Kategorien
Tagesmail

Welt retten! Aber subito! XCVIII

Tagesmail vom 17.07.2023

Welt retten! Aber subito! XCVIII,

In meinen jungen Jahren war das Land schön. In den Flußauen wuchs Wald, Baumwollbäume, Ahorne, Ulmen, Eichen, Hickorys, Waldnüsse und viele andere Arten mehr. Da wuchsen im Unterholz Reben und Büsche, und noch eine Stufe tiefer gediehen viele gute Kräuter und Blumen. Wald und Prärie waren durchzogen von Wildpfaden, und überall sangen die Vögel. Die Tiere gingen, flogen, sprangen, liefen und spielten herum.

Aber nun ist das Gesicht des Landes verwandelt und voller Trauer. Die lebenden Wesen sind dahin. Ich sehe das Land verwüstet, und mich drückt unsäglicher Kummer. Manchmal wache ich nachts auf, und dann meine ich ersticken zu müssen unter dem Druck dieses fürchterlichen Gefühls der Einsamkeit.“ (Omaha-Indianer)

In Deutschland können solche Verwirrungen nicht vorkommen.

Greift Natur besonders vehement an, geht Deutschland in den Urlaub. Mit Sonderzulagen schwirren die Regierenden in der Welt herum.

Steigt die Rate der Geistesverwirrten ob der Verhängnisse, haben wir Experten, die uns beruhigen: das sind private Probleme der Kleinen und Schwachen! Haben mit der objektiven Lage nichts zu tun.

Werden Klimakleber immer dreister, die uns vor dem Schlimmsten warnen wollen, haben wir funktionierende Gesetze und Richter, die sie rechtzeitig wegsperren – damit die Urlaubsjets ungehindert starten und landen können.

Unser Rechtsempfinden ist schlicht, es trifft immer die Richtigen. Schuldig ist, wer vor Gefahren warnt. Unschuldig sind alle, die unbeirrt weiterbrettern. Muss der Fortschritt doch bruchlos beschleunigt werden.

Stiege die Zahl der Selbstmörder, weil sie ihr Leben in Deutschland nicht länger ertrügen, gibt es ein einfaches Mittel, um das Versagen der Heimat zu verdecken: niemand darf die Zahl der Selbstvernichter kennen.

Wäre Deutschland an letzter Stelle aller Nationen, um seinen Menschen ein gutes und frohes Leben zu bieten – und die Zahl seiner Selbstmörder wäre am höchsten – gäbe es ein erprobtes Mittel, um diese Schande zu verbergen: Selbstmord verbieten.

Sollen sich unsere Regierungen etwa blamieren lassen von Lebensuntauglichen und Versagern?

Was den Wettbewerb behindert, muss verboten werden. Sinkt nicht bereits die Rate der produzierten Volkswagen? Werden die Chinesen nicht schon nervös, weil Baerbock unberechenbar freundlich und angriffslustig ist?

Die Weißen, sie sind ein kraftvolles Volk, stark und zäh. Sie fliegen auf in die Luft, in den Himmel, sie schwimmen im Wasser, sie graben sich in die Erde. Über der Erde töten sie alle Bäume, töten alle Tiere. Vielleicht sind sie sogar fähig, den Mond zu ergreifen, oder die Sterne, einen oder zwei und mit ihrem Tod den Himmel zu erfüllen. Wir wussten nicht, was Krankheit und Siechtum sind.

Ihre Kühe, die so krank sind, dass sie ununterbrochen Milch geben, ihre Tiere, die so krank sind, dass sie fetter und fetter werden, nicht mehr laufen, liegen oder sitzen, sondern nur noch essen können, immer nur essen, essen, essen, sind gut zu essen, ihr Fleisch ist weich und zart, aber man wird krank an Seele und Körper. Man will auch ununterbrochen Dinge hervorbringen, viel mehr als man braucht.

Unser Volk kannte einst nur langes Leben. Heute essen wir des weißen Mannes Nahrung, wir leben nicht mehr so lange, wir sind nicht mehr gesund, weder im Körper noch im Geist. Wir erleben vielleicht sechzig oder siebzig Jahre, aber keine hundert oder hundertzwanzig mehr.“ (Fred Last Bull)

Krankheiten stören uns nicht. Wir haben hochwertige Medizin und die besten Untersuchungsmethoden der Geschichte, die den menschlichen Körper so durchsichtig machen, dass uns nichts verborgen bleibt. Wir essen, was uns schmeckt und wenn wir dabei aus allen Nähten platzen.

