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nichtsdesto-TROTZ XIII

Tagesmail vom 05.05.2021

nichtsdesto-TROTZ XIII,

und jetzt ran an die Klimawunden.

Doch wie heißt die Krankheit? Wie lautet die genaue Diagnose? Gibt es keine Ursachen?

CO2? Ist keine Ursache, sondern die instrumentelle Entfaltung derselben.

Wer kam auf die Idee, CO2 in die Luft zu blasen? Was dachte er sich dabei? Was bezweckte er? Nihil fit sine causa, nichts geschieht ohne Ursache: war das eine Übertreibung der Alten, die von der Moderne ad acta gelegt wurde?

„Nach dem Kausalitätsprinzip kann es keine Wirkung ohne Ursache geben. Für I. Kant war das Kausalitätsprinzip a priori, d. h. vor jeder Erfahrung gültig und notwendig zur Ordnung unserer Erfahrung. Für D. Hume stellte es lediglich eine ungerechtfertigte Verallgemeinerung unserer Gewohnheit dar, Ereignisse in Abhängigkeit voneinander zu sehen.
In der modernen Wissenschaftstheorie, insbesondere im Neopositivismus, ersetzt man das Kausalitätsprinzip zumeist durch einen funktionalen Zusammenhang, der die Ereignisse miteinander verbindet, ihre Aufeinanderfolge aber nur beschreibt und nicht erklärt. Der Gedanke strenger Kausalität setzt die genaueste Kenntnis der Ursache voraus, aus welcher die Wirkung erschlossen werden soll. Die genaue Kenntnis dieser Ursache scheitert aber sowohl an praktischen, experimentellen Gegebenheiten als auch an (möglicherweise prinzipiellen) Einschränkungen durch die aus der Quantenmechanik bekannte Heisenberg’sche Unschärferelation. Diese fordert zumindest im atomaren Bereich eine prinzipielle und tatsächliche Einschränkung der Genauigkeit der ein Teilchen bestimmenden Größen (wie Ort und Geschwindigkeit). Es ist deshalb vorgeschlagen worden, die strenge kausale Verknüpfung durch eine wahrscheinlichkeitstheoretische zu ersetzen. Auch die neuere Chaostheorie, nach der schon kleinste Ursachen unvorhersehbare (große) Auswirkungen haben können, schränkt den Geltungsbereich der Kausalität ein.“ (Wissen.de)

Uff. Da stehen wir wie Hanns guck in die Luft. Wer hilft uns weiter fort?

„Wenn der Hanns zur Schule ging, stets sein Blick am Himmel hing.
Nach den Dächern, Wolken, Schwalben, schaut er aufwärts allenthalben.
Vor die eignen Füße dicht, ja, da sah der Bursche nicht.“

Machen wir‘s besser, schauen wir nicht flehentlich gen Himmel, wie hierzulande üblich, wenn wieder mal jemand ins Wasser plumpste und nicht wusste, warum.

Vom Mythos zum Logos: die Entdeckung der Kausalität ebnete den Weg zur griechischen Aufklärung, zur Absage an den mirakelhaften Mythos und zur Erforschung des Logos. War Logos – wie in der Moderne – nichts anderes als die präzise Berechenbarkeit der Dinge, unter strikter Ausschaltung unberechenbarer Gefühle und wirrer Gedanken des Menschen?

Nein, griechischer Logos war Vernunft der Natur – und ganzheitliche Vernunft des Menschen, die zusammenhingen, zusammenhängen mussten. Der Kosmos war eine Einheit. Warum aber zwei verschiedene logoi, wenn sie doch zusammenhingen?

Vielleicht so: der Mensch, das Wesen, das sich von allen Lebewesen am weitesten von der Natur entfernt hatte, erhielt die Chance und die Pflicht, aus eigener Kraft zur Natur zurückzufinden. Durch eigenes Denken und Erkennen kann die Vernunft des Menschen die Einheit mit der Natur wieder herstellen.

Hatte denn der Mensch das Gefühl, sich von der Natur entfremdet zu haben? In der Tat. Es hätte keine Notwendigkeit zur Entfaltung der Vernunft gegeben, wenn die Generationen der ersten Aufklärung (von Griechenland über Indien bis nach China) nicht den beunruhigenden Eindruck gehabt hätten, sich von der Natur entfernt zu haben. Das bringt uns auf die Spuren des Matriarchats.

