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Warschau

Hello, Freunde des Klimas,

Warschau ist die Bankrotterklärung der Völker. Die Menschheit weigert sich, für ihr weiteres Überleben zu sorgen. Kein Innehalten, keine Einsicht, keine Umkehr.

Wer um-kehrt, kehrt zurück. Ein Zurück darf es nicht geben, ein Zurück gibt es nicht. Denn wir müssen vorwärts, ein Zwang liegt auf uns. Der Zeitstrahl zwingt uns, er weist nach vorn.

Es ist nicht die Zeit der Natur, die uns nach vorne drängt. Naturzeit kennt kein Vorwärts und Zurück, sie erneuert sich im Zirkel des Lebens, indem sie die ewig gleiche bleibt. Es ist die Zeit der Geschichte, die uns vorwärts treibt. Du glaubst zu schieben und wirst geschoben.

Das Heil hat Naturzeit gerade gebogen, ihr einen Anfang und ein Ende gesetzt. Der Zirkel der Natur ist entzwei, zerbrochen von denen, die ihr einen Anfang und ein Ende setzten. Die Natur aber lässt sich nicht biegen und brechen. Sie hat keinen Anfang und kein Ende. Sie bleibt die, die sie immer ist.

Den Kampf zwischen Zirkel und Linie wird die Linie verlieren, sie hatte nie eine Chance. Hält der Mensch an der Linie fest, wird er mit ihr untergehen. Solange wir Erneuerung nicht als vitale Wiederholung des Gleichen erleben, sondern als Neuschöpfen aus dem Nichts, stehen wir bereits vor dem Nichts.

Sowenig wie sein Schöpfer, den er selbst erschuf, ist der Mensch ein Erschaffer aus dem Nichts. Nie hat es ein Nichts gegeben. Natur war immer, ist, und wird immer bleiben. Um Natur müssen wir uns nicht sorgen, sie sorgt für sich selbst. Um uns

selbst müssen wir uns sorgen.

Wer die Linie erfunden hat, hat die Macht erfunden. Die Macht über die unbezähmbare Natur. Anfang, Strecke, das Ziel. Ende der Geschichte. Wer Natur zur Linie gestreckt hat, wollte sie in den Griff kriegen. Wer Mensch und Natur ins Streckbett legt, foltert beide.

Indem er den Anfang erfand, wollte der Mensch Herr des Anfangs sein. Indem er das Endziel erfand, wollte er Herr des Endes sein. Wer ein Ziel setzt, kann zielstrebig die ewige Wiederholung des Gleichen zur Strecke bringen. Natur ist nicht zielstrebig, ewig spielt sie mit sich selbst.

Menschliche Machenschaften sind endlich, Natur ist unendlich. Menschliche Machenschaften haben Anfang und Ende. Natur hat keinen Anfang und kein Ende. Das erträgt der endliche Mensch nicht. Er formt Natur nach seinem Bild. Natur muss endlich sein, damit Mensch göttlich sein kann.

Dazu hat Mensch den Gott erfunden, um mit ihm die Natur zu bezwingen. Der Natur will er überlegen sein. Dazu braucht er Gott, der Natur aus Nichts erschaffen hat. Durch Gottebenbildlichkeit verrät der Mensch, dass Er der Gott ist, und außer Ihm gibt es keinen andern.

Das Heil foltert die Natur, es bringt sie zur Strecke. Das Krumme muss grade werden. Das Krumme ist die Linie des Teufels. Der aufrechte Gang ist der anmaßende Gang der Macht, nicht der Gang der Aufrechten. Tiere sind aufrichtig, ihr Rückgrat müssen sie nicht himmelwärts strecken. Wir müssen wieder kriechen lernen, um mit der Natur in Kontakt zu kommen.

Auf allen Vieren müssen wir zur Natur kriechen. Nicht als Akt der Demütigung – solch Unterwerfungsgehabe hat Natur nicht nötig – sondern als Akt der Zärtlichkeit. Um Natur wieder zu sehen, zu riechen, zu fühlen, zu hören und zu spüren.

Wer von Oben alles grade machen muss, muss alles einebnen. Natur muss mit Gewalt nivelliert werden. Nur das Überschaubare und Planierte kann der Mensch beherrschen. Was ist der berauschendste Blick? Der Blick der Machthaber von Oben über die niedergewalzte Erde. Sie erschauern, die Erdenbeherrscher, wenn sie auf dem höchsten Berg, dem Turm, dem Wolkenkratzer wie Gott ihr Machwerk überblicken.

