Kategorien
Tagesmail

Der Kalte Krieg kehrt wieder

Hello, Freunde der Russen,

Vorsicht vor Putin. Er ist Wolf im Schafspelz. Er ist böse, obgleich er Gutes tut. Er ist ein Zar, der Gnade übt und morgen das Todesurteil fällt. (Vorsicht vor dem Christengott, der heute Gnade übt und morgen in die Hölle verweist!) Vorsicht vor Putin. Er ist Wolf im Schafspelz. Vorsicht vor Putin. Vorsicht, Vorsicht. Die Russen kommen.

Vertrauen in Obama. Er ist Schaf im Wolfspelz. Er ist gut, obgleich er Böses tut. Er ist der mächtigste Mann der Welt, der heute – um der guten Sache willen – zuschlagen muss und morgen in Gnaden die Welt rettet. (Vertrauen in Gott, der die Welt hasst und in Stücke schlagen wird, aber in Liebe.) Vertrauen in Obama. Er ist Schaf im Wolfspelz. Vertrauen in Obama. Vertrauen, Vertrauen. Kniet nieder vor dem gewaltigen Redner mit dem Gnadenschein.

Nehmt den Milliardär auf, er mag zu seinem Geld gekommen sein, wie er will: er ist Opfer Putins, als Opfer Putins muss er uns heilig sein.

Nehmt den Enthüller nicht auf. Er mag noch so gute demokratische Gründe haben: er ist Täter. Denn er ist Feind des guten Obama. Also muss er uns verhasst sein.

Die Mauer ist gefallen, der Kalte Krieg lebt. Das Gott-Teufel-Schema dominiert wieder unser Feind-Freund-Denken.

Freunde sind weiß, und wären sie noch so schwarz – wir stehen in rückhaltloser, bedingungsloser, blinder, devoter Loyalität zu Amerika-Israel.

Feinde sind schwarz, und wenn sie noch so weiß wären – wir geifern in

blindwütiger wutschäumender Feindschaft gegen zaristische Ex-Sozialisten, die mit ihren neuen Geldern den Westen überschwemmen – und wären sie noch so orthodox. (Diese asiatische Orthodoxie hat zum aufgeklärten westlichen Christentum noch nie gepasst.) Es sei, sie bezahlen uns in Cash, dann preisen wir sie als lupenreine Demokraten.

Bettina Gaus und Jakob Augstein zur Regression des Westens ins Kalte-Krieg-Schema.

Wozu ist Weihnachten gut, wenn nicht zu klarer geistlicher Kursbestimmung?

Der Osten ist der Osten und spricht nicht die geistdurchflutete Sprache des Westens. Chinesen fühlen sich an ihre Rede nicht gebunden. Man kann sich auf ihr Wort nicht verlassen. Sie schmähen den westlichen Schöpfergott, singen nicht seine Menschenrechtslieder, die auf dem Humus des Kreuzes und der Nächstenliebe gewachsen sind – und nicht auf heidnischem Boden chinesischer Philosophie.

„Für Ostasiaten hingegen ist der Vertragsabschluss nicht das Ende, sondern der Anfang von Verhandlungen, nämlich darüber, wie der Vertrag mit Leben zu füllen sei.“ Ostasiaten machen aus ihren Zusagen, was sie wollen. Weil sie den eindeutigen westlichen Schöpfergott nicht kennen, der zu seinem Wort steht.

„«Alles gut und recht mit der Schöpfungsgeschichte. Aber, wer zum Teufel ist der Schöpfer?» So fragte ein lebenserfahrener chinesischer Professor in einer Diskussion, in der es um die für die westliche Gesellschaft prägende Vorstellung ging, dass der Schöpfer alle Menschen gleich erschaffen hat, weswegen alle Menschen gleiche unveräußerliche Grund- und Bürgerrechte haben sollen.“

Nun gibt es schon so lange die menschheitsverbindende westliche Wirtschaft in der Welt. Hat‘s der Welt genutzt? Der gottlose Osten blieb gottloser Osten. Zwischen Ost und West klaffen Welten. Da helfen keine oberflächlichen Wirtschaftsverbindungen:

„Obwohl seit dem Zweiten Weltkrieg die Globalisierung nationale Volkswirtschaften vernetzte, blieben ferne Welten fremde Welten mit anderen Kulturen, anderem Moral- und Rechtsverständnis. Daraus ergeben sich in der Praxis internationaler Aktivitäten einige Probleme.“

Wer sich schon im Glauben nicht versteht, der lebt in getrennten Welten. Oberflächliche Übersetzungen der Sprache nützen nichts. Goethe war ein sentimentaler Faun, sein west-östlicher Divan muss umgeschrieben werden:

Wer sich selbst und andere kennt,

Wird auch hier erkennen:

Orient und Okzident

Sind für immer zu trennen.

„Entsprechend anders werden in West und Ost die Fragen beantwortet, was man tun darf, was zu lassen sei, welches Gewicht Einzelne in und gegenüber der Gesellschaft haben sollen und inwieweit Menschenrechte und die Würde des Menschen unantastbar sind.“

Wer den Schöpfer nicht anerkennt, ist ein Leugner aller Grund- und Bürgerrechte. An sein gegebenes Wort fühlt er sich nicht gebunden.

So kann es nicht mehr weiter gehen. Die schöpfergeleitete Sanftmut des Westens muss überdacht werden. Mit friedlicher Wirtschaft wird es nicht weiter gehen können:

„Der Westen wird sich etwas einfallen lassen müssen, um seine Sicht der Welt, der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie, der Freiheit und dem universalen Schutz unveräußerlicher Menschen- und Bürgerrechte als Maß aller Dinge bewahren zu können.“

„Der Westen wird sich etwas einfallen lassen müssen“: so begannen in früheren Zeiten die Kriegserklärungen. Was fällt uns dazu nur ein? Ein kleiner Kreuzzug? Genügt ein Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen, um den Asiaten ein Warnsignal zu senden? Es wird Zeit, dass glaubensbestimmte Unmissverständlichkeit und schöpferhafte Bekenntnisfreude die Arena der Weltpolitik bestimmen. Deus lo volt.

Professor Straubhaar hat seine wahre Herzensdisziplin entdeckt. Unter dem Schafspelz des Ökonomen ist er theologischer Abendländer, ein Kalter Krieger, der aus den Kyffhäusern auferstanden ist.  (Thomas Straubhaar in der WELT)

Weihnachten ist das Fest abendländischer