„Der Anfang des Seins der Welt heißt die Mutter der Welt“. (Laotse)

„Von Natur aus sind die Menschen fast gleich; erst die Gewohnheiten entfernen sie voneinander.“ (Konfuzius)

„Am Anfang war die Mutter. Das „Wort“ hingegen war der Beginn einer neuen Ära, die wir heutzutage Patriarchat nennen. Männer herrschen nicht von Natur aus, sonst würden sie nämlich immer herrschen – wie Frauen immer die Kinder gebären. Patriarchat bezeichnet den Versuch, die Vorherrschaft des Mannes zu einem Naturgesetz zu erklären.“ (Marilyn French)

Das Wort, mit dem der Schöpfer die Welt aus Nichts erschuf, war nicht das Wort der Vernunft, sondern das Wort der (All-)Macht. Etwas aus Nichts erschaffen, ist absoluter Widerspruch zur Kausalität der Vernunft, die sich mit Erkennen der Natur bescheidet. Natur kann erkannt, aber nicht erschaffen werden, sie war, ist und wird immer dieselbe sein.

Hier scheiden sich die Geister zwischen a) omnipotenten Wort-Schöpfungs-Männern und b) der mütterlichen Vernunft der Menschen, die durch Denken und Erkennen die Entfremdung zur Natur zu überwinden gedenkt.

Es waren vor allem Männer, die die Aufklärungsbewegungen der Völker ausriefen; doch nur deshalb, weil Frauen schon lange unterdrückt wurden. Es waren androgyne Männer, die das Mütterliche und Hebammenartige in sich entdeckten, um die naturliebende Vernunft zur Sprache zu bringen.

Vernunft war die Fähigkeit, Erkenntnisse aus dem Innern des Menschen zu gebären.

„Sokrates helfe den Seelen bei der Geburt ihrer Einsichten wie die Hebamme den Frauen bei der Geburt ihrer Kinder. Seinem Gesprächspartner, dem Mathematiker Theaitetos, der schon lange vergeblich nach der Definition von „Wissen“ sucht, erklärt Sokrates, er – Theaitetos – sei gleichsam „schwanger“ und leide unter Geburtsschmerzen. Nun werde Hebammenkunst benötigt, damit die Erkenntnis (die Antwort auf die Frage, was Wissen ist) hervorgebracht („geboren“) werden könne. So wie eine Hebamme, die selbst nicht mehr gebären kann, anderen bei der Entbindung beisteht, so verfahre er, Sokrates: Er gebäre selbst keine Weisheit, sondern stehe nur anderen beim Hervorbringen ihrer Erkenntnisse bei. Niemals belehre er seine Schüler, aber er ermögliche denen, die sich ernsthaft bemühten, schnelle Fortschritte. Mit der Geburtshilfe befähige er sie, in sich selbst viel Schönes zu entdecken und festzuhalten.“

In der Wortreligion erhält der Schüler das Wissen als Offenbarung des allwissenden Mannes. In der mäeutischen Philosophie muss niemand autoritär von Oben belehrt werden – wie in heutigen Bildungssystemen. Alles hat er in sich und muss es lediglich zur Welt bringen. Mäeutische Lehrer sind nur Hebammen, die den Geburtsvorgang begleiten.

Vernunft war die Abkehr des Menschen von der Dominanz des Mannes, hin zur sanften Begleitung der Mutter, die die selbstbestimmte Entwicklung des Menschen unterstützt.

Das väterliche Reich des Werdens aus Nichts ist ein Reich des Wunders, der Magie und Zauberei. Der Schöpfer ist der oberste Zauberer, der aller Vernunft der Menschen spottet.

Das mütterliche Reich der Kausalität ist das Reich natürlicher Selbstbestimmung, die ohne Anerkennung von Ursachen und Wirkungen keine Naturabläufe zulässt.

