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nichtsdesto-TROTZ LXXXIX

Tagesmail vom 29.10.2021

nichtsdesto-TROTZ LXXXIX,

und dennoch: sie muss, sie muss … die Welt erretten!

In der letzten Weltminute. Wenn alles aussichtslos erscheint, alle Hoffnungen geschwunden sind – erscheint sie in der Aura einer ökumenischen Germania & Madonna, voller Sanftmut und Herzensgüte, versöhnt die Feinde, bringt die Völker zusammen und lehrt sie, Frieden zu schließen mit der Natur.

Und wenn sie ihre Mission erfüllet hat, wird sie für immer die Bühne der Völker verlassen, unauffällig und bescheiden durch die Hintertür entweichen und sich entrücken lassen in ihre terra incognita, die schlichte Datsche weit draußen im Osten.

Sie kam als Fremde und ging als Fremde. Die Delegationen der Welt werden sich die Augen reiben und sich verwundert fragen: haben wir wirklich erlebt, was wir gesehen haben – oder wurden wir Opfer von Halluzinationen?

„Die einzige Hoffnung in dieser verfahrenen Situation ist eine Kanzlerin kurz vor der Rente: Angela Merkel. Nur sie ist lange genug im Amt und hat den Respekt von China und den USA. Mit ihr besprach Xi Jinping bereits im Oktober in einer Videoschalte Fragen des Klimaschutzes. Glasgow ist Merkels letzte Chance, doch noch als »Klimakanzlerin« in die Geschichtsbücher einzugehen.“ (SPIEGEL.de)

Aufgeschreckt durch die akkumulierenden Klimagefahren war Deutschland gerade dabei, Politik zu lernen – als es aus Angst, erwachsen zu werden, sich wieder zurückfallen ließ in seine über 200-jährige romantische Abwendung von der Demokratie, um sich dem Heil zu ergeben.

Damals waren die westlichen Nationen davongezogen, hatten die Welt erobert und das Reich der Mitte in seinem Elend zurückgelassen. Dort saßen sie an den Ufern des Rheins – und weinten, träumten und phantasierten.

Mit der irdischen Realität wollten sie nichts mehr zu tun haben. Sie flüchteten an den väterlichen Busen des Heils, den sie in einen mütterlichen verwandelten, weil sie die harte Rute des Vaters nicht mehr ertrugen – so zärtlichkeitsbedürftig und weichmütig waren sie geworden. Der Vater hatte gefordert und verurteilt, die Mutter würde sie verstehen und sein lassen, wie sie waren.

So landeten sie „beim Bilde der Madonna, der Jungfrau und Mutter, um den unterscheidenden Charakter der neueren Bildung im Gegensatz zu der antiken auszudrücken: das Bestreben nach Verbindung des Unvereinbaren, die vollere Entfaltung der Widersprüche des Daseins, des Endlichen und Unendlichen in unserer Natur.“ (Haym)

Das Bild des harten Vaters auf der Kanzel verschmolzen sie mit der verlockenden neuen Freiheit im weit entfernten Hellas. Doch je mehr sie erkannten, dass Freiheit bedeutet, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, je mehr überließen sie die Freiheit den homerischen Helden und Spatzen und flüchteten zurück zum Mütterchen.

Dort sitzen sie heute schon wieder, nachdem sie ein halbes Jahrhundert Demokratie gepaukt haben – auf deutsche Art. Sie schufteten hart und suchten unterwürfig das Lob ihrer Befreier und dies bis zum heutigen Tag. Ein Bericht der New York Times genügte, um den Unrat in BILD auszumisten. Kein deutscher Protest hätte dies geschafft.

Obwohl sie die ganze Welt bereisen, scharen sie sich immer enger am nationalen Lagerfeuer zusammen und schließen die Welt aus, wenn sie miteinander palavern.

Über den Satz eines Fußballers zu streiten ist ihnen wichtiger als über die bevorstehende Klimakonferenz in Glasgow. Ausländer in ihren Schwatzrunden sieht man so gut wie nie. Wie es Flüchtlingen verwehrt wird, ihr deutsches Vaterland zu betreten, so wird es europäischen Verbündeten verwehrt, an ihren familiären Querelen teilzunehmen.

