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nichtsdesto-TROTZ XXXVIII

Tagesmail vom 02.07.2021

nichtsdesto-TROTZ XXXVIII,

„nicht lässt zum Vater Gilgamesch den Sohn,
rast ohne Maß bei Tage und bei Nacht!
… nicht lässt zum Liebsten Gilgamesch das Mädchen,
des Helden Tochter und des Edlen Wahl.“   (Gilgamesch)

Die Hochkultur,

… die Kultur des Mannes, des Erfolgs, der Effizienz und Brillanz, des Genies, des endlosen Fortschritts, des Glücks- und Lustverbots, der Vernichtung der Natur und moralischen Verkrüppelung des Menschen …

 … die Kultur also, in der wir leben und in Hitzegluten dahinsiechen, die Kultur des Abendlandes, die die Welt erobert hat, diese zum Tode verführende Kultur, der wir durch Flucht ins Universum entrinnen wollen …

… beginnt mit der Zerstörung der innigen Beziehungen der Menschen, ihrer liebevollen Verbundenheit, ihres Gemeinsinns, ihrer froh und stolz machenden Arbeit und …

… der Degradierung von Frau und Kind zu minderwertigen, beliebig lenkbaren Wesen, die am Ziel der maskulinen Geschichte ersetzt werden sollen durch Maschinen, die alles Menschliche in den Schatten stellen.

Die Geschichte des Mannes ist die Geschichte seiner Gottwerdung auf Kosten der Natur und aller Lebewesen.

Gilgamesch, Urkoloss und Erfinder der männlichen Heilsgeschichte, beginnt mit der Errichtung einer gewaltigen Mauer, mit der er die erste Stadt der Geschichte einkesselt, von allen nachbarlichen Dörfern und dem Rest der Welt trennt, seine Untertanen einschließt, ihren freien Willen raubt, ihre sozialen Beziehungen spaltet , ihre Gefühle zerstört, ihr Denken verbietet und sie zu arbeitsteiliger Untertanen- und Sklavenarbeit verurteilt.

Die Heilsgeschichte beginnt als lineare Zeit, in deren Verlauf eine männliche Erlösungsmaschinerie die Menschen zu funktionierenden Rädchen entwertet .

Gilgamesch entwickelt sich im Verlauf der Jahrhunderte zu einem allmächtigen Gott, der sich anmaßt, Natur und Menschen geschaffen zu haben. Er zerstört die solidarischen Gefühle der Sippen, indem er die Einen erwählt und die Anderen verwirft.

Er sah wohlgefällig auf Abel, auf Kain aber und sein Opfer sah er nicht. Die ganze Menschheit wird getrennt in Gute und Böse. Gott sieht und bevorzugt den Einzelnen. Er trennt die Menschheit in wenige Lieblinge und in die Masse der Verlorenen.

„Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eines von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet? So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.“

Das ist die Vorwegnahme der heutigen Situation: wenige werden sich retten, weil sie die günstigsten Orte der Erde erwerben können; die Massen der Verlorenen aber werden verschmachten.

Die Menschheit lässt sich spalten, um von einem Einzelnen beherrscht zu werden. Sie verraten ihre Gemeinschaft, kämpfen widereinander, um sich die Gunst des Himmels durch Bußfertigkeit zu erkaufen. Dem hochmütigen Nachbarn, der sich nicht beugen will, wird die Gunst verweigert.

Wer die größten Schätze im Himmel deponiert, erwirbt sich das Vorrecht auf jenseitige Immobilien. „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen“. Bei weitem aber nicht genug, um allen Selbst-Gerechten, Selbst-Bestimmten und Selbst-Bewussten ein Plätzchen frei zu halten.