Moderne Naturwissenschaft besteht aus dem „niederen“ Reich des Naturerkennens und dem „hohen“ Reich der „sensationellen, wunderhaften und alle Welt in Erstaunen versetzenden“ technischen Anwendungen. Im Abendland vermischt sich die Sphäre soliden Erkennens mit der Sphäre eines mirakelhaften technischen Fortschritts. Wieder einmal müssen Vernunft und Glauben zur sündigen Kopulation ins Prokrustesbett.

Im Bereich der Wunder gibt es keine Ursachen, also auch kein solides Erkennen derselben. Mirakelhaft kann sowohl bestaunenswert-göttlich wie furchterregend-teuflisch sein. In der Bewunderung des Genialen oder der rauschhaften Kreativität kommt beides zusammen.

Gott lässt sich durch Erkennen des Menschen nicht auf die Finger schauen. Was er tut, ist geheimnisvoll und entzieht sich dem Verständnis des Menschen. Das ist die wahre Esoterik der christlichen Gegenwart:

„Lass nicht frohlocken über mich, die mir grundlos feind sind, noch mit den Augen zwinkern, die mich ohne Ursachen hassen.“

„Doch das Wort muss erfüllt werden, das in ihrem Gesetz geschrieben steht: Sie haben mich ohne Ursache gehasst.“

„Derer, die mich ohne Ursache hassen, sind mehr als der Haare auf meinem Haupte, zahlreich sind, die mich verderben, die mich grundlos anfeinden.“

Der Hass gegen Gott hat keine Ursache: er muss böse sein. Das Böse ist grundloser Hass gegen das Heilige. Der freie Wille der Katholiken wählt das Böse – ohne erkennbaren Grund. Das ist Erbsünde, die Sünde wider den Geist, die nie vergeben werden darf.

Böse Taten als grund- und ursachenlose zu verfluchen, ist heute die Spezialität der Mitte-beherrschenden Medien und ihrer politischen Heroen. Nie darf die Gesellschaft am Bösen schuldig sein. Nie darf sie so verkommen sein, dass es die Menschen treibt, das Böse mit Bösem zu vergelten. Die Starken der Gesellschaft sind immer gut; wer sich ihnen in den Weg stellt, muss dämonisch-teuflischer Herkunft sein.

Kriminalpsychiater haben die Aufgabe, die Motivationen des Angeklagten zu erforschen. Waren die Motive nachvollziehbar? Oder war die Tat grundlos? Dann war sie böse und muss unnachgiebig bestraft werden.

Ein Kriminalpsychiater:

„Es sind nur in den wenigsten Fällen psychisch Gestörte, die schlimme Straftaten begehen“, sagt Kröber. Er fertigt Gutachten über Mörder, Vergewaltiger und Totschläger an und ist sich sicher: Die meisten Täter haben die Wahl, ob sie eine Tat begehen oder nicht – oft entscheide der Zufall, ob jemand tatsächlich straffällig wird oder nicht. “Viele Taten finden nicht statt, weil im richtigen Moment ein wichtiges Fußballspiel läuft.“ Zwar gebe es auch schlicht böse Menschen und Taten, die zwangsläufig geschehen, diese Fälle seien jedoch die Ausnahmen. „Die meisten Menschen sind nicht a priori böse“, betont der Kriminalpsychiater. Warum manche Menschen dann doch Grenzen überschreiten, zu Mördern oder Vergewaltigern werden, bleibt auch für den erfahrenen Kriminalpsychiater oft rätselhaft und unheimlich.“ (Focus.de)

Ist die Wahl einer bösen Tat ohne Grund? Dann erst wäre sie böse. Hätte sie einen Grund, wäre sie nachvollziehbar, also nicht böse, denn der Täter stand unter dem Zwang einer Ursache.

Kann es Taten ohne Ursachen geben? Dann wären sie teuflisch. Haben sie Ursachen, könnte jeder Mensch sie verstehen. Unter gleichen Bedingungen könnte ihm nämlich dasselbe passieren. Was der Psychiater verstehen kann, kann nicht böse sein. Nur was er nicht versteht und für rätselhaft und zufällig hält – ist böse.

Psychologisches Verstehen ist unfähig, das Böse zu entdecken. Denn Verstehen beruht auf dem Grundsatz: keine Wirkung ohne Ursache: Jedes Verhalten ist bestimmt, entweder von unbewussten oder bewussten Motiven, von rationalen oder irrationalen Überlegungen. Zufälle gibt es nur scheinbar. Was man nicht nachvollziehen kann, ist beileibe nicht grundlos: hier versagt nur die Empathie des Fachmanns, der mit seinem eigenen verdrängten Bösen nichts zu tun haben will.

