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Natur brüllt! VII

Tagesmail vom 18.08.2023

Natur brüllt! VII,

Warum sind wir so gelähmt und lassen alles treiben und verderben?

Sind wir verwöhnt von unserem Wohlstand und haben im ständigen Wettkampf Ehrgeiz und Energie verloren?

Oder trügt der Schein und wir sind nur exakt beim Kontrollieren der brandgefährlichen Weltereignisse?

Müssen wir überall an der Spitze laufen, weil wir krankhaft ehrgeizig sind oder fehlt uns die Energie des Führens, weil uns einst eine Lichtgestalt in den Abgrund führte?

Sind wir überheblich im Erfolg – weil es uns viel zu gut geht?

Haben wir im Verlauf unserer Geschichte zu selten erlebt, dass wir unter Freunden und Feinden rundherum anerkannt wurden?

War unsere Erziehung zu eitel im Verfolgen überdimensionaler Ziele, dass wir nie zufrieden sein durften in gewöhnlichen Tagesgewässern?

Sind wir tatsächlich, wie man uns nachsagt, überehrgeizige Idealisten, die nur ein Ziel kennen: Alles? Oder sacken wir zusammen und lassen uns gehen – im Nichts?

Ein Flüchtling, der hier schon seit längerem eine neue Zuflucht gewonnen hat, erzählte in TV: in meiner Heimat hieß es immer: in Germany all tipptopp! – Und wie erstaunt war er, als er die bundesrepublikanische Realität tatsächlich kennenlernte!

Immer mehr ausländische Arbeitskräfte – so werden Menschen in unserem Wirtschaftssystem genannt – verlassen erneut das Land und suchen anderswo einen besseren Lebensplatz.

Die deutsche Regierung besteht aus leeren Gesichtern mit sophistischen Maskierungen, hinter denen sie sich verstecken.

Energische Gesichter hingegen gibt es – in den Führungsetagen der deutschen Industrie. Diese Energie aber beschäftigt sich nicht mit demokratischen Vorgängen, sondern nur mit Führungsaufgaben ihrer Betriebe ohne Mitwirkung der Belegschaft. Sie besitzen nur den Ehrgeiz, ihre Fabriken in Gesamtmaschinen zu verwandeln, die lebendig scheinen, aber auf stummen Knopfdruck reagieren.

Hinter den industriellen Riesenmaschinen verbergen sich Geheimnisse, die bis zum heutigen Tag niemand zur Kenntnis nehmen will. Deren Ursprünge sind uralt und die fortgeschrittene Gesellschaft wähnt, sie längst überwunden zu haben.

Dass die Deutschen heute wechselseitig an der Spitze und am Ende laufen, hängt mit ihrer grauenhaften Geschichte zusammen, in der sie uralte Muster mit maschinellen Methoden realisierten. Es wäre Zeit, dass wir nicht nur Reue zelebrierten, sondern wirklich in uns gingen.

Eigenartigerweise ist es ein Amerikaner, der das Geheimnis der deutschen Schreckensgeschichte aufgedeckt hat:

„Die Zerstörung der Altstädte von Rotterdam und Warschau beruhte auf einer Technik, die ursprünglich von den ersten Megamaschinen entwickelt worden war. Die Deutschen hatten den wesentlichen Sinn der Urmodelle erfasst, gemäß der überlieferten Prahlerei Aschurnasirpals: „Ich schlug ihnen die Köpfe ab, ich verbrannte sie mit Feuer, errichtete einen Haufen von lebenden Menschen und von Köpfen vor den Toren der Stadt; ich ließ Menschen pfählen, zerstörte die Stadt und verwüstete sie, verwandelte sie in Erdhügel und Ruinenhaufen, die jungen Männer und Jungfrauen verbrannte ich im Feuer.“ Es blieb unserem fortschrittlichen Zeitalter vorbehalten, solche psychotischen Akte zu sanktionieren und solche Verbrechen zur Norm zu machen. Kurz im Sterben übertrugen die Nazis die Keime ihrer Krankheit auf ihre amerikanischen Gegenspieler: nicht bloß die Methoden der zwangsweisen Organisation und der physischen Zerstörung, sondern auch die moralische Zersetzung, die es ermöglichte, diese Methoden anzuwenden, ohne Widerstand zu entfachen.“ (Mumford, Mythos der Maschine)

Bei diesen Vergleichen droht Aufstand in deutschen ChatGPT-Stuben, die von solchen Rückblendungen nichts wissen wollen. Ihr maschineller Fortschritt hat den Blick nach hinten überwunden. Lots Frau ist ihnen ein abschreckendes Vorbild, die nach hinten schaute und zur Salzsäule erstarrte.

Sie hingegen vibrieren derart in Wendigkeit, dass sie sich schon wieder ihrer ehernen Vorbilder brüsten – die sie selbstredend überwunden haben.

