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Welt retten! Aber subito! I

Tagesmail vom 19.08.2022

Welt retten! Aber subito! I,

„Ich bin ganz sicher, dass wir uns unterhaken, und dass das die deutsche Antwort auf eine solche Herausforderung ist.“ (Olaf Scholz)

„You`‘ll never walk alone“. (Olaf Scholz)

Deutsche Eliten sind apokalypse-resistent. Der Grund ist einfach. Vor wenigen Jahrzehnten haben sie bereits den Weltuntergang der Bösen organisiert, um das Dritte Reich der wahren Erwählten zu erzwingen. Beides scheiterte.

Warum sollte anderen die Katastrophe gelingen, wenn sie doch die Besten waren, um dieses außerordentliche Ende der Heilsgeschichte über die Bühne zu bringen?

Da es für sie keine Klimaapokalypse geben kann, ist es auch nicht dringend, wirksame Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

Mit anderen Worten: die Deutschen glauben an keinen Untergang der Menschheit – ergo bleiben sie entspannt. Reformen: kommt ihr nicht heute, so kommt ihr eben morgen. Nur keine Panik auf der Titanic. Lebbe geht weider.

Für seine Katastrophen- & Erlösungssymbiose wurde Deutschland schwer bestraft. Als heilige Strafe musste das genügen. Danach die Wiederauferstehung mit dem Wirtschaftswunder. Das war die ökonomische Wiederversöhnung mit den Mächten des Schicksals.

Sich von diesem neoparadiesischen Wohlgefühl zu lösen, fällt ihnen schwer. Wieder zurück in die Logik des trostlosen Elends? Nicht mit ihnen. Seitdem sie von ihren Befreiern gelernt haben, nur noch nach vorne zu schauen, ist die Nation von ihrer Schuld porentief bereinigt.

In der Zukunft, behaupten die Genies, kann es nur besser werden. Doch jetzt hat in diese Idylle der Wetterblitz geschlagen. Nichts wird besser, im Gegenteil: jetzt droht gar der Untergang der gesamten Menschheit. Ökologische Stückwerkerei wird uns nicht weiter bringen. Entweder-Oder. Alles oder Nichts:

„Eine gerade veröffentlichte Studie zeigt: Die Worst-Case-Szenarien des Klimawandels sind gefährlich untererforscht. Uns drohen bis zu acht Grad Erderwärmung. Warum selbst der Weltklimarat nicht Klartext spricht. Es sieht nicht gut aus, gar nicht gut. Was genau das bedeutet, wissen wir nicht. Denn auch der Weltklimarat scheue den Blick in den Abgrund, um keine Panikmache zu betreiben, schreiben die Forschenden in ihrer Analyse. Besonders besorgniserregend sei die Möglichkeit einer „Kipp-Kaskade“, bei der eine Katastrophe zur nächsten führt. Zum Beispiel könnte die häufigste Wolkengattung in Mitteleuropa, Stratocumulus, bei CO₂-Konzentrationen, die bis zum Ende des Jahrhunderts möglicherweise erreicht werden, abrupt verschwinden. Das würde eine zusätzliche globale Erwärmung von ungefähr acht Grad (!) verursachen. Ich schreibe das hier, weil in uns allen ein Rest naive Hoffnung wohnt, dass die Konfrontation mit der Furcht einen Unterschied machen wird. Dass wir endlich aufwachen und versuchen, zu retten, was noch zu retten ist. Damit doch noch alles gut wird.“ (der-Freitag.de)

Ist das keine fürchterliche Unheilsprophetie, die die Menschen vollends entmutigen wird? Doch genau das will die Studie nicht sein. Sie will, wider allen Augenschein, das Unwahrscheinliche: „dass wir endlich aufwachen und versuchen, zu retten, was noch zu retten ist. Damit doch noch alles gut wird.“

Wir sollen die Dinge vom denkbar schlimmsten Ende her denken. Das soll unsere paradoxe Intervention sein. Mensch, je mehr du träumst, je schlimmer wird’s.

Auch die Ex-Kanzlerin dachte alles vom religiös verheißenen Ende – aber von einem doppelten Ende her: einem wunderbaren für die Frommen und einem fürchterlichen für die Masse der Verlorenen.

