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Natur brüllt! LXXVIII

Tagesmail vom 06.05.2024

Natur brüllt! LXXVIII,

willst du Frieden, rüste nicht zum Krieg – sondern zum Frieden.

Prüfe, ob du den aggressiven Feind hasst – oder von ihm nur nicht deiner Freiheit beraubt werden willst.

Willst du Frieden, lass dich nicht zum Hass verleiten. Entwaffne deinen Gegner, aber demütige ihn nicht.

Friede ist kein Martyrium. Märtyrer legen keinen Wert auf humane Verhältnisse in der Welt, sie fliehen die Welt und streben so schnell wie möglich ins Jenseits.

Einen christlichen Frieden auf Erden gibt es nicht. Christen wollen sich von der sündigen und wertlosen Erde abstoßen und distanzieren.

Die minderwertige Erde zeigt sich am deutlichsten am Ende der Heilsgeschichte:

„In der Offenbarung des Johannes wird das Ende der Welt in düsteren Farben geschildert: Die totale Zerstörung und ein Blutvergießen ungeahnten Ausmaßes stehen im Mittelpunkt, wobei die eschatologischen Endschlachten als reale Kriege Christi gegen die Vertreter des Bösen dargestellt sind, an deren Ende diese geschändet und total vernichtet werden. … Sie radikalisiert das Fremdsein in der Welt, indem sie die politische Macht dämonisierte und als Vertreter Satans darstellt. »Unsere Heimat ist im Himmel«, schreibt Paulus und »Liebet nicht die Welt noch das, was in der Welt ist. Die Welt gehört zwar Gott, die Dinge dieser Welt aber dem Teufel.«“ (M Clauss, Ein neuer Gott für die Alte Welt)

Womit klar sein sollte, dass Eigentümer weltlicher Dinge – später reiche Kapitalisten genannt –, keine Auserwählten sein können. Von allem irdischen Klimbim sollte man sich unabhängig machen. Nur die Armen – wenn sie ihre Armut nicht als Strafe empfinden – können sich Hoffnung auf das Jenseits machen. „Nichts möge der Christ in dieser Welt liebevoll besitzen, kein Vergnügen soll er an vergänglichen Dingen suchen,“ schrieb Gregor, Bischof von Rom.

Eine christliche Politik an sich kann es nicht geben. Das wäre ein Fremdgehen mit irdischem Besitz und ein Verrat an den wertvollen Dingen im Himmel.

Das ist bis heute die Crux aller christlichen Parteien, die ihren Nationen Macht und Reichtum verschaffen wollen. Eine authentische christliche Politik kann es nicht geben, denn der Erhalt der Erde als Heimat der Menschen wäre eine schreckliche Sünde.

Sich Ersatzbegriffe wie ‚konservativ‘ zu geben, ist eine unverschämte Dummheit. Denn die Welt dürfen Christen auf keinen Fall bewahren. Es muss den Gläubigen auch völlig gleichgültig sein, welche Machtsüchtigen die Erde beherrschen.

„Trachtet also nach dem Tode wie die nach dem Leben suchenden Toten. Denn das, wonach sie suchen, wird sich ihnen erst im Jenseits offenbaren. Wenn ihr euch dem Tode zuwendet, wird er euch die Erwähltheit wissen lassen. Wahrlich, ich sage euch: Niemand wird erlöst werden von denen, die den Tod fürchten. Denn das Gottesreich gehört denen, die getötet werden.“ (Jakobusbrief)

Womit klar sein sollte, dass die heutige Politik der Christen, die nichts anderes im Kopf haben als ein unendliches Wachstum an Macht und Gütern, ein stinkender Abgrund an Sündhaftigkeit sein muss.

Der Betrug an ihren einfältigen Frommen begann, als die katholische Kirche anfing, die soziale Frage mit ihrem Glauben zu verbinden. Die Protestanten hatten ohnehin kein weltliches Programm, denn in allen politischen Fragen sollten sie demütig ihrer Obrigkeit gehorchen.

Auch der moderne Fortschrittsglaube an eine endlose Macht über die Natur ist eine Sünde wider den Geist. Doch das juckt weder einen Kirchenführer noch einen pietistischen Frommen.

Das Christentum hat sich derart mit irdischen Zielsetzungen vermengt, dass niemand mehr unterscheiden kann zwischen Gottes Offenbarungen und sündiger Ideologie der Menschen. Aber das müssen sie auch nicht, denn die beiden, einstmals getrennten Bestandteile, sind längst miteinander vermengt.

Pastorentöchter oder andere fromme Politiker müssen innerlich wie erstarrt sein ob der permanenten Lügenhaftigkeit ihrer irdischen Machtpolitik.

Nur einmal gab es eine gläubige Kanzlerin, die ihre verborgene Unwahrhaftigkeit nicht mehr anders bewältigen konnte, als diese durch makabres Zittern vor der Welt zu verraten.

