieht die neue Zeit.

Ihr war bewusst, dass sie viele Entscheidungen treffen musste, die sie für falsch und verwerflich hielt. Dennoch – das war Gebot von Oben – musste sie in den sauren Apfel beißen, wohl wissend, dass sie in der civitas diaboli (im Reich des Teufels) Pflichtdienst hatte und nicht in der civitas caelestis (im Reich der Liebe) .

Das war keine kantische Pflichtübung, sondern das lutherische Dogma: Sündige tapfer, wenn du nur glaubst. Der Glaube deckt alle Sünden zu. Just so erleben wir momentan die Kanzlerin, wie sie neugeboren und strahlend in die Öffentlichkeit zurückkehrt. Sie hat sich neu erfunden.

Inzwischen hat sich verschämt herumgesprochen, welche unheilvollen Fehler ihr beim Regieren unterlaufen waren. Heute will sie wohl gewusst haben, wie gefährlich Putin sein kann – und dennoch hat sie alles geschluckt, was dem Wiederbeleber Russlands an Gewalttaten einfiel.

Wieder ein Fall für ihre bedingungslose Loyalität. Auch Israels menschenrechtsverletzende Politik wurde von ihr – zumindest in der Öffentlichkeit – nie kritisch bedacht. Der Verfälschung des Kampfes gegen Antisemitismus in die politische Immunisierung des Staates Israel schaute sie wortlos zu.

Vermutlich glaubte sie, den gefährlichen Wladimir mit attraktiven Geschäften an die Leine legen zu können.

Trotz mancher Kritik fühlt sich auch der SPIEGEL berechtigt, die „Menschenfreundlichkeit“ der Ex-Kanzlerin zu rühmen:

„Heute bekommt Merkel in Genf vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR den Nansen-Preis für ihre Flüchtlingspolitik überreicht. 2015 hat Merkel die Grenzen für Migranten offen gehalten, obwohl sehr viele kamen. Das war ein großes Zeichen der Menschlichkeit, weshalb sie diesen Preis verdient hat.“ (SPIEGEL.de)

Der SPIEGEL kann nicht unterscheiden zwischen almosenhaftem Ablass – und einer strikten Grundsatzpolitik. Protestantin Merkel ist zwischenzeitlich zum Katholizismus konvertiert; eine gelegentliche gute Tat kann den Himmel bestechen, dem frei flottierenden Sünder zu vergeben. Eine gute Tat deckt viele böse Taten zu.

Das ist ein absoluter Widerspruch zur Luthers Rechtfertigung allein durch den Glauben, nicht durch gute Werke. Was Merkel tat, war Werkgerechtigkeit mittels guter Einzeltaten.

Einmal ließ sie Flüchtlinge ins Land, danach blieben die Grenzen bis heute verschlossen. Eine plakative Ausnahme-Tat sollte die vielen Flüchtlinge, die im Meer ertrinken mussten, vergessen machen. Deutschland feiert seinen Reformator Luther – und praktiziert eine katholische Ablass-Gerechtigkeit. Ablass ist eine Bestechung des Himmels, nicht die Absicht, sich einer kategorischen Humanität zu befleißigen.

Auch im Kampf gegen Antisemitismus hat sie sich immer nur der jeweiligen Zeit angepasst. Grundsätzliche Worte und klärende Argumente waren nie von ihr zu hören.

Inzwischen geht es auch gar nicht mehr um religiösen Hass der Christen gegen jüdische Christusmörder. Die ganze Kampagne entlarvt ihr wahres Ziel: jegliche Kritik an der menschenfeindlichen Politik Jerusalems soll unterbunden werden. Israels ultrarechte Politik muss unfehlbar erscheinen.

„Beck zu BILD: „Antisemitismus-Toleranz schadet in Deutschland nicht. Israelhass ist karrierefördernd.“ (BILD.de)

Es geht um Hass gegen Israel. Hass-Politik ist nie förderlich. Doch dieser Hass hat einen Grund: er ist ein Protest gegen den Landraub Israels an den palästinensischen Gebieten. Die Ursache dieses Hasses wird in keiner BILD erwähnt. Die Verletzung der UN-Menschenrechte durch Israel muss verschwiegen werden.