An diesem doppelten Ende ließ der Herr der Geschichte nicht den geringsten Zweifel aufkommen. Also schickte sich die demütige Magd ins Unvermeidbare und schob den Karren, solange an seiner Vorherbestimmung kein Jota geändert werden konnte.

Eine fatalistische Unterwerfung widerspricht dem modernen Selbstbehauptungswillen – auf den ersten Blick. Denn auf den zweiten muss man sagen: auch die kühnsten Religionsleugner sind nicht frei von den Spuren ihres jugendlichen Religionsunterrichts.

Dass alles von ihnen allein abhängen soll, ist bei ihnen noch nicht angekommen. Instinktiv halten sie noch immer Ausschau nach der Unsichtbaren Hand des Herrn, der sich im letzten Augenblick erbarmen wird.

Jetzt wäre die letzte Gelegenheit für die mündig gewordene Menschheit, ihre mühsam erkämpfte Autonomie zu beweisen – indem sie ihr Schicksal rigoros in die Hand nimmt und rettet, was zu retten ist.

Jetzt stünde der ultimative Mündigkeitsbeweis an – doch Deutschland versinkt in Apathie und Scheingeschäftigkeit. Man kann von der Regel ausgehen: alles, was Politiker hoch und heilig versprechen, werden sie mit Bestimmtheit nicht halten. Können sie denn verantworten, dem höchsten Geschichtslenker ins Handwerk zu pfuschen?

Das Grunddogma der Moderne ist noch immer: tun wir, als ob wir emanzipiert wären – vergessen wir aber nicht, dass wir‘s nicht sind und vermutlich nie sein werden. Die Moderne verharrt im Modus des Als Ob.

„Der Ausdruck Als Ob wird bei Kant verwendet, um den theoretisch nicht beweisbaren Ideen (Gott, Freiheit, Unsterblichkeit) praktische Relevanz in moralischer Hinsicht zu geben. Wir können ihre Existenz zwar nicht beweisen, müssten aber so handeln, als ob wir wüssten, dass sie wirklich wären. H. Vaihinger baut im Anschluss daran ein »System der theoretischen, praktischen und religiösen Fiktionen« auf. Der Wert solcher Fiktionen liegt in ihrer praktischen Zweckmäßigkeit: wir müssen so handeln, als ob sie erwiesen wären. Sie erhalten so subjektive Gültigkeit, während ihre objektive Gültigkeit verneint wird.“

Wenn wir schon nicht mündig sind, tun wir doch einfach so, als ob wir es wären. Das ist ein Aufruf zur Scheinmündigkeit oder zum Selbstbetrug.

Um mich zu ermutigen, über mich hinauszuwachsen, könnte ich sehr wohl ein anspornendes Als Ob einsetzen. Ehrlicherweise aber dürfte ich nie vergessen, dass ich mich hypothetisch stärker eingeschätzt habe, als ich vermutlich bin. Führt die Überschätzung dazu, mich stärker zu machen, als ich die ganze Zeit war, wäre meine Fiktion eine nützliche und kreative Hypothese gewesen. Führt sie nicht dazu, habe ich mein Wachstumspotential überschätzt und muss mit einer realistischeren Lernkapazität das Gesamte wiederholen.

Wer sich gar nichts zutraut, um sich zu entwickeln, dem wird auch nichts gelingen. Wer sich zu viel zutraut, könnte aber auch auf der Nase landen. Der Selbstbewusste hat schon reichlich Erfahrungen gesammelt mit seinen Fortschrittsfähigkeiten und kann sich realistisch einschätzen, wozu er fähig sein könnte, um seine Fiktion in Realität, sein Als-Ob in ein So-ist-es zu verwandeln.

Von dieser realen Selbsteinschätzung ist die Moderne weit entfernt. In ihren Gedanken hat sie der Menschheit auf dem Mars bereits eine zweite Heimat – unter widrigen Umständen – erarbeitet. Sollte sie sich aber überschätzt haben, wird sie an einem kollektiven Debakel nicht vorbeikommen.

Hätte der Mensch bewiesen, dass er auf Erden friedlich und lebensfroh existieren könnte, wären Experimente auf dem Mars vertretbar. Denn selbst, wenn er scheiterte, wäre sein Erdenleben nicht gefährdet.

