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nichtsdesto-TROTZ XLVIII

Tagesmail vom 26.07.2021

nichtsdesto-TROTZ XLVIII,

„Die Menschen in der entwickelten Welt verbrauchen so viele Rohstoffe, dass unmöglich alle Menschen so leben könnten, ohne damit den Planeten zugrunde zu richten – das tun die Reichen heute schon ganz allein.“ (Tim Flannery, Auf Gedeih und Verderb)

Solche Sätze hört man hierzulande von keinem Mächtigen. Liegt hier etwa eine Verschwörungstheorie vor: wieder mal die Reichen, die an allem schuld sein sollen? Tim Flannery, „Wissenschaftler, Forscher und Umweltschützer“ – ein Verschwörungstheoretiker?

Setzen wir noch eins drauf. Die Welt wird regiert von Verschwörungstheorien der Starken, als da sind:

Der Fortschritt der Menschheit ist unendlich.

Nichts ist dem unmöglich, der sich das Unmögliche zutraut. Das Wachstum von Wissen, Reichtum und Naturbeherrschung ist grenzenlos. Selbst die Sterblichkeit ist überwindbar. Der Mensch kann gottähnlich werden.

Den Tüchtigen, Genialen und Wagemutigen gebührt die Herrschaft über Mensch und Natur.

Nehmen wir Teilhard de Chardin, einen katholischen Anthropologen:

Um das Ziel zu beschreiben, dem sich die Evolution des Menschen nähert, benutzt de Chardin den Begriff Omega, den letzten Buchtstaben des griechischen Alphabets. Die Entwicklung des Kosmos (Kosmogenese) beginnt bei Alpha, der Schöpfung, und endet bei Omega, der Metapher für Christus. Omega, das ewig Eine, ist ein biblischer Hoheitstitel für Christus in der Offenbarung des Johannes (Offb 21,6). Der „Punkt Omega“ ist Ziel, Richtung und Motor der Evolution:

„Die Welt schaffen, vollenden und entsühnen, so lesen wir bereits bei Paulus und Johannes, ist für Gott die Einigung der Welt in einer organischen Vereinigung mit sich selbst. Auf welche Weise eint er sie? Indem er zu einem gewissen Teil in die Dinge eintaucht, indem er sich zum ‚Element‘ macht, und indem er dann, kraft des im Herzen der Materie gefundenen Stützpunktes, die Führung und den Plan dessen übernimmt, was wir heute Evolution nennen. Indem er als Mensch unter Menschen erstanden ist, hat Christus als Prinzip universeller Lebenskraft seine Stellung eingenommen, und er ist seit je dabei, den allgemeinen Aufstieg des Bewusstseins, in den er sich hineingestellt hat, unter sich zu beugen, zu reinigen, zu leiten und aufs höchste zu beseelen. Weil Christus Omega ist, ist das Universum physisch bis in sein materielles Mark durchdrungen vom Einfluss seiner übermenschlichen Natur.“

Herz des Fortschritts ist Christus. Hier jauchzen die wissenschaftlichen Christusgläubigen von Silicon Valley. Sie sind die wahren Priester Omegas, die dem Ziel der Schöpfung dienen.

Es ist ein Dienst am Göttlichen, wenn sie die Erde ruinieren, die Menschheit überwachen und am Ende den Planeten mit Triumphgebärden im Nichts verschwinden lassen.

Musk, Bezos & Co sind Oberpriester der perfekten Naturzerstörung, getreu dem Motto der Grünen: Schöpfungsbewahrung durch Schöpfungs-Zerstörung. Was sich nicht ständig erneuert, zerfällt. Was konserviert wird, ist des Todes. Konservative Parteien sind Anbeter des Todes – wie die Progressiven, die ohnehin das Alte vernichten müssen, um das Neue zu kreieren.

Zu welcher Partei gehören jene, die jeden Fortschritt mit dem Maß der Naturbewahrung überprüfen? Sie sind Kleingeistige, die jeden Schwanzvergleich scheuen. Inklusive alle Frauen:

„Einige sagen, die jüngsten Weltraumausflüge brächten keine neuen Erkenntnisse, seien wissenschaftlich wertlos, umso schlimmer die schlechte Klimabilanz. Ich halte diese Kritik für kleingeistig. Abgesehen davon, dass die Milliardäre die Einmalrakete durch Mehrweg ersetzt haben: Natürlich weiß niemand, wie ihre Reise ins Weltall weitergeht, das macht die Mission gerade so faszinierend. Wer Transportfahrräder für das Allheilverkehrsmittel der Zukunft hält, darf sich weiter über Milliardäre aufregen. Alle anderen sollten froh sein, dass es Menschen gibt, die ihren Kindheitsträumen nachjagen.“ (SPIEGEL.de)