Der Teufel will den Erlöser auf den hohen Berg verführen. Jener aber durchschaut den Trick: Er allein ist Herr des Berges – der den Versucher auf die Ränge verweisen kann: Mir, dem wahren Herrn aller Dinge, sollst du dienen – du Hochstapler.

„Horch, es ruft: in der Wüste bahnet den Weg des Herrn; machet in der Steppe eine grade Straße unserm Gott! Jedes Tal soll sich heben, und jeder Berg und Hügel soll sich senken und das Höckerige soll zur Ebene werden und die Höhen zum Talgrund, dass die Herrlichkeit des Herrn sich offenbare und alles Fleisch es sehe.“

Die wilde ungezähmte Natur ist nicht beherrschbar, sie ist bockig, störrisch, zu eigensinnig. Die teuflisch schöne, verführerische Wilde muss gebrochen, das überlegene Weib muss gebändigt und domestiziert werden. Der Mann muss über die weibliche Natur siegen: „Siehe da, der Mann, dein Gott, er ziehet daher in Kraft, und sein Arm schafft ihm den Sieg. Siehe, die er gewonnen, die gehen mit ihm; die er sich erworben, gehen vor ihm her“.

Männliche Erlösung vergewaltigt die Natur. Mit Macht wird Natur geschändet, damit Mann sich Gott nennen kann. Die Selbstvergötterung des Mannes, des Menschen, beruht auf der Notzüchtigung des Weibes, der Natur. Heilsgeschichte ist ein Geschlechterkampf um Sein oder Nichtsein.

Gewinnt Mann den Endsieg, ist‘s um das Weib geschehen. Gewinnt das Weib, darf der Mann wieder Mensch werden. Insgeheim hofft der Mann, dass die Frau ihn besiegt, damit er Mensch werden kann. Denn nur das Weib kann den Mann erlösen.

Doch das Weib ist selbst zum Mann geworden, es will Ebenbild des Mannes werden. Solange Frau sich weigert, den Mann aufs Kreuz zu legen, wird sie die Menschheit nicht erretten.

Das Kreuz ist Zeichen des männlichen Sieges über die Natur. Am Kreuz hat der Erlöser den Tod besiegt. Das Leben in der Natur hat er besiegt, denn der Tod gehört zum Leben. Der Tod ist Voraussetzung der Wiederholung des Gleichen. Nur wenn alles sterblich und endlich ist, kann sich alles regenerieren.

Als der Erlöser den Tod besiegte, hat er nicht die Natur besiegt – die Natur ist unbesiegbar –, er hat den Kreis der Wiedergeburt zur Strecke gebracht, für wenige das Leben, für unendlich viele der endlose Tod. Das Weib muss das obszöne Kreuz des Mannes zu Fall bringen, damit der Tod rehabilitiert werden kann.

Die männliche Welt ist alles, was der Fall ist: zu Fall muss sie noch gebracht werden. Die Welt ist alles, was der Sündenfall ist, die Sünde muss zu Fall gebracht werden. Der Mensch muss sich vom Sündenfall befreien. Die Welt ist alles, was der Abfall ist: vom linearen Abfall muss sie zur zirkulären Erneuerung ermuntert werden. Natur kennt keinen Abfall.

Der Mensch kann irren, er hat Fehler. Deshalb hat Natur ihm Einsicht geschenkt, damit er aus seinen Fehlern lernen kann. Nur wenn wir sterblich und endlich sind, können wir in der Natur überleben. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Der Tod hat keinen Stachel, die Hölle ist die Erfindung jener, die nicht endlich sein wollen. In ihrer selbsterschaffenen Hölle müssen sie ewig todlos sein. Eine schlimmere Pein ist undenkbar.

Die Welt ist alles, was Lernen ist. Der Mensch kann alles lernen. Sogar das Überleben in der Natur. Die Welt nämlich ist alles, was Natur ist – und der Mensch ein Teil der Natur. Und sonst nichts. Sacradi!

Warum hat die Menschheit in Warschau kapituliert? Weil man ihr den Glauben verpasste, sie könne nichts tun. Wer sich einem allmächtigen Gott aushändigt, dem bleibt keine Macht über sein eigenes Tun. Der Mensch denkt, Gott lenkt.

Im Original: „Des Menschen Herz denkt sich seinen Weg aus, aber der Herr lenkt seinen Schritt.“ (Spr. 16,9) „Viel sind der Pläne im Herzen des Mannes, dennoch kommt der Ratschluss des Herrn zustande.“ Der Mensch kann auf Erden tun und machen, was er will, er bringt es zu nichts.

