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nichtsdesto-TROTZ XXXIV

Tagesmail vom 23.06.2021

nichtsdesto-TROTZ XXXIV,

Frau Kanzlerin, heute endet für Sie der lästige Teil ihrer Kanzlerschaft – wo Sie falsche, dumme, unbequeme, längst beantwortete, überraschende oder interessante Fragen zu beantworten hatten. Ein langjähriger Beobachter der Fragestunde schreibt:

„Merkel liebt es generell nicht, befragt zu werden. Da sie innere Regungen nicht gut verbergen kann, lernte man bei ihr als ständiger Beobachter und gelegentlicher Befrager mit den Jahren ein Spektrum passiver Fragegesichter kennen. Ich glaube, am häufigsten habe ich ein Gesicht gesehen, das komplettes Unverständnis darüber ausdrückte, wie man in Gottes Namen jetzt auf die Idee kommen konnte, ihr diese Frage zu stellen, wo doch jeder wissen muss, selbst der Frager, dass die in der Frage anklingende Unterstellung von den Fakten nicht im geringsten gedeckt ist.“ (SPIEGEL.de)

Bekanntlich lebt Demokratie vom kritischen Austausch der Meinungen, Frau Kanzlerin. Halten Sie neckische Frage- und Antwortspielchen für die angemessene Form scharfer, um das Beste ringender, demokratischer Auseinandersetzung? Stimmt es, dass Sie nicht mal diese Verfallsform des Streitgesprächs mochten? Wenn ja – eine andere Antwort scheint mir nicht möglich –, hieße das nicht, Sie hätten ein schiefes Verhältnis zur Demokratie, die vom Ringen um die Wahrheit lebt?

Kleine Zusatzfrage, wenn Sie gestatten: halten Sie meine Frage für falsch, dumm, unbequem, längst beantwortet, überraschend oder interessant?

Antwort der Kanzlerin, die genervt wirkt, sich aber um eine korrekte Miene bemüht:

Das war keine einzelne Frage, sondern ein ganzes Bündel voller Fragen, streng genommen nicht mal Fragen, sondern subjektive Unterstellungen, die sich als objektive Wahrnehmungen ausgaben. Ich könnte es mir einfach machen und diese Fragen zurückweisen, möchte Sie aber daran erinnern, dass Sie mit subjektiven Meinungen das Gebiet der neutralen Objektivität verlassen haben. Mit Verlaub, ich möchte nach meinen Taten beurteilt werden, nicht nach Gesichtsausdrücken. In dieser Republik wird viel zu viel geschwatzt, daran möchte ich mich nicht beteiligen. Das war für mich eine Frage der hinterlistigen oder falschen Art – der Nächste bitte!

Dirk Kurbjuweit kennt nur Fragen nach Fakten – nicht nach politischen Gestaltungsprinzipien und Bilanzen, übergreifenden Zielen, philosophischen und historischen Orientierungen, nach denen Fakten geschaffen und bewertet werden müssten. Warum hat es nie die Urfrage gegeben: Was sind die theologischen Motivationen und Normen Ihrer Politik, Frau Kanzlerin?

Eine komplette christliche Gesellschaft gibt sich desinteressiert, was die religiösen Leitlinien ihrer Politik betrifft. Gleichwohl ereifert sie sich ständig über Fragen, was konservativ oder progressiv, links oder rechts, freiheitlich oder moralisierend sein soll. Da keiner die Begriffe definiert: wie kann es da zur Verständigung kommen?

Oder soll es gar nicht zur Verständigung kommen? Könnte es sein – Verschwörung, Verschwörung – dass das endlose Palaver nur als Überbau dienen soll, um die schwer erträglichen Härten der Gesellschaft der Wahrnehmung zu entziehen? Die Schwatz-Foren hätten nur die Aufgabe, die christlichen Normen gegen die Zweifel einer immer ungläubiger werdenden Gesellschaft abzuschirmen?