Hier die juristische Definition einer heimtückischen Tat:
„Heimtückisch tötet, wer in feindlicher Willensrichtung die objektiv gegebene Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt.“

An dieser Definition ist alles falsch – oder selber heimtückisch, um Straftäter, die nicht wissen, was sie tun, aus göttlicher Richterhöhe „zu verfluchen“. Wenn selbst der Erlöser sagt: Vater, vergib, denn sie wissen nicht, was sie tun, sollten deutsche Richter sich nicht über IHN stellen.

Wenn jemand töten will, plant er keinen fairen Wettkampf mit einem Gegner. Seine Tötungsstrategie mag bewusst sein, seine Ursachen aber sind dem Täter verborgen, selbst wenn er rationalisierte Gründe anzugeben wüsste.

Das deutsche Strafrecht steht noch immer im Bann des theologischen Bösen. Psychiater, die sich dem rationalen Grundsatz verpflichtet fühlen müssten: keine Wirkung ohne Ursache, werden zu Marionetten eines übernatürlichen, naturfeindlichen Wunder- und Dämonenglaubens.

Nichts gibt es ohne Grund: das ist das Urprinzip der Natur, die keine göttlichen und teuflischen Wunder zulässt.

Die irdische Psyche ist nicht berechenbar, sie kann aber verstanden werden. Das Rationale der Naturwissenschaften ist das Mess- und Berechenbare. Das Äquivalent der Seelenkunde ist das Verstehbare. Wer andere Menschen nicht versteht, versteht sich selber nicht und deklariert sich zum göttlichen Übermenschen, dem alles Menschliche fremd ist.

„Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Wenn ich aber tue, was ich nicht will, vollbringe nicht mehr ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt.“

Das deutsche Strafrecht ist auf der Höhe des Römerbriefs. Paulus versteht nicht, warum er Böses tut, obgleich er Gutes tun will. Warum ist sein Wille unfähig, das Gute zu tun? Weil eine fremde Macht in ihm wohnt, die ihn zum Bösen zwingt: die Sünde oder das Teuflische.

Das also ist die religiöse Konsequenz der Verletzung des natürlichen Kausalitätsprinzips: nicht Ich war es, sondern der Teufel in mir war es, der das Abscheuliche tat. Ergo brauche ich einen wunder-bringenden Gott, der den Teufel besiegt, damit ich mit einem blauen Auge davonkomme.

Nach diesem Muster der Selbstreinigung, die ihre eigene Bösartigkeit an die Ränder projiziert, um sich selbstgefällig im Spiegel zu betrachten, funktioniert die deutsche Gesellschaft. Mit Demonstranten und Nörglern debattiert man nicht, man lädt sie nicht in Talkshows ein, man interviewt sie nicht: man recherchiert so lange im Trüben, bis man deren Verschwörungssünden entdeckt hat. Mit Sündern und Gotteslästerern setzt man sich nicht an denselben Tisch.

Das ursachlose Böse spielt auf allen Ebenen der Gesellschaft eine eminente Rolle.

Wenn ein Vulkan explodiert, spricht kein Wissenschaftler von einem bösen, weil unverständlichen Naturereignis. In der Natur gibt es nichts Böses, alles ist messbar und berechenbar. Und was es noch nicht ist, muss mess- und berechenbar gemacht werden.

Mangels unveränderlicher und berechenbarer Naturgesetze schauten die Geisteswissenschaften erst mal in die Röhre. Also entwickelten sie Fragemethoden, um deren quantitative Antworten mit statistischen Methoden zu berechnen. Dumm nur, dass Zahlen suggestiver Fragen nichts gemein haben mit objektiven Zahlen der Naturwissenschaft. Weshalb man die meisten Untersuchungen der Geisteswissenschaften den Hühnern geben kann. Nach Popper sind sie selbst-erfüllende Wunschantworten. Ob bewusst oder nicht: Fragen werden so gestellt, dass die Antwortenden in hohem Maße im Sinne der fragenden Autoritäten reagieren.

