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Opposition

Hello, Freunde der Opposition,

ist die ESPEDEE noch oppositionsfähig, nachdem Müntefering jede Opposition für Mist erklärte? Ist eine Demokratie noch demokratie-fähig, wenn der Machtwechsel zwischen Regierung und Opposition nicht mehr funktioniert? War Müntefering noch Demokrat oder gehörte er bereits zu den Gründern der GROKO-Monarchie, zu der die neudeutsche Demokratie inzwischen verkommen ist?

„Opposition ist Mist. Lasst das die anderen machen – wir wollen regieren“, rief er den Delegierten zu, die ihn für seine Rede begeistert feierten“. So geschehen auf dem Sonderparteitag der SPD im Jahre des Herrn 2004.

Seit 11 Jahren liegt die deutsche Demokratie im Koma und hat sich zur oppositionslosen Herrschaft einer nahezu einmütigen Majorität verwandelt. Die GROKO-Monarchie ist eine Rückkehr zur romantischen Theokratie, in der die Einstimmigkeit der Herzen zum christlichen Regierungsprinzip erklärt wurde. Deutschland, ja ganz Europa, sollte zur „neuen sichtbaren Kirche werden, die alle … in ihren Schoß aufnehmen wird. Denn der Geist der Christenheit ist ein alles umarmender Geist.“ So betete Novalis inbrünstig um die Wiederauferstehung der geschlossenen mittelalterlichen Ordo auf deutschem Boden.

Keine Zersplitterung der Macht, keine Zänkereien, keine antagonistischen Interessen, keine Fraktionsbildungen, keine Parteien – so stellte der Herrnhuter Zögling sich die untertänige Rückkehr der weltlichen Politik unter den Rock der Unfehlbaren vor. „Wählt, welche ihr wollt“, schrieb der empfindsame preußische Adelssprössling, „es ist gleichviel, ihr werdet damit Christen und Mitglieder einer einzigen, unaussprechlich glücklichen Gemeinde.“

Wählt, welche ihr wollt, Hauptsache, ihr wählt die Königin der Herzen, die

Gralshüterin des Alternativlosen, die fromme Frau mit dem besten machiavellistischen Gebiss der BRD: die von Fehlern unbefleckte – Angela.

Ist es zum Bruch gekommen zwischen Mutter und Mutters Liebling? Ein kritisch Wörtchen soll schon ein Bruch sein? Müsste Gabriel nicht stante pede die Koalition aufkündigen, die Regierung unter Absingen schmutziger Lieder verlassen, die Faust nicht nur in der Tasche ballen, sondern vor aller Augen und mit allen Konsequenzen?

Das bräche dem Wonneproppen das Herz. Oder in der rohen Sprache der Freudianer: schon längst ist der Vize kastriert. Mutters Messer kennt kein Erbarmen. De Maiziere ist der Nächste auf der Liste. Solange die SPD nicht den Mut aufbringt, selbständig gegen Muttern Stellung zu beziehen, wird sie nicht regierungsfähig sein.

Inzwischen gilt das auch für die Grünen, ja sogar für die Gysi-Fraktion der Linken. Mutterland, einig Vaterland. Sie mögen keine Demokratie, die Deutschen. Sie trauen sich aber nicht, das politische Modell der Sieger, pardon der Befreier, offiziell abzuschaffen. Würden die Westmächte nicht mit Gewalt wieder über sie kommen, um eine Wiederholung des – was war da noch mal? – zu verhindern?

Streiten und kritisieren – das sind keine deutschen Optionen. In deutschen Medien wird nur „gestichelt, gestänkert, abgewatscht, geätzt und niedergemacht“. Debatten gibt es keine – oder nur in unterirdischer Form. Im Bundestag werden nicht Thesen gegen Thesen geführt – was bedeuten würde, die Opposition erhielte gleiches Rederecht –, sondern machtorientierte Redezeiten vergeben, die mit Proporz-Geschwall zugemüllt werden.

Man vergleiche das englische Unterhaus mit zündenden kurzen Antithesen. Man vergleiche scharfe englische TV-Debatten kurz vor der Wahl mit dem deutschen TV-Gewürg aller symbiotisch vereinten Sender, in dem die Kontrahenten vorbereitete Stichworte abspulen. Pardon, Kontra-henten schon ist falsch. Im Kirchspiel deutscher Politharmonie ist man bereits auf der dritten Stufe der Hegel‘schen Dialektik angekommen, die allen kindischen Streit abgetan und von GROKO-Synthesen befriedet worden ist.