Doch all dies interessiert die nach unendlicher Macht suchende Welt nicht im Geringsten. Sie lacht höchstens über die inneren Nöte und das äußerliche Zittern einer empfindsamen deutschen Seele.

Ein weltbeherrschender Glaube, der die Welt flieht, kann kein Interesse haben am Schutz der Natur, die der bleibende Schmuck der Erde sein soll.

Da sich inzwischen fast alle Parteien christlich orientieren – selbst die kleinsten Atheistengruppen etwa in der SPD verboten sind – und ebendeshalb den ganzen Westen charakterisieren, ist fast die gesamte Weltpolitik vom Geist des Nazareners durchdrungen.

Dies ist einfacher, als man denkt, denn alle Glaubensartikel sind längst in weltliche Formeln verwandelt, sodass es niemandem auffällt, wenn Welt und Überwelt nicht mehr zueinander passen.

Die Welt ist ein Mischmasch oder ein dialektischer Brei geworden. Warum nur ist Dialektik zu einem Lieblingsbegriff modernen Denkens geworden?

Die Entwicklung Putins von einem Zögling Gorbatschows bis zum heutigen Völkerverbrecher ist eine bizarre Linie aus einem armen Wohnviertel in Leningrad bis in die Machtkathedralen Moskaus.

Gleichwohl wäre es nicht unmöglich, sie zu rekonstruieren. Doch wen interessiert es schon, die bizarre Entwicklung eines ehrgeizigen Geheimdienstlers so zu entfalten, dass jeder Interessierte nachvollziehen könnte, was im riesigen Land des Ostens geschehen ist?

In Deutschland war einst alles eine Entwicklung der Innerlichkeit – eine politische Äußerlichkeit gab es nicht –: heute ist jede Innerlichkeit zugunsten weltpolitischer Machenschaften abgeschafft.

Gorbatschow war ein Jahrhundertereignis, nicht nur Beendiger des Kalten Krieges, sondern säkularer Prophet einer friedlichen Erdpolitik, die der Menschheit zur Symbiose mit der Natur verholfen hätte. (Siehe sein Buch „Mein Manifest für die Erde“)

Nicht einmal die ökologischen Revolutionäre des Westens nannten bei ihren Protesten seinen Namen ein einziges Mal.

„Es ist zutiefst enttäuschend für mich, dass die Hoffnung auf eine neue Weltordnung, die viele Menschen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion am Ende der Achtzigerjahre und zu Beginn der Neunzigerjahre hegten, verschwunden ist. Die Welt hat eine einzigartige Gelegenheit verpasst, das Schicksal der Erde zu verändern. Wir müssen nun intensiver denn je darauf hinarbeiten, eine ähnliche Gelegenheit herbeizuführen und wir sollten alle uns zur Verfügung stehenden Mittel dafür einsetzen.“ (Manifest …)

Wie kann man sich diese Ungeheuerlichkeit erklären? Gerade in Deutschland mit seinen eifrigen Naturschützern am Beginn der Ökobewegung?

In welchem Maße wir unabhängige Historiker haben, die sich dieses Themas bemächtigen würden, erkennen wir daran, dass niemand bis zum heutigen Tag sich mit dieser Frage beschäftig hat.

Dabei gibt es eine Vermutung, die in hohem Maße für sich spricht. Die Amerikaner, nach dem Zweiten Weltkrieg vorzügliche Mentoren Deutschlands auf dem Weg zur friedlichen Weltgemeinschaft, haben auch erkennbare negative Seiten. Eifersüchtig legen sie Wert darauf, keine einzige Weltmacht neben sich zu haben, die mit ihnen konkurrieren dürfte. Typisch für Deutschland, dass die leiseste Kritik an Amerika eine Parteinahme für Putin sein muss.

Nachdem man sich in Nachkriegseuropa an die Patenschaft der USA gewöhnt hatte, schien es aussichtslos, diese Polarisierung der Weltpolitik zu verändern. Amerika hatte sich zudem verändert und biblizistische Elemente waren zur Macht gekommen – die es nicht ertrugen, dass der Frieden der Welt aus einem Land des Bösen kommen sollte. Dort herrschte vor allem die neokonservative Elite rund um die Präsidentenfamilie des Dabbelju Bush.

Nach langer Zeit der Zurückgezogenheit hatten eifrige Bibelleser aus dem Bible Belt die Chance gewittert, ganz oben mitzumischen. Bei den Frommen hatte sich ein apokalyptisches Fieber ausgebreitet und die Hoffnung auf eine baldige Wiederkehr des Heilands zum Lodern gebracht.

Und in dieser christlichen Endzeitstimmung sollte nun just der Vertreter einer ehemaligen bösen Macht das Licht der Hoffnung für alle Nationen werden?

Unmöglich!

Und nicht nur das. Amerika hatte selbst – nach Bush – einen Hoffnungsträger der besonderen Art hervorgebracht, der mit glühenden Reden und einem charismatischen Auftreten die Menschheit zur politischen Umkehr bewegen wollte.

