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Verdummung

Hello, Freunde der Verdummung,

ein Wörtchen hat Hochkonjunktur. Je mehr wir etwas für verabscheuenswürdig halten, dessen Herkunft wir nicht benennen können, desto mehr fühlen wir uns genötigt, von “Dummheit“ zu reden. Dumm ist irreparabel, aussichtslos. Dumme sind so dumm, dass sie nicht mal dumm sein wollen. Mit Dummen wollen wir nichts zu tun haben: sofort und auf der Stelle. Dummheit beleidigt unsere überragende Intelligenz.

Wen wir dumm nennen, den haben wir aufgegeben. Dabei ist Dummheit ein Fortschritt. Denn dumm ist zur harmloseren Variante des Bösen geworden: nicht so listig und verrucht, nicht so hinterfotzig und teuflisch – und dennoch hoffnungslos. Das angeborene Böse kann durch Gnade erlöst werden, doch das Dumme besteht darauf, für alle Ewigkeit dumm zu bleiben.

Gelegentlich scheint es, als sei das Dumme stolz auf sich, weil es sich nicht verbiegen lässt. Sodass es zu irritierenden Ähnlichkeiten mit dem Aufrechten und Unbeugsamen kommt.

Dem wendigen Opportunisten erscheint jeder Gesinnungstreue als dummer Moralist und Hinterwäldler. Niemand käme auf die Idee, einen Erfolgreichen als dumm zu bezeichnen – und wäre sein Erfolg noch so schädlich für ihn und die Gesellschaft.

Fast die gesamte Moderne müsste als dumm bezeichnet werden. Was ist dümmer als die partielle Intelligenz von Fachleuten, die rechnen und programmieren, tüfteln und konstruieren, Aberwitziges versprechen und massenhaft Geld verdienen können – aber den Gesamtzusammenhang der vernetzten Menschheit nicht überblicken, solidarische Klugheit, Vertrauen und Empathie mit Füßen treten, die Weisheit der Vergangenheit in den Müll kippen, um freie Hand zu haben für menschenfeindliche

Torheiten der Zukunft?

Alles, was nach moralischer Intelligenz klingt, ist aus den gängigen IQ-Tests verbannt. Sie kennen nur technische Fähigkeiten und asoziale Brutalitäten, die geeignet scheinen, dem Probanden eine glänzende Zukunft zu verheißen.

Sind Winterkorn & all seine devoten Kumpane und Untertanen nicht sehr dumme Menschen, weil sie nicht fähig waren, ihre kollektiven Betrügereien wahrzunehmen, kritisch zu beurteilen und beherzt abzustellen?

Sind die Deutschen nicht ein sehr dummes Volk, weil es überall im Lande Winterkörner gibt, die nicht mehr in der Lage sind, Flughäfen und anheimelnde Städte zu bauen, Natur und humanes Leben unter einen Hut zu bringen, die Wirkungen ihres wirtschaftlichen und politischen Tuns zu überblicken, sich gegen voraussehbare Gefahren zu wappnen und sich ein angstfreies Leben auf der Erde zu erarbeiten?

Sind Menschen nicht dumm, wenn sie sich humane Utopien verbieten, aber technische Utopien als heilbringende Visionen gönnen? Ist es nicht dumm, vor lauter Intelligenz sein Leben zu gefährden?

Nein – es ist saudumm. Genie, Brillanz, Kreativität, allesamt Ableger religiöser Erleuchtung, haben nichts mehr zu tun mit Erkennen der Wahrheit, sondern mit der geistesabwesenden Fähigkeit, die Natur zum Zwecke ihrer Vernichtung auszuspähen. Man könnte von selbstzerstörender Dummheit reden.

Zu den Voraussetzungen der Dummheit gehört es, objektives Erkennen der Wahrheit abzuschaffen, um subjektive Wahnideen aus dem apriorischen Ärmel zu zaubern – damit der gottgleiche Mensch nicht von der Natur abhängig bleibe –, die man der Natur vorschreiben kann. Der hybride Mensch der Neuzeit will Herr der Natur sein, nicht ihr vermeintlicher Sklave, der bei ihr abschauen muss, um sich die Folterwerkzeuge seiner Naturvergewaltigung zu erschaffen.

Es ist der Unterschied zwischen Vergewaltigung und Eros. Eros ist grenzenlos vertrauendes und lustvolles Vereinigen mit einer geliebten Person, um sie zu „erkennen“, Vergewaltigen ist Unfähigkeit, sein Begehren als freies Bedürfnis zu artikulieren und die schreckliche Illusion, fehlende Verbundenheit durch Gewalt zu ersetzen.

Das moderne Erforschen der weiblichen Natur unter Abschaffen erotischen Erkennens ist nichts als Vergewaltigen der Natur durch männliche Superiorität. Gewalt gegen die Natur beginnt nicht erst in der Praxis. Sie ist Bestandteil einer maskulinen Erkenntnistheorie, die sich schämt, beim unterlegenen Weibe in die Lehre zu gehen.

In einem TV-Interview erklärte der aus Deutschland vertriebene jüdische Historiker Fritz Stern, die amerikanische Nation leide an Verdummung. In der wilhelminischen Epoche noch war Deutschland die Universität der Welt. Wer etwas werden wollte in der Wissenschaft, musste in Heidelberg, Göppingen und Münster studiert haben.

„Das Sanskritwort matra bedeutete wie das griechische meter (Demeter) gleichzeitig „Mutter“ und „Messung“. Mathematik heißt eigentlich „Mutter-Weisheit“. Viele Bezeichnungen für Rechenvorgänge entwickelten sich aus Stammwörtern für Mutterschaft: Metrik, Mensur, Meter, Mensis, Markierung, Merkmal, Mentalität; Geo-metrie, Trigono-metrie, Hydro-metrie usw. Frauen haben schon so lange zeitliche und räumliche Berechnungen durchgeführt, dass nach dem Vaya Purana die Männer früher dachten, Frauen könnten gebären, weil sie über hervorragende Fähigkeiten im Rechnen und räumlichen Gestalten verfügten. Männer stellten sich vor, sie könnten mit der Beherrschung dieser weiblichen Fertigkeiten auch gebären. „Männliche Ahnen“ erzählten einander, sie würden „glückliche Nachkommen hervorbringen“, wenn sie nur lernen könnten, die Erde zu messen. Zahlen und Buchstaben waren im Mittleren Osten Erfindungen der Großen Göttin und die spirituelle Angelegenheit ihrer Priesterinnen. Die Große Göttin schuf außer der Welt und allem Seienden auch die Künste der Zivilisation: die Landwirtschaft, das Bauen, Weben, Töpfern, Schreiben, die Dichtkunst, Musik, die graphischen Künste, Kalender und Mathematik. All dies scheint sich zum großen Teil in den Händen von Frauen entwickelt zu haben, als Ergebnis des mütterlichen Nestbaus, mütterlicher Kommunikation und mütterlichen Spielverhaltens. »Die Frau war die Schöpferin der Urelemente der Zivilisation … All die reicheren Wahrnehmungen und Interpretationen, die das Leben bunt machen, jede Kunst, jede poetische Empfindung entspringen den weiblichen Impulsen, die von der ganzen Menschheit ausgehen.«“ (Barbara Walker, Das geheime Wissen der Frauen, Lexikon)

Wie dumm, schäbig und von rasender Eifersucht zerfressen, wenn Männer das Leben der Frau als Heimchen am Herd disqualifizieren. Der Herd war Mittelpunkt der Sippe, des Universums. Wo Urmutter lebte, war Zentrum der Welt, die Erforschungsstätte der Natur. Mutter war Hüterin des Erkennens, sie war die Wissende, die Menschen gebar und mit Gaben der Natur zu erhalten und zu heilen wusste.

Warum haben gebärende Frauen das ewig nagende Gefühl, ihre Männer – und seien sie äußerlich präsent – nähmen keinen wirklichen Anteil an ihrem Schwangersein, an der Geburt und der Erziehung des Kindes, denken insgeheim nur an ihr Dasein als kapitalistisches Heimchen am Schreibtisch, an der Werkbank und der Intelligenzmaschine?

Männer fürchten die Überlegenheit der Frau, ihr lebensfeindlicher Betrieb ist die Zufluchtsstätte von Eskapisten. Glaubt irgendjemand, die VW-Affäre wäre unter Müttern möglich gewesen, die durch Betrug das Leben anderer Menschen gefährden könnten? Sibylle Berg verweist als Einzige auf die Männerdummheit in der VW-Angelegenheit:

„Ein Mann hat Volkswagen in die schwerste Krise seit Bestehen gebracht, ein Mann soll es retten: Die absolute Normalität, mit der Frauen von den Führungspositionen unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden, ist atemberaubend.“

Ist das eine idealistische Verklärung der Frau? So klingt die Neidfrage eifersüchtiger Männer. Das ist keine Verklärung, das ist die Wirklichkeit – von morgen, die schon heute beginnt. Überall, wo Frauen erkennen, dass Männer die Welt in den Abgrund stürzen.

Warum sind Männer so dumm? Weil sie vor Macht und krankhaftem Ehrgeiz nicht mehr aus den Augen schauen können. Sie sehen nicht mehr, was sie tun. Das Sehen der objektiven Realität haben sie abgeschafft zugunsten ihrer selbsterfundenen Wahnideen. Wahrheit darf für sie kein „Imitieren“ der Natur sein. Es muss originell, eine creatio ex nihilo sein. Schöpfung aus dem Nichts ist die Tötungsdevise der Männer gegen Frauen, die ihre Geschöpfe aus Natur hervorbringen. Sein und Nichts sind in männlicher Logik dasselbe.

„Der Anfang der Wissenschaft ist der unmittelbare bestimmungslose Begriff des Seins. Dieser ist in seiner Inhaltslosigkeit so viel als das Nichts.“ (Hegel, Logik, § 16)

Schöpfung aus dem Nichts ist Vernichten ins Nichts. Beginn und Ende „verschwinden ineinander“. Nicht Maschinen – die Totgeburten der Männer – werden die Zukunft bestimmen, sondern selbstbewusste Frauen, die die Weisheit ihrer Ahninnen zurückerobert und alle Männer, die das Weibliche in sich entdeckt haben.

Was ist das Weibliche? Die Lebenskunst der Menschheit. Die Zukunft muss den Männern entrissen werden. Nur Frauen können gebären. Zukunft muss geboren – und nicht in erkalteten Gehirnen gemacht, konstruiert und zusammengestückelt werden.

Warum ist Eifersucht die Haupteigenschaft des männlichen Gottes und worauf ist er eifersüchtig? Immer ist er eifersüchtig auf die erotische Potenz weiblicher Göttinnen. Eros und Erkennen der Natur aber sind identisch. (In vielen Übersetzungen wird Eifersucht zu Eifer kastriert.)

„Herr, wie lange willst du so gar zürnen und deine Eifersucht wie Feuer brennen lassen?“

„Denn eifersüchtig heißt der Gott, ein eifersüchtiger Gott ist er.“

„Ich bin voll glühender Eifersucht für Jerusalem und für Zion, doch voll gewaltigen Zorns wider die trotzig sicheren Heiden.“

Wo man hinschaut: überall grenzenlose Dummheit der Männer. Ein Mann, der sich erkühnt, geistlicher Vater von Millionen Menschen zu sein, singt eine Arie auf die Familie. Ein Mann, der mit seinen zölibatären Kollegen der Familie total entsagen musste, weil sie die Priester von ihrem heiligen Tun abhalten würde:

„Die Familie sei »das Schönste, das Gott erschaffen hat«, sagte Franziskus. Nur in ihr lerne der Mensch schrittweise die Bedeutung und den Wert der menschlichen Beziehungen kennen. »Pflegen und verteidigen wir die Familie«, so die Botschaft, »weil es dabei um unsere Zukunft geht.«“ (SPIEGEL.de)

Wie kommentiert der Heilige des Evangelii, der Chef des Chefs aller Katholiken, diese Clownesquerie?

„Wer verläßt Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Äcker um meines Namens willen, der wird’s hundertfältig nehmen und das ewige Leben ererben.“

Der Herr der Welt ist eifersüchtig auf die Familie, in welcher der Mensch geliebt wird. Bibelfeste amerikanische Puritaner haben den Hass ihres Heilands auf die familiäre Liebe mit fanatischer Perfektion zu ihrer Pädagogik gemacht:

„Im Alter von 12 bis 16 Monaten wurde das Kind abrupt abgewöhnt. Zu diesem Zwecke strich sich die Mutter die Brustwarze mit Galle, Senf oder bitterem Wermut ein. Nach dem Abstillen begann die Erziehungsarbeit, die Brechung des Willens, die Erzeugung von Scham, die Unterdrückung von Zuneigung, die Erziehung zur Distanz. Schon in England war die Verneinung des Gefühls der Zuneigung eine erzieherische Forderung gewesen. Die Väter vor allem sollten sich ihren Kindern möglichst fernhalten, beide Eltern dem Kind nicht ein Zuviel an Liebe entgegenbringen. Unter keinen Umständen dufte es verhätschelt werden. Die Eltern mussten zu ihren Kindern einen angemessenen Abstand einhalten, um der drohenden Unterminierung elterlicher Autorität zu begegnen. Nicht zu nett und zärtlich sollten die Eltern sein. Den Kindern sollten sie das Leben so sauer wie möglich machen. Es galt zu vermeiden, dass die Bindungen zwischen Eltern und Kind zu eng wurden. Kinder wurden früh und regelmäßig aus dem Haus gegeben. Früh entwöhnt, absichtlich mit wenig Elternliebe bedacht, auf Distanz gehalten, außer Haus gegeben – so erlebte das Kind Trennungsangst. Nicht einmal die Vereinigung mit den Eltern im Jenseits war garantiert. Kinder zu schlagen, war biblisch abgesichert: »Wer die Rute schont, verdirbt das Kind.« Vor allem die Söhne wurden angehalten, sich aus der vertrauten Umgebung zu entfernen. Sie wurden darauf vorbereitet, »to go, not to stay«.“ (Gert Raeithel, Geschichte der amerikanischen Kultur, Bd. 1)

Hier haben wir in nuce die seelischen Ursachen der kapitalistischen Moderne. Keine emotionalen Bindungen an die Kinder – damit niemand seinem eifersüchtigen Herrn und Heiland untreu werden kann. Der Erlöser – oder die Familie. Der Papismus trennt das Heilige in Priester und schnöde Familien. Der Puritanismus schafft das Kunststück, mitten in der Familie zu sein und dennoch keine zu haben. Sie haben, als hätten sie nicht.

„Die Zeit ist kurz, damit auch fortan auch die, welche Frauen haben, so seien, als hätten sie keine.“

Das gilt erst recht für Kinder, die man erziehen solle, als hätte man sie nicht. Hier sehen wir den Ursprung aller verkappten Kinderfeindschaft im Mantel der Fürsorglichkeit: Kinder dürfen nicht verwöhnt werden; Eltern sind „Helikoptereltern“, wenn sie sich um ihre Kinder sorgen. Jeder muss früh seinen Weg gehen, heißt in Wirklichkeit: niemand darf in Liebe an seinen Eltern hängen oder von ihnen lernen. Höchstens die Lektion, ohne innerliche Bindung an Weib, Kind und demokratische Nachbarn sein kaltes Leben verbringen.

Da bleibt nur der Ersatz, durch Reich- und Mächtigwerden die Liebe der Mitmenschen zu erkaufen. Und wer sich nicht kaufen lässt, wird entlassen. Wohlstand ist Talmi-Ersatz für ein volles Leben in Geborgenheit. Nest- und Heimatgefühle dürfen nicht aufkommen. Flexibel und mobil muss der allen menschlichen Bindungen Entrissene von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle ziehen. Eine amerikanische Familie zog durchschnittlich alle fünf Jahre um. Hobbes – der Mensch ist den Menschen ein Wolf – hat die Atmosphäre auf den Punkt gebracht: „das menschliche Leben ist einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz.“

Warum gehen moderne Zeitgenossen am liebsten shoppen? Weil sie sich selbst etwas Gutes tun wollen, denn andere tun es nicht. Liebe wird ein käufliches Gut. Das wird von Ludwig von Mises, dem Mentor Hayeks, als großer Vorzug des Kapitalismus gepriesen. Wer das nötige Kleingeld besitzt, braucht auf menschliche Beziehungen keinen Wert mehr zu legen. Das menschliche Leben wird ersetzbar durch Geld, Fortschritt, technische Macht und Unabhängigkeit von jeglicher Moral. Dinge und Sachen müssen Nähe und Urvertrauen ersetzen. Ade Menschlichkeit. Ohnehin warst du nur ein sentimentaler Luxus.

Dumm ist kein Mangel an Intelligenz. Sondern der verstockte Unwille, zu sehen, was der Mensch tut. „Dumm gelaufen“, soll heißen: ohne Risiko geht nichts. Zocken müssen wir alle. Geht’s dann schief, tragen nicht wir die Verantwortung, sondern der Hayek‘sche Zufall, identisch mit dem unberechenbaren Willen Gottes:

„Wiederum sah ich unter der Sonne, daß nicht die Schnellen über den Lauf verfügen, noch die Helden über den Krieg, noch auch die Weisen über das Brot, noch die Klugen über den Reichtum, noch die Verständigen über die Gunst, sondern Zeit und Zufall widerfährt ihnen allen.“ (Prediger 9, 11)

Warum haben die Männer im Verlauf des Abendlandes die Frauen zu dummen Wesen erniedrigt? Der Psychiater Möbius war nur die Spitze des Eisbergs. Im Jahre 1900 veröffentlichte er sein Buch: „Über den physiologischen Schwachsinn der Frau“. Darin stellte er die These auf, „Frauen hätten von Natur aus eine physiologisch bedingte geringere geistige Begabung als Männer. Dieser weibliche „Schwachsinn“ diene der Arterhaltung des Menschen und sei Folge dessen Evolution“.

Und wer schrieb die folgenden lieblichen, aber ach so dümmlichen, Sentenzen über das Weib?

„Oberfläche ist des Weibes Gemüt, eine bewegliche stürmische Haut auf einem seichten Gewässer.“ „Schlamm ist auf dem Grund ihrer Seele, und wehe, wenn ihr Schlamm noch Geist hat.“ „Wenn das Weib männliche Tugenden hat, ist es zum Davonlaufen; und wenn es keine hat, läuft es selbst davon.“ „Der Man macht sich das Bild des Weibes, und das Weib bildet sich nach diesem Bilde.“ „Der Mann fürchte sich vor dem Weibe, wenn es hasst: denn der Mann ist im Grunde der Seele nur böse, das Weib aber ist dort schlecht.“ „Das Glück des Mannes heißt: Ich will. Das Glück des Weibes heißt: Er will.“ (Ein Pastorensohn, der mit der Peitsche ins Bordell ging.)

Morris Berman beschrieb schon vor Jahren die buchstäbliche Verdummung der Amerikaner, die auf die Frage, wer Hitler sei, die Antwort gaben: der deutsche Kanzler der Gegenwart. Was Amerikaner vormachen, muss Deutschland kopieren. Auch ein Gesetz imitierender Dummheit.

Die Dummheit bezieht sich nicht nur auf die Masse, wie elitäre Edelschreiber herablassend konstatieren. Welcher Schreiber kümmert sich um das Gestern? Ist ein Vorgang beendet, ist er für immer tot. Gazetten haben kein Gedächtnis. Sie erfinden sich jeden Tag neu – eine Umschreibung der Männer-Dummheit, dass jeder Tag eine neue Offenbarung Gottes zu sein habe.

Die Moderne ist der Inbegriff männlicher Kollektivdummheiten. Technischer Fortschritt ist für sie moralischer Fortschritt. Was Moral ist, kennen sie nur aus dem Poesiealbum ihrer Schwestern. Eine Wirtschaftsweise, die 99% des gesamten Reichtums der Menschheit zum Eigentum von Einem Prozent erklärt: das nennen die Männer eine Gabe der Evolution. Geht’s noch dümmer oder perverser?

Der Gipfel der männlichen Hochkultur ist die männliche Erlösungsreligion, die auf den ersten Seiten ihrer Heiligen Schrift die Frau zur Hauptschuldigen der Geschichte erklärt. Warum? Weil Eva klug werden wollte. „Und das Weib sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er lieblich anzusehen sei und begehrenswert, weil er klug machte.“

Im Buche Sirach steht, alles Böse habe mit der Frau begonnen: „Ihretwegen sterben wir alle“. Die Menschheit ist sterblich, weil die Frau böse war. Kein Wunder, dass ein echter Mann wie Ray Kurzweil die Sterblichkeit überwinden will, indem er mit einer superintelligenten Maschine das Weib überflüssig macht. Wenn der Mann fähig ist, Roboter zu gebären, sind die Gebärkünste der Frau überflüssig. Paulus gab ausschließlich Eva die Schuld für den Sündenfall und sprach Adam frei: „Und Adam ward nicht verführt; das Weib aber ward verführt und hat die Übertretung eingeführt.“

Der Hass dummer Männer auf die Frau muss unermesslich sein. Warum sonst tun sie nichts anderes, als mit ihrer Intelligenz alles Weibliche und Mütterliche überflüssig zu machen? Der Kirchenvater Tertullian speit Gift und Galle:

„Und du wolltest nicht wissen, dass du eine Eva bist? Noch lebt in dieser Welt das Strafurteil Gottes über dein Geschlecht fort; also muss auch deine Schuld fortleben. Du bist es, die dem Bösen Eingang verschafft hat … Du hast zuerst das göttliche Gesetz außer acht gelassen; du bist es auch, die den betört hat, dem der Teufel nicht zu nahen vermochte. So leicht hast du den Mann, das Ebenbild Gottes, zu Boden geworfen. Wegen deiner Schuld, d.h. um des Todes willen, musste auch der Sohn Gottes sterben.“

Klemens von Alexandrien zitierte Christus mit den Worten: „Ich bin gekommen, die Werke des Weibes zu zerstören.“ Das könnte man als religiösen Gipfel der männlichen Dummheit bezeichnen.

Noch heute scheuen männliche Gelehrte nicht die Dummheit, das historische Matriarchat als Phantasiegebilde zu leugnen, obgleich die Beweise überquellen. Freud, männlicher Seelenkenner, stellte die dümmliche Frage: was will das Weib? Er gestand, nie verstanden zu haben, was Frauen wollen. Er wusste nur, dass Frauen den Männern den Penis neiden. „Er bildete sich sogar ein, dass eine Mutter ihr Kind nur liebt, weil es für sie ein Penisersatz ist.“ Komm, mein süßes Schwänzchen, an meine Brust.

Der freudsche Phallozentrismus vernachlässigte den positiven Einfluss der Mutter, indem er die Rolle des Vaters, „des jupitergleichen, machtstrebenden, unterdrückenden Elements“ überbetonte. Die „lebenspendende Funktion der Mutter, ihre Liebe und ihr Verständnis, die sie dem Kind entgegenbringt“, war für Freud ein dunkles Loch. Bei phallozentrischen Analytikern müssen die Patienten noch heute rücklings auf die Couch, damit sie den hohen Herrn nicht in die Augen schauen.

Bachofen, „Erfinder“ des Matriarchats, beschrieb das Muttertum: „Aus dem gebärenden Muttertum stammt die allgemeine Brüderlichkeit aller Menschen, deren Bewusstsein und Anerkennung mit Ausbildung des Patriarchats untergeht.“ Geht es noch paradoxer? Ausgerechnet der Mütterlichkeit entspringt die Brüderlichkeit, die heute zur Geschwisterlichkeit erweitert werden muss.

G. R. Taylor unterscheidet „matrische“ von „patrischen“ Gesellschaften. Matrische Gesellschaften zeichnen sich aus durch: 1) eine tolerante Haltung gegenüber der Sexualität; 2) Freiheit für Frauen; 3) hohes Ansehen des Weiblichen; 4) Höherbewertung des Wohlergehens gegenüber Keuschheit. 5) demokratische Prinzipien; 6) fortschrittlich-moralische Anschauungen; 7) Spontaneität, öffentliches Zeigen von Gefühlen; 8) geringe Geschlechterunterschiede; 9) positive Haltung gegenüber Lust und Vergnügen; 10) Mutterverehrung. In patrischen Gesellschaften gab es nur die diametralen Gegen-Tendenzen, die völlige Verneinung der matrischen Gesellschaft.“

Das Sein des Menschen in Angst und Sorge ist die Wirkung einer männlichen Religion, in der ein allmächtiger Vater seine Kinder mit fürchterlichen Strafen bedroht – wenn sie Ihn nicht fürchten:

„Den Herrn, deinen Gott, sollst du fürchten und Ihm sollst du dienen.“ Woran erkennt Paulus unbußfertige Sünder? Antwort: „Keine Furcht Gottes ist vor ihren Augen.“

Es ist blanker Unsinn, zu sagen, es könne kein menschliches Leben ohne Angst geben. Ängste würden uns vor Gefahren warnen. Gefahren erkennen kann man nur, wenn man objektives Erkennen zulässt. Erkennen ist die Fähigkeit einer angstfreien Persönlichkeit, unverzerrt die Realität zu erfassen und sich weder vor Gott noch dem Teufel zu fürchten.

Die heutige Menschheit ängstigt sich maßlos vor der Zukunft, die sie selbst in die Wege leitet. Da sie ihre Ängste leugnet, schliddert sie in apathischer Hektik und schicksalsergebener Beschleunigung von einer Misere in die nächste.

Im Reich der Mütter galt die Moral der gegenseitigen Sympathie und unbegrenzten Solidarität. Auch Männer wollen ihre Grenzen überschreiten – die Grenzen ihrer Borniertheit, um ins Reich grenzenloser Dummheit zu gelangen. Moral ist für Männergesellschaften ein lächerliches Fremdwort.

„Wer die Macht hat, hat das Recht auf seiner Seite – diese Moral war typisch für die lineare, hierarchische männliche Theologie.“

Der Phallokrat erhebt sich zum Herrscher des Universums. Das schwanztragende Männlein will sein wie Gott. Wie lange noch, meine lieben Schwestern, wollt ihr diese aberwitzige Missgeburt der Evolution ertragen? Wen die Göttin vernichten will, den bestraft sie mit männlicher Dummheit.