Wurde der Verschwörungsbegriff erfunden, um die tatsächlichen Verschwörungen der Machteliten gegen das Misstrauen der Menge zu schützen? Das wäre ein genialer Trick, um die Verdächtigungen des Pöbels ein für alle Mal niederzuschlagen.

Verschwörungsvermutungen sind Hypothesen eines Publikums, das sich beunruhigende Faktoren der Politik durch Zusammenfügen zerrissener Nachrichtenfragmente erklären will. Im Prinzip nichts anders als das Eruieren des Schuldigen einer kriminellen Tat.

Im Unterschied aber zu verlässlichen Kommissaren, die jedes Symptom durch Beweise absichern, begnügen sich die Laien mit ungesicherten Gesamthypothesen. Kein Wunder, dass aus falsch komponierten Einzelsymptomen vergiftete Hassprojektionen entstehen können.

Dass Menschen ein elementares Bedürfnis besitzen, sich aus unzusammenhängenden Nachrichten ein kausales Gesamtbild zu puzzeln, ist nicht verwerflich. Im Gegenteil, es zeugt vom rationalen Bedürfnis, die Welt nach Ursachen zu erforschen. Nicht anders gehen Naturwissenschaftler vor.

Der entscheidende Unterschied zu neurotischen Laien, die Vermutungen mit Beweisen verwechseln, ist die professionelle Fähigkeit zu hieb- und stichfesten Überprüfungen. In der Dauererregung um Verschwörungen fällt allerdings auf, dass laienhafte Verschwörungstheorien nicht mit soliden Gegenbeweisen widerlegt, sondern nur mit der Fluchformel „Verschwörung“ diskriminiert werden, um sie ins Abseits zu verbannen. Unüberprüfte Verschwörungstheorien stehen hier gegen unüberprüfte Anti-Verschwörungstheorien.

Popper war einer der ersten, der über Verschwörungstheorien schrieb:

„Vorgänge innerhalb einer Gesellschaft – Kriege, Arbeitslosigkeit, Armut etc. – sollen das Ergebnis eines direkten Plans gewisser mächtiger Individuen oder Gruppen sein. In modernen Zeiten sind Verschwörungstheorien das typische Ergebnis der Säkularisierung eines religiösen Aberglaubens. Die Götter sind abgeschafft, ihre Stelle nehmen nun mächtige Männer oder Gruppen ein – deren Bosheit für alle Übel verantwortlich ist, unter denen wir leiden.“ („Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde“. Band II: Falsche Propheten)

Das ist mangelhaft durchdacht. Die Götter sind nicht weg, die Säkularisierung hat Schöpfer und Regierer der Welt nicht in Nichts aufgelöst, sondern in technische Elemente des Fortschritts verwandelt.

Nach Popper müssten Erlösungsreligionen, an die Milliarden Menschen glauben, nichts anderes sein als sakrale Verschwörungstheorien. Dabei bedarf es gar nicht immer überirdischer Glaubenshypothesen. Irdische Theorien und wissenschaftliche Ideen genügen durchaus – wie Kapitalismus, Fortschritt oder die These vom endlosen Wirtschaftswachstum.

Solche Ideen entwickelten sich in der Geschichte und hatten die Fähigkeit, die Welt zu erobern. Kapitalisten in aller Welt müssen sich seitdem nicht mehr auf Grundprinzipien ihrer Theorie verständigen, um sich in kooperativer Rivalität die Herrschaft über die Welt zu sichern. Es wäre absurd, wenn Reiche, die sich nach Belieben in aller Welt treffen, sich bei ihren Begegnungen nicht über gemeinsame Interessen unterhalten und Kooperationen vereinbaren würden. Kritiker des Kapitalismus als Verschwörer zu diffamieren, wäre demnach ein durchsichtiger Versuch, die Machenschaften der Reichen ideologisch abzusichern.

