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Natur brüllt! XXXIV

Tagesmail vom 20.11.2023

Natur brüllt! XXXIV,

„Auf dem Weg nach Auschwitz fragte ein Jude Rabbi Schlomo Salman Ehrenreich: „Warum hat Gott erlaubt, dass diese Katastrophe über die europäischen Juden hereinbricht?“ Der Rabbiner antwortete ihm: „Wir werden bestraft, weil wir den Zionismus nicht genug bekämpft haben.“ Jeder Verstoß gegen die Thora, auch der individuelle, wird von der ganzen Gemeinde gesühnt.“ (Blau Ruth in Rabkin, Im Namen der Thora)

„Der Tod von sechs Millionen Juden ist dieser Auslegung zufolge eine direkte Konsequenz der Verletzung der Weltordnung durch die Zionisten, eine Strafe, die selbst die trifft, die nie eine Sünde kannten.“ (ebenda)

„Es gibt keinen Anlass, dem Henker die Schuld zu geben und noch weniger, sein Handeln durch politische, ideologische oder soziale Gründe zu erklären. Der Henker – sei es der Pharao, Amalek oder Hitler – ist nichts weiter als ein Werkzeug zur Vollstreckung der göttlichen Strafe; ein grausames Mittel, das dem Zweck dient, die Juden dazu zu bringen, Buße zu tun. Diese Auffassung geht auf talmudische Quellen zurück (Babylonischer Talmud, Megila 14 a und Sanhedrin 57a) … um die Anwesenden daran zu erinnern, dass die Erlösung nur durch göttliche Vorsehung möglich ist. Dementsprechend sind die Katastrophen, die das jüdische Volk heimsuchen, auch nur durch die göttliche Vorsehung erklärbar.“ (ebenda)

Schlägt Gott erbarmungslos zu, ohne Schuldige von Unschuldigen zu unterscheiden?

„Wenn Gott unmittelbar straft, dann trifft er nur die Schuldigen; wenn er sich jedoch abwendet, und die Menschen selbst zum Werkzeug der Bestrafung werden, können auch Unschuldige leiden.“ (ebenda)

In Israel gibt es atheistische Zionisten und gläubige Charedim.

„Zu den Gegnern des Zionismus und des Staates Israel gehören die Charedim, die stärker als jede andere jüdische Gruppe unter den Nazis zu leiden hatten.“ (ebenda)

„Wenn der Jude den Bund, den Gott mit seinen Ahnen schloss, vollkommen ignoriert und leben will wie alle andern Völker der Erde, dann werden in rasender Gewalt Horden wilder Antisemiten sich auf ihn stürzen, so wie es heutigentags geschieht.“ (ebenda)

Das war die eine Seite. Die andere klingt diametral anders:

„Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass die Zionisten die entgegengesetzte Schlussfolgerung aus der nationalsozialistischen Massenvernichtung ziehen: Sie fand statt, weil man nicht rechtzeitig einen eigenen Staat errichtet hatte. Aus diesem Grund muss man nun dafür sorgen, dass Israel militärisch so stark wie möglich wird, denn nur so kann die nächste Massenvernichtung verhindert werden. Die Juden seien „die unglücklichsten Menschen geworden, (sagt Rabbi Wasserman). Sie begreifen nicht den Grund für ihr Leiden. Sie haben niemanden, an den sie sich in ihrem Unglück wenden können.“ (ebenda)

Oh doch, in Deutschland haben sie jemanden: Deutschland. Hätten die Deutschen keinen Holocaust begangen, hätten die Juden keinen „kolonialen Apartheidsstaat“ mitten unter den Arabern errichten können.

An die Stelle von Gott bei den Gläubigen sind bei den Zionisten die Deutschen getreten. Wahrlich, ich sage euch.

Gemessen an ihrer gottgleichen Schuld wissen die Deutschen erstaunlich wenig über das Heilige Land. Sie wissen noch nicht einmal, dass zwei Parteien, die Zionisten und die Charedim, unversöhnlich gegenüber stehen.

Die politischen Ultras spielen offenbar eine Sonderrolle. Zwar sind sie fromm, wollen aber mit aller Gewalt das urbiblische Gelände gänzlich für sich erobern.