Wie viele wahre Menschen brauchte die Menschheit, um einem atomaren Suizid mit knapper Mühe zu entkommen?

„Wir sind klüger als die Computer. Wir haben sie geschaffen“, dachte der sowjetische Oberst im Herbst 1983. Er misstraute den Riesenrechnern, mit denen er arbeitete und die in der Nacht vom 25. auf den 26. September anzeigten, dass sich US-Raketen nähern. Stanislaw Petrow traf eine einsame Entscheidung: Falscher Alarm, meldete er – und verhinderte so wahrscheinlich ein nukleares Inferno.“ (SPIEGEL.de)

Wer kennt den Namen dieses Menschheitsretters? Wer weiß, dass er Russe war? Ist es nicht peinlich für den Westen, dass er nicht gezögert hätte, die Welt – wie Hiroshima und Nagasaki – in Schutt und Asche zu legen?

Jeden Tag gibt es neue Geschichten über furchterregende KI-Maschinen, die keine Probleme hätten, die Welt in ihre Einzelteile zu zerlegen. Kurzer Aufschrei, dann flaut superschnell alles ab und die eminente Frage wird debattiert: kann man mit solchen Supermaschinen in der Schule auch schummeln?

Nächster Tag, nächste Maschine – die noch gefährlicher wurde. Wie ist die Reaktion der Experten? Sie machen sich lustig über die Laienexperten, die nichts mehr von solchen Wundermaschinen verstehen.

Welche Regierung kümmert sich um dieses läppische Problem? Stattdessen ist es eine Unterabteilung der UNO, die niemand ernst nimmt. So wachsen die Gefahren für die Menschheit, doch niemand kümmert sich um solche Lappalien.

„Um gefährlich zu sein, braucht die KI kein Bewusstsein – es reicht schon, wenn sie hochintelligent ist. Unsere dominante Position auf dem Planeten haben wir Menschen nicht unserer physischen Stärke zu verdanken, sondern unseren Gehirnen. Wenn wir jetzt Maschinen schaffen, die schlauer sind als wir, könnte das bedeuten, dass der Lauf der Dinge auf unserem Planeten künftig von diesen Maschinen bestimmt wird. vielleicht gibt es für die Menschheit im wahren Leben kein Happy End und keinen Helden, der uns rettet. Eine superintelligente KI könnte alle möglichen Wege finden, uns den Garaus zu machen. Vielleicht mit mikroskopisch kleinen Robotern, einem gefährlichen Virus oder auf einem anderen Weg, den wir nicht einmal erdenken können. Wir würden es womöglich nicht einmal merken, bevor es zu spät ist.“ (SPIEGEL.de)

Welche Regierung kümmert sich um die Spielwiese der maschinellen Genies? Selbst deutsche Kanzlerinnen, die als Physikerinnen ausgebildet waren, hatten keinen Ehrgeiz, sich mit dem Fortschritt ihres Fachs zu beschäftigen.

Führende Vertreter der KI-Maschinerie sehen nicht das geringste Problem ihrer Genietaten. Sie werden ins Weltall entfliehen und der Menschheit auf fernen Planeten eine bessere Zukunft bieten als sie hierzulande je gehabt hätte.

Deutschland, einst führend in aller technischen Zukunftskompetenz, lässt sichtbar nach. Über superschnelle Autos auf leeren Autobahnen hinaus ist ihre Schraubenphantasie aber noch nicht hinausgekommen.

Weltphantasien waren einst die magische Lust deutscher Weltenbezwinger. Noch immer sind sie erstarrt in ihren damaligen Bubenphantasien.

Sie haben Angst. Angst vor ihren technischen Zukunftsphantasien. Lieber wären ihnen rasende Vehikel auf Erden, die ihnen ein bisschen Hollywood bescheren, aber ohne Abdüsen ins Weltall.

Neue KI-Maschinen als Vervielfachung des irdischen Arbeitsprozesses? Wie lächerlich! Haben wir nicht längst von allen Dingen mehr, als wir je benötigen werden?

Nein, es geht längst nicht mehr über die Vervielfältigung irdischer Dinge, es geht um den Hauch eines göttlichen Selbstwertgefühls, das keine stumpfe Erde mehr benötigt – um sich über-irdisch zu fühlen.

Keine Regierung, keine Industrie wagt sich an dieses Thema – außer mit den Ritual-Formeln: Fortschritt wurde schon immer verteufelt. Welchen Segen er der Menschheit brachte, will niemand mehr wissen.

Die arbeitende Bevölkerung darf es auf keinen Fall besser haben. Sonst verkommt sie in Siechtum und Fäulnis.

Die Deutschen vertrauen zu wenig ihrem Staat?