Die Geisteswissenschaften sind nicht bereit, ihre grundsätzliche Andersartigkeit im Vergleich mit den Naturwissenschaften zu akzeptieren. Was folgte daraus – im Fall der Psychologie?

Wer andere Menschen verstehen will, muss sie – verstehen. Verstehen heißt, sich in sie einzufühlen, nachzuvollziehen, was sie dachten, empfanden und taten, weil man an ihrer Stelle nichts anderes getan hätte.

Den Begriff der bösartig-heimtückischen oder willentlich-bewussten Untat sollte man streichen. Niemand will etwas Böses um des Bösen willen.

Beispielsweise tut man das Schreckliche, weil man sich berechtigt fühlt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, Rache für erlittene Ungerechtigkeit zu üben, der Nation Gutes zu tun, wenn man deren Feinde heimsucht, oder weil man sich für privilegiert hält, aus der Perspektive der Tüchtigen die Faulenzer und Versager zu züchtigen.

Erklärungen der Taten sind keine Entschuldigungen. Verstehen heißt nicht Verzeihen oder alles für gut halten. Das Verständliche und Nachvollziehbare kann abscheulich sein, vor dem man nicht genug warnen kann.

Freilich, selbstgerechtes Predigen hilft nicht. Der Täter muss begreifen, wie er seinem Desaster hätte entgehen können. Will er sich „bessern“, eine Wiederholung seiner Tat verhindern, muss er sich mit seinen bewussten und unbewussten Motivationen beschäftigen. Er muss lernen, sich selbst zu verstehen. Wenn er zum ersten Mal das Gefühl hat, sich auf die Schliche gekommen zu sein: just in diesem Moment hat er die Wiederholungsgefahr seiner Tat angeknackst. Je vertrauter er mit sich wird, je größer wird die Distanz zu seiner Tat.

Es gibt nur einen Weg zur Freiheit: erkenne dich selbst.

Was sagen nun die großen Denker der Moderne zum Prinzip: Nichts ohne Ursache?

Hume ist der Zertrümmerer der Kausalität:

„Unsere ganze Kenntnis vom Zusammenhang zwischen Ursachen und Wirkungen besteht in dem Bewusstsein, dass gewisse Gegenstände immer miteinander verbunden gewesen sind … Wir können in den Grund dieser Verbindung nicht eindringen.“

Kausalität sieht und spürt man nicht. Man schlussfolgert sie, wenn denselben Ursachen immer dieselben Wirkungen folgen. Man überprüft sie, indem man für jene Ursachen sorgt, die zu den erwünschten Wirkungen führen. Will ich wissen, ob ich ein guter Koch bin oder nur zufällig einmal eine gute Suppe zustande gebracht habe, muss ich so oft kochen, bis der Erfolg kein Zufall mehr sein kann. Ich muss den Zufall besiegen, um auf die Ursachen zu kommen.

Bertrand Russell kritisiert seinen Landsmann: „Hume führt uns gleichsam in die Sackgasse. In der von ihm eingeschlagenen Richtung kommt man keinen Schritt weiter.“

Kant entzieht der Natur die Kausalität und verlegt sie in die apriorische (Kommando-) Struktur des menschlichen Gehirns. Die Natur bleibt im Dunkeln. Wie kann sich der Mensch anmaßen, der Natur ein Grundprinzip vorzuschreiben? Das ist schon die Vorwegnahme Fichtes, dessen Ich sich zum Gott des Seins erklärte. Die Natur wird zur amorphen Magd des schöpfergleichen Menschen, der ihr diktiert, wie sie zu ticken hat. Dadurch wird die Natur zur unerkennbaren „sündigen“ Masse, der Mensch wird zum Kommandeur des Seins.

Der Positivismus spricht nicht mehr von Kausalität, sondern von funktionalen Zusammenhängen. Erklären aber kann er den Zusammenhang nicht, er kann ihn nur beschreiben. Was aber ist damit gewonnen? Nichts.

Die Kausalität der Natur muss ich nicht erklären, sondern benutzen, wenn ich aus theoretischen Erkenntnissen eine praktische Nutzanwendung ziehen will. Funktioniert die Rakete, weiß ich, dass die Kausalitäten ihrer Einzelteile funktionieren müssen.