Wir verstecken uns in winzigen Wohnungen, die endlos übereinander gestapelt sind und haben kein Problem, unsere Zeit sinnlos zu vergeuden. Denn: das nehmen uns die Mächtigen ab, die uns Arbeit geben, damit wir über die Runden kommen. Hat es jemals einen Zustand gegeben, in dem man sich frei fühlt, obgleich man fast den ganzen Tag tut, was andere von uns wollen? Hat es jemals einen Zustand gegeben, indem man sich frei fühlt – weil man hier aufhören und dort beginnen kann –, obgleich man den Willen fremder Menschen erfüllen muss?

Was die Antike Sklavenarbeit nannte, ist bei uns Normalität. Wenn das kein Fortschritt ist!!

Hatten die Indianer Bücher, Bildung oder Gazetten? Mussten sie nicht ständig umherstreifen, um Tiere zu erledigen, damit sie nicht verhungern?

Haben sie jemals die Erde aus der Perspektive des Weltraums gesehen? Kannten sie den Unterschied zwischen Atom und Molekül? Den zwischen Einstein und Heisenberg?

Was für ein klägliches Leben führten sie, verglichen mit dem unserer Superheros, die Musk oder Zuckerberg heißen, inzwischen gar nicht mehr wissen, was sie für Tollheiten treiben müssen, um sich im eintönigen Leben nicht zu langweilen!

Die Amerikaner haben Worte und Begriffe, die wir überhaupt nicht kennen: zum Beispiel Ausrottung, Seuche oder Schädling. Bevor sie unser Land betraten, gab es keine Pflanzen, Vögel oder Tiere, die ausgerottet worden wären. Alles lebte und starb im ewigen Gleichgewicht der Natur, um wiedergeboren und erneuert zu werden.

Wie sie vieles an der Natur als Schädling betrachten und ausrotten. Sodass es aus der Natur verschwinde, so ist auch der natürliche Mensch für sie ein solcher Schädling. In keiner Indianersprache gibt es solche Worte, die vollständige Zerstörung und Nimmerwiederkehr bedeuten. So ist die Natur in Unordnung geraten, Flüsse sind ausgetrocknet, Seen verschwunden. Auf der einen Seite sagen sie, Gewalt sei zu verdammen, auf der andern Seite aber betreiben sie das Gegenteil: alles an ihrem Denken und Tun ist Gewalt. Sie sagen; Lebensfreude sei Sünde, dafür gibt es gar kein indianisches Wort. Deshalb hassen sie sich und alles in der Welt. Sie bringen wundersame Dinge hervor, aber es sind alles Dinge, die zerstören. Ihr Komfort macht Menschen, Pflanzen und Tiere zu kranken Schwächlingen. Und wenn sie eine Überzahl an Schwächlingen produziert haben, müssen sie ausgerottet werden – damit die Menschen noch größere Schwächlinge werden. Es ist nicht gut, die Gedanken der Amerikaner verstehen zu wollen, denn sie sind wie Gift.“ (Häuptling Standing Bear)

Können die Weißen wirklich stolz sein auf ihre angebliche Überlegenheit in allen Dingen? Außer ihren Fähigkeiten, nach höchsten wirtschaftlichen Grundsätzen, die Natur zu skalpieren?

Wer ist zum Beispiel der wichtigste, aber auch gefährlichste Mann der Weltgeschichte? Ein Weißer oder ein Indianer?

„Für Nolan ist die Erfindung der Atombombe »der dramatischste Moment in der Geschichte der Menschheit«, ein »Wendepunkt in der menschlichen Existenz«. Und Oppenheimer deshalb der wichtigste Mensch, der je gelebt hat. Weil er und sein Team beim damaligen Stand der Forschung von einem Restrisiko ausgehen mussten, die gesamte Atmosphäre zu entflammen und die Welt zu zerstören, als sie auf den Knopf drücken. Weil sie trotzdem auf den Knopf drückten. Und weil die Welt danach eine andere war.“ (SPIEGEL.de)

Da stehen sie, die weißen Genies der Wissenschaft und trauen sich nicht, den Knopf zu drücken, der vielleicht die ganze Erde zerstören könnte. Und doch drücken sie. Die gesamte Menschheit machen sie zu ihren Versuchskaninchen, die sie – zitternd und dennoch ohne zu zögern – bereit sind, dem heiligen Fortschritt ihrer Wissenschaft zu opfern.

Würde ein nüchterner Mensch das glauben, wenn er es nicht schon wüsste: die überklugen Wissenschaftler, absolut cool und berechnend, kein falsches Risiko eingehend, sollten für ihr Wissenwollen die Existenz der ganzen Menschheit aufs Spiel gesetzt haben??

So doof würde kein Kitazögling die Superklugen einschätzen!

Die Weißen testen alles individuell, um ihre Besten, Schlauesten und Tüchtigsten herauszufinden. Kollektiv testen sie sich nie, ob sie, im Vergleich mit den „unoffen“ geschmähten Völkern, doch die gefährlichsten Versager sein könnten.