Dabei hat Popper die Realität von Verschwörungstheorien gar nicht geleugnet:

„Ich will damit nicht sagen, dass sich Verschwörungen niemals ereignen. Im Gegenteil: Verschwörungen sind ein typisches soziales Phänomen. Sie werden immer dann wichtig, wenn Menschen an die Macht kommen, die an Verschwörungstheorien glauben. Und Menschen, die allen Ernstes zu wissen glauben, wie man den Himmel auf Erden errichtet, werden aller Wahrscheinlichkeit nach die Verschwörungstheorie übernehmen und sie werden sich in eine Gegenverschwörung gegen nicht existierende Verschwörer verwickeln lassen. Denn die einzige Erklärung für das Fehlschlagen ihres Versuch, den Himmel auf Erden zu errichten, sind die dunklen Pfade des Teufels, der ein erworbenes Interesse an der Hölle besitzt.“ (ebenda)

Niemand will den Himmel auf die Erde bringen außer den Frommen der Erlösungsreligionen. Utopisten im Geiste des auch von Popper verehrten Sokrates brauchen weder Himmel noch Hölle, weder Gott noch Teufel, um mit vorbildlichem Tun und überzeugenden Argumenten die Humanisierung der Menschheit voranzubringen.

Typisch, dass im täglichen Gemenge der Pro- und Kontraverschwörer der Faktor Religion überhaupt nicht vorkommt. Womit klar sein muss, was die – geheime – Absicht der Antiverschwörer sein muss: den Kritikern der bestehenden Machtverhältnisse die Butter vom Brot zu holen.

Fundamentalisten aller drei Erlöserreligionen glauben sehr wohl an Gott als entscheidende Instanz der Weltgeschichte – und an dessen Widersacher, den Teufel, den Gott als Motor seiner Heilsgeschichte benötigt, um ihn erst am Ende der Zeiten zu vernichten. Das ist der Grund, warum Kritiker der vulgären Verschwörungstheorien vor allem das simple Schema des Guten und Bösen anprangern. Dieses metaphysische Hell-Dunkel verwechseln sie mit den rationalen Kategorien Falsch und Richtig, Irrendes und Wahres. Hier gibt es keine teuflische Macht im ständigen Kampf mit Gott, der sie erst im Endkampf ausschalten wird.

Hinter all dem Getöse verbergen sich Urfragen der Menschheit: Welche Faktoren bestimmen den Lauf der Welt? Sind es übermenschliche Kräfte wie Gott & Teufel oder Evolution, Fortschritt und ähnliche übermenschliche Faktoren? Oder ist der Mensch selbst Herr seines Schicksals?

Neoliberalismus, Marxismus sind säkularisierte Religionen, die an übermenschliche Instanzen wie Markt, Evolution und Fortschritt glauben. Hier hat der autonome Mensch nichts zu sagen. Er ist passives Rädchen eines ungeheuren Räderwerks, das sich Schöpfung, Natur oder Geschichte nennt.

Marx sprach von materiellen Verhältnissen, vom objektiven Sein, welches das Bewusstsein des Menschen nach Belieben im Griff hat. Auf keinen Fall darf der Mensch ein mündiges Wesen sein, das sein Schicksal selbst bestimmt.

Diese Form der Entmündigung ist nicht allein das Werk böser Marxisten. Auch Historiker des Westens weigern sich, an die Selbsbestimmtheit des Menschen zu glauben. Ein deutscher Althistoriker schreibt über die Ursachen der Entstehung der athenischen Demokratie:

„Es gab keine politische Theorie, die als eine in sich ruhende Kraft die Ausbildung einer demokratischen Verfassung getragen oder gefördert hätte. Die in der jüngeren Geschichte selbstverständliche Vorstellung, dass gesellschaftliche Ordnungen auch durch Ideen vorangetrieben werden, gilt nicht für die athenische Geschichte. Die Demokratie ist nicht das Produkt einer politischen Idee, sondern der besonderen Umstände der athenischen Geschichte.“ (Bleicken, Die athenische Demokratie) .