Doch leider hatte auch Obama verschiedene Seiten. Einerseits gab es einen neuen friedlichen Umgang der Völker, andererseits aber setzte er die völkerrechtswidrige Politik seiner Vorgänger in stummer Verstocktheit fort. Dazu gehörte nicht nur Guantanamo.

Diese völkerrechtswidrigen Verbrechensakte der USA blieben unter der Decke. Einem sympathischen Obama traute man sowas nicht zu. Bis heute hat sich an diesen Menschheitssünden leider nichts geändert.

In summa: der Lichtbringer der Moderne durfte keinesfalls aus dem ehemaligen Reich des Bösen kommen: Gorbi ist in der Versenkung verschwunden.

Putins vorbildliche, im Geiste Gorbatschows gehaltene Rede im Deutschen Bundestag, hätte, wenn Putin diese Rede ernst genommen hätte, den Weg Gorbatschows fortsetzen können.

Doch Putin scheint schnell bemerkt zu haben, dass der Westen, besonders die USA, keinen Wert auf seinen tugendhaften Umschwung legten. Und also verlor er die Geduld und veränderte peu a peu seine grundlegende Politlinie.

Auf einer Münchner Sicherheitskonferenz wollte er den Westen noch ein letztes Mal aufrütteln und warnte ihn eindringlich vor einem bigotten Kurs: so reden, aber ganz anders handeln.

Doch das interessierte fast niemanden mehr. Der Kurs der USA unter der Ägide der Neocons war ins Gegenteil der UNO-Prinzipien verdreht worden.

Was eigentlich wollten die Neocons, die polit-theologischen Vertreter einer Rückkehr der USA in das Reich der Heiligen?

Die Neocons hielten ein hartes Vorgehen in der Weltpolitik für moralisch notwendig. Sie forderten „ohne Skrupel eine imperialistische Politik. Waren bereit, zur Durchsetzung ihrer Ideale Gewalt anzuwenden. Waren bereit, die Grenzen im Nahen Osten unter Anwendung von Gewalt neu zu ziehen, während sie bedingungslos die rechtsstehende Likudpartei unter Ariel Scharon unterstützten. Betrachteten bürgerliche Freiheiten mit Argwohn und sahen in ihnen unnötige Beschränkungen der Bundesregierung. Verachteten die Anhänger einer weitgehenden demokratischen Freiheit und akzeptierten keinerlei Argumente, die sich auf die Verfassung stützten.“ (John Dean, Das Ende der Demokratie, Die Geheimpolitik der USA)

Das war beileibe nicht alles. Dabbelju Bush ließ alle Umweltgesetze, die seit Carter in Kraft getreten waren, wieder aus dem Verkehr ziehen. Und nicht zuletzt: die Hardliner vertraten eine „aggressive, militärisch kraftvolle amerikanische Vorherrschaft.“ (ebenda)

Seitdem hat sich die Weltpolitik verändert. Umweltprogramme traten in den Hintergrund, die Einhaltung von UN-Prinzipien ging verloren. Der frische Aufbruch der USA unter Carter und Al Gore zum weltweiten Schutz der Natur wurde brutal abgeschnitten. Nun erschienen die Vertreter der Ölindustrie, die keine Hemmungen besaßen, mit ausgefeilten Methoden die Weltöffentlichkeit hinters Licht zu führen.

Ihre unverschämteste Dauerlüge: eine Umweltkatastrophe gebe es gar nicht. Den Kurs des maschinellen Fortschritts müssten wir unbedingt ins Endlose weiterführen.

Das Ziel der neuen Milliardäreneliten war sonnenklar: die alte Spaltung der Welt in eine böse und eine gute sollte wieder bedingungslos hergestellt werden.

Damit war Gorbis Karriere als neuer Lichtbringer der Welt endgültig vorbei. Putin betrachtete den Westen endgültig als kollektiven Heuchler, von dem er sich mit List und Tücke zurückziehen musste. Nun begannen sein Fintenspiele, mit denen er den Westen je nach Bedürfnis in die Irre führen konnte.

Deutsche Politiker, die ihn zum Teil noch aus Dresden kannten, dachten nicht daran, seine neuen Finessen zu durchschauen und hielten ihn noch immer für den braven Gorbi-Schüler von früher. So tappten sie in seine neuen Fallen und schluckten seine immer schlimmeren Völkerrechtsverbrechen.

Deutsche Politiker sind keine Psychologen und halten unverbrüchlich die Treue denen, die einmal ihre vertrauten Freunde waren. Ein(e) deutsch(e) Politiker(In) täuscht sich nicht bei der Wahl ihrer besten Freunde.

„Deutsche Politiker, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang.“

Wie kann man Frieden schließen, wenn man nicht gelernt hat, seine Freunde kritisch zu beurteilen: sind sie echte Friedenspartner – oder nur hinterlistige Schurken?

BILD weiß, dass Netanjahu der beste Friedensfreund der ganzen Welt ist.

Schröder kennt die Antwort, was den russischen Friedensengel betrifft.

Fortsetzung folgt.