Die Probe aufs Exempel ist die Praxis. Wenn dasselbe Experiment zum 1000.sten Mal wiederholt wurde und immer die gleichen Ergebnisse brachte, kann ich nicht mehr von Zufall reden.

Heisenbergs Unschärferelation hat der strengen Kausalität einen Hieb versetzt. Wenn im kleinsten Bereich plötzlich nur Wahrscheinlichkeiten und Zufälle gelten: wie will man die noch immer funktionierende strenge kausale Verlässlichkeit der „normalen“ Wissenschaft und Technik begründen?

Eine Antwort haben die Physiker bis heute nicht gegeben. Sie haben die Natur in zwei Teile getrennt, die einerseits zusammenhängen, andererseits aber nicht zusammenhängen können. Hier sitzt die Naturwissenschaft in der Klemme.

Die Chaostheorie schließlich macht sich einen Jux und folgert das Größte aus dem Geringsten. Damit folgt sie Heisenbergs Unschärferelation, ohne das Geringste zu erklären.

Nicht nur in der Philosophie, sondern auch in den Naturwissenschaften ist das Kausalitätsprinzip gescheitert. Zwar funktionieren die technischen Schlussfolgerungen im Maschinenpark der Moderne. Wenn etwas schief geht, kann es nach der immergleichen Methode repariert werden. Allein: niemand weiß, wie diese Zuverlässigkeit sich gegen Heisenbergs Wahrscheinlichkeiten durchsetzen kann.

Ein wesentlich schwierigeres Problem ist die Politik. Gib es Ursachen für die überhandnehmenden Probleme der Gegenwart? Oder handelt es sich um rätselhafte Erscheinungen, bei denen die Weisheit des Hippokrates versagen muss: jedes Übel hat seine Ursachen. Hat es Ursachen, kann eine Diagnose formuliert und eine Therapie vorgestellt werden.

Davon merkt man in der gegenwärtigen Klimakrise nichts. Weder werden Ursachen des Übels gesucht, noch kausal abgeleitete Diagnosen. Das war schon so in der Coronakrise. Woher kam die Giftkugel? War sie eine Rache der Natur oder die gewollte oder ungewollte Kreation aus einem Labor in Wuhan?

Gelegentlich wurden diese Fragen gestellt – um sie baldmöglichst zu vergessen. Politiker und Experten wollen keine präzisen Erkenntnisse, keine klaren Ursachen. Sie wollen schillernde Vermutungen, um ihre freiheits-unterdrückenden Maßnahmen mit fungiblen Scheinargumenten zu sichern.

Was das Klima betrifft, gibt es überhaupt keine präzise Uraschenforschung, geschweige denn schlüssige politische Folgerungen.

Vor einem halben Jahrhundert legte Lewis Mumford ein monumentales Werk vor, in dem er die gesamte Geschichte des Westens von der Erfindung der Hochkultur bis heute unter die Lupe nahm.

Es klingt verwegen, aber es muss gesagt werden: wenn die heutige Menschheit nicht dieselbe Denkarbeit leistet, um der Zeit die Diagnose zu stellen, wird sie zu keiner befriedigenden politischen Therapie finden.

Mumford geht zurück zu den ersten Kulturen in Mesopotamien und Ägypten:

„Das vorherrschende Gefühl in der Arbeit der Frühzeit ist Rivalität mit der Natur: und dieses Gefühl der Rivalität, der besessene Wunsch, die Natur zu besiegen und alle Erscheinungsformen zu kontrollieren, ist eines der charakteristischen Merkmale des modernen Menschen. Der früheste Fortschrittsgedanke war in der christlichen Vorstellung von der Selbstvervollkommnung zum Zwecke der Heiligung verborgen. Die Fortschrittsidee wurzelte auch in dem Glauben an ein 1000-jähriges Reich, das nicht als ein Himmel im Jenseits, sondern als ein Himmel auf Erden gedacht hat.“

Bei diesen himmlischen Utopien hätte Poppers Warnung Recht gehabt:

„Der Versuch, den Himmel auf Erden zu verwirklichen, produziert stets die Hölle.“

Fortsetzung folgt.