Das ist beileibe keine Verteidigung Israels durch Judenfreunde, sondern ein hinterhältiger Angriff gegen die Juden mit dem unausgesprochenen Argument: Israels Palästinapolitik ist unfehlbar und darf von niemandem kritisiert werden. Schon gar nicht von sogenannten Freunden, die offenbar vergessen haben, was ihre Väter den Juden antaten.

Israel wird in der Welt als Staat dargestellt, der keinerlei Kritik an seiner Politik duldet. Dann darf man sich wundern, warum der junge Staat in der Welt immer mehr gehasst wird. Er würde dieselbe koloniale Politik verfolgen wie einst der ganze Westen.

Vielleicht wäre das die neue Formel für Antisemitismus, die längst fällig wäre. Denn mit Religion darf die Chose nichts mehr zu tun haben. Die christlichen Kirchen und das orthodoxe Judentum haben längst ein Bündnis geschlossen: der alte Antisemitismus, ja, der hätte vieles falsch verstanden in der Schrift, weshalb die Evangelien neu gedeutet werden müssten.

Inzwischen sind durch einfallsreiche Hermeneutiker die „bösen Stellen“ aus dem Neuen Testament längst entschärft:

„Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder.“ Jesus hatte die Juden für sündig und verderbt erklärt: „Ihr seid von dem Vater, dem Teufel und nach eures Vaters Lust woltt ihr tun.“

Auf den Müll mit solchen infamen Sprüchen. Ausgerechnet die Oberammergauer-Festspiele sorgen nun dafür, dass das Neue Testament von solchen judenfeindlichen Verdammungen gesäubert wird.

„Dass diese neue Torah nun ausgerechnet von Deutschland ausgeht, bedeutet auch: Wir Deutschen, die Verursacher der größten Katastrophe in der jüdischen Geschichte, haben unsere Lektion endgültig gelernt. Wir beseitigen alle Spuren des Antisemitismus aus den Passionsspielen und aus dem Neuen Testament – und, weil wir schon mal dabei sind, das Neue Testament gleich mit. Mit anderen Worten: Wir erklären der Welt, wie Judentum und Christentum aussehen müssen, damit Juden und Christen in Zukunft einträchtig miteinander leben können.“ (Sueddeutsche.de)

Was lernen wir daraus? Gefällt dir deine Heilige Schrift nicht mehr: verändere sie einfach nach Belieben. Tu es aber stillschweigend, damit der gläubige Pöbel nichts davon erfährt, er könnte plötzlich aggressiv werden. Die irrtumslose Heiligkeit der biblischen Schriften bleibt auf jeden Fall erhalten. Was sich im Innern der Schriften, dem wechselnden Zeitgeist gemäß, abspielt, interessiert ohnehin niemanden. Wer liest denn noch regelmäßig in seinem geliebten Neuen Testament?

Christen der Gegenwart, die möglicherweise einer allerletzten Katastrophe des Menschengeschlechts entgegen gehen, benötigen die gläubige Gewissheit, dass ihnen alle Schuld vergeben werde. Und das stünde nur im Buch der Bücher, welches zum Schein unverändert bleiben muss.

Wenn das Buch der Bücher aus politischer Opportunität regelmäßig gesäubert und verändert werden muss, dann aber bitte geräuschlos.

Denn Gottes Wort muss immer dasselbe bleiben, niemals darf der Allwissende sich getäuscht haben.

Damit wäre das Ziel erreicht, den religiösen Antisemitismus ausgemustert zu haben. Denn wenn der Antisemitismus aus der Bibel verbannt ist: auf welche Stellen könnte er sich heute noch berufen? Kann es aber keinen religiösen Antisemitismus mehr geben, muss jede antijüdische Tat ein versteckter Angriff gegen Israel sein. An die Stelle des uralten Antisemitismus ist der Hass gegen das moderne Israel getreten. Ein phänomenaler Sieg für die Ultrarechten in Jerusalem, die freie Hand haben für ihre menschenfeindliche Politik.

Was ist das Geheimnis des erfolgreichen christlichen Westens? Alles tritt auf der Stelle, alle Sünder bleiben unbelehrbar, alle Schuld wiederholt sich – und dennoch ändert sich alles in Blitzesschnelle. Wahre Christen erfinden sich täglich neu, indem sie der rasenden Zeit hinterherjagen.

Der christliche Westen bleibt unbesiegbar.

 

Fortsetzung folgt.