Der moderne Kapitalismus entstand im Mittelalter als die ersten Reichen begannen, ihre Profite im Himmel anzulegen. Der Himmel wurde zur ersten Börse, an der das zukünftige Heil erfuggert werden konnte:

„Die klassische Theorie der kapitalistischen Akkumulation wurde erstmals im Mittelalter aufgestellt, und zwar nicht von Ökonomen, sondern von Klerikern mit ihrer theologischen Doktrin von der Schatzkammer des Heils: Anhäufung irdischer Verdienste durch Enthaltsamkeit und Opfer, um im Himmel unermesslichen Lohn zu erhalten. Einer von den Gottesmännern ermahnte im 13. Jahrhundert die Menschen, nicht nur für den Lebensunterhalt, sondern für Akkumulation zu arbeiten, die zu einer weiter Produktion von Reichtum führen würde. Max Weber irrte mit seiner These, der Kapitalismus sei von Calvinisten erfunden worden. Das ideale kapitalistische Ich vereint das geistige Horten von Geld mit dem eifernden Streben nach grenzenlosem Reichtum, die Enthaltsamkeit des Mönchs mit der Abenteuerlust des Soldaten.“ (Mumford)

Das zeigt die Gegenwart: die Reichsten der Welt raufen um den Triumph, als erste mit eigenen Raketen ins Weltall abzuheben.

Das Deponieren der Profite im Himmel führt zur grenzenlosen Akkumulation des Reichtums auf Erden, zur maßlosen Produktion und Konsumtion von Dingen und zur endlosen Ausdehnung der menschlichen Gier nach Gottgleichheit. Die Wirtschaft dient nicht mehr der „Bedarfsdeckung“ der Menschen, sondern muss sich über alle Grenzen hinwegsetzen, die Erde mit unendlichem Abfall überschwemmen und die Menschen in nimmersatte Monster verwandeln.

Mumford kommentiert die Gier nach dem Unendlichen:

„Die Idee, dass den menschlichen Funktionen keine Grenzen gesetzt werden sollten, ist absurd: alles Leben bewegt sich innerhalb sehr enger Grenzen von Temperatur, Luft, Wasser und Nahrung; und die Auffassung, dass allein das Geld oder die Macht, über die Dienste anderer Menschen zu verfügen, keine solchen definitiven Grenzen haben sollte, ist eine Geistesverwirrung.“

Die Fieberträume geistesverwirrter Ökonomen deklarieren sich als Naturgesetze, damit sich die Ökonomen vom Vorwurf amoralischer Vorschriften befreien können.

In einem Punkt aber hatte Weber Recht. Nicht der Leistungsfähigste wird reich. Wie es ein dunkles Geheimnis bleibt um die Vorherbestimmung durch Gott, so bleibt es ein unergründliches Rätsel, wer von Ihm auserwählt und verworfen wird. Es gibt keine Korrelation zwischen Erfolg und Tüchtigkeit, Gottes Auswahlkriterien bleiben für immer verborgen. Neoliberale Chefredakteure sollten ihren ordinären Darwinismus mit Max Weber konfrontieren. Es gibt keinen gerechten Zusammenhang von Leistung und Bereicherung:

„Maßstäbe irdischer Gerechtigkeit an seinen souveränen Verfügungen anzulegen, ist sinnlos und eine Verletzung seiner Majestät, da er und er allein frei, also keinem Gesetz unterstellt ist und seine Ratschlüsse uns nur soweit verständlich und überhaupt bekannt sein können, als er es für gut befand, sie uns mitzuteilen. … Der Sinn unseres individuellen Schicksals ist von dunklen Geheimnissen umgeben, die zu ergründen unmöglich und vermessen ist. Das führte zu einer unerhörten inneren Vereinsamung des einzelnen Individuums. Niemand konnte ihm helfen.“ (Die protestantische Ethik)

Kommt einem diese „unerhörte“ Vereinsamung zufälligerweise bekannt vor? Wer interessiert sich heute noch für wen? Wer schaut ununterbrochen auf seine Erlösungsmaschinen, ignoriert seine nächste Umwelt, um weit draußen in der Welt seine virtuellen Freunde zu suchen?

Auch Hayek ist „Calvinist“, der das Ansinnen des Menschen, das Marktgeschehen zu verstehen und zu beurteilen, als Anmaßung der Vernunft nicht genug geißeln kann.

Der irrationale Ungeist der vernunftfeindlichen Ökonomie beeinflusst die Moderne spätestens seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Was hier überkomplex und undurchsichtig sein soll, muss mittlerweilen auch für die Politik gelten. Ursachenforschung – aussichtslos. Schuldzuweisungen – lächerlich, gleichwohl ist der Erfolgreiche derjenige, der verdient als Schmied seines Glückes angesehen wird. Mit Logik und Folgerichtigkeit wollen es die intellektuellen Schutzkohorten der Industrie nicht übertreiben.