„Die Deutschen hatten noch nie so wenig Vertrauen in die Handlungsfähigkeit ihres Staates. Nur noch 27 Prozent der Befragten halten den Staat für fähig, seine Aufgaben zu erfüllen – zwei Prozentpunkte weniger als vergangenes Jahr. Mehr als zwei Drittel der Befragten sieht den Staat als überfordert an. 2020, mitten in der Coronapandemie, waren es nur 40 Prozent.“ (SPIEGEL.de)

Überall bröckelt’s, überall zerbrechen die Fundamente.

Die Deutschen misstrauen allem, woran sie glauben könnten, wenn sie sich selbst vertrauen würden. Dann hätten sie echte Gefühle für das Sein, wozu sie selbst gehören.

Das aber soll nicht sein. Der Mensch misstraut allem, was er Natur, Sein oder Gegenwart nennt. Was nicht sein Werk ist, muss zugrunde gehen, damit er sich als Gott fühlen kann. Deshalb häuft er Krisen übereinander.

Jetzt ist die Natur dran. Das geht schon seit Jahrtausenden und hat noch immer nicht sein Ziel erreicht. Dann kommt der planetarische Bürgerkrieg, der alles in Kampf verwandelt, was nicht durch sich selbst und für den anderen lebt.

Kann es sein, dass die Menschen gar nicht wissen, was Demokratie ist? Sonst wüssten sie, dass sie selbst für ihre Stabilität zuständig sind. Eine Herrschaft des Volkes kann es nicht geben, wenn das Volk kein Vertrauen in sich besitzt.

Warum stellen die Medien nicht die Frage, warum die Befragten kein Vertrauen in sich selbst haben?

Eine Volksherrschaft kann nur so gut sein, wie das Volk sich selbst regieren könnte. Diese Selbsterkundung des Volkes hat keinen Platz in der heutigen Beschreibung des Staates.

Demokratie ist zum Fremdwort geworden. Das Volk denkt nur an die Regierenden, nicht an sich selbst, wenn es mit der Gesamtlage unzufrieden ist. Dabei ist es selbst die Eckpfeiler der Agora.

Was wollen wir? Diese Frage ist verboten. Wir dürfen kein Ziel haben – weshalb wir uns von einem falschen Ende zu einem anderen manövrieren müssen.

Hat es sich noch nicht herumgesprochen?

„Das Verhängnis unserer Kultur ist, dass sie sich materiell viel stärker entwickelt hat als geistig. Ihr Gleichgewicht ist gestört. In der Begeisterung über die Fortschritte des Wissens und Könnens sind wir aber zu einer fehlerhaften Auffassung der Kultur gelangt. Wir überschätzen deren materielle Errungenschaften und die Bedeutung des Geistigen nicht mehr in erforderlicher Weise in gegenwärtig. So paradox es klingen mag: durch die Fortschritte des Wissens und Könnens wird wirkliche Kultur nicht leichter, sondern schwerer gemacht. Bis zu einem gewissen Grade sind wir alle in modernen Verhältnissen zu Unfreien geworden. Wir bringen es nicht mehr zur Sammlung.“ (A. Schweitzer)

Niemand kennt die Stimmen der hier zitierten Naturliebhaber. Nur Zahlen und Quantitäten werden hin und her geschmettert – und nicht mal das.

„Es wäre viel besser, dem materiellen Fortschritt und Entdeckungen Einhalt zuzurufen als uns von unseren eigenen Instrumenten und den Kräften, die sie leiten, beherrschen zu lassen. Ohne eine entsprechende Vermehrung von Barmherzigkeit, Mitleid und Liebe kann die Wissenschaft selbst alles zerstören, was das Leben majestätisch und erträglich macht.“

Wer traut diese Worte einem Winston Churchill zu? Nur der veränderte Mensch wird in der Lage sein, seine Umgebung zu verändern. Der Geist entscheidet, nicht abstrakte Zahlen. Hat man solche geist-bestimmten Sätze je von Politikern gehört?

Heute werden alle Korrekturen der Fortschrittsmängel vom – Fortschritt selbst erwartet. Der Mensch wird zum geistlosen Maschinisten.

Wie kann eine Demokratie mit menschenfeindlicher Wirtschaft sich aus eigener Kraft zum Besseren verändern? Kleine Dummköpfe werden zu Feinden der Demokratie stilisiert.

Doch was wird aus den wahren Gegnern, die mitten im Zentrum der Gedanken sitzen und nach Belieben das politische Geschehen regulieren? Was sagt Hayek selbst?

„So edel und lobenswert die Gefühle sind, die in Begriffen wie Menschenwürde ihren Ausdruck finden, für sie ist in einem Versuch zu rationaler Überzeugung kein Platz.“ (in F. J. Wetz, Illusion Menschenwürde)

Wer hier nicht zu brüllen beginnt, wird nimmermehr brüllen.

Fortsetzung folgt.