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Natur brüllt! XXXIX

Tagesmail vom 08.12.2023

Natur brüllt! XXXIX,

rund um die Erde erhebt die Natur bereits einen ungeheuren Lärm – und immer noch will die Menschheit nicht zur Kenntnis nehmen, was geschieht.

Was soll denn noch geschehen, damit wir aufwachen und nachschauen, was sich rund um die Erde ereignet? Wissen wir nicht schon seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten, was sich in unserer Umgebung abspielt?

Ist das nicht ein infernalischer Zustand, in dem wir wissen, was geschieht – aber gar nicht wissen wollen, wie wir die Erde verstümmeln?

Kann es sein, dass die Menschheit, je intelligenter sie wird, um die Natur zu bezwingen, je unfähiger wird sie im Überprüfen ihrer Verwüstungen?

Heißt intelligent sein denn: die Erde immer mehr beherrschen, dabei aber immer weniger sehen und hören, was unsere Intelligenz zustande bringt?

Haben wir nur Machtbeziehungen zur Erde, aber keine Wahrnehmungsbeziehungen? Dann wären wir blinde Titanen, die im Dunkeln vor sich hin wüten, ohne geringste Ahnung von dem, was sie tun!

Gibt es so etwas wie hochintelligente Dummheit, doofe Genialität? Früher sprach man verharmlosend von einseitiger Begabung. Doch was, wenn die Einseitigen unfähig wären, zusammenzuarbeiten, sich zu überprüfen und zu ergänzen, um aus vielen Einseitigkeiten ein Ganzes zu bilden?

Wenn jeder nur einen kleinen Sektor überblickt, das Ganze des menschlichen Tuns aber unsichtbar bleibt – wie sollen wir herauskriegen, was die Menschheit zustande bringt?

Wir würden nur ein Chaos aus Puzzleteilen zusammenpfuschen, aber kein harmonisches Ganzes – an dem wir uns erfreuen oder von dem wir leben könnten.

Harmonisch – welch ein abstoßendes Wort, das uns suggeriert, wir könnten an ein Ziel gelangen, das uns lähmt und den falschen Eindruck erweckt, wir hätten etwas Sinnvolles erreicht.

Die Moderne hat entschieden: es gibt keine Ziele, die uns zufriedenstellen dürfen. Alles muss endlos in die Zukunft weiterlaufen. Kein Stillstand, kein Ende, keine verführerische Harmonie, die uns vorgaukelt, wir könnten uns, wie einst die alten Bauern, auf eine Bank vors Haus setzen und zufrieden in die Welt schauen.

Diese endlose moderne Zukunft hat der Erlöser geahnt und sie mit aller Kraft verhindern wollen:

„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

Was wollten sie denn tun? Dem Erlöser wollten sie beweisen, dass sie fähiger sind als er. ER wollte die Menschheit erretten, indem er alles in die Brüche gehen liess. Denn das Neue kann nur entstehen, wenn das Alte verschwunden sein wird – das ist das Credo der Erlöser.

Sie aber glaubten, etwas zu erreichen, indem jeder nur einen Sektor bearbeitet – der kleiner und kleiner wird. Die Zukunft wird es schon richten, dass alles zusammenpassen wird. Sie glaubten an die heilsame Zeit, die keinen Erlöser benötigt, um ans Ziel zu gelangen.

Auf der einen Seite der Erlöser mit seiner maroden Erde, die erst kaputt gehen muss, um eine neue zu werden – auf der anderen der Mensch, der keinen zerstörerischen Erlöser benötigt, um in Zusammenarbeit mit anderen Menschen eine lebenswerte Heimat zu errichten.

Und genau das gelang dem Menschen nicht, weil er unfähig war, zusammenzuarbeiten, um ein Ganzes herzustellen, nachdem er durch seine zerrissene Intelligenz die geringste Fähigkeit zur harmonischen Kooperation eingebüßt hatte.

Das Ergebnis hätten wir längst erkannt, wenn wir nur erkennen und sehen könnten. Doch alles Sinnliche ist uns vergangen. Dem Erlöser wollen wir zeigen, dass wir fähiger sind als er. Weil wir glauben, wir hätten ihn als Gott erschlagen, ist unser Schuldgefühl so groß, dass wir das rationale Denken verdrängt haben.

Das Ergebnis sehen wir weltweit: Natur kaputt, humane Politik kaputt, keine Harmonie zwischen den Völkern, endlose Konkurrenz und allpräsente militante Selbstbehauptung.

Kann es ein schlimmeres Urteil über Menschen geben als den Satz des himmlischen Konkurrenten: vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun?

Sind wir nicht der wissende Mensch, der homo sapiens? Haben wir nicht die ganze Erde untertan gemacht, um selbst Gott zu werden?