Das ist der Grund, warum Politiker nicht nach ihren Taten beurteilt werden, sondern nach privaten Attitüden. Annalena Baerbock wird in Kleinigkeiten moralisch zerlegt, obwohl Moral in vornehmen Redaktionen „so was von out ist“.

Eine Kanzlerin hingegen konnte ihr Volk viele Jahre lang wortlos ins Verderben führen – ohne dass jemand auf die Idee käme, sie nach ihren Taten zu beurteilen. Nein, es zählt nur ihre Charaktermaske, ihr frommes Rollenspiel, ihr „privates“ Auftreten in der Öffentlichkeit. Ihre Taten und politischen Motivationen – kennt nur der Herr, der dem Menschen ins Herz schauen kann.

„Nach der gerade beendeten Debatte über ihren aufgehübschten Lebenslauf müssen sich selbst Wohlmeinende schon wieder fragen: Wollen wir eine Person im wichtigsten Amt des Landes, der es so wichtig zu sein scheint, als beeindruckend kompetent zu gelten, dass sie dafür detailweise schummelt? Diese Gesellschaft hat 16 Jahre lang mit einer Kanzlerin gelebt, der jede Großtuerei offensichtlich vollkommen schnuppe gewesen ist, bei der man – jenseits aller politischen Sympathien – stets sicher sein konnte, dass sie keine Blenderin ist. Die Antwort dieser Gesellschaft auf Annalena Baerbock wird klar ausfallen. Ihre Kanzlerinnenkampagne ist so gut wie erledigt.“ (SPIEGEL.de)

„Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht.“

Das sind die ersten Charaktertests des großen Seelenprüfers: aus dem Kleinsten wird auf das Große geschlossen. Das Große hingegen – entzieht sich jeder irdischen Prüfung.

Was den apolitischen Charakter der Heilslehre offenbart. Politik steht für das Große. Hier fühlt sich kein Frommer zuständig, das Große zu überprüfen bleibt das Vorrecht des himmlischen Chefs.

Übersetzt ins Moderne: christliche Politiker werden von ihren frommen Untertanen nicht nach ihrer Politik beurteilt, sondern nach ihrem Auftreten, ihrer Sprechweise – die keinen politischen Willen zu erkennen geben muss (pure Fakten und Zahlen müssen sie natürlich auswendig können).

Das führt zur pharisäischen Bewertung der kleinen und zur lutherischen Verwerfung großer Taten oder der Werkgerechtigkeit: sündige wie du kannst, aber glaube, dann wird dir alles vergeben. So kommt es, dass sie Mücken seihen, Elefanten aber schlucken. Pech für Annalena, dass sie noch eine lästige Stechmücke ist, die gegen Merkels Elefantin nicht ankommt. Das Irrationale beherrscht die Deutschen seit mehr als 200 Jahren.

Der Kapitalismus ist von Anfang an eiserner Bestandteil der männlichen Hochkultur. Er darf nicht nach seinem modernen Instrumentarium beurteilt werden, sondern nach der moralischen Qualität des Tauschvorgangs.

Moralische Kriterien für amoralische Naturgesetze: da sträuben sich die Haare aller objektiven Wissenschaftler, die sich die Betrügereien des Kapitalismus verhehlen wollen. Weil sie in scheinbarer Untadeligkeit reich und mächtig werden wollen, haben sie die wirtschaftlichen Vorgänge als Naturgesetze ausgegeben. Im Sog Galileis wollte man dieselbe Reputation erwerben wie die Physik. Ein Riesenirrtum und moralische Totalfälschung, mit der sich die Ökonomie seit Erfindung des Frühkapitalismus betrügt.

Der Kapitalismus begann synchron mit der Hochkultur, er ist das abgeleitete Wirtschaftssystem der Megamaschine:

„Der Kapitalismus ist kein modernes Phänomen. Ich verstehe darunter die Umsetzung aller Güter, Dienstleistungen und Energien in abstrakte Geldwerte, mit Konzentrierung menschlicher Energien auf Geld und Handel, um Gewinne zu erzielen, die in erster Linie den Besitzenden zufließen, welche bereit sind, ihre Gewinne in neue Unternehmungen zu investieren. So allgemein definiert tritt der Kapitalismus erstmals, in primitiven merkantilen Formen, bald nach dem Königtum auf.“ (Mumford)