Unter sich bleiben, das war auch das Motto jener Romantiker, die durch ferne Länder zogen, innerlich aber nichts mit ihnen zu tun haben wollten.

„Unser gesamtes Leben, die besten Blüten unserer Dichtung und Philosophie krankten an der Beschränkung ihrer Entwicklung auf die Sphäre des Privat- und Einzellebens. Die schwärmerische Frivolität der Sucher nach der Blauen Blume war die Frucht der faulen Philisterei, wie sie in der Temperatur des Polizeistaates gedieh, des Staates, der für sie sorgen sollte, ohne dass sie es nötig hatten, sich lebendig am „Staat“ zu beteiligen. Viel deutlicher und unmittelbarer musste sich der Mangel ethisch wertvoller Lebensinteressen, die Kümmerlichkeit, ja Nichtigkeit unserer politischen Zustände da verraten, wo es nötig gewesen wäre, der Zeit den Spiegel vorzuhalten.“(ebenda)

Hat sich bis heute etwas verändert? Wirtschaftlich sind sie auf der ganzen Welt präsent, ihre sozialen Bedürfnisse aber beschränken sich auf StammesgenossInnen am heimischen Feuer. Von der Welt, von Migranten lernen? Wenn‘s hoch kommt, werden diese betreut. Neugier auf deren Tradition und Lebenskunst gibt es nicht.

In anderen Kulturen gibt es offene und freundliche Zuwendung. Bei uns ist es viel, wenn man andere auf sich zukommen lässt.

Erst von Bismarck, dem harten Realpolitiker, der das Land zur mächtigen Nation geeint hatte, lernten die Deutschen, ihre private Philisterethik zu verachten und sich bedenkenlos einer machiavellistischen Machtpolitik hinzugeben.

Das Anständige verstand sich von selbst – im Kreis der Sippe, wie sich das Skrupellose der neuen Machtpolitik von selbst verstand. Die beiden Verhaltensmuster, die sich in machtlosen Zeiten ausgeschlossen hatten, wurden zu zwei verschiedenen Seiten derselben Medaille.

Das war erkennbar an der Brutalität ihrer kolonialen Untaten. Eben noch privatistische Weicheier, spürten die Innerlichen die Notwendigkeit einer neuen Gewaltpolitik, zu der sie vor kurzem noch unfähig waren.

Doch untertänig, wie sie nun mal waren, erlernten sie den Willen zur Macht, wie sie einst die lutherische Untertänigkeit verinnerlicht hatten. Sie betäubten ihre private Sensibilität und verwandelten sich in gehorsame Maschinen. In jene reglose Gefühllosigkeit, die sie im Dritten Reich zur Perfektion brachten. Einfühlsame Väter erstarrten am Tor zur Hölle in erbarmungslose Roboter.

Wie konnten sich brave Familienväter … plötzlich in Monstren verwandeln? Weil sie streng in zwei Welten lebten, im familiären Bereich der Einfühlsamkeit und im politischen Bereich der Gnadenlosigkeit.

Doppelte Wahrheit, auch im Ethischen, ist das uralte Erbe des Mittelalters, das noch heute die Gesellschaft prägt. Einerseits wollen sie Christen sein und rühmen sich ihrer Nächstenliebe, andererseits vergessen sie urplötzlich ihre Weltmeisterethik und verwandeln sich in erbarmungslose Täter.

Ob ihrer einmaligen Samaritertat, viele Flüchtlinge aufgenommen zu haben, lässt sich die Kanzlerin von der ganzen Welt applaudieren. Andererseits schaut sie wortlos zu, wie die europäischen Grenzen verbarrikadiert werden und Flüchtlinge im Mittelmeer untergehen.

Was war das für ein Aufstand in deutschen Medien, als Trump eine hohe Mauer an der mexikanischen Grenze errichten ließ. Heute kein Mucks über die Total-Verbarrikadierung des christlichen Abendlands.

Wie tönt Merkel herum mit dem Satz: das lässt sich mit mir nicht machen – als duldete sie kein Tüttelchen einer doppelten Moral – und winkt kommentarlos alle Inhumanitäten der Politik durch. Ergebene Medien verschonen sie mit peinlichen Fragen nach ihrer Heuchelpolitik.

