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Natur brüllt! XXX

Tagesmail vom 06.11.2023

Natur brüllt! XXX,

Schaffen wir es, von vorne zu beginnen, ohne die alte Welt in Trümmer zu legen?

„“Hass und Hetze nehmen wir nicht tatenlos hin. Antisemitismus dulden wir nicht“, sagte er.“ Er? Unser Kanzler.

Vielleicht meint er das Richtige, bestimmt sagt er das Falsche.

Wir müssen gegen das Böse in der Welt kämpfen, wo immer es sein Unwesen treibt. Scharfe Worte genügen nicht. Polizei kann nur Oberflächen überwachen, nicht die verborgenen Ursachen menschlichen Handelns.

Die Ursachen des Bösen sind unsere Gedanken. Gedanken bekämpfen heißt, Gedanken aufdecken, verstehen und mit guten Gegengedanken bearbeiten.

Woher kriege ich gute Gedanken? Und woher weiß ich, dass sie gut sind?

Jeder Mensch weiß es, weil er schon Böses und Gutes erlebt hat. Versuche, dich zu verstehen, dann wirst du auch andere verstehen. Verstehen heißt konstatieren, protokollieren, weder verurteilen noch gutheißen. Erst im zweiten Akt kommt die Bewertung.

Solche elementaren Dinge der Welt sind im Land der Dichter und Denker unbekannt.

Was ist falsch an Scholzens Worten? Dass er nichts vom Bösen versteht – und im Krieg zwischen Palästina und Israel parteiisch ist. Das Böse im Streit der Feinde ist selten einseitig. Was nicht bedeutet, dass die Streithähne in gleichem Maße schuldig oder unschuldig wären. Um dies herauszufinden, bräuchten wir eingehende Gespräche, Untersuchungen und Debatten.

Scholz will keinen Antisemitismus in Deutschland. Zu Recht, kein Mensch soll hier Schaden erleiden. Doch er will partout nicht sehen, dass im Streit zwischen Israel und Palästina das Heilige Land nicht unschuldig ist. Er will nicht sehen, das es zweierlei Palästinenser gibt: die Parteigänger des Terrors und die des Friedens.

Wer hier eine Pro-Palästina-Haltung einnimmt, ist verloren – auch wenn er nur die friedlichen Palästinenser meint.

Israel hingegen kann tun und machen, was es will, es ist immer unschuldig. Die Auschwitz-Untaten der Deutschen an den Juden werden heute benutzt, um die Nachfolger der Opfer vor der leisesten Kritik an ihren gegenwärtigen Taten zu schützen.

Ein lächerlicher Deal. Deutschland will alle frühere Schuld loswerden, indem unschuldige Palästinenser mit Schuld beladen werden, die nicht auf ihr Konto geht.

Damit trägt Deutschland nichts bei zur Klärung eines endlosen Konflikts. Im Gegenteil, es wiegt Israel in Unschuld und macht die Palästinenser zu Trägern des Bösen.

Wie in Israel herrscht auch in Deutschland ein kollektiver Hass- und Rachewahn. Eine Ministerin, die bei einer Antwort einige Sekunden zögert, hat sich schon antisemitismus-verdächtig gemacht. Was Gideon Levy über Israel sagt, gilt auch für Deutschland:

„Es gibt keine Toleranz für ein anderes Denken als das des Mainstreams. Und der Faschismus ist zum Mainstream geworden. Selbst die Linke wendet sich von ihren Idealen ab. Die Forderung, Gaza auszulöschen, gilt jetzt als legitim. In Israel greift der Wahnsinn um sich. Die Menschen machen großen Druck auf jeden, der vom Mainstream abweicht. Es scheint einem sogar verboten, Empathie mit den Bewohnern von Gaza zu äußern. Die meisten Israelis denken, dass wir nach dem, was passiert ist, das Recht haben, zu tun, was wir wollen, und dass es keine Grenzen gibt. Kein internationales Recht, keine Moral – nichts. Weil die Hamas uns etwas so Barbarisches angetan hat, so denken viele, können wir auch Barbaren sein. Und um Himmels willen, das ist so falsch!“ (SPIEGEL.de)

Im Schutz der falschen Parteilichkeit Deutschlands (und fast des gesamten Westens) kann sich Israel allerhand erlauben:

„Israels Minister für Kulturerbe, Amichay Eliyahu fabuliert öffentlich über einen Atombombenabwurf auf Gaza – und Regierungschef Netanyahu lässt ihn weitgehend gewähren. Doch die Welt dieser radikalen Siedlerminister ist nun mal messianisch und totalitär, sie ist religiös-fundamentalistisch und kann und will mit realpolitischen Aspekten einer ausgewogenen Politik nichts zu tun haben. Die Araber müssen weg aus dem gesamten biblischen Gebiet Israel, wozu in ihren Augen auch Gaza gehört und das gesamte Westjordanland. Wie das geschehen soll, ist ihnen im Prinzip egal.“ (SPIEGEL.de)

Fast ganz Deutschland ist parteiisch. Um seine frühere Schuld durch bedingungslose Loyalität zu mindern, werden die Gespenster der Vergangenheit endlos in die Zukunft getragen. Dadurch wird keine Schuld aufgearbeitet, sondern eine unberührbare Schuldreligion errichtet.