Kapitalismus ist für Mumford die wirtschaftliche Teilmaschine der gesellschaftlichen Megamaschine. Insofern ist seine Kritik der großen Maschine identisch mit der an der kleinen: eine Kritik von derart radikaler Intensität, dass Marx daneben verblassen muss. Denn Marx war ein Hymniker des wundervollbringenden Kapitalismus, der zuerst seine Verwandlung der Natur in eine naturfeindliche, allein vom Menschen erfundene Überkultur vollenden muss, bevor die Geschichte mit der Ungerechtigkeit der Ausbeutung keine Geduld mehr hat und sich der Ausgebeuteten in einem unbegreiflich-revolutionären Gnadenakt erbarmt.

„Obgleich Marx den Untergang des Kapitalismus prophezeite und selbst herbeizuführen trachtete, gehört er zu dessen überzeugtesten Fürsprechern. Er war voll des Lobes für die kapitalistische Haltung, die Natur nur als Gebrauchsobjekt zu betrachten und für den Fortschritt als Mittel, um sie dem Menschen dienstbar zu machen. Er wünschte, dass die Menschheit mit sich versöhnt und glücklich sein wollte, aber er verschob das bis zur Revolution. In der Gegenwart glaubte er nicht an die menschliche Brüderlichkeit.“ (French)

In Deutschland gibt es noch immer eine untergründige Bewunderung für Marx, der stolz war auf den modernen, naturbezwingenden Kapitalismus, obgleich er ihn selbst kritisierte. Ihn Hier und Jetzt verändern durch humane Politik, das wollte er aber auf keinen Fall. Die zukünftige Revolution, die das Paradies bringen wird, ist allein Sache der materiellen Heilsgeschichte. Eine Marxismuskritik auf der Höhe eines Lewis Mumford oder einer Marilyn French sucht man vergeblich. Diese Unfähigkeit, mit Marx streng ins Gericht zu gehen, gehört zu den größten Schwierigkeiten der Linken.

Erst nach unendlichen Leiden der Schwachen und Abgehängten dürfen die Unschuldigen aufatmen. Erst am Ende wird alles gut – wenn auch nicht für die Ausbeuter. Christlich gesprochen, sind sie die Bösen, die im Orkus der Geschichte verschwinden müssen. Erst am Ende der Geschichte dürfen die Proleten ihr lang ersehntes Paradies betreten.

Wie lange wurden die proletarischen Generationen der Neuzeit hinters Licht geführt mit ständigen Verschiebungen der Revolution an den Sankt Nimmerleinstag? Führungseliten betrogen die Hoffnung der Menschen, indem sie die diktatorischen Maßnahmen ihrer Partei als Revolution verkauften. Irgendwann musste der Betrug in sich zusammenbrechen, was er auch tat – mit tatkräftiger Unterstützung Gorbatschows.

Das kapitalistische Räderwerk ist Teil der Räderwelt der Gesamtmaschine. Es ist nicht so, dass dem inhumanen Wirtschaftssystem eine durch und durch humane Gesellschaft gegenüber stünde. Wie der Kapitalismus in sich rattert und hämmert, so klirrt die gesamte Gesellschaft.

Wo liegen die Parallelen zwischen Staat und Kapitalismus? Beide entstanden in einer ummauerten Stadt, einem „Ort, der das Land in der Umgebung überwacht und lenkt. Von dörflichen Nachbarn hielt man sich fern. Sie waren nicht mehr vertraut und gleichgestellt, sondern wurden zu Untertanen, deren Leben von militärischen und zivilen Amtsträgern überwacht und gelenkt wurde: diese Gouverneure, Wesire, Steuereintreiber und Soldaten waren allein dem König Rechenschaft schuldig. Noch heute leben wir in Gilgameschs Vision, dass menschliche Beziehungen einen Störfaktor bei der Arbeit und der Effizienz bilden, dass die Leute bessere Leistungen bringen würden, wenn sie ihre Zeit nicht auf unproduktive Dinge verschwenden würden. Noch heute betrachten wir die Domäne des Menschseins (Liebe, Freundschaft, Schönheit, Kunst etc.) als unproduktiv. Das Bemühen, die Effektivität um jeden Preis zu maximieren – diese Stärkung des Ökonomischen auf Kosten des Menschlichen – reduziert die Menschen in der ganzen Breite ihres Menschseins zu einem bloßen Produktionsfaktor. Alle kapitalistischen Despoten sehen in familiären Beziehungen und Freundschaften eine Beeinträchtigung der Effektivität. Die Wirtschaft braucht nur Roboter. Liebe ist unnötig und unproduktiv, Freundschaft ebenfalls; beide können gefährlich werden für totalitäre Systeme.“ (Sedlacek, Die Ökonomie von Gut und Böse)