Sich aber überheblich als Supermänner aufzuspielen (Frauen spielen fast keine Rolle), könnte zu tödlichen Selbstüberschätzungen werden.

Noch hat die Menschheit bis zum heutigen Tag nichts anderes bewiesen, als dass sie den Planeten plündern und sich gegenseitig massakrieren kann. Wenn Wissenschaft und Technik nichts Besseres zustande bringen, als den homo sapiens zu gefährden, wären beide Elemente zu illusionären Mitteln der Selbstzerstörung geworden. Von Erkenntnis um der Erkenntnis willen sollten wir schamhaft schweigen.

Solche Selbstbefragungen wären dringlich notwendige Verständigungsgespräche für die ganze Menschheit. Solange die Völker sich geistig nicht geeinigt haben, so lange verkommt ihr Fortschritt zum Glitterwerk einer halluzinierenden Gattung.

Das Als Ob kann als kreative Wachstumshypothese eingesetzt werden, aber auch als Warnsignal, um die schlimmste Selbstgefährdung zu verhindern. Dann würde das Als Ob zum absoluten Als Ob Nicht.

Die schrecklichen Möglichkeiten klimatischer „Kipp-Kaskaden“ – wie oben beschrieben – müssten mit gemeinsamer Anstrengung vermieden werden.

Mit welchen „Erzählungen“ können die Gesellschaften dazu animiert werden, das Äußerste zu vermeiden?

„Viele Menschen tendieren heute dazu, besonders radikalen Erzählungen zu glauben. Das ist eine Reaktion auf die allem Anschein nach immer unübersichtlicheren Zustände. Ja, wir leben in der Klimakrise, und sie ist eine Bedrohung für Millionen Menschen. Endzeiterzählungen führen aber nur zu Hoffnungslosigkeit. Das wiederum führt zu Lähmung und Untätigkeit. Bleiben die Menschen in der Klimakrise aber passiv, verhindern sie Veränderung. Wir müssen handeln, um Druck auf die Verantwortlichen auszuüben. Wenn wir nichts tun, ist es genau das, was die Öl- oder Kohlelobby will: dass sich nichts verändert.“ (SPIEGEL.de)

Existentielle Warnungen dürfen nicht wie Skinner‘sche Propaganda-Floskeln daherkommen, die mit indirekten Reizen den Menschen dazu bringen, bewusstseinslos auf Gegenkurs zu steuern.

Skinners Beeinflussungsmethoden führten zur größten Erniedrigung der Menschen seit Erfindung der Götter. Kein Zufall, dass er seine Methoden – übertragen ins Politische – als Mittel eines allesregulierenden Faschismus einsetzte. („Futurum zwei“)

Das wirksamste Mittel, die Menschen zu warnen, wäre noch immer, sie ernst zu nehmen – und mit der Wahrheit zu konfrontieren. Ingeborg Bachmanns Wort gilt noch immer: Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.

Die postmoderne Leugnung der objektiven Wahrheit ist die Todeserklärung der Wahrheitsfähigkeit des Menschen. Die Klima-Apokalypse ist die äußerste Probe aufs Exempel, ob der Mensch lebens- und wahrheitsfähig ist.

Seine gesamte „Hoch-Kultur“ mit Literatur, Philosophie und Technik ist eine einzige Show, wenn sie nicht dazu dient, die Wahrheit von Mensch und Natur ans Licht zu bringen.

Bildung ist weder dazu da, den Aufstieg in höhere Kasten zu ermöglichen, noch, die Natur zu sklerotisieren, noch den Ungebildeten das Menschsein abzusprechen.

Also stellen wir uns endlich das Schrecklichste vor und ziehen unsere Konsequenzen. Wenn nicht, werden wir wie eine dumme Schafherde ins Elend geschickt. In dumpfer Vermassung werden wir Seit an Seit dem Abgrund entgegengehen.

Was wird es uns nützen, wenn wir uns unterhaken, aber nicht wissen wollen, wo wir alle landen werden?

Was nützt es uns, wenn wir zusammen dem Abgrund entgegen gehen?

Es wird Zeit für die schonungslose Wahrheit über die Machenschaften eines jahrtausendealten Wesens der Evolution, welches die Krönung der Geschichte sein will, aber nicht mal fähig ist, in der menschenfreundlichen Natur ein erfülltes Leben zu führen?

