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Kapitalistische Kinderpsychologen

Hello, Freunde der kapitalistischen Kinderpsychologen,

Kapitalisten sind nicht nur die neue Priesterkaste für Wohlergehen, Leistung, Zukunft, Fortschritt, Evolution, Weltpolitik, Kunst, Naturzerstörung, Belohnung der Starken, Bestrafung der Schwachen. Inzwischen sind sie zu führenden Kinderexperten, Familienpsychologen und Pädagogen der Nation aufgestiegen. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand. Wem er Macht und Reichtum gibt, den macht er zu einer allwissenden Koryphäe für alles in der Welt. Die pantokratische Devise der Kapitalisten lautet:

Alle Eltern unter unsere Knute, herein in unseren supermodernen Arbeitsdienst! Unter der Ägide der Männer erhalten Frauen ein ganz neues Selbstbewusstsein. Lästige Kinder werden abgeschoben und abgestellt. Kinder halten alles aus. „Die nehmen es, wie es kommt.“ (Rainer Dulger im WELT-Interview)

Früher nannte man diese Pädagogik die schwarze. Heute ist sie zur alleinregierenden Erziehungsdoktrin kinderliebender Charaktermasken geworden. Störfaktoren des Arbeitsmarktes dürfen mangelhaft optimierte Bälger nicht werden.

Die Kinderplanwirtschaft des untergegangenen Sozialismus hat den Westen besiegt und sich in den Dienst des Kapitalismus gestellt. Alle Kinder so früh wie möglich in die Kinderkrippe! Mit einem Jahr kollektiv an den Topf gebunden, bis die dysfunktionalen Kinderärsche rein und sauber waren – und wenn die Kinder noch so gebrüllt haben. Brüllen, Klagen und Jammern ist das Zeichen, dass Kinder leiden. Das will nicht in die Betonköpfe von Deutschen, die ihre Kinder stellvertretend

für sich leiden lassen.

Zuerst wurden sie an den Topf gebunden, dann wurde der Kopf angebunden. Schließlich müssen Kinder schreiend ihre Lungen stärken. Sich die Seele aus dem Leibe brüllen, ist das beste Mittel gegen Verweichlichung und Verwöhnung. Platons Faschistenformel hat im Osten gewonnen und im neoliberalen Westen glänzende Karriere gemacht: „nur geschundene Menschen sind erzogene Menschen“.

Die postnationalsozialistische Adenauer-Pädagogik war bis zum Fall der Mauer identisch mit der Pädagogik der DDR, die weder eine Protestbewegung gegen die NS-Eltern noch eine gegen die Stalinisteneltern zuwege brachte. Die 68er-Revolte war nicht nur eine marxistische, sondern auch eine pädagogische, psychotherapeutische und feministische Bewegung. Das hat der Osten bis heute nicht zur Kenntnis genommen oder gar nachgelernt. Sind die Deutschen in vielem eine verspätete Nation, so war der Osten die verspätete Fußkrankenabteilung der Verspäteten.

Doch auch der Westen hat sich schleunigst von diesen wirtschaftsgefährdenden Einsichten abgeseilt. Als einer der großen Heroen der psychopädagogischen Bewegung, Horst-Eberhard Richter, vor kurzem starb, gab es – wie immer bei deutschen Heldentoten – Nachrufe der exquisitesten und ergreifendsten Art. Seine Erkenntnisse über Kinder und Eltern, über gruppendynamische Zusammenhänge, wurden nicht einmal erwähnt. Man lobte den Toten hinweg – in den Himmel. Dort ruhe er sanft und halte für immer die Klappe.

Nicht nur die marxistische, auch die politische Psychotherapie und der Feminismus sind inzwischen mausetot. Geschluckt von neoliberalen Allesverwertern, deren Verdauungssystem alle Kadaver ihren untrüglichen Machtinstinkten zur Verfügung stellt.

Wurden Kinder in der NS-Zeit frühzeitig in die mannigfachen Jugendbünde der Partei verlockt, um in Wald und Feld zu soldatischen Athleten gedrillt zu werden, so schickt man sie heute in staatliche und klerikale Kitas, in denen sie frühzeitig zu kapitalistisch-religiösen Selbstoptimierern abgerichtet werden.