Heute nähern wir uns dem Höhepunkt der Vernichtung aller menschlichen Solidargefühle durch den Kapitalismus. Schon lange wurden die Väter zu bloßen Besuchern ihrer Frau und Kinder erniedrigt. Heute werden Mütter und Kinder gezwungen, dem väterlichen Beispiel zu folgen. Listigerweise machte man die Mütter zu wirtschaftlich Abhängigen der Männer, damit sie sich nur emanzipieren können, wenn sie dem Ruf der freimachenden Untertänigkeit im Kapitalismus folgen, um wirtschaftlich unabhängig zu werden.

Folgen sie dem Ruf, werden sie „belohnt“ durch die Pflicht, für Kinder und Familie in gleichem Maße verantwortlich zu sein wie zuvor als Magd des Mannes. Kinder werden bestraft, indem sie in Kitas müssen. Eine Wahl haben sie so wenig wie ihre Mütter. Danach folgen die Maschinenschulen, die von einer kritischen Lehrerin so beschrieben werden:

„Dass alle Klassen im Gleichschritt voranschreiten. Dass ein Vorrat von Wissen eingetrichtert wird, das die Kinder dann für einen Test wieder ausspucken müssen. Dass es ein Fächerkorsett gibt statt fächerübergreifendes Projektlernen. Dass in 45-Minuten-Einheiten gelernt wird. Man fragt nicht nach den Themen, die die Kinder wirklich interessieren. Ständige Kontrolle, Benotung und Bewertung gibt es auch zu viel. Noten gehören zugunsten von hilfreichen, personalisierten Feedbacks abgeschafft. Tests, die nur den Stoff abfragen, sind Old School. Wir müssen andere Formate finden, in denen Schüler zeigen können, was sie gelernt haben.“ (Berliner-Zeitung.de)

Die Väter sind schon lange ausgegliedert, heute folgen Frauen und Kinder, wie lange schon dämmern die Alten in Heimen, weit entfernt von ihren Lieben? Leibniz‘ Visionen absolut isolierter, blinder Monaden, die nur durch Gottes Hand funktionieren, ist zur modernen Realität geworden.

Eine solch ferngesteuerte Gesamtmaschine, in der die Rädchen keinerlei Empathie füreinander aufbringen, ist eine Utopie – für gefühllose Maschinisten, nicht aber für vitale, fühlende und denkende Menschen, die ihre Lebenszeit in Lebenslust verbringen wollen. Menschen, sozial taub geworden, können die leidende Natur und Menschheit nicht mehr wahrnehmen und nachempfinden. Dass die Menschheit fast ungerührt den rapiden Verfall der Natur hinnimmt, als ginge er sie nichts an, kann nur bedeuten, dass sie längst zu gefühllosen Maschinen geworden sind.

Es geht nicht nur um die Klimakatastrophe. Die Natur konnte nur destruiert werden durch eine sozial geschädigte Menschheit, der Hören und Sehen, Mitleiden und Mitfreuen, Verstehen und Mitempfinden, längst abhanden gekommen sind.

 L’homme machine war keine Auszeichnung, sondern, ohne es zu wollen, eine der schärfsten Attacken gegen die leblosen Rädchen der Megamaschine.

„Das Patriarchat war eine Revolution gegen die Macht der Mütter, gegen das familiäre Band der Liebe, gegen emotionale Nähe und Verpflichtung. Das weibliche Prinzip ist der Pol des Lebens, das männliche der der Zivilisation.“ (French).

Das Weibliche und Männliche sind keine Sachen des biologischen Geschlechts, sondern der Einsicht.

Welcher Einsicht? Dass wir alle Mauern einreißen und schleifen müssen: die Mauern zwischen den Menschen und die zwischen Mensch und Natur. Adieu, Gilgamesch!

Fortsetzung folgt.