Alles beliebiger Zufall? Gewiss, bewusste Theorien gab es anfänglich nicht, aber menschliche Erfahrungen, die die Athener aus früheren Zeiten mitbrachten und aus instinktiven Emotionen allmählich in das Licht bewusster Theorien erhoben. Es waren die vitalen Prinzipien des Dorfes wie Freiheit und Gleichheit, die von den Griechen nicht auf den Müll der Geschichte geworfen wurden, sondern in modifizierter Form auf die langsam entstehende Polis übertragen wurde.

„Während die Stadt sich entwickelte, wurden häufig die demokratischen Gewohnheiten des Dorfes in die bisher spezialisierten Verrichtungen hineingetragen, so dass menschliche Funktionen und bürgerliche Pflichten ständig wach blieben und jeder Bürger an allen Zweigen des Gemeinschaftslebens vollauf beteiligt wurde. Das Ergebnis war nicht nur ein Sturzbach von Ideen und Gedanken in Drama, Lyrik, Bildhauerei, Malerei, Logik, Mathematik und Philosophie, sondern dazu ein Gemeinschaftsleben, das kraftvoller war, an ästhetischer Ausdrucksfähigkeit und vernünftiger Einschätzung alles übertraf, was man bisher erreicht hatte.“ (Mumford, Die Stadt)

Das Sein bestimmt das Bewusstsein nur insofern, als es in Gestalt der Natur dem Menschen die Voraussetzungen bietet, aus denen er seine Welt gestalten kann. Der Geist des Menschen ist Teil der Natur, der von ihr die Kompetenz erhielt, seine Nische selbst zu finden und inmitten der Natur einzurichten. Schafft er es, seinen Geist in Einklang mit der Natur zu bringen, kann er solange auf Erden leben, solange es Mutter Natur gefällt.

Der Natur aber ist Kampf um Leben und Tod nicht fremd. Sie hat dem Menschen die Wahl gegeben, mit ihr in Einklang zu leben oder aber einen tödlichen Vernichtungskampf gegen sie zu führen: das wird sein Tod auf Erden sein.

Es sind nicht nur Marxisten, die den Menschen entmündigen, nicht nur Theologen, die ihre Vergangenheit verfälschen: es sind deutsche Historiker, die den Menschen zur Marionette der Geschichte degradieren, indem sie ihm verbieten, aus der Geschichte zu lernen. Frei nach Hegel, der zurzeit als Denker der Freiheit gepriesen wird, obgleich er den Menschen zur Marionette Gottes verunstaltete:

„Was die Erfahrung aber und die Geschichte lehren, ist dieses, daß Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.“

Warum wird in den Schulen Geschichte gelehrt? Damit die SchülerInnen sich Bildung aneignen. Bildung ist Wissen als Ballast des Selbstruhms, auf keinen Fall die Ermöglichung zu selbstbestimmtem Handeln.

Betrachten wir, wie Historiker der Nachkriegszeit die schändlichen Verstrickungen der Denkereliten mit dem Militarismus des Ersten Weltkriegs und dem Hitler-Regime – mit Schweigen übergingen:

„Deutsche Nachkriegsphilosophiehistoriker vergaßen den Krieg. Konsequent, wie sie erzogen waren, verschwiegen sie nicht nur den Zweiten Weltkrieg, sondern gleich noch den Ersten. Ihre Leser müssen es einleuchtend gefunden haben, dass die Philosophen unseres Jahrhunderts über den Menschen und seine Geschichtserfahrung, über Ethik, Politik, Erziehung und Kunst nachgedacht haben sollen, ohne sich der Millionen Toten zu erinnern, die im staatlichen Auftrag zwischen 1914 und 1918 umgebracht worden sind, unter den anstachelnden Reden von Bischöfen und Superintendenten und unter den anstachelnden Reden der Professoren, gerade auch denen der Philosophie.“ (Flasch, Die geistige Mobilmachung)

Die Kirchen verfassten unter Tränen ihre Schuldbekenntnisse – um danach ihre ruchlose Kooperation mit den Menschheitsverbrechern mit unschuldiger Miene ins Gegenteil zu verfälschen. Da Gott ihnen vergibt, dürfen sie sich selbst vergeben.