(Über die Erziehung der Jugend in der NS-Zeit hat Erika Mann 1938 das eindringliche Buch Zehn Millionen Kinder. Die Erziehung der Jugend im Dritten Reich geschrieben. Ihr Vater Thomas schrieb im Vorwort:

„Es ist merkwürdig genug, wie fruchtbar für die Gesamt-Erkenntnis der national-sozialistischen Sinnesart das Sonder-Thema des Buches, der erzieherische Gesichtspunkt sich erweist. Daß gerade eine Frau ihn wählte, hat nichts Überraschendes; aber überraschend ist, ein wie umfassendes und vollständig unterrichtendes Charakterbild des Hitler-Staates bei dieser thematischen Beschränkung zustande kommt.“)

Jede Gesellschaft produziert exakt jene Pädagogik, die ihren Machtapparat garantiert. Am Ende der heutigen Kita-Zeit stehen Leistungstests wie in der Schule, in denen die Kinder beweisen müssen, in welche Schublade der Merkel‘schen Wettbewerbsnation sie einsortiert werden müssen.

Das gottgleiche Bewerten, Zensieren, Einsortieren und Ausschließen der kapitalistischen Generalkonkurrenz hat die letzten Schlupfwinkel der Nation erobert. Wie Merkel in ganz Deutschland und Europa Frontalunterricht mit dem ökonomischen Rohrstock exerziert, so wird schon in den Kitas über das zukünftige Schicksal der Kinder mit Misstrauens-Prüfungen und Argwohn-Tests entschieden.

Jeder Test ist für Kinder ein Schock. Aus vertrauten Bezugspersonen werden plötzlich abweisend-distanzierte und argwöhnende Respektspersonen, die die Atmosphäre verbreiten: jetzt wollen wir mal untersuchen, was du wirklich drauf hast. Bis jetzt warst du ein liebes Kind, doch nun wirst du zum Überprüfungsobjekt, das kalt und gefühllos unter die Lupe genommen wird. Du bist kein liebenswertes Individuum mehr, ab jetzt bist du ein Konkurrent unter Konkurrenten.

Früher wurde der Schock der Moral-Umdrehung – kindliche Vertrauensmoral weicht egoistischer Konkurrenzmoral – in der Pubertät verordnet. Heute wird die Pubertät ans Ende der Kita-Zeit vorgezogen.

Pubertätsschwierigkeiten sind am wenigsten körperliche. Synchron zum Erwachen seiner Sexualität wird der heranwachsende Mensch der hartleibigen Erwachsenen-Unmoral unterzogen. Die Initiation hiesiger Gesellschaften ist ein Moral-Austausch: weg mit weichlicher Verbundenheit, her mit bandagierten Ellbogen, mit denen man Wettbewerber aufs Kreuz legen kann.

Bei Eingeborenenstämmen dauert eine Initiationszeit – die ohne Brutalitäten nicht denkbar ist – höchstens vier bis sechs Wochen. Die Initiationszeit unserer brutalisierten Kulturschulen dauert mindestens zwölf bis dreizehn Jahre lang.

Das Gesamtergebnis der moralischen Umwertung aller Werte wird zur paradoxen Intervention für die völlig verwirrten Jugendlichen. Alles, was sie als Kinder für moralisch normal hielten, wird ihnen über Nacht strengstens verboten – zumindest für den öffentlichen Konkurrenzsektor. Zu Hause gilt nach wie vor das solidarische Weiber- und Kindergedöns.

Moral wird für Jugendliche etwas, was ihnen gepredigt wird – doch wehe, sie tun es. Die Gefühlsverwirrungen der folgenden Jahre sind die unvermeidlichen Folgen dieses verheerenden Paradigmenwechsels.

Für einen „wahnsinnig begabten, ehrgeizigen und erfolgreichen“ Jungkarrieristen in der WELT ist das Gejammer seiner Generation nicht mehr erträglich:

„Werdet endlich erwachsen, ihr Jammerlappen! Es gehört zum guten Ton, dass junge Erwachsene sich pathetisch über die Bürde ihres Lebens auslassen. Ihnen geht es so gut wie nie und doch zerbrechen sie sich den Kopf über Nichtigkeiten. In Zeiten von Griechenland und Co. muss es natürlich eine Krise sein, die die Jungen befällt. Doch während Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und die griechische Regierung nächtelange Verhandlungen führen, um eine Krise zu lösen, verfallen „wir“ Jungen lieber in Selbstmitleid und Apathie.“ (WELT.de)

Gefühle werden zu unerklärbaren, ja bösen, Luxusereignissen, die sich kein Jugendlicher leisten kann. Man tarnt sich mit Emotionen, um seine Leistungsunfähigkeit zu kaschieren. „Dem Tüchtigen ist diese Welt nicht stumm.“ Wer etwas kann und sich bemüht, der wird von der Gesellschaft belohnt. Wer in den Tag hinein heult, der kassiert die Verachtung der Weichensteller.