Hegel hatte Recht: in Berlin ist der Weltgeist zu sich gekommen. „Preußen ist auf Intelligenz gebaut.“ Wer kennt nicht den berühmten Spruch aus der Vorrede zur Philosophie des Rechts:

„Was vernünftig ist, ist merkelisch;

Und was merkelisch, ist vernünftig.“

So denken die Deutschen und lassen den göttlichen Weltgeist aus Mecklenburg-Vorpommern nicht im Stich. Bevor er angefangen, hat Gabriel schon verloren. Die älteste Partei der Deutschen – die seit Bebel nie ihre vollen Windeln wechselte – sollte sich ins Messer stürzen. Bevor Angela es tut. Schon aus olfaktorischen Gründen ist die Proletenpartei ohne Proleten unwählbar. Hier hülfe auch kein Deo, denn alles, was mit Deus zusammenhängt, ist das virtuose Privileg der Engelgleichen.

Spekulieren wir zeitraffend in die Zukunft. Gabriel ist gegen Merkel angetreten. Wie werden die Wahlen ausfallen (sofern es vorher nicht Katzen vom Himmel regnet)? Eine volle Klatsche für die Juniorpartner. Mit welchen Folgen? Gabriel düsteren Blickes, aber gefasst und tapfer vor den Kameras. „Nach der erwarteten Niederlage ziehe ich die persönliche Konsequenz – kehre wieder reumütig zurück ins Kabinett und werde erneut Mutters Liebling und Vize. Keine neunmalklugen Nachfragen, Frau Slomka.“

Prophetisch zitieren wir aus Gabriels erbarmungslos ehrlicher Wahlanalyse: „Die Kanzlerkandidatur war ein Fehler, und zwar meiner. Ich glaube, dass ich einer ausgeprägten Selbsttäuschung unterlag.“ Wer hier nicht weint, weint nimmermehr. Doch geht’s noch ein bisschen ungenauer, oh besiegter Siegmar? Unbedingt:

„Es habe «Selbsttäuschungen auf drei Feldern» gegeben, so Gabriel, «bezogen auf meine eigenen Vorteile oder Nachteile gegenüber Frau Merkel. In der Frage, wie ich als nicht unbedingter Messdiener parteipolitischer Wahrheiten zusammen mit meiner Partei einen solchen Wahlkampf erfolgreich gestalten kann, und in der Einschätzung der politischen Stimmung im Land. Ich war etwas blind.» Es habe auch „eine gewisse Koketterie“ seinerseits eine Rolle gespielt. Seiner Einschätzung nach war der Wahlkampf aus mehreren, auch von ihm verschuldeten Gründen bereits im Frühjahr 2013 verloren. Gabriel: «Da können Sie nichts mehr machen und nur noch in Würde zu Ende spielen.»“ Wird der futurologische SPIEGEL wortwörtlich schreiben, sofern der Kaffeesatz unsrer Zauberkugel uns nicht in die Irre führt.

Okay, okay, Gabriels Vorbild im Verlieren ist der forsche Peer Steinbrück, der gern damit kokettiert, dass er kein unbedingter, sondern nur ein bedingter Messdiener seiner Partei ist. Bester Peer, hast du schon mal bedingte Messdiener gesehen? Die ihren Popen nur mit umgehängtem Pappkarton ministrierten: „Diese Assistenz gilt nur unter dem Vorbehalt, dass Jesus lebt und sein Vater nicht tot ist?“ Oder ist deine uralte Partei schon zur Kirche geworden, wo Ketzer keine Chancen mehr haben?

Wenn der fabelhaft freie Peer so unabhängig denkt, warum hat er den strammen Parteisoldaten der SPD nicht längst den Bettel vor die Füße geworfen und eine eigene Partei gegründet? Wäre das nicht demokratischer gewesen? Hui, da pfeift der Wind so kalt: naives, idealistisches Geschwätz. Nur Traumtänzer können so reden.

Nochmal zum Buchstabieren. Warum hätte der schlaue Peer – der gar nicht so schlau war, wie er immer erscheinen wollte – nicht zur Wahl gegen Merkel antreten dürfen? Antwort: hätte er die damalige Situation genau analysiert, hätte er wissen müssen, dass er nicht die geringste Chance hatte, das Match für sich zu gewinnen.