„Die europäischen Außengrenzen sind unterdessen längst ein rechtsfreier Raum. Menschenrechte, Europarecht, Genfer Flüchtlingskonvention – all das gilt dort nichts mehr. Stattdessen herrscht das staatlich organisierte Verbrechen. Der SPIEGEL hat in den vergangenen Monaten immer wieder dokumentiert, wie die griechische Küstenwache Geflüchtete, Frauen, Kinder, Kranke, auf dem Meer aussetzt, wie kroatische Grenzschützer Schutzsuchende misshandeln, mit Schlagstöcken auf sie einprügeln, sie mit Elektroschockern quälen. Im Niemandsland zwischen Polen und Belarus sitzen Migrantinnen und Migranten zum Teil seit August fest, fast ohne Essen und Trinken. Sie schlafen im Freien, ernähren sich von Blättern und Wurzeln.“ (SPIEGEL.de)

Fast die gesamte Politik der deutschen Regierung ließe sich als systematische Heuchelei beschreiben. Heuchelei ist der Widerspruch zwischen Reden und Tun. Da Widersprüche hierzulande keine Bedeutung haben, kann es auch keine Heuchelei geben. Die Deutschen haben die perfekte Heuchellosigkeit entdeckt.

Haym beschreibt die romantische Einstellung als „Verbindung des Unvereinbaren, die vollere Entfaltung der Widersprüche des Daseins, des Endlichen und Unendlichen in unserer Natur.“

Das war jene Bewegung, die Hegel zur Erfindung der Dialektik inspirierte. Die logischen Widersprüche, mit denen die Aufklärer die christliche Religion attackierten, konnten noch so intensiv sein – der Intervention des Weltgeistes oder der List der Vernunft war nichts unmöglich. Sie sprachen: es werde Harmonie – und es ward Harmonie. Natürlich nicht real, sondern allein im Wünschdirwas der Köpfe.

Je harmonischer die Illusionswelt wurde, je brutaler die wirkliche Welt. War die Welt nicht dazu da, um zerlegt zu werden, damit sie in Vollendung auferstehen konnte? Das war eine romantische Übersetzung von Golgatha in irdische Politik.

In Worten Fichtes, des Vordenkers der Romantik:

„Der Mensch kann sich keinen Gott erzeugen, aber sich selbst als die eigentliche Negation kann er vernichten und sodann versinket er in Gott. Dennoch bin ich fröhlichen Muts; denn ich weiß, dass nur aus dem vollkommenen Ersterben das neue Leben hervorgeht.“

Erlöst kann nur werden, wer sich ausgelöscht hat. Im Dritten Reich musste man sich nicht selbst vernichten, um erlöst zu werden – da man sich zuvor als unantastbar höhere Rasse definiert hatte.

Heute scheint der christliche Westen weitergekommen zu sein: zuerst muss sich die Gattung ausrotten – damit sie in Gestalt von Genies wie Musk und Bezos auf anderen Planeten ihre überirdische Auferstehung erleben darf.

Warum wurde es modisch, in Nachahmung der Kanzlerin stolz auf seine Demut zu verweisen? Weil die Deutschen sich (fast) der ganzen Welt überlegen fühlen. Bislang mit ihrem Wohlstand, ihren panzerwagenähnlichen Autos, der rasenden Geschwindigkeit auf ihren Autobahnen.

Ihre Angeberei wurde ihnen peinlich, als der Berliner Schandfleck BER zum Vorbild des an allen Ecken und Enden bröckelnden Verfalls wurde. Man glaubte, den Verfall zu bremsen, wenn man theatralisch das Haupt beugte. Scheint seltsamerweise aber die entgegengesetzte Wirkung gehabt zu haben: je mehr man Demut heuchelte, je mehr beschleunigte sich die Verwandlung eines blühenden Gemeinwesens in postkapitalistische Gülle. Doch Entwarnung: auch der Kapitalismus ist nur ein christliches Früchtchen. Gelegentlich muss er abkratzen, damit er fröhliche Urständ feiern kann.

Wie kam es, dass die unpolitischen Deutschen sich zu romantischen Doppelmoral-Berserkern entwickeln konnten?