Während die geringste Antisemitismus-Äußerung – oder eine solche, die von weitem so aussieht – von Pharisäern als böse Tat verurteilt wird, kennt man hierzulande keinerlei Selbstkritik jener, die sich parteiisch mit dem neuen Staat verbunden haben.

„Antisemitismus ist keine Sache der Ränder unserer Gesellschaft, egal wie sehr wir das hofften. Das machen diese und andere Zahlen, aber spätestens die Erfahrungen seit dem 7. Oktober 2023 deutlich.Für Judenhass und Israel-Feindlichkeit sind breite Gruppen empfänglich, und das ist es, was mir große Sorgen bereitet. Hinter vorgehaltener Hand ist Antisemitismus bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen. Kulturinstitutionen und Kulturschaffende, woke Individualisten, die sonst ihre Moral locker auf der Zunge tragen, sind im besten Fall abgetaucht – ein Jahr nach der skandalösen Documenta legt sich der Kulturbetrieb erneut die Karten.“ (WELT.de)

Deutsche Antisemitismus-Kritiker sind durchweg kritiklose Anhänger der israelischen Ultra-Regierung. Die ist immer unschuldig und kann tun und lassen, was sie will.

Warum schweigen Scholz & Merkel zu den Untaten Jerusalems?

Weil sie sich im dunklen Bereich des Holocaust bewegen. Man muss schon ein berüchtigter jüdischer Außenseiter wie Norman Finkelstein sein, um dunkle Geheimnisse an den Tag zu bringen:

„Das Geheimnis von Auschwitz oder die Wahrheit liegt im Schweigen.“ (Finkelstein, Die Holocaustindustrie)

Möglicherweise wäre ein schwaches Israel friedlich geblieben, denn in diesem Fall hätten die USA kein Interesse an dem bedeutungslosen Vorposten in Nahost entwickelt.

Als aber das junge Land militärisch immer stärker wurde, ja sich zur Atommacht entwickelte, änderte sich alles:

„Ein unabhängiges Israel in Frieden mit seinen Nachbarn sei wertlos; ein Israel, das sich an den Strömungen in der arabischen Welt orientierte, die nach Unabhängigkeit von den USA strebten, sei eine Katastrophe. Nur ein israelisches Sparta, das der amerikanischen Macht verpflichtet war, kam in Frage, denn nur dann konnten die jüdischen Führer in den USA als Sprecher für die imperialistischen Ambitionen Amerikas auftreten. Wie Noam Chomsky vorgeschlagen hat, sollten diese „Unterstützer Israels“ zutreffender als „Unterstützer des moralischen Abstiegs und der endgültigen Zerstörung Israels“ bezeichnet werden. (ebenda)

Erst als militärisch und wirtschaftlich starke Nation stieg Israel zu einem Verbündeten Amerikas auf.

Die jüdischen Eliten der USA hätten sich erst dann an die Massenvernichtung der Juden durch die Nazis erinnert, als es politisch zweckdienlich wurde. „Einmal ideologisch umgeformt, erwies DER HOLOCAUST sich als die perfekte Waffe, um Kritik an Israel abzuwehren.“

Israel und die USA wurden zu einer symbiotischen Einheit, die erst heute zu bröckeln beginnt, weil die Bedeutung der USA in der Welt zu schwinden beginnt. Nicht unschuldig daran ist die „heuchlerische“ Politik der Rechtsregierungen im Heiligen Land.

Je selbstkritischer Biden die verhängnisvolle Politik Amerikas erkennt, umso gefährlicher wird’s für Israel, das von seinem kriegerischen Kurs gegen die Palästinenser nicht abweichen will. Schon die ersten Zionisten hatten kein Hehl daraus gemacht, das gesamte ehemalige Urland zurückzugewinnen.

„Premier Benjamin Netanyahu hat keinen Plan. Im Augenblick konzentriert man sich im Kriegskabinett in Tel Aviv darauf, die Hamas zu vernichten und den Krieg zu gewinnen. Doch US-Präsident Biden gibt sich damit nicht zufrieden. Mehrfach warnte er Israel davor, denselben Fehler zu machen wie die USA nach 9/11. Auch die USA reagierten damals »aus Rache« und hatten keine Ahnung, was geschehen soll, nachdem man in Afghanistan und dann im Irak Bodentruppen stationiert hatte. Was folgte, ist bekannt.“ (SPIEGEL.de)

Deutschland kann nur Wirtschaft und geht nach Mallorca in Urlaub. Weitere Horizonte, um die Weltpolitik zu verstehen, existieren hier nicht.

Jetzt innehalten und Luft holen: was eigentlich soll das Ziel des Kriegs sein für Netanjahu?