Und doch haben sie es getan und mit ihrem grandiosen Tun die Existenz der Menschheit in Gefahr gebracht. Und nicht nur das.

Gerade noch haben sie die Gefahren erkannt, weil die Natur sie zu versengen beginnt. Doch was tun sie? Nichts. Pardon: fast nichts. Nicht mal ihre eigenen Messergebnisse nehmen sie ernst. Nur wenige Ausnahmen stehen am Wegesrand und halten Schilder hoch. Viele lassen sich vom Geld der Riesenmonopole kaufen.

Die Weißen haben sich nie um Land, Wild oder Bär gekümmert. Wenn wir Indianer Wild töten, essen wir alles auf. Wir fällen keine Bäume, aber die Weißen fällen sie und töten alles. Die Indianer verletzen niemals etwas, aber die Weißen zerstören alles. Sie sprengen Felsen und verstreuen sie auf dem Boden. Die Felsen sagen: Tut es nicht. Ihr verletzt uns. Wie kann der Geist der Erde den weißen Mann lieben? … Wo immer der weiße Mann sie berührte, wurde sie wund.“ (Wintu-Indianer)

Wollten die Indianer nicht die Gesetze der Natur erkennen? Doch, so weit man sie erkennen kann, wenn man sie nicht zerstört.

Sie glichen darin dem Athener Sokrates, dessen Motto: ich weiß, dass ich nichts weiß, später missbraucht wurde: zur erkenntnislosen Selbstverdummung.

Das aber meinte Platons Lehrer nicht, im Gegenteil. Sokrates meinte, ich kann nichts lernen, wenn ich von vorneherein glaube, dass ich bereits das Wichtigste weiß.

Was war das Wichtigste? Das Wissen, wie ich menschlich und glücklich werden kann – zusammen mit meinem Volk. Sokrates wollte seinen Volksgenossen das wahre demokratische Verhalten dadurch beibringen, dass auch er es suchen musste. Gemeinsam die Wahrheit erkennen.

Und doch ging es auch um ein freiwilliges Erkenntnisverbot: Sokrates hatte erkannt, dass die Natur ihm nichts beibringen könne. Der Weg der Naturphilosophie war ihm versperrt. Das Erkennen des Menschen sollte sich auf wichtige Dinge beschränken: auf die Fähigkeiten des Zusammenlebens, nicht auf irgendwelche spekulativen Geheimnisse der Naturerkenntnis. Was kümmern uns die Sexspiele der Supersterne in den Tiefen des Universums!

Die Moderne schaute auf diese Selbstbescheidung herab. Da fühlten sich die ersten Naturwissenschaftler den sonst so brillanten Griechen überlegen.

Jetzt weiß man, dass die Modernen sich gefährlich getäuscht haben. Sie verwechselten Macht-Erkenntnisse mit humanen Erkenntnissen. Alles, was die Galileis und Bacons erkennen wollten, sollte zu machterweiterndem Fortschritt führen. Das hatte Sokrates geahnt und das ganze Gewerbe abgelehnt.

Was ist heute aus den modernen Wissenschaften geworden? Nur aus dem Blickwinkel der Techniker haben sie etwas zu bieten. Sonst interessiert sich niemand für ihre ach so tollen Erkenntnisse.

Mit ihrem Gerede: schaut, welche erstaunlichen Erkenntnisse wir wieder gefunden haben, berauschen sie sich nur selbst. Kein Mensch interessiert sich für die Scharmützel der Sterne weit draußen im Universum – außer den Musks und Zuckerbergs.

Ohne es zu bemerken, hat sich die moderne Wissenschaft dem heilsgeschichtlichen Willen des Christentums untergeordnet:

„Wenn schon Fortschritt, Zivilisation, Kapitalismus nur verschiedene Seiten einer einzigen Willensrichtung bedeuten, so mögen wir uns daran erinnern, dass deren Träger ausschließlich die Völker der Christenheit sind. Nur innerhalb ihrer wurde Erfindung auf Erfindung gehäuft, blühte die exakte Wissenschaft und regte sich rücksichtslos der Erweiterungsdrang, der die außerchristlichen Rassen knechten und die gesamte Natur verwirtschaften will. Im Christentum also müssen die nächsten Ursachen des weltgeschichtlichen Fortschritts liegen. Mit Menschheitsgeltung oder Humanität verschleiert das Christentum, was es wirklich meint.“ (Klages)

Was will die christliche Religion?

Sie will den Befehl erfüllen: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“

Zudem soll Gerechtigkeit am Ende aller Tage hergestellt werden:

„Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. Und den unnützen Knecht werft hinaus in die äußerste Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“

Die Seinen sollen selig gesprochen, die Verworfenen in den Abgrund geworfen werden.

Fortsetzung folgt.