„Die Natur verändert sich rasch, die Welt befindet sich auf einem katastrophalen Weg. Die Eisschilde schmelzen, Korallenriffe sterben, Permafrost taut. Schon bald könnten wesentliche Kipppunkte des Klimas erreicht sein. Die Stabilität des Planeten ist arg gefährdet, eine Klimakettenreaktion steht bevor, heißt es im nun veröffentlichten »Global Tipping Points Report«. Die genauen Folgen für die Menschheit sind schwer vorstellbar, dürften aber gravierend sein. Die Mehrheit der Forschenden betont, dass Technologie allein nicht die Lösung sein kann. Die Menschheit müsse ihr Verhalten ändern und die Politik müsse dafür die Voraussetzungen schaffen. »Nichts weniger als soziale Kipppunkte sind erforderlich, um eine kontrollierbare und menschenwürdige Klimazukunft zu ermöglichen. Ein schrittweiser Wandel ist keine Option.« Gibt es nicht bald wirksame Maßnahmen, werden Nationen mit der Anpassung an die Folgen des Klimawandels überfordert sein, während die natürliche Welt auseinanderbricht.“ (SPIEGEL.de)

Und welch ein verhängnisvoller Zufall, dass zur selben Zeit , als das Maß der Naturzerstörung wieder einmal publik wurde, auch die Ergebnisse unserer Schulerziehung veröffentlicht wurden. Kann es sein, dass wir mit Absicht unseren Nachwuchs zur Unfähigkeit erziehen, um unser globales Leben auf Erden nicht zu meistern?

Und das Schlimmste: wir verstehen nicht, welchen Unsinn wir in den Schulen treiben, indem wir den Kindern selbst die Schuld an ihrer Unfähigkeit zuschreiben. Dabei sind wir es, die ihnen partielle Erkenntnisse vermitteln, die immer mehr miteinander kollidieren, keine Zusammenhänge liefern und nicht mal wissen, was man ihnen wirklich vermitteln müsste, um sie auf die Welt loszulassen: die Kunst des zielführenden Ganzen.

Jeder werkelt und brütet in seiner Ecke, niemand vermisst die Zusammenarbeit. Im Gegenteil, die Zusammenarbeit wird verdammt – und nur die KI wird vorangetrieben, weil sie angeblich fähig sein wird, das Große und Ganze zu überblicken und zu beherrschen. Die KI ist unsere neue Erlöserin, die uns jetzt schon in fast allen Bereichen übertrifft.

Unsere beste Intelligenz ist die, eine noch größere zu erfinden, die uns aus dem Wege räumen wird. Wer dies am besten kann, dem winken alle Nobelpreise.

Warum ist der Pisa-Schock ein einziger Schwindel, nur erfunden zum Zweck der Drangsalierung der Kinder?

„Die Testbereiche sind seit 23 Jahren dieselben: Lesen, Mathematik, Naturwissenschaft. Einerseits ist das verständlich, weil man damit eine Vergleichbarkeit herstellen will. Andererseits ist das eine Blickverengung: Bereiche wie Geschichte, Fremdsprachen, kulturelle Bildung oder Kritikfähigkeit werden ausgeklammert – dabei sind die genauso wichtig. Wenn man sich die Aufgaben zur Lesekompetenz ansieht, dann ist damit eher sowas wie „Fahrplanlesefähigkeit“ gemeint – nicht etwa ein literarisches Interpretieren von Texten.“ (TAGESSPIEGEL.de)

Die Stichproben der Studie in Japan und China, den Ländern mit guten Ergebnissen, ist fehlerhaft und nicht repräsentativ:

„Der Umstand, dass es in Chinas Metropolregionen, etwa in Peking oder Shanghai, Millionen Wanderarbeiter mit ihren Familien gibt, die keinen regulären Aufenthaltsstatus und damit auch kein Recht auf Schulbesuch haben, ist gut dokumentiert. Wenn dieser Teil der Bevölkerung in Pisa nicht vorkommt, ist das natürlich ein Problem und auch eine mögliche Erklärung für die Spitzenplätze der Chinesen. Für die traditionell auf PISA-Spitzenplätze abonnierten asiatischen Staaten wissen wir, dass die höhere Rechenleistung mit einem höheren Stress- und Angstpegel korreliert. Und wir wissen auch, dass es in China und Japan ein fast obligatorisches, wenig kindgemäßes Nachhilfewesen gibt, in dem Eltern ihre Kinder anmelden, weil die weitere berufliche Karriere ganz entscheidend vom Schulerfolg abhängt.“

Was unter Prüfungsangst erpresst wird, schädigt die Schüler und vermittelt nicht die geringste Fähigkeit, eine wirkliche Intelligenz zum Erkennen der Welt zu finden.

Das sehen wir an Silicon Valley, dem Genierevier der Welt, die ihre Spitzenkräfte aus der ganzen Welt und gar nicht aus einzelnen überintelligenten Ländern beziehen.

Die erdrettende Intelligenz, die wir bräuchten, wäre die Fähigkeit, die Mängel der speziellen Intelligenzen zu durchschauen und – trotz partieller Einseitigkeit – das politische Ganze wahrzunehmen und politisch umzusetzen. Kompromisse sind notwendig, aber nur im Zusammenhang mit ganzheitlichen Zielen.