Öffentlich schweigt Netanjahu zu dieser Frage. Religiöse Insider aber wissen, dass die Frommen sich am messianischen Ende der Heilszeit sehen.

Ben-Gurion, Vaterfigur der Nation, wusste es:

„Unsere Handlungen und unsere Politik werden nicht allein von wirtschaftlichen Überlegungen geleitet, sondern durch eine politische und gesellschaftliche Vision, die uns überliefert wurde von unseren Propheten und die wir übernommen haben aus dem Vermächtnis unserer großen Weisen und der Lehrer unserer Zeit.“ Daher betrachte es die Regierung „als die Pflicht des Staates, die Förderung dieser Werte (die moralischen Werte der Propheten) mit allen moralischen, gesetzlichen und finanziellen Mitteln zu formen, die sich wahrhaftig ihres Ursprungs in der Vision vom Ende der Tage besinnt.“ (Tom Segev, Die Ersten Israelis)

Warum geht die Friedensepoche der Nachkriegszeit rapide zu Ende? Weil die Ultrafrommen in Israel und Amerika sich zusammengeschlossen haben, um der Malaise des Menschengeschlechts ein Ende zu bereiten. Ein Ende im Triumph der Gläubigen.

Weg von der universalen Moral der UN-Charta, hin zu den partialen Moralen der verschiedenen Kulturen, die miteinander wetteifern müssen, um den Sieger der Geschichte zu ermitteln.

In Amerika waren es die Neokonservativen, die die bisherige Politik der USA auf den Kopf stellten, um – zusammen mit Israel – die Völker der Vorsehung zu Gesamtsiegern zu küren.

Während das religionsmüde Europa nur eine Religion kennt, die man ignorieren kann – denn die wahren Motoren des Fortschritts sind Wirtschaft und Technik –, setzen Amerika und Israel auf beide Faktoren: auf Religion und religiösen Fortschritt. Woran sie glauben, das stellen sie her. Was sie herstellen, ist der sinnliche Ausdruck ihres Glaubens.

Aus der Geschichte ihres Volkes allerdings wissen die Juden, dass Naherwartungen trügen können. Also mussten sie den Inhalt ihres Glaubens – in Moral verwandeln. Moral war für sie die Trockenkost in jenen Epochen, die keine prophetische Naherwartung kannten.

„Die Moral und nicht der Kultus ist die Quintessenz des Gesetzes.“ (Wellhausen, Israelitische und Jüdische Geschichte)

Ist das keine wunderbare Bestätigung für BILD & WELT, warum ihre Moralfeindlichkeit von Oben kommen muss? Nachdem Döpfner bemerkte, dass der Dekalog mit 10 Geboten das deutsche Volk nicht mehr zähmen konnte, haben seine Leute fünf mal so viele Gebote aus dem Ärmel geschüttelt, um das politische Chaos zu zähmen.

Fünf mal besser zu sein als der Schöpfer der Welt: das nennt man die Erfüllung des Gebotes: Ihr werdet sein wie Gott. Und BILD kann sagen: wir waren dabei gewesen.

Selbsterfüllende Prophetie am Vorabend der messianischen Endzeit: in dieser Zeit leben wir.

„Du sollst dir kein Bildnis noch Gleichnis machen …“ Alles wahrhaft Fromme muss unvergleichlich sein wie heute der Holocaust. Wer das Religiöse mit dem Irdischen vergleicht, schändet es. Eben dies ist die Politik, die Israel den Deutschen aufgezwungen hat – als Strafe für ihre endlose Schuld.

Wie geht’s weiter?

Je mehr Deutschland erlebt, dass immer mehr Länder nach rechts ins Religiöse sinken, je unruhiger wird’s im Land der Reformation. Irgendein Ver-Führer wird kommen, um die Tagesgeschäfte aus dem Dreck zu ziehen und dem wiederkehrenden Herrn entgegenzueilen.

Moralisten haben versagt. Sie haben keine Chance mehr, den Karren ins irdische Glück zu lenken.

Die Führer ins irdische Glück, die großen Moralisten wie Gandhi, werden ausrangiert.

„Er ist eine Ikone, weltweit bewundert für seine Idee des gewaltlosen Widerstands und seine religiöse Toleranz. Doch in Mahatma Gandhis Heimat Indien wollen viele Menschen davon nichts mehr hören. Sie feiern lieber jemand anderen: Gandhis Mörder.“ (ZEIT.de)

Haben Vernunft, autonome Ethik, Selbstbestimmung und irdische Glückssuche keine Chancen mehr in der irdischen Politik?

Natürlich haben sie eine Chance, solange sie ihren Versuch nicht aufgeben – wie einst in griechischer und römischer Zeit – den Göttern die rote Karte zu zeigen und ihren Kurs selbst zu bestimmen.

„Guttat verlangt keine Anerkennung, keinen Dank, keine Vergeltung: sie trägt ihren Lohn in sich, da sie den Menschen innerlich fördert. Werde nicht müde, dir selbst zu nützen, indem du anderen nützt.“ (Marc Aurel)

Fortsetzung folgt.