Kindheitsträume? Welches Kind träumt vom Mars – wenn man ihm nicht zuvor das Märchen der ewigen Faszination eingeträufelt hat? Das sind Imitationen eines vulgären Amerikanismus. Faszination ist die Religion jener, die alles Irdische durchschaut haben und sich im vollen Leben nur noch langweilen können. Echte Faszination ist nicht das Seltene, Außerordentliche, sondern die Kraft des vertrauten Lebens.

Wie wär‘s mit dem Motto: Lieber kleingeistig sich seines Lebens freuen, als der Natur großkotzig Ade zu sagen? Es war ja nur der kleingeistige Sokrates, der zur Erkenntnis kam, von der Natur könne er nichts mehr lernen. Damit holte er das Staunen und Erkennen vom Himmel auf die Erde und begründete die abendländische Philosophie – welch kleingeistiger Abschied von himmlischen Sensationen. Die Erde kann nicht die wahre Heimat des Menschen sein. Da muss schon irgendwas Himmlisches mit im Spiel sein.

Männer der großtönenden Faszination benötigen auch keine Erkenntnisse mehr, um ihre irdischen Probleme zu lösen. Haben sie das Geheimnis der Schwarzen Löcher erkundet, wissen sie im selben Augenblick, wie sie die Schwarzen Seelen ihrer Mitmenschen – manipulieren können.

Vor allem ist klar, dass schwanzlose Weibchen fortschritts-untauglich sind. Ihnen fehlt jedes Ingenium zum risikofreundlichen Genie, selbst zur Kinderbetreuung werden sie immer untauglicher. Wen wundert es, dass phallische Helden immer unwilliger werden, mit diesen Auslaufmodellen der Evolution Kinder zu zeugen. Sie warten auf die ersten Menschen aus der Retorte – oder dem Zeugungsroboter.

Wir müssen uns ändern. Das Leben muss von A bis Z neu durchdacht und verändert werden. Da Machteliten nicht denken, sondern nur noch rechnen, müssen sich in jedem Stadtviertel Veränderungsgruppen zusammenfinden, um die Welt auf den Kopf zu stellen. Die politischen Schichten sind marode. Warum bringt Deutschland es nur zu drei skurrilen Kanzler-kandidaten-Darstellern? Weil die Personaldecke nicht zu klein, sondern gar nicht mehr vorhanden ist.

„Es ist nicht die stärkste Spezies die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“ (Darwin)

Merkwürdige Definition des Erfolgreichen. Hören wir nicht ständig, die Erfolgreichsten seien die Intelligentesten und Stärksten? Plötzlich sollen es diejenigen sein, die sich den herrschenden Verhältnissen am besten anpassen?

Sind die Intelligentesten zu stolz und gewitzt, um sich den Verhältnissen unterzuordnen? Dann wären die heutigen Generationen auch nicht die schlauesten, weil sie es geschafft haben, sich bis heute durchzuschlagen? Sind Stärke und Klugheit unvereinbar mit dem tristen Leben auf Erden?

Kann es sein, dass aus diesen Definitionen der Theologe Darwin zu vernehmen ist? Die Gläubigen sind alles Irdischen überdrüssig und sehnen sich nach dem wahren Leben im Jenseits?

Ganz anders die Definitionen kluger Chinesen:

„Nur die Dümmsten und die Weisesten können sich nicht ändern“ (Konfuzius)

Hätte der chinesische Denker Recht, dürfte es im veränderungswütigen Westen keine Weisen geben. Warum verabscheuen die Weisen jede Veränderung? Weil sie mit ihrem Leben zufrieden sind.

Ein echter Fortschrittler ist mit Nichts zufrieden, darf es nicht sein. Unzufriedenheit ist die Definition der Himalayastürmer und Marseroberer. Der Westen könnte die Weisen nicht von den Dummen unterscheiden, denn beide wollen alles, wie es war, ist und sein wird – mit Ausnahme alles Natur- und Menschenfeindlichen, das der Weise verändern will.