Die Charedim hingegen sind völlig unpolitisch:

„Der Jude soll treu jedem Staat dienen, in den Gottes historische Vorsehung ihn gestellt hat, ganz gleich, welche Regierungsform in diesem Staat herrscht … Er soll still und ehrlich seinen Geschäften nachgehen und sich in einer korrekten Handlungsweise jeder jeweils herrschenden Staatsform gegenüber befleißigen, sonst aber sein ganzes Bestreben dem innerjüdischen religiösen Ausbau seines Judentums weihen.“ (ebenda)

Bekannt ist in Deutschland kaum, dass die Zionisten beim Aufbau des neuen Staates die unkriegerischen Schwächlinge unter den Frommen verachteten. Erst nach längerer Zeit schwenkten sie um und ließen die „Seifenstückchen“ in ihr Land.

„Fast schon in gewohnter Manier entwickelten die Repräsentanten der Zionisten gute Arbeitsbeziehungen mit den Nazibehörden, insbesondere mit Adolf Eichmann. Es gibt noch andere Anzeichen, die dafür sprechen, dass den Zionisten das Wohlergehen ihrer Bewegung wichtiger war als die Rettung von Menschenleben. Für Ben-Gurion war die Vernichtung der Juden kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sondern nur ein Verbrechen gegen die zionistische Bewegung.“ (ebenda)

Die zionistischen Landeseroberer wollten keine blutleeren Schwächlinge, sondern den kraftvollen, braungebrannten, neuen Menschen, dem es Freude bereitet, das brache Land in ein blühendes Paradies zu verwandeln.

So sprach der Präsident Chaim Weizmann im Jahre 1938:

„Das Land kann nicht alle Juden Europas aufnehmen. Wir wollen, dass nur der beste Teil der jüdischen Jugend zu uns kommt. Wir wollen, dass nur gebildete Menschen kommen, um die Kultur des Landes zu stärken. Die anderen Juden sollen dort bleiben, wo sie sind und ihr Schicksal erwarten. Diese Millionen von Juden sind nichts als Staub auf den Rädern der Geschichte, man muss sie einfach wegpusten. Wir wollen nicht, dass Tel Aviv zu einem weiteren unterentwickelten Ghetto wird.“ (in ebenda)

„Viele israelische Historiker schließen sich dem Vorwurf einer zionistischen Verantwortung für den NS-Völkermord, wie sie von den Charedim erhoben werden, an.“ (ebenda)

Nun kommt ein riesiger Unterschied zwischen christlichen Machiavelli-Europäern und den neuen jüdischen Staatsgründern.

Die Christen hatten zwei Moralen: die Moral oder Anständigkeit der Privaten – und die weniger moralische Moral der Staatsmänner, wenn sie Kriege führten.

Für Hegel waren die Anständigen die „Kammerdiener der Moral“. „Das Prinzip der Moral bei den Griechen wurde der Anfang des Verderbens.“

Das gilt noch bis heute, besonders bei den brachialen Antisemitismus-Jägern der Springer-Presse. Auch CDU-Merz ist stolz auf die Wertegrundlage seiner stolzen Partei, vom Moralisieren hingegen hält er nichts. Moral scheint mit den Werten seiner Partei nicht kompatibel zu sein.

Ganz anders bei den Charedim:

„Israel muss ein heiliges Volk sein, bereit, sich dem Guten und Gerechten aufopfernd zu widmen. In Israel darf kein Platz sein für den Gedanken, dass die Gesetze der Moral nur für das private Leben gelten, während der Staat, um seine eigene sogenannten staatlichen Interessen zu verteidigen, angeblich von der Befolgung dieser Gesetze befreit sei. Im Gegenteil: Dem jüdischen Staat muss die Umsetzung der moralischen Gebote erste Bedingung und letztes Ziel sein.“ (Hirsch in ebenda)

Nach dem Krieg wurde die Shoa, nicht nur in Deutschland, sondern in immer mehr Ländern der Welt, zu einem wirksamen Propagandainstrument, um die aggressive und völkerrechtswidrige Politik Israels zu propagieren.