Was Griechen als Nation, sind jugendliche Jammerlappen als Generation. Dieser übersättigten Heulsusen-Altersklasse sollte man energisch die Grenzen zeigen. Als Verwöhnte haben sie nicht gelernt, sich nach der Decke zu strecken. Ihre nihilistisch aufgepeppten Gefühle der Sinnlosigkeit sind Verbrämungen ihrer mangelnden Wettbewerbs-Kompetenz.

Früher war Ruhe die erste Bürgerpflicht, heute ist es die rotbackige Ideologie: packen wir‘s an. Die Konkurrenz mit Indern, Brasilianern und Chinesen werden wir mit Bravour meistern.

Wenn engagierte Eltern sich für ihre Kinder in Schule und Uni einsetzen, um sie zu unterstützen, werden sie als Helikoptereltern vergackeiert. Merke: hierzulande hilft man seinen Kindern nicht. Das verletzt die heilige Regel: vor Gott und der Karriere ist jeder allein. Plötzlich soll Gleichheit herrschen unter den Ungleichen, wenn die helfenden Eltern gerüffelt werden: was sollen jene Eltern machen, die ihren Kindern nicht helfen können?

„Die Mutter besucht an der Volkshochschule einen Lateinkurs, um ihrem Sohn bei den Hausaufgaben helfen zu können. Der Vater schreibt seiner Tochter den Schulaufsatz. Das ist aus Expertensicht in vielen Familien bereits Normalität – mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Immer häufiger ist von Eltern die Rede, die ihre Sprösslinge umkreisen wie Hubschrauber und alles für sie regeln wollen. Eine bedenkliche Entwicklung, finden einige.“ (n-tv.de)

Wahre Erziehung stößt die Jugendlichen ins kalte Wasser. Wer ertrinkt, hat Pech gehabt. Was den Indianer nicht tötet, macht ihn abiturreif. Der bayrische Lehrerfunktionär Josef Kraus will stresstüchtige Nachwuchskräfte, die den Stress des Berufslebens nicht mit burn-out beantworten. Sondern als Stimulation für weitere Höchstleistungen empfinden. Den Eltern wird empfohlen, was der Heilige des Evangelii emotional verbundenen Familien ins Stammbuch schreibt:

„Meinet ihr, daß ich hergekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht. Denn von nun an werden fünf in einem Hause uneins sein, drei wider zwei, und zwei wider drei. Es wird sein der Vater wider den Sohn, und der Sohn wider den Vater; die Mutter wider die Tochter, und die Tochter wider die Mutter; die Schwiegermutter wider die Schwiegertochter, und die Schwiegertochter wider die Schwiegermutter.“

Im religiösen Kapitalismus und seinen Drillschulen hasst man die solidarische Familie. Wer sich gegenseitig hilft, braucht keinen Erlöser. Echte solidarische Politik macht jede Gnadenwirkung überflüssig. Familie ist nicht nur keine Erfindung des Christentums, sie ist das genaue Gegenteil eines Erlösers, der seine eigene Mutter hochmütig abweist und nur jene Menschen als Jünger akzeptiert, die alle Brücken zu ihren gewachsenen Gefühlsbeziehungen abbrechen:

„Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: HERR, erlaube mir, daß ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe. Aber Jesus sprach zu ihm: Laß die Toten ihre Toten begraben; gehe du aber hin und verkündige das Reich Gottes! Und ein anderer sprach: HERR, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, daß ich einen Abschied mache mit denen, die in meinem Hause sind. Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.“

Abbruch aller natürlichen Gemütsbeziehungen ist die erste Voraussetzung der religiösen und kapitalistischen Nachfolge. Wer sich solidarisch mit seinen Kindern zeigt, macht sich der Sünde der „Einmischung, Umklammerung, Überbehütung“ schuldig:

„All dies kann aus Kraus‘ Sicht fatale Folgen haben, nicht nur für die „gepamperten“ Kinder, sondern für die gesamte Gesellschaft. Er geht sogar so weit, dass er den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat gefährdet sieht: «Lebten in ihm eines Tages nur noch gedrillte, verwöhnte, verschonte und überbehütete Menschen, würde dieses demokratische Gemeinwesen nicht mehr funktionieren, weil dann die tragfähige Basis fehlte.»“

Lebendige solidarische Urzellen sind die Feinde der Demokratie. Niemand soll sich für niemanden verantwortlich fühlen. Jeder eilt einsam und allein auf dem schmalen Weg John Bunyans ins Reich der Seligkeit oder in die Wonnen der kapitalistischen Naturzerstörung. Perverser kann die Umdrehung der Wahrheit nicht sein.

Es gibt Phänomene einer angstgesteuerten Überbehütung. Ist sie aus der Luft gegriffen? Ist sie nicht die verständliche Reaktion von Eltern, die sich für ihre Kinder verantwortlich fühlen und alles tun, was in ihrer Macht steht, um sie vor sozialer Deklassierung zu bewahren?

Furcht und Schrecken vor individuellem Versagen sind die Einpeitscher der kapitalistischen und religiösen Zwangsbeglückung. Eltern reagieren auf diese emotionale Pest mit leidenschaftlichem Engagement. Da können Fehler passieren wie in allen Schreckensszenarien. Doch die Schuld dieser Misere bei den Eltern zu suchen und nicht bei Ausbeutern und Priestern, ist niederträchtig und verwerflich.

Warum werden unsinnige Drillforderungen der Schule ständig erhöht? Um Angst und Schrecken der Kinder und Eltern kontinuierlich zu verstärken. Nur verängstigte Untertanen sind beliebig manipulierbar. Aus der Schule, dem Ort lustvollen Lernens, ist eine Angsterzeugungsmaschinerie geworden.

Die empirischen Lern-Ergebnisse dieser Kadettenanstalten sprechen gegen die Fähigkeit abrichtender Frontalpädagogik: die Jugendlichen wissen immer weniger über die Welt. Wirtschaft und Politik sind für sie ein unverständlicher und überkomplexer Bedrohungszusammenhang.

Überall Katastrophenmeldungen und keinerlei analytische Fähigkeiten, sich gegen die apokalyptischen Reiter zur Wehr zu setzen. Weder dürfen die Mechanismen menschenverderbender Religion noch die Verblendungen der Mächtigen auseinander genommen werden.

Wer nichts versteht, wehrt sich auch nicht gegen das drohende Verhängnis. In der Religion wurde den Gläubigen die Vernunft mit dem satanischen Besen ausgetrieben: Glaube, obwohl es absurd ist. Den Gefolgsleuten des heutigen Neoliberalismus wird eingetrichtert: Glaube, denn du verstehst nichts von Tuten und Blasen. Dein lächerliches Gehirn reicht nicht, um die unfehlbare Weisheit eines Marktes und die raffinierten Winkelzüge deiner Regierung nachzuvollziehen.

Warum hat die Kanzlerin alles Reden und Erklären längst eingestellt? Weil du zu dämlich bist, ihre luziden Erklärungen – wenn sie denn solche hätte – nachzuvollziehen. Wenn Merkel die nationale Helikoptermutter spielt, ist alles in Ordnung. Wenn normale Mütter sich um ihre Kinder sorgen, sind sie hysterisch.

In Wirtschaftsdingen solle der Staat sich strikt raushalten, davon verstünde er nichts. In Erziehungsdingen aber ist private Autonomie wie Pest und Cholera. Da soll der Staat alles regulieren – damit Vater und Mutter zu abendlichen Schlafliedersängern reduziert werden. Das Leben ihrer Kinder ist ihnen vollständig unbekannt.

Kinder und Eltern: sie müssen sich entfremden. Wenn sie sich nicht mehr verstehen, zerfällt die Familie. Ergo wird sie erneut gescholten, weil sie den Belastungen der Moderne nicht genüge. Dies nur der Tarnung nach. In Wirklichkeit freuen sich die Mächtigen, dass ihre Hauptgegner, die solidarischen Zellen, zu Nichts zerfallen. Umso leichteres Spiel haben sie.