Nach und nach werden alle Recken und Helden, Dichter, Denker und Henker von ihrer Schuld tiefengereinigt.

„Angesichts der vielen Millionen NS-Opfer kam die verantwortliche Elite mit vergleichsweise milden Strafen davon. Kein Zweifel, die junge Bundesrepublik gründete nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf der vitalen Kraft des Opportunismus.“ (TAGESSPIEGEL.de)

Opportunismus ist ein viel zu schwaches Wort, um die gebückte Wendigkeit der Deutschen – die angeblich eine Sache um der Sache willen machen – unter die jeweils Herrschenden zu kennzeichnen.

Bis heute ist Demokratie noch keine Herzensangelegenheit für die Deutschen. Sie bleibt noch immer ein Import der Sieger, den sie als ungeliebtes „Über-Ich-System“ traktieren. Sie hassen das Wort Demokratie, weshalb sie ständig den altpreußischen Begriff „Staat“ bevorzugen.

Ihre Wirtschaft hat nichts Besseres zu tun als ständig kampfbereit zu sein gegen den bösen Staat. Braucht man ihn, zapft man ihn an; wird er frech und will Vorschriften machen, behandelt man ihn als faschistoide Knute, die man zerlegen muss.

Dass hinter dem Staat der Wille des Volkes steht, wird von den Geldmogulen ignoriert. Im Zweifel sind sie selbst der Staat, der dem Rest der Gesellschaft zeigt, wo Bartels den Most holt.

In welchem Zustand befindet sich die Nation? Wie ist ihre psychische Verfassung? Wie gerecht oder ungerecht ist ihre Klassengesellschaft? Was sind die Ursachen der krankhaften Reaktionsunfähigkeit angesichts der drohenden Menschheitskatastrophe? Solche Fragen werden der scheidenden Kanzlerin nicht gestellt. Der permanente Kompromisszwang hat alles Denken ausgerottet.

In welch desolatem Zustand die Kanzlerin die verwahrloste Republik verlässt, dazu keine einzige Frage.

Wie wär‘s mit einer Frage nach der Jugend:

„84 Prozent der unter 26-Jährigen fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen. Die Politikverdrossenheit ist mit Corona gefährlich gewachsen. Befragt wurden 1500 Menschen zwischen 16 und 26 Jahren. Von denen haben bereits 70 Prozent große Angst beim Gedanken an ihre Zeit in 50 Jahren. Mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen, fast 55 Prozent, sieht sich schon von keiner der zur Wahl stehenden Parteien mehr vertreten.“ (TAGESSPIEGEL.de)

Können Sie Ihren Lebensabend genießen, wenn Sie sich klar machen, dass Sie eine zerstörte Jugendgeneration zurücklassen?

Sie könnten sich damit herausreden, dass die Jugend keiner einzigen Partei vertraut. Doch das müsste Sie noch mehr erschrecken. Denn das Gefühl des Verratenseins von allen hat sich während Ihrer überlangen „Ich-rühr-mich-nicht-Politik“ herausgebildet.

Sie werden von Bord gehen. Doch am Ende weiß niemand, aus welchen Glaubensimpulsen Sie Ihre Politik entwickelt haben. Auch für Sie gilt das Motto: Still, still, still, weil die fromme Nation schlafen will.

„Die Republik ist säkularer geworden und mit ihr die Politik. Das Land wurde zwar die vergangenen 16 Jahre von einer Pfarrerstochter regiert, doch Angela Merkel hat es meistens vermieden, über ihr Verhältnis zu Glauben und Religion zu sprechen.“(SPIEGEL.de)

Im Munde Ihrer Bodyguard-Schreiber klingt das wie Lob. Schaut, die Kanzlerin hat es nicht nötig, ihren Vater, den Kanzelprediger, zu imitieren und dem Lande Predigten zu halten. Sie wollte nicht mit Worten, sondern mit Taten imponieren. Weshalb sie sich zu allen ideologischen Begriffen wie Kapitalismus, soziale Marktwirtschaft, Gerechtigkeit, Fortschritt so gut wie nie äußerte. Eine Physikerin bleibt bei ihrem Leisten und rechnet eins und eins zusammen. Was darüber hinaus ist, ist von Übel.

Laschet, ihr möglicher Nachfolger im Kanzleramt, hat weniger Probleme, seinen Glauben zu bekennen.

„»Meinen politischen Entscheidungen liegt das christliche Menschenbild zugrunde«, sagt Laschet. »Es ist auch möglich, aus dem Humanismus heraus Entscheidungen zu fällen, jeder hat da seine eigene Prägung. Der Christ unterscheidet sich nur in einer Sache: Er weiß, dass Menschen auch fehlerhaft sind und dass die perfekte Welt auf Erden nicht erreichbar ist.« Sich bewusst zu machen, dass das eigene Handeln begrenzt sei, schütze vor Hybris.“

Solche dreisten Verfälschungen gehören zum normalen Repertoire heutiger Christen. Humanisten wüssten nicht, dass sie fehlerhaft sind? Christen seien stolz darauf, dass ihr Gott sie zu moralischen Krüppeln erniedrigt habe, die ohne seine Gnade zu nichts fähig wären? Christen wären frei von Hybris, weil sie in Demut wüssten, dass sie zur kleinen Schar der Auserwählten gehören? Solche Verlogenheiten können sich nur Erleuchtete im Schutz ihres Schöpfers erlauben.

Mit Hilfe des Heiligen Geistes will Laschet sogar die kleine Klimakrise lösen. Schließlich hat die CDU schon ganz andere Probleme gelöst: zum Beispiel die Coronakrise auf Kosten der Alten und Jungen. Das muss ihr erst mal jemand nachmachen.

„Sollte er es ins Kanzleramt schaffen, dürfte das große, zentrale Thema die Klimakrise und ihre Bewältigung werden. Es ist ein Projekt, bei dem die christliche Prägung sogar helfen könnte. Die Bewahrung der Schöpfung ist ein Anliegen, hinter dem sich Gläubige, Atheisten und Agnostiker versammeln können.“

Zum Thema Schöpfungsbewahrung hat Michael Jaeger die passende Antwort geliefert:

„So enthält der christliche Begriff vom „Himmel“ eine stark erdfeindliche Note, obwohl er sich darin nicht erschöpft. Wir lesen im 2. Petrusbrief, die „jetzigen Himmel“ und die Erde seien „für das Feuer gehortet“, „aufbewahrt für den Tag des Gerichts“, woraus der Kirchenvater Augustinus machte, es werde Gerettete geben, die zum Zeitpunkt, wo die Erde brennt, schon von ihr wegflögen. Diese Tendenz wurde in der Epoche der Säkularisierung tradiert und sorgte dafür, dass sich mit der Raumfahrt Vorstellungen von Erdflucht verbanden. Kehrseite war eine eher antiökologische Haltung – wer die Erde sowieso verlässt, braucht sie nicht zu retten. Die heutigen Kirchen sprechen zwar von der „Bewahrung der Schöpfung“, aber das ist ein Rückgriff aufs Alte Testament, der zu spät kommt und uns säkularisierte Menschen nicht mehr erreichen kann.“ (der-Freitag.de)

Apropos Schöpfungsbewahrung. An das Gebot hat sich der Schöpfer selbst nicht gehalten. Kurz danach überlegte Er sich‘s anders und tat im Zorn nur das Gegenteil:

„Als aber der HERR sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es den HERRN, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen, und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“

Doch nicht verzweifeln. Wenn die alte verbrauchte nutzlose Erde im höllischen Feuer verglüht sein wird, wird der Herr eine putznagelneue aus dem Ärmel schütteln.

„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr.“

Freuet euch, ihr deutschen Christen, dass euer Name im Himmel angeschrieben ist.

Fortsetzung folgt.