„Der Staat Israel schlägt auf vielfältige Weise Kapital aus dem Gedenken an die Shoa. Jahrzehntelang bezogen sich israelische Diplomaten auf den Genozid an den Juden Europas, um jede Kritik an einem Staat zurückzuweisen, der ihrer Meinung nach kollektiver Erbe des sechs Millionen Opfer geworden war. … Immer häufiger äußert sich Unmut, dass Israel dieses starke Argument missbraucht.“ (ebenda)

An die Stelle der Shoa ist heute – vermutlich vorübergehend – der Hamas-Terror getreten und die affektive Gefühlsempathie mit jüdischen Opfern. Wer die Opfer des Terroranschlags nicht überschwänglich betrauert, muss ein Antisemit sein.

Meron Mendel wirft den Deutschen vor, mit allem Möglichen Mitgefühle aufzubringen, nur nicht mit den jüdischen Opfern. Davon kann keine Rede sein. Es gibt viel zu viele Katastrophen in der Welt, mit denen man mitleiden könnte. Der Beobachter der Zeit ist zu zerrissen, um sich an einer nationalen Gefühlswelle zu beteiligen. Gelegentlich gibt es medial gesteuerte Scheinwellen, die nach kurzer Zeit im Nichts verschwinden.

Wer bringt noch heute Mitleid auf mit „Merkels Flüchtlingen, die im Mittelmeer zu 1000en ertrinken? Wer hat heute noch Gefühle mit den Ukrainern, nachdem in Israel der Krieg begann? Wer trauert um die hungernden Kinder in Afrika, um die Bauern in Brasilien, deren trockener Boden nichts mehr hergibt?

Der homo politicus besteht nicht nur aus affektiven Gefühlen, sondern aus seinem vernunftgesteuerten Kopf. Bei rationalen Menschen ist es der Kopf, der ihre Gefühle leitet, nicht die Gefühle, die den Kopf leiten.. Momentan überschwemmt eine irrationale Gefühlswelle das Land des Holocaust, um nicht den kühlen Kopf zu benutzen.

Vernunft lässt sich nicht einfach anstecken von öffentlichen, oft zentral gesteuerten Gefühlswellen. Auch bei allen Katastrophen gilt: der Kopf muss nüchtern bleiben.

Schon den militärischen Triumph von 1967 sah der Philosoph Jeschajahu Leibowitz mit großer Sorge. „In aller Schärfe kritisierte er die Überheblichkeit und das Allmachtsgefühl, die dieser Sieg erzeugte. Er hielt diese Empfindungen für Götzendienst und forderte die Rückgabe der eroberten Gebiete. Andernfalls würden Israel unlösbare Probleme bevorstehen.“ (ebenda)

Schon damals war klar, dass die Araber sich eines Tages furchtbar rächen würden. Jetzt ist die Rache eingetreten und der Westen gibt sich überrascht. Geht’s noch dämlicher?

Wer nicht an den nationalen Gefühlswellen partizipiert, wird als Antisemit vom Tisch gewischt. Gerade beginnt eine flächendeckende Gefühlsdiktatur in hiesigen Landen.

Ganz vorne steht der Chef des Zentralrats der Juden, daneben der israelische Botschafter, beide dirigieren die kollektive Jagd gegen Antisemiten. Ihnen geht’s nur um die Unbesiegbarkeit der Netanjahu-Regierung. Antisemitismus ist für sie ein unwiderstehliches Betäubungsmittel. Die Deutschen sollen tun, was die zionistischen Propagandisten ihnen einbläuen.

Uri Avnery sah das anders. Der Welt ruft er zu:

„Befreit euch aus diesem Teufelskreis. …Hört auf, alles automatisch zu unterstützen, was unsere Regierung tut. Hört auf euer Gewissen. Kehrt zurück zu den traditionellen Werten: „Gerechtigkeit! Gerechtigkeit sollst du suchen – und „suche Frieden und jage ihm nach.“ (in ebenda)

Was eben noch in Deutschland gut und preiswürdig schien, wie ein palästinensischer Film, wurde kurzerhand abserviert. Bei der Benutzung des Begriffs Palästinenser wird nie unterschieden zwischen Friedensfreunden und Militanten. So werden pro-palästinensische Demonstrationen kurzer Hand verboten. Man weiß doch, welches antisemitische Gesindel sich auf den Straßen herumtreibt.

Wer eine Frage nicht mit politisch-korrekten Gefühlswallungen beantwortet, wer die kleinste Kritik an Israel äußert, kann sein Bündel packen.

Schon lange hat der innerstaatliche Kampf gegen Antisemitismus begonnen. Besonders die Charedim stehen auf der Verbotsliste der zionistischen Regierung:

„Israelische Zeitungen … sind voll mit aggressiven Karikaturen gegen die Charedim, die sich kaum von den antisemitischen Klischees des 19. Und 20. Jahrhunderts unterscheiden:

„Diese Feindseligkeit ist ganz und gar nicht neu. Nirgends fürchtet und hasst man die Charedim so sehr wie in Israel. Israel ist eine Festung des klassischen Antisemitismus, der sich nicht gegen alle Juden wendet, sondern gegen die Ultra-orthodoxen, die „zu jüdischen“ Juden.“ (Efron in ebenda)

„So ist es nicht verwunderlich, dass bisweilen bei säkularen Israelis ein abgrundtiefer Hass auf die Charedim herrscht. Solch einen Hass gegen das Judentum findet man nur in Israel.“ (ebenda)

Ein abgrundtief gespaltener Staat – der durch welche Kräfte zusammengehalten wird? a) durch die Deutschen, denen man durch Erinnerung an den Holocaust ein permanentes Schuldgefühl einimpfte – oder b) durch die Araber als ständige Bedrohung, die man militärisch zügeln muss.

Da kann es nur ein palästinensischer Friedensfreund sein, der die humane Lösung ausspricht, mit der die beiden Völker ihre Probleme lösen könnten:

„Ich kann nicht für alle Palästinenser sprechen, aber ich persönlich leide mit allen Zivilisten, die Gewalt erfahren. Ich unterscheide nicht in Religion oder Ethnie. Es gibt keine Ausrede für Massaker. Das Gebot der Menschlichkeit ist auf alle Menschen gleichermaßen anzuwenden.Ich hoffe, dass der Stärkere von uns beiden – offensichtlich Israel – merkt, dass es nie Sicherheit geben wird, wenn die Palästinenser nicht in Würde und Freiheit leben können, und dass die Notwendigkeit für Frieden endlich erkannt wird. Ich möchte nur sagen, dass der Westen seine Glaubwürdigkeit längst verspielt hat. Ständig werden andere Länder über Menschenrechte belehrt, aber wenn es um Israel geht, dann ist der Schutz der Bevölkerung in Gaza auf einmal weniger wichtig als das israelische Recht auf Selbstverteidigung. Wissen Sie, ich bin gegen Hamas, aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass Benjamin Netanjahu die Hamas jahrelang unterstützt hat, weil er glaubte, dass dies der beste Weg sei, um die Gründung eines palästinensischen Staates zu verhindern. Israels jetzige rechte Regierung will keine einheitliche palästinensische Bewegung, dabei wäre das gut, um endlich den Friedensprozess anzustoßen.“ (Sueddeutsche.de)

Natürlich gehört es zum Wesen des deutschen Journalismus, dem Friedensfreund die unbestechliche Frage zu stellen:

„Vielen Menschen fehlt allerdings auch die palästinensische Empathie für die israelischen Opfer vom 7. Oktober. Können Sie das nachvollziehen?

Nach palästinensischen Opfern wird nicht gefragt. Ihr jahrelanges minderwertiges Schicksal interessiert niemanden.

Seit ihrer Unterdrückung der Palästinenser verstoßen die Israelis gegen Völkerrechte. Und seitdem Merkel die unbedingte Loyalität mit dem Unrechtsstaat verkündet hat, gehört Deutschland zu jenen Nationen, die am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angeklagt werden müssten.

Wer permanent die Grundrechte einer Demokratie verweigert, ist auf dem Weg zum Faschismus.

Gibt es einen genialeren Weg, um das Ziel „Nie Wieder“ nie zu erreichen?

Fortsetzung folgt.