Wie unfähig die Völker sind – auch die tüchtigen –, ihren Politikern einen rationalen Kurs abzuringen, zeigt die Unfähigkeit, die täglichen Kompromisse zu einem sinnvollen Ziel zusammenzudenken.

Die Unfähigkeit unserer kapitalistischen Intelligenz liegt in der Idolisierung der Zukunft. Deren Motto heißt heute: nie zurückschauen, immer nach vorne ins Unendliche und Endlose zu blicken.

Schon in der Grundschule verstehen die Kinder, dass, wer nicht zurückschaut und seine bisherige Arbeit überprüft, sich nie eine bessere Zukunft erarbeiten kann. Wer nie zurückschaut, imitiert den Gott, der sich für allwissend hält – und am Ende scheitern wird.

„Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde. 20 Das Wild des Feldes preist mich, die Schakale und Strauße; denn ich will in der Wüste Wasser und in der Einöde Ströme geben, zu tränken mein Volk, meine Auserwählten; 21 das Volk, das ich mir bereitet habe, soll meinen Ruhm verkündigen.“

Wahre Erdverbundenheit ist intime Vertrautheit mit den Gesetzen der Erde, die im Zirkulus immer das Alte hervorbringt, das als Neues den Menschen beglückt.

Was Schulen überhaupt nicht vermitteln, ist die psychische Verfassung des Menschen, die ihn befähigt, seine Pflicht zu tun. Die Kenntnis der Psyche wäre eine Wahrsagekunst für die Genies der Zukunft, die immer nach vorne hetzen.

Welche psychischen Defekte führen den Menschen in die Katastrophe?

„Die Einsamkeit, die Melancholie, die zerstörerische Müdigkeit, der Überdruss, eine dumpfe Angst, eine Leere, eine Ödnis. Die ratio, die sich übernimmt: „die letzten Fragen konnte die Vernunft nicht beantworten“. Die Todessehnsucht. „Der Traum von der universellen Brüderschaft, von dem sich die Denker der Aufklärung hatten tragen lassen, erwies sich als Chimäre.“ „Prediger sprachen vom nahen Armaggedon, einer Schlacht zwischen Licht und Finsternis, Freiheit und Sklaverei.“ Der Glaube an den Antichristen, den Sohn des Verderbens, den Widersacher, dessen Ankunft kurz vor dem Ende von Paulus geweissagt worden war.“ (alles aus Karen Armstrong, Im Kampf für Gott)

Vor allem der verhängnisvolle Glaube, dass wir am Ende sind. Hier müssen die Barbareien stattfinden, die jeder überleben muss, der als Sieger bestehen will.

„Seit Israels Armee auch verstärkt im Süden des Gazastreifens kämpft, wissen Hunderttausende nicht mehr, wohin sie noch fliehen sollen. Die humanitäre Situation wird immer dramatischer, die Vorwürfe wegen unverhältnismäßiger Kriegsführung lauter. Uno-Nothilfekoordinator Martin Griffiths warnte diese Woche eindringlich: »Jedes Mal, wenn wir denken, dass die Dinge in Gaza nicht noch apokalyptischer werden können, tun sie es doch. Nirgendwo in Gaza ist es sicher. Nicht in Krankenhäusern, nicht in Notunterkünften, nicht in Flüchtlingslagern. Niemand ist sicher. Nicht die Kinder, nicht das medizinische Personal, nicht die humanitären Helfer. Diese eklatante Missachtung der grundlegenden Menschlichkeit muss aufhören. Die Kämpfe müssen aufhören.« (SPIEGEL.de)

Die Vernichtungswut jener Länder, die sich dem Himmel am nächsten fühlen, muss beweisen, dass Gott mit ihnen ist. Ihren Hass gegen Feinde halten sie für ein Geschenk des Herrn, der sie von diesen Feinden befreien will.

Die Natur brüllt immer unerträglicher, weil der Fromme wähnt, sie als alte und nutzlose entbehren zu können. Dann käme das Neue als Geschenk der letzten Zeit.

Das Heilige der letzten Tage ist im „aufgeklärten“ Europa verboten. Nur in Amerika und Israel ertönen die Fanfaren der Wiederkunft des Herrn:

„Und ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß; vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde keine Stätte für sie gefunden. 12 Und ich sah die Toten, Groß und Klein, stehen vor dem Thron, und Bücher wurden aufgetan. Und ein andres Buch wurde aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken. 13 Und das Meer gab die Toten heraus, die darin waren, und der Tod und die Hölle gaben die Toten heraus, die darin waren; und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken. 14 Und der Tod und die Hölle wurden geworfen in den feurigen Pfuhl. Das ist der zweite Tod: der feurige Pfuhl. 15 Und wenn jemand nicht gefunden wurde geschrieben in dem Buch des Lebens, der wurde geworfen in den feurigen Pfuhl.“ (Offbg. Joh)

Fortsetzung folgt.