Es fing damit an, dass sie das guillotinierende Ende der Französische Revolution nicht ertrugen. Privatmoralisch sensibilisiert, entsetzten sie sich über die ehemaligen Freiheitskämpfer, die ihre Wut über die Unterdrücker nicht mehr zügeln wollten.

Schiller trug die Politik ins Theater und wollte die Deutschen erst zu guten Menschen erziehen, bevor sie Politik machen würden.

Die Ästhetik der Bühne wurde zum Propädeutikum der Politik, später zum höherwertigen Ersatz. Beim Spätromantiker Wagner lernte Hitler den missionarischen Drang, die Deutschen zu einer neuen Nation zu dressieren. Eine merkwürdige Schlängelbewegung entstand. Zuerst kam Politik auf die Bühne, um Massaker zu verhindern. Dann wurde sie von der Bühne in die Realität zurücktransportiert, um noch grausamere Massaker zu exekutieren.

Bei Fichte verlief die Konversion vom Freund der Freiheit zum Zwangsbeglücker anders:

„Novalis, die beiden Schlegel, waren deshalb so begeistert von Fichtes Philosophie, die sie der Französischen Revolution an die Seite stellten, weil sie in ihr die Möglichkeit erkannten: der Mensch kann wirklich „zaubern“; im Besitz des göttlichen Geistes alle Dinge nach Belieben verwandeln. Fichtes Wandel um 1800/ 1801, beginnend als religiöses Umdenken, sich artikulierend als politisches nationales Denken, war hochbedeutsam für ihn und für alle Generationen bis zur absoluten Katastrophe. Hier kann man Satz für Satz die Geburt der Re-Aktion aus tiefer Betroffenheit beobachten. Der einst als Atheist angegriffene Fichte entwickelt aus demselben religiösen Herzen, das ihn zur Französischen Revolution geführt hatte, eine Mystik des gottseligen Lebens, in der Meister Eckardt, Schleiermacher und das johanneische Christentum verschmolzen. Fichte lehrt die totale Hingabe an Gott. Was ist mein Beruf jetzt? … die Kriegsführer in Gott einzutauchen. All meine Wirksamkeit ging also auf das Bilden eines neuen Menschen. Ich habe dieselbe Aufgabe wie die Prediger: das unmerkliche Höherstimmen und Heiligen.“ (F. Heer, Europa – Mutter der Revolutionen)

Daraus entstand das Evangelium eines rabiaten Nationalismus, das in einem Dritten Reich endete. Da die deutsche Sprache die Sprache eines heiligen Urvolkes war, wurde es zur Aufgabe der Deutschen, mit ihrer messianischen Sprache die Welt in eine neue auferstehen zu lassen. Das war nichts weniger als die „Umschaffung des Menschengeschlechts“.

Welch eine verhängnisvolle actio-reactio-Bewegung, die sich immer mehr dämonisierte. Die Gräuel der Revolution wollte Fichte verhindern, indem er Politik in Religion verwandelte – die sie in blanken Horror zurückverwandelte. Zudem als Politik einer gesamten Nation und nicht vereinzelter Revolutionäre.

Eine vergleichbare actio-reactio-Politik erleben wir heute. Aus Unmut über den Verfall der Nation tauchen die Frommen aus ihrer langjährigen Zurückgezogenheit auf und verschärfen die globale Politik in einen Wettbewerb der Erwählten. Aus dem harmlos scheinenden wirtschaftlichen Wettbewerb wird gnadenlose Konkurrenz der Völker um den Sieg in der Heilsgeschichte.

Die Rückwendung zur Religion als Verschärfung des Wettbewerbs um Sein oder Nichtsein kann man in unterschiedlichen Graden bei vielen Nationen beobachten. Ein Trump wäre in Amerika nicht möglich gewesen ohne Aufstand der Ultrafrommen.