Die Professoren der Pädagogik und Kinderpsychologie sind staatliche Beamte. Genügt dieser kleine Hinweis, um deren „wohlwollende Neutralität“ in Sachen Kapitalismus zu erklären? Ihre Seelenanalyse kennt keine „äußerlichen“ Faktoren. Dass Familien die gesamte Last einer Gesellschaft tragen müssen, wusste noch Erich Fromm. War das nicht zu Zeiten der Neandertaler?

Warum müssen die Ordinarien ständig Drittmittel eintreiben, wenn nicht zum Zweck der noch innigeren Abhängigkeit von Reichen und Mächtigen? Die Wissenschaft ist zum käuflichen Instrument der Eliten geworden.

Wer ist Reiner Dulger, Geschäftsführer eines Familienunternehmens?

„Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nach Grundschule, Gymnasium und Wehrdienst studierte er an der Universität Kaiserslautern, Fachbereich Maschinenwesen, Vertiefungsrichtung Fertigungstechnik und Feinwerktechnik. Nach einer Tätigkeit bei der Audi AG, Ingolstadt, folgte zwischen 1994 und 1998 eine berufsbegleitende Promotion an der Universität Kaiserslautern, die er als Doktor der Ingenieurwissenschaften abschloss. Der parteilose Rainer Dulger war auf Vorschlag der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg Mitglied der 14. Bundesversammlung. Dulger ist Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Merowingia Kaiserslautern.“

Dulger ist nicht nur Maschinenflüsterer, als solcher ist er auch prädestiniert, alle Fragen der Verträglichkeit von Ehe und Beruf aus dem Effeff zu verstehen. Er ist deutscher Meister im Kinder- und Frauenverstehen. Wie ist diese Genialität zu erklären?

Dulger versteht Maschinen, ergo versteht er Menschen. Denn Menschen sind zu Maschinen geworden. Zugegeben: schlecht programmierten Maschinen. Doch die Programmierer arbeiten dran. Bald werden ihre IQ-Roboter ambulante Ethiker und einfühlsame Sozialarbeiter sein. Intelligenter und empathischer als alle Philosophen und Psychologen zusammen. Dulger hält sich für berechtigt, den Widerstand nicht arbeitswilliger Eltern – vor allem der Mütter – als verkrampft und moralisierend zu verhöhnen.

„Deutschland hat eine völlig verkrampfte Haltung im Umgang mit Müttern. Dauernd wird moralisiert. Eine Mutter, die eine Dienstreise unternimmt, wird zuerst gefragt: Wo ist dein Kind? Wer kümmert sich? Wenn die Frau dann antwortet, dass das Kind in der Kita übernachtet, dann springt die Mehrheit der Deutschen auf und ruft: „Rabenmutter!“ Unser Mutterbild ist viel zu überfrachtet.“

In Frankreich, so Dulger, sei alles ganz anders. Dort werden die Kinder – wenn‘s geht, schon während der Schwangerschaft – bei den rigiden Kitas abgegeben.

Frankreichs Zentralismus hat Ähnlichkeiten mit dem Sozialismus: Kinder? Ab in die Kollektive. Die französische Frau will nicht nur arbeiten, sie will – im Auge der Männer – noch weiterhin schlank und begehrenswert sein. Kinder dürfen dieses hehre Ziel nicht unterlaufen.

Dulger scheint Elisabeth Badinter gelesen zu haben, jene Beauvoir-Schülerin und Feministin aus höchsten Kreisen, die den Deutschen einen uralten Mutterkult vorwirft. Den gab es tatsächlich. Doch die deutsche Mutter – siehe Urmutter Merkel – war nie ein feministischer Gegenentwurf gegen die Herrschaft der Männer. Die Mutter war eine Imitation der Gottesmutter, eine reine Phantasmagorie des Mannes, um ein gebärtüchtiges Weib zu besitzen, das die Vorherrschaft des Mannes niemals anzweifelt.

Badinter war in der Wahl der Simone de Beauvoir als Mentorin in feministischen Fragen schlecht beraten. Die Gefährtin und lebenslange Bewunderin Jean Paul Sartres entwarf ein Frauenbild, das – man glaubt es nicht – dem großen Vorbild des männlichen Philosophen folgen sollte. Die emanzipierte Frau wurde zur Imitation eines großen Mannes.