Nur in Erlöserreligionen gibt es keine Weisen, die mit ihrem irdischen Leben zufrieden sein dürfen. Erlöser kennen nur eine lineare Fortschrittszeit. Nach Darwin müssten die Abendländer schwach und stupide sein. Sonst könnten sie nicht die Fortschrittlichsten sein. Sollte Weisheit die Kunst des Überlebens sein, können wir einpacken.

„So gesehen liegt es auf der Hand, dass wir unseren künftigen Wohlstand nur sichern können, wenn wir heute verzichten lernen. Eines ist sicher: wenn wir nicht alles tun, um einander zu lieben und unseren Planeten so zu lieben wie sich selbst, dann haben wir auf dieser Erde keine Zukunft.“ (Flannery)

Nähme irgendeine Partei das Wort verzichten in ihr Wahlprogramm auf, könnte sie gleich einpacken. Alle gieren nach endlos wachsendem Wohlstand, eine Devise, die an selbstzerstörerischer Dummheit nicht mehr zu übertreffen ist.

Wenn arme Länder mehr vom Kuchen der Welt haben wollen, würde das jeder verstehen. Dass aber die wohlhabendsten nicht den Hals vollkriegen, gehört zu den Weisheiten eines Neoliberalismus, dessen Herrschaft ungebrochen ist, obgleich kein Politiker mehr den Begriff in den Mund nimmt. Wahlreden sind doch keine ökonomischen Proseminare, um die Grundlagen der globalen Wirtschaft zu klären.

Noch immer beharren die Wirtschaftsweisen, ähh, Wirtschaftstoren, auf der Naturgesetzlichkeit ihrer Trugwissenschaft. Woher aber kämen die ständigen Wirtschaftskrisen? Haben die Ökonomen die Naturgesetze nicht verstanden oder gar nicht zur Kenntnis genommen? Dann wären sie die arglistigsten Betrüger unter den Wissenschaften, die keine sind. Anstatt sich zu verständigen, welchen Verhaltensregeln sie folgen wollen, rechnen sie sich die Seele aus dem Leib, um ihre Lügenmärchen zu rechtfertigen.

Alle Weltprobleme wären gelöst, wenn wir einander lieben würden und die Erde wie uns selbst? Solche religionsfeindlichen Statements müssten verboten werden. Sie sind ein direkter Angriff gegen die christliche Agape, die nicht die Pflicht enthält: liebet die Erde wie euch selbst. Im Gegenteil. Dort steht unmissverständlich:

„Habet nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebhat, ist die Liebe zum Vater nicht in ihm. Und die Welt vergeht und ihre Lust, wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ „Ihr Abtrünnigen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft wider Gott ist? Wer also Freund der Welt sein will, der erweist sich als ihr Feind.“

Die neueste geistbegabte Auslegung dieses eindeutigen Textes lautet:

Habet die Welt lieb. Wenn jemand die Welt liebhat, in dem ist die Liebe zum Vater. Die Freundschaft mit der Welt ist Freundschaft mit Gott. Wer Freund der Welt sein will, erweist sich als ihr wahrer Freund.

Noch Fragen, Kienzle?

Wird die deutsche Sprache so unverschämt auf den Kopf gestellt, kann sich niemand verwundern, dass eine jenseitsgläubige Kanzlerin keine deutschen Worte mehr findet, um das Elend der Überflutungen zu schildern. Lieber schweigt sie in stummem Schmerz, als sich mit ordinären Worten der Empathie zu beflecken.

„Ich will euren Samen mehren wie die Sterne am Himmel.“

Sollte der Allwissende sich in gleichem Maße über Klimaalarmisten belustigt haben wie die Edelschreiber der Springerpresse? Dann hätten sie bewiesen, dass sie einen besonderen Draht zum Himmel hätten.

Wie könnte der Schöpfer endlos viele Menschen auf Erden versprechen, wenn sie nur begrenzte Überlebensvorräte hat? Kann er nicht bis drei zählen?

Ausgerechnet ein englischer Pastor begründete den modernen Pessimismus am Beginn des modernen Kapitalismus, als er ausrechnete, dass die Überbevölkerung viel schneller voranschreitet als sich die erforderlichen Ressourcen vermehren.

„Epidemien, Krankheiten und Pest rollen in schrecklichen Wellen heran und reißen Tausende und Zehntausende in den Tod. Sollte die Vernichtung nicht vollständig sein, folgen ihnen riesige Hungersnöte, die mit einem mächtigen Streich die Bevölkerung auf das Niveau der verfügbaren Nahrung bringt.“ (Malthus)

Corona, Delta, Sintflut, Hitzewellen und Hungerseuchen reißen nicht nur Hunderte, sondern Millionen in allen Teilen der Welt in den Tod. Selbst Gebiete wie die deutschen, die sich bislang in Sicherheit wähnten, erschrecken über das Hereinbrechen der Geißeln Gottes.