Hayeks biblische Urbegründung des Neoliberalismus: „Wiederum sah ich unter der Sonne, dass nicht den Schnellen der Preis zufällt, und nicht Helden der Sieg, nicht den Weisen das Brot, noch Verständigen Reichtum, noch den Einsichten Gunst, sondern alle trifft Zeit und Zufall.“ (Pred. 9,11 ff)

Zeit und Zufall sind Umschreibungen eines Gottes, der die Geschichte lenkt. Der Ungläubige sieht Zufall, der Gläubige die Unsichtbare Hand, die sich in der Zeit offenbart. Im Kairos der Zeit wird sich alles entscheiden.

Ob der Mensch Gutes plant oder Böses – über das Endresultat entscheidet Gott: „Ihr gedachtet mir Böses zu tun, aber Gott hat es zum Guten gewendet.“ (1.Mos. 50,20)

Plant der Mensch Gutes, kann Gott es zum Bösen, plant jener Böses, kann Gott es zum Guten wenden: „Ich der Herr, der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, der ich Heil wirke und Unheil schaffe, ich bins, der Herr, der dies alles wirkt.“ (Jes. 45,6 f) „Kommt nicht vom Munde des Höchsten so Glück wie Unglück? Worüber soll klagen der Mensch“? (Klagelieder 3,38 f) „Geschieht ein Unglück in einer Stadt, und der Herr hätte es nicht gewirkt?“ (Amos 3,6)

Hat der Mensch vor Gott einen freien Willen? Wo denkst du hin? Hat Calvin sich alles aus den Fingern gesogen? Der Mensch ist nur eine Marionette des Herrn. Darüber sollte er sich nicht beschweren, das wäre fahrlässig und unklug.

In der Natur gilt: der Mensch denkt, er tut, was er denkt, er sieht, was er getan hat, mit seinem Tun ist er zufrieden oder nicht. Ist er nicht zufrieden, überlegt er, was er falsch gemacht hat. Mit neuer Einsicht fängt er von vorne an, er lernt. Was er lernen kann oder nicht, bestimmt kein Himmel.

Die geballte Menschheit ist klug und weise – okay, sie könnte klug und weise sein. Wenn sie das Lernen wieder lernen würde, das man ihr mit der infamen Erklärung austrieb, die Weisheit der Menschen sei vor Gott eine Torheit. In der Religion gilt nämlich: „Vernichten werde ich die Weisheit der Weisen und die Einsicht der Einsichtigen werde ich verwerfen“. (1.Kor. 1,19 ff)

Völlig gleich, was der Mensch in diesem Leben treibt: schon lange vor seiner Geburt, ja vor der Schöpfung der Welt hat der liebende Vater die Kugeln im Lotterietopf gemischt. Vor Gott sind alle Menschen gleich – verwerflich. Nur einige kommen davon, aber nicht, weil sie so schöne blaue Augen hätten oder tugendhaft wären. Warum dann?

Weil Gott es so wollte. Basta: „Den Jakob habe ich geliebt, den Esau gehasst.“ Noch Fragen, Kienzle?

Erwählt und verworfen werden die Menschen ohne jedes Zutun ihrer Qualitäten. Mit Luthers Worten: ohne Zutun ihrer Werke. Es gibt keine Werksgerechtigkeit. Du kannst werkeln wie du willst, das Testergebnis liegt vor, bevor du den Test machtest: „Denn als sie noch nicht geboren waren und noch nichts Gutes oder Böses getan hatten – damit die nach freier Auswahl zuvor getroffene Entscheidung Gottes bestehen bliebe, nicht abhängig von Werken, sondern nur von dem Berufenden ….“ (Röm. 9,11)

Das ist die Urstelle Calvins. Es hängt nicht vom Laufen und Tun der Menschen ab, sondern allein von Gott, ob seine Kreaturen selig werden oder nicht. Zwischen menschlichem Tun – und den Folgen seiner Taten gibt es keinen Zusammenhang. Ich wiederhole: zwischen Tun und Tun-folgen-abschätzung gibt’s keine Kausalität. Da Gott alle Entscheidungen sich selbst vorbehält, muss natürliche Kausalität gestrichen werden.

Der Mensch entscheidet nicht über sein Geschick. Tu, was du willst, nur glaube, und alles wird gut – vielleicht. Tu, was du willst, nur glaube nicht, und alles wird böse – vielleicht. Genaues weiß man erst, wenn man oben angekommen ist.

Paulus stellt tatsächlich die Frage, ob Gott gerecht sein kann, wenn er willkürlich – in Zeit und Zufall – die einen erwählt, die andern verwirft. Antwort? Natürlich, wo kämen wir dahin, Gott ungerecht zu nennen: „Was sollen wir sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne.“

Jetzt kommt die Begründung. Festhalten: weil Gott schon bei Mose sagte, dass er willkürlich selektiert – und damals war‘s nicht ungerecht –, wie kann er jetzt ungerecht sein, wenn er dasselbe tut? Ein Schriftbeweis allererster Sahne. Gott kann nicht ungerecht sein, denn in früher Vorzeit, als er noch ungerecht war, war er schon gerecht. Alles klar auf der Andrea Doria?

Bei so viel logischer Brillanz darf man sich nicht wundern, wenn die heutigen Schüler des Paulus Logiker reinsten Wassers sind. Die Logik des Heiligen Geistes gibt sich mit aristotelischer Logik gar nicht erst ab. Die Begründung in O-Ton: „Denn Gott hat einmal zu Mose gesagt: »Ich erweise meine Güte, wem ich will. Und über wen ich mich erbarmen will, über den werde ich mich erbarmen.« Entscheidend ist also nicht, wie sehr sich jemand anstrengt und müht, sondern dass Gott sich über ihn erbarmt.“

Für Gott sind Menschen wie Töpfe, die einen gelingen, mit ihnen kann er Ehre einlegen, die andern wirft er in den Müll. Es geht nicht um Wohl und Wehe der Menschen, es geht allein um die Ehre Gottes. Die Himmel rühmen die Ehre Gottes:

„Gott schenkt also seine Barmherzigkeit, wem er will, aber er macht Menschen auch hart und gleichgültig, wenn er es will. Sicher werdet ihr mich jetzt fragen: »Wie kann Gott dann noch von unserer Schuld sprechen? Wer kann denn etwas gegen Gottes Willen unternehmen?« Darauf kann ich nur antworten: Wer seid ihr denn eigentlich, ihr Menschen, dass ihr meint, Gott zur Rechenschaft ziehen zu können? Glaubt ihr wirklich, dass ein Gefäß aus Ton den Töpfer fragt: »Warum hast du mich so gemacht?« Der Töpfer hat schließlich die Freiheit, aus ein und demselben Klumpen Lehm zwei verschiedene Gefäße zu machen: ein kostbares zum Schmuck und ein gewöhnliches für den Abfall. Genauso wollte Gott an denen, die für das Verderben bestimmt sind, seinen Zorn und seine Macht sichtbar werden lassen. Und obwohl sie ihrem Untergang nicht entgehen konnten, hat er große Geduld mit ihnen gehabt. An den Menschen, die an seiner Herrlichkeit teilhaben sollen, wollte er dagegen seine Barmherzigkeit beweisen. So möchte er an ihnen in reichem Maße seine Herrlichkeit zeigen.“ (Röm 9,18 ff)

Man muss es Paulus lassen: er redet nicht um den heißen Brei herum. Im Namen des Herrn spricht er Tacheles. Im Gegensatz zu seinen heutigen Kollegen, die um solche Texte nur herumschlawinern.

Schwestern und Brüder der Mutter Natur: kennt irgendjemand einen Text der Weltgeschichte, der so heiligmäßig brutal und offen anspricht, dass Gott die Menschen nur um seinetwillen erschaffen hat? Dass sie selbst nicht die Bohne von Bedeutung sind? Dass Menschen nur Staffage und Komparsen des theatrum dei sind?

Wir stehen vor der religiösen Urform der heutigen Welt 2.0, wo man Kreaturen am Bildschirm nach Belieben aus dem Nichts schaffen und wieder im Nichts verschwinden lassen kann. Die Heilsgeschichte ist Gottes Kasperletheater. Mit dem winzigen Unterschied, dass bei Gott die Mehrheit der Drahtpuppen nach der Vorstellung im Feuer landet.

Warschau war ein Debakel. Auf der Umweltkonferenz hatten christliche Staaten das Sagen – die seit mehr als 2000 Jahren unter dem Einfluss des Heiligen Geistes stehen. Es müsste ein außerordentliches Wunder sein, wenn diese Marionettenstaaten Gottes sich zu einem sinnvollen Tun hätten entschließen können. Haben sie nicht mit der Muttermilch verinnerlicht, dass es nicht auf die ankommt, die wollen, noch auf die, die laufen, sondern allein auf den Despoten im Himmel, der sich an seinen Gliederpuppen ergötzt und sich aus ihnen ein Amüsement macht?

Kniet nieder, aufrechte Christen, seid einmal ehrlich in eurem Leben: Ihr wollt die Natur doch gar nicht retten. Wozu auch? Nach der Natur kommt doch erst die rauschende Party im Himmel. Heidiwitzka und Halleluja.