Marilyn French – die ein wunderbares Buch über die befreite Frau geschrieben hat („Jenseits der Macht. Frauen, Männer und Moral“), konstatierte knapp:

„Simone de Beauvoirs Buch „Das andere Geschlecht“ hatte den Stolz der Frauen auf jede Form traditioneller Weiblichkeit vergällt – ohne ihnen eine andere Alternative anzubieten, als diese Weiblichkeit zu verleugnen (zu „transzendieren“)“.

Ihren unterdrückten Rollen entkommen die Frauen, wenn sie sie in Richtung des genialen Mannes transzendieren (übersteigen). Göttliche Transzendenz aber ist für Marilyn French der Hauptbegriff frauenfeindlicher männliche Übermacht. Beauvoirs Rat lautete: Frauen, wenn ihr nicht werdet wie mein genialer Jean Paul, werdet ihr das Reich der Männer nie erobern.

Warum ist der deutsche Feminismus am Boden zerstört? Weil auch Alice Schwarzer als gehorsame Schülerin der Beauvoir begann. Schwarzer transzendiert in den letzten Jahren vermehrt ins Revier der Männer – indem sie deren Steuertricks imitiert.

Das deutsche Mutterbild war nie eine Kampfansage an die Herrschaft der Männer. Bei Badinter kommt der Begriff Kapitalismus gar nicht vor. Sie will eine wirtschaftsverträgliche Mutter, die sich früh von ihrem Kind trennt und ein vom Kind separiertes Leben beginnt. Ob die französischen Kinder diesen Kurs für richtig halten, darf bezweifelt werden. Obgleich alle Kinder der Welt – gleichgültig, wie schlecht sie behandelt werden – ihre Eltern schützen müssen. Kinder wollen keine moralischen Versager als Eltern. Da sie großmütig und einfühlsam sind, verteidigen sie ihre schlimmsten Peiniger. Selbst der Sohn Gottes verzieh seinem Vater, der ihn zu schlimmsten Leiden verurteilt hatte: Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.

Ist Dulger ein guter Vater? Das weiß er nicht. „Fragen Sie meine Kinder“. Klar, dass die Kinder ihren Vater in Schutz nehmen würden. Hierauf erfolgt das stereotype Bußgeständnis ohne tätige Reue: natürlich habe er ein schlechtes Gewissen, dass er seine Kinder vernachlässigt habe. Was andere Dulgers an dieser Stelle vervollständigen: wenn sie schon ihre Kinder vernachlässigten, so haben sie doch ein Familienunternehmen zu bieten, das die Petitessen pädagogischer Defizite mit Aktien und industrieller Macht ausgleichen könne. Mit anderen Worten: menschliche Schwächen lassen sich mit Geld allemal kompensieren.

Dulgers Menschenverachtung entspringt dem Überlegenheitsgefühl des Maschinenerfinders, der seine Roboter als menschenüberlegene Menschmaschinen vergötzt. „Den Menschmaschinen wird von ihren Erfindern „Entwicklungsfähigkeit“ zuerkannt, nicht aber den Menschen.“ (So Friedrich Wagner in „Die Wissenschaft und die gefährdete Welt“) Dulger verachtet die realen Menschen mit ihrer wirtschaftsfeindlichen Starre. Wären sie so intelligent und flexibel, wie er sich intelligente Maschinen vorstellt, hätten sie sich den Erfordernissen der Konkurrenzwirtschaft längst unterworfen.

Naturwissenschaftler, Techniker und Mammonisten übernehmen auf allen Gebieten des menschlichen Lebens das Ruder. Der Kapitalismus steht vor dem höchsten Triumph seiner Geschichte. Schon sind sie die erfolgreichsten Hirnforscher, Pädagogen und Kinderpsychologen, die am besten wissen, was Müttern und Kindern nottut.

Der irrationale Mensch hat keine Chance vor der rationalen Intelligenzmaschine der Zukunft. Die Moral der emotionalen Familienzelle, des letzten Relikts der matriarchalischen Sippe, hat sich der Erwerbsmoral der Maschine ergeben. Das mütterliche Revier lebendiger Gefühle muss geschleift werden. Zugunsten der Machttugenden der Männer.

„Menschlichkeit ist die Tugend der Frau, Edelmut die des Mannes“, hatte Adam Smith die Kluft zwischen weiblicher und männlicher Moral beschrieben. Naiv und gutgläubig hatte er noch von edlem Mut gesprochen. Längst wurde der Mut der Männer vom Gang des Kapitalismus als grenzenlose Aggression gegen Mensch und Natur demaskiert.