Ähnliche Entwicklung in Brasilien, besonders vehement aber ausgerechnet bei einem Friedensnobelpreisträger in Äthiopien:

„Abiy hat sich wie viele Äthiopier einer evangelikalen Kirche angeschlossen. Ihr Kerngedanke lautet, dass man es durch Gottesfürchtigkeit zu Wohlstand bringen könne. »Es wurde schnell klar, dass die Religion seine Weltsicht prägt«, sagt die Journalistin Tsedale. Durch die Brille dieses Glaubens betrachtet Abiy offenbar auch den Feldzug in Tigray. Den Krieg, da sind sich Beobachter einig, sieht er als Prüfung Gottes. Der Diakon Daniel Kibret, ein radikaler Christ und enger Berater Abiys, verglich kürzlich die Tigrayer mit dem Satan und forderte ihre Auslöschung. »Ich höre aus seinem inneren Zirkel, dass Abiy zu glauben scheint, es werde eine himmlische Intervention geben, und Gott werde auf irgendeine Art und Weise gegen die Tigray Defense Forces vorgehen«, sagt Kjetil Tronvoll, Professor für Friedensforschung am Bjørknes University College in Oslo und ein gut informierter Beobachter der äthiopischen Politik. Abiy rücke religiöse Motive in den Mittelpunkt seines Denkens. »Und die internationale Gemeinschaft hat das nie ernst genommen.« In der Aufnahme erklärt die Predigerin, dass Gott ihr gesagt habe, der Premierminister solle nicht verhandeln, sondern grausam sein im Namen des Allmächtigen. Er, Abiy, sei wie Mose, niemand werde ihn aufhalten. Gott werde ihn groß machen.“ (SPIEGEL.de)

Was hat dies alles mit deutschen Verhältnissen zu tun? Bei uns läuft alles unterirdischer ab. Der dialektische Harmonisierungszwang hat seit 200 Jahren dazu geführt, die Gegensätze von Zwangsmissionierung und scheinbar säkularer Politik in einen fast unerkennbaren Einheitsbrei zu verwandeln.

Innenpolitisch leistet sich die Politik noch keine dreiste Politik der Inhumanität. Doch als EU-Mitglied ist Berlin in gleicher Weise an den Gräueln der Flüchtlingsabwehr beteiligt wie seine Verbündeten.

Nichts spricht dagegen, dass Merkel zu Unrechtsstaaten wie Russland, China, die Türkei etc. diplomatische Beziehungen unterhält, um der wachsenden Kriegsgefahr etwas entgegenzusetzen. Verwerflich aber ist es, die Gräuel nicht bei Namen zu nennen, um sich unmissverständlich zur Humanität zu bekennen.

Die Spannung zwischen beiden Wegen ist groß, dennoch muss der Versuch unternommen werden, die Widersprüche so auszubalancieren, dass der Frieden bewahrt wird und den Opfern der Despotien ein Licht der Hoffnung bleibt.

Fichte begann als Weltbürger. Seine Wendung zur Religion wurde zur Zwangsbeglückung der Welt durch eine auserwählte Nation.

Nach dem 2. Weltkrieg begannen die Deutschen als Musterschüler des Westens und versuchten, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Doch bald ließen die Kräfte der Selbstbesinnung nach und verebbten in neoliberalen Pokerspielen. Außer ökonomischen Siegeszahlen und technischem Fortschritt – ereignete sich nichts mehr.

In dieser seelischen Verwüstung, begleitet durch eine bedrohlich anwachsende Naturzerstörung mit apokalyptischen Katastrophen, suchten sich die Deutschen eine komplementäre Kanzlerin, deren christliche Taubstummensprache ihnen ermöglichte, in opiaten Dämmerschlaf zu verfallen, der sie gegen alle Gefahren scheinbar immun machte.

Erst jetzt, am Ende ihrer Regierungszeit, wachen die Untertanen auf und beginnen fast ungläubig, die Werke der Pastorentochter zu entdecken und nicht länger zu verharmlosen. Sonst hätten sie das Kunststück vollbringen müssen, ihre Gesellschaft auf allen Ebenen verelenden zu lassen – um die Hauptverantwortliche mit Halleluja zu verabschieden.

Unwahrscheinlich, dass die kommende Regierung in gleicher Weise einen Schleier der Bewusstseinslosigkeit über die Nation legen wird wie die scheidende Pastorentochter.

Ein unangenehmes Aufwachen aus dem Schlaf der Gerechten könnte uns bevorstehen – während die gottbegnadete Zauberkünstlerin ihre Hände in Unschuld waschen wird.

Fortsetzung folgt.