Welche Sünden, oh Herr, haben sie begangen, dass du sie so furchtbar in deinem Zorn züchtigst? Schon haben Büßergottesdienste begonnen, für die Sünden der Menschheit um Gnade zu bitten.

In ihrem Lehrbuch „Geschichte der volkswirtschaftlichen Meinungen“ unterschieden Ch. Rist und Ch. Gide zwischen optimistischen und pessimistischen Ökonomen. Optimisten wie Adam Smith wurden bewundert wegen der neuen Wirtschaftsgesetze der Harmonie, „in der sich alles zum besten der Individuen und Völker gestalte.“

Doch unmittelbar nach Smith war es um die Harmonie geschehen. Die unsichtbare Hand, die bei Smith für die finale Harmonie der Egoisten gesorgt hatte, verschwand in der Versenkung. Die zwei Hauptpessimisten hießen Malthus und Ricardo. Was war pessimistisch in ihren neuen Botschaften?

Sie waren Schwarzseher, „weil sie uns zahllose Gründe aufdeckten, um nicht an die Übereinstimmung der individuellen Interessen mit denen der Allgemeinheit zu glauben. Überall sahen sie verwirrende Gegensätze zwischen Kapitalisten und Arbeitern. Pessimisten auch deshalb, weil sie nicht an die Möglichkeit glaubten, den Lauf dieser unveränderlichen Gesetze verändern zu können. Ihr Vertrauen in den Fortschritt war gering. Ihre Theorien verkündeten sie mit einer Seelenheiterkeit, die befremdet. Keinen Augenblick kam ihnen der Gedanke, dass man darin eine Anklage gegen die bestehende Ordnung oder gegen die Weisheit ihres großen Schöpfers der Natur sehen könnte.“ (Gide, Rist)

Warum waren sie so heiter, „die beiden Hauptvertreter dieser Lehre, Malthus und Ricardo, die sich als Philanthropen betrachteten“?

Weil sie nicht daran zweifelten, den „Geist der Revolte entwaffnet zu haben, wenn sie den Armen nachweisen, dass sie für ihr Unglück selbst verantwortlich sind.“

„Das Volk muss sich selbst als die Hauptursache seines Elends betrachten.“ (Malthus)

Sie fürchteten also die Revolte der Armen, die vermutlich der Meinung waren, unschuldige Opfer der Reichen geworden zu sein. Das musste mit allen Mitteln verhindert werden. Also suchten die Nutznießer der Entwicklung nach Gründen, um die Opfer der Entwicklung als die eigentlichen Täter zu entlarven. Diese Schulderklärung der Armen hat bis zur Gegenwart ihre Wirkung nicht verloren, wie man am Beispiel Blair und Schröder sehen kann, ausgerechnet zwei Linken, die bis dahin die rote Karte den Reichen und Mächtigen zuschoben.

Was war nun die übergroße Schuld der Armen? Dass sie taten, was ihnen ihr Schöpfer als selbsterfüllende Prophezeiung aufgetragen hatte. Sie vermehrten sich wie die Kaninchen, weil sie, wie heute alle armen Länder hofften, mit vielen Kindern besser durchs Elend zu kommen. Ein selbstschädigender Glaube, der nicht dem Schöpfer in die Schuhe geschoben wurde, sondern den Verachtetsten unter seinen Geschöpfen. Auch in der christlichen Schöpfungslehre gilt der Grundsatz aller Erfolgsstorys: die Opfer sind ihre eigenen Täter. Hätten sie sich doch nicht so irrsinnig vermehrt. Bekanntlich war es ihnen zudem verboten, die Geburtenzahl wider den Willen des Himmels zu beschränken.

Jetzt kommt etwas Erstaunliches: Malthus und Ricardo waren Philanthropen. Volksfreunde, wie sie selbst erklärten. Auch ihre wohlhabenden Zeitgenossen waren keineswegs erschrocken, sondern nahmen die Botschaft mit großer Begeisterung auf. Verständlich, denn hier wurde das Gewissen der Reichen nicht beschwert, sondern die Schuld an die richtige Adresse weitergeleitet: der Erfolglose ist an seiner Erfolglosigkeit immer selber schuld.

Malthus erklärte die Schuld der Proleten mit einem Trieb, der nicht das Streben nach Profit war, sondern – der Geschlechtstrieb. Das war ganz im Sinne eines Pastors, der fest davon überzeugt war, der gottlose Pöbel werde wegen sündiger Wollust vom Himmel bestraft. Die Ausbeuter jedenfalls waren unschuldig wie neugeborene Kindlein.

Heute traut man sich nicht mehr, die Armen unverblümt für ihr Schicksal verantwortlich zu machen – es sei, man ist Aufsteiger einer Arbeiterpartei mit Namen Schröder. Dann kann man getrost als neues Mitglied der Herrenklasse nach unten treten. Heute ist man wieder vorsichtiger, was nicht bedeutet, dass sich hinter den Kulissen die abschätzige Meinung über die Vielzuvielen geändert hätte.

Sollten sie doch weniger Kinder zeugen, dann versänken sie nicht im Elend. Sie waren unfähig, sich neuen Verhältnissen anzupassen. Womit wir wieder bei Darwin wären, der bekannte, seine Lehre vom Überleben der Angepasstesten dem Pastor Malthus zu verdanken.

Damit wären wir wieder bei der Heiligen Schrift gelandet. Wer unfähig ist, sich den größten Mächten der Welt zu widersetzen, hat sich die Folgen selbst zuzuschreiben. Zu diesen Mächten gehört an erster Stelle der Herr der Geschichte. Wer Gottes Botschaft ignoriert, dass nur die Angepassten und Frommen selig werden, darf sich die höllischen Folgen seines Ungehorsams selbst zuschreiben. 

Die Reichen hingegen, in ihrer Mehrheit Calvinisten, durften sich als Erwählte Gottes fühlen. War ihr Erfolg nicht der sichtbare Beweis ihrer Erwählung zur Seligkeit?

Fehlt nur noch Marx, der keine moralischen Noten verteilte, weder an die Ausbeuter, noch an die Proleten. Ausbeuter waren keine schlechten Menschen, die Ausgebeuteten keine guten. Ein solches Moralisieren vertrüge sich nicht mit der Lehre von objektiven Naturgesetzen als Gesetzen der Geschichte.

Marx war stolz darauf, der Newton der Geschichte zu sein. Wie jener die grundlegenden Gesetze der Natur, so wollte Marx die Gesetze seiner materiellen Heilsgeschichte als Erster durchschaut haben.

Weder gab es böse Ausbeuter, noch moralisch gute Proleten. Alle Menschen waren nichts als Marionetten einer allmächtigen Geschichte.

Was für Gottes unfassbare Weisheit für seine Heilsgeschichte, gilt in gleicher Weise für die materielle Heilsgeschichte:

„Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“

Marx entmündigte alle Menschen zugunsten einer allmächtigen Naturgeschichte, deren Gesetze er gefunden hatte. Ausbeuter waren Ausbeuter, weil sie mussten, Proleten waren passive Revoluzzer, weil sie nicht anders konnten. Atheist Marx erneuerte Calvins Determinierung der Menschen in wirtschaftlichen Begriffen.

Um die heutige Lage zu verändern, müsste man ihre historischen Blut- und Nervenbahnen verstanden haben. Kein einziger Politiker, der es für richtig hielte, das Volk aufzuklären und seine Veränderungsvorschläge mit der aufgearbeiteten Tradition zu begründen.

Auch die Kirchen, in wohlhabenden Zeiten mit überlegenen Botschaften nie verlegen, beginnen, in Stummheit zu versinken. Wer nichts sagt, kann nichts Falsches gesagt haben: das lernten sie von ihrer Schwester, der Kanzlerin.

Schließen wir mit Jeremy Rifkin:

„Die Kirche gibt ein Lippenbekenntnis für den Kampf gegen die „irdischen Mächte und ihre Vertreter“ ab. Was ist mit den Verbrechen, die aus den Konzepten wissenschaftlicher Objektivität, mechanistischer Rationalisierung, zweckgerichteter Sachlichkeit und marktwirtschaftlicher Effizient erwachsen?“ (Das Imperium der Rinder)

Rifkin meint den Sozialismus wie den Kapitalismus. Beide Systeme behaupten, Gesetze der Natur erkannt zu haben. Doch in der Welt des Menschen herrschen ausschließlich jene ungerechten Moralgesetze, die der homo stupidus als eisernes Gehäuse etablierte.

 An ihrem Schicksal ist die Menschheit unschuldig.

Fortsetzung folgt.