Bei solchen analytischen Fähigkeiten muss Deutschland froh sein, dem Schlauberger die rote Karte gezeigt zu haben.

a) Analysieren kann ich die Realität nur, wie sie ist.

b) Ist sie nicht gerade günstig, kann ich mich dennoch – contrafaktisch – dafür entscheiden, sie durch „Einsicht und Leidenschaft“ zu verändern.

c) Alles also hängt davon ab, wie ich die Veränderungskraft meiner Argumente und den verborgenen oder sichtbaren Veränderungswillen der Bevölkerung einschätze.

Steinbrück: „Die SPD vermittelte den Eindruck, das Land stehe am Abgrund und bestehe aus einer Ansammlung von Opfern. Aber „um die 75 Prozent der Bürger fanden laut Umfragen, Deutschland sei in einem ganz guten Zustand – und dafür sprach ja auch einiges.“

Warum sollte man einen Zustand schlecht reden, wenn er gut ist? Berechtigte Frage, oh Peer. Vorausgesetzt, man will der Wahrheit die Ehre geben und nicht – aus niedrigen wahltaktischen Gründen – herumflunkern.

Hier sieht man beispielhaft, wie ein typisches ökonomisch verkürztes Großhirn der heutigen Elite tickert. Weil es den Deutschen wirtschaftlich vergleichsweise gut geht, müssen sie mit allem zufrieden sein, was ihre Wohlstandsgesellschaft zu bieten hat? Warum in aller Welt gibt’s dann bei uns so viel Unmut und Verdrossenheit über die politische Lage?

Gewiss, bei Mutter Merkel prallt alles ab. Genau diese neurotische deutsch-merkelische Symbiose hättest du, Peer, in alle Teile zerlegen und für deinen potentiellen Vorteil ummünzen müssen. Doch als religiöser Mitläufer – kurz vor der Wahl hast du punktgenau deine Atheisterei an den Nagel gehängt – hast du noch nicht mal gemerkt, dass Merkels Politstil nur mit christogenen Kategorien erklärbar ist. Geschieht dir Recht, Genosse Peer. Pfiffig wolltest du den Himmel auf deine Seite ziehen, um den Sieg davon zu tragen. Nun stehst du da wie der Erlöser in der Stunde seiner höchsten Not und jammerst: mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Den Deutschen geht es äußerlich gut. Doch so kaputt und empfindungslos, wie du sie einschätzt, Peer, sind sie nicht. Selbst, wenn sie sich‘s nicht glasklar bewusst machen: dass die Welt im Argen liegt, sehen und erleben sie jeden Tag, den der Herr ihnen schenkt.

Wäre es nicht die Aufgabe der Politiker, dieses Unbehagen zu artikulieren, der Öffentlichkeit zur Prüfung vorzulegen, mit ihr zu debattieren – um ihr zustimmendes oder ablehnendes Votum in der Wahl abzuwarten und zu akzeptieren? Um bei einer eventuellen Niederlage die Gründe der Ablehnung zu erforschen, seine eigenen Argumente zu überdenken und zu schärfen und das Spiel von vorne zu beginnen?

Hält man seine Argumente für richtig, darf man sich falschen Bedürfnissen und verkehrten Meinungen der Menge nicht anpassen. Wie es etwa die Grünen tun, wenn sie ihr ökologisches Profil gegen dreißig Silberlinge einer prostituierenden Koalitionsmöglichkeit verscherbeln.

Wer das Beste für sein Land will, hat die verdammte Schuldigkeit, seine politischen Forderungen immer genauer zu begründen, auf dass er den Kampf um die Geister gewinne. Macht in der Demokratie ist kein Selbstzweck. Sie muss in den Dienst der fortlaufenden Humanisierung der Gesellschaft gestellt werden. Wem‘s nur um Macht an sich geht, der sollte eine Diktatur auf dem leblosen Mars errichten. In einer Demokratie hat er nichts verloren.

Einerseits kokettiert Steinbrück damit, gegen den Stachel der Partei gelöckt zu haben. Andererseits beschwert er sich, seine GenossInnen würden keine erfolgreichen Parteimitglieder mögen. Sollte man sich nicht fragen, woher dieses seltsam zielgehemmte Verhalten der Basis rührt? Könnte es nicht damit zusammenhängen, dass die einfachen GenossInnen mit der gesamten Entwicklung der Schröder‘schen Luxusmöblierung der Partei nicht einverstanden sind, aber unfähig, ihr Missbehagen in schlüssige Gedanken und Taten umzusetzen?