Deutschland schreitet mal wieder – aber nur in der Halluzination – Seit an Seit ins Verderben. Zusammen krepieren ist ein völkischer Orgasmus:

„Deutsche Gemeinschaft ist gut, westliche Gesellschaft böse; deutsche Gemeinschaft ist organisch, Gesellschaft künstlich, deutsche Gemeinschaft ist Gottes Schöpfung, Gesellschaft ein mechanisches Gebilde von Menschenhand.“

Wie so oft, ist die Wahrheit auf den Kopf gestellt. Wir schreiten nicht gemeinsam in den Abgrund, sondern jeder marschiert isoliert, wie die ganze Gesellschaft endlos gespalten ist. In Reiche und Arme, Mächtige und Belanglose.

„Die Reichen prassen, als gäbe es kein Morgen. Krieg, Klimakrise, Corona: Die meisten Menschen halten derzeit angesichts einer ungewissen Zukunft ihr Geld zusammen. Ganz anders diejenigen, die sich teure Luxusartikel leisten können.“ (SPIEGEL.de)

In Wahrheit bedeutet Scholzens Satz: keine Angst, ihr Mächtigen, die Deutschen denken gar nicht daran, sich zu solidarisieren und gemeinsam zu empören. Sie werden sich ducken und den Signalen von Oben apathisch folgen. Es wird sich zeigen, ob das so sein wird.

Die abendländische Geschichte ist eine einzige Abfolge enttäuschter Apokalypse-Erwartungen.

„Als er aber auf dem Ölberge saß, traten die Jünger zu ihm besonders und sprachen: Sage uns, wann wird das alles geschehen, und welches wird das Zeichen deiner Wiederkunft und des Endes der Weltzeit sein? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Sehet zu, daß euch niemand irreführe! 5 Denn es werden viele unter meinem Namen kommen und sagen: Ich bin Christus, und werden viele irreführen. (Johannes 5.43) (1. Johannes 2.18) 6 Ihr werdet aber von Kriegen und Kriegsgerüchten hören; sehet zu, erschrecket nicht; denn es muß so geschehen; aber es ist noch nicht das Ende. 7 Denn ein Volk wird sich wider das andere erheben und ein Königreich wider das andere; und es werden hin und wieder Hungersnöte, Pest und Erdbeben sein. 8 Dies alles ist der Wehen Anfang. 9 Alsdann wird man euch der Drangsal preisgeben und euch töten; und ihr werdet gehaßt sein von allen Völkern um meines Namens willen. (Matthäus 10.17) (Johannes 16.2) 10 Und dann werden viele Anstoß nehmen und einander verraten und einander hassen. 11 Und es werden viele falsche Propheten auftreten und werden viele verführen. (2. Petrus 2.1) (1. Johannes 4.1) 12 Und weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe in vielen erkalten; (2. Timotheus 3.1-5) 13 wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. (Offenbarung 13.10) 14 Und dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt gepredigt werden, zum Zeugnis allen Völkern, und dann wird das Ende kommen.“

In jeder Epoche der Geschichte wurde die Wiederkunft des Herrn mit Inbrunst und Schrecken erwartet. Und immer wieder schliefen sie ein und warteten vergeblich. Die Zeiten des Wartens werden immer desaströser und gesetzloser.

Alles Menschengemachte, worauf sie stolz sind: das Kulturelle, Technische, das Maß ihrer Naturbeherrschung, alles wird zerstört werden. Der Mensch wird nichts mehr vorzuweisen haben als seine Blößen und blutenden Wunden.

Schaut, da steht er und wartet und wartet. Und wenn er nicht gestorben ist, wird die sonst so langmütige Natur eines schönen Frühlingstages doch noch auf die Idee kommen, ihre Peiniger zum Frühstück zu verspeisen.

Nein, es wird natürlich ganz anders kommen:

„Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sich setzen auf den Thron seiner Herrlichkeit, und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken. Wahrlich, ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan. Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.“

Wo aber werdet ihr stehen, ihr lieben Deutschen? Bei denen, die in die ewige Strafe oder bei denen, die in das ewige Leben eingehen werden?

Fortsetzung folgt.