Haben Schröder, Clement & Co die Gesellschaft nicht im selben Maß in Sieger und Loser gespalten wie die FDP und die selektierenden Konservativen? Ein biederer SPD-Ortsverein ist kein Klub potentieller Middelhoffs und Piechs. Warum sollen alle Menschen die Karriereleiter nach Oben buckeln, wenn Oben die Superverbrecher ihre große Sause veranstalten?

Hat die SPD vergessen, dass sie die Schwachen und Benachteiligten schützen und fördern wollte? Nicht nur um der Schwachen, sondern auch um der Überflieger willen, die nicht wissen, was sie tun und die Welt mit unendlicher Raffgier ins Elend stürzen?

Die Sieger setzen alles auf eine Karte, um für wenige Jahre Profit und Erfolg abzusahnen. Die Zukunft der Menschheit kümmert sie einen Dreck. Entweder wird Zukunft von ihnen verherrlicht: es gebe keine Probleme der Gegenwart, die in Zukunft technisch nicht lösbar wären. Oder sie wird aus dem Bewusstsein gestrichen: nach uns die Sintflut. Alle notwenigen ökologischen Rettungsmaßnahmen werden dann von ihnen zum „grünen Mist“ deklariert (Cameron). Oder der Untergang der Menschheit wird als religiöse Apokalypse geradezu herbeigesehnt und herbeigebetet.

Kann es sein, dass die biedere SPD-Basis im Innern ihres Herzens einen sozialdemokratischen Kanzler gar nicht wünscht, weil sie befürchtet, er könnte dem Volk denselben Lug und Trug auftischen, wie Frau Merkel in frommer Miene schon lange vordemonstriert? Lieber machtlos und ehrlich – als im gleißenden Licht des Trugs erfolgreich zu sein? Ein guter Politiker, der seine Partei verstehen will, müsste solch „irrationale“ Beweggründe verstehen können.

Deutschland ist kein Volk der Opfer, sondern gehört zu den mächtigen Täternationen dieser Welt, die ohnmächtigeren Völkern das Gesetz des Handelns diktieren. Und dennoch sind auch sie die Opfer – ihrer dunklen Vergangenheit und ihrer unbewussten Ehrlichkeit, die sie – unter der Nötigung ständig neuer Parteikarrieristen – für hinterwäldlerische Borniertheit halten. Da sie sich nicht trauen, ihre wahre Meinung zu sagen, muss sie dem Bewusstsein entzogen werden.

Wenn Steinbrück der Meinung war, Deutschland sei ein Musterland, warum wollte er gegen Merkel antreten? Ihren Job hätte sie doch gut gemacht? Warum sie ablösen? Steinbrück hätte die Wähler sogar auffordern müssen, Merkel in den Bundestag zu schicken. Was Besseres kann euch momentan nicht geschehen. Oder meinte er, die Lage sei zwar gut, aber nicht das Verdienst der Kanzlerin? Das hätte er beweisen müssen.

Ein durchsichtiges Manöver. In großspuriger Manier übt Steinbrück Selbstkritik. Doch insgeheim verteidigt er sich und schiebt den größten Teil der Schuld seiner Partei in die Schuhe. In gutmeinendem Parteigehorsam hat er den Karren gezogen, solange der Karren es wollte. Doch der Karren hat ihn hämisch in die Falle der Niederlage tappen lassen. Konnte nicht jeder sehen, dass er gegen die Unbesiegbare keine Chancen hatte? Doch ihm flunkerten die eigenen KollegInnen Siegeschancen vor, die realistisch nie bestanden hatten.

Oh doch, oh Peer. Du hättest alle Chancen der Welt gehabt, wenn du ehrlich gewesen wärst und in der Wahrnehmung der Wirklichkeit nicht besoffen durch Dax-Zahlen und BIP-Ziffern. Wie Kollege Schröder bist du – im Gewande des Sozialreformers – ein ordinärer Hayekianer. Doch Hayek hast du nie sorgfältig gelesen. Wie alle Ökonomen bist du verhext von Diagrammen und Erfolgskurven.

Dass hinter Zahlen nichts anderes lauert als eine menschenfeindliche Philosophie der Gegenaufklärung, das entzieht sich deinem darwinistischen Siegergehirn. Als erfolgreicher Akademiker wolltest du nicht länger einer Partei der Verlierer angehören. Ohnehin war dein Beitritt zur SPD nur ein sentimentaler Akt, den du innerlich bald zu bereuen hattest. Doch feige, wie du bist, hast du weiterhin Solidarität geheuchelt. Glaubst du im Ernst, du phallischer Mittelfinger, dass du deine Verbundenheit mit der Basis durch Verriss billigen Proletenfusels beweisen konntest? Mit dieser „Fehlleistung“ wolltest du doch nur deinen reichen Vortrags-Auftraggebern signalisieren, dass du in Wahrheit zu den Arrivierten gehörst. Schröder prunkte mit Armani, du mit Pinot Grigio.

Wahrlich, wahrlich, ihr seid schwer gestraft, mit euren exzellenten Fähigkeiten einem Pöbel dienen zu müssen, der Rotkäppchensekt nicht von Champagner unterscheiden kann. Am liebsten hätte Clement die ganze Parteibasis abschaffen lassen, damit er sich nicht schämen muss, solche antriebslosen Loser zu regieren.

Da passte es wie die Faust aufs Auge, dass ein anderer Parteigrande namens Sarrazin so ehrlich sein wollte, hinter der biederen Maske des standardisierten Pöbels die pure Fremdenfeindlichkeit zu entdecken und ans Licht zu zerren. Aufsteiger haben es schwer, so herrlich ehrliche Siegerhalunken zu werden – und die verlogenen Biedermasken ihrer übermoralischen Spießereltern zu decouvrieren.

Was ist der große Unterschied zwischen „neureichen“ Aufsteigern und selbstgewissen altadligen Herrengeschlechtern? Letztere wissen schon lange, dass Abschaum unten schwimmt. Erstere müssen ihre Kompetenz noch dadurch beweisen, dass sie ihre Herkunft – in den Abfall treten.

Wenn die SPD nicht gnadenlos mit sich ins Gericht geht, werden die nächsten Wahlen zum absehbaren Debakel. Aus Angst, sie könnten es sich mit Merkel verderben, werden sie mit lauen und lächerlichen Kraftsprüchen die Luft verpesten. Damit sie nach der verlorenen Wahl nicht mit der Rolle der Opposition bestraft werden.

Demokratie lebt von der Teilung der Macht. Ohne kritische Instanz wird jede Regierung zum autoritären Popanz. Die BRD ist dabei, die Instanz der Opposition auf schleichendem Weg abzuschaffen.

Lang, lang ist‘s her, dass die Medien als Vierte Macht die Rolle der Opposition monopolistisch an sich rafften. Inzwischen sind sie zu Hütern der Macht und der Frau Merkel degeneriert. Ein bisschen Alibikritik, doch die Ikone darf keinen Schaden nehmen.

Durch die napoleonischen Kriegszüge wurde in Deutschland das Ansehen der Französischen Revolution zugrunde gerichtet. An die Stelle der streitbaren Empörung trat als Vorbild der Deutschen – das heilig-vorbildliche preußische Königspaar:

„Das preußische Königshaus – wie heute das private Leben der Kanzlerin – bot seinen Untertanen keine skandalösen Szenen. In Deutschland war keine Revolution im Namen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nötig. Die im Königspaar Fleisch gewordene Liebe – wie der in der GROKO zelebrierte Große Konsens – wurde zur Grundlage des deutschen Staates.“ (So etwa in Barbara Vinken, „Die deutsche Mutter“)

Deutschland nähert sich der idyllischen Eintracht der Eliten. Dem Pöbel sind Idyllen verboten. Die Erfolgreichen: sie kennen sich alle, sie schätzen sich alle, sie halten zusammen wie Pech und Schwefel. Nur wer nicht dazu gehört, glaubt, randalieren zu müssen und eine Opposition nötig zu haben.

„Wenn die deutschen Frauen so ehrerbietige Töchter, so gehorsame Gattinnen, so liebevolle Landesmütter, so aufopfernde Patriotinnen wie Angela Merkel (pardon, Königin Luise) haben, so ist den Deutschen für immerdar der Vorrang gesichert in Europa.“ (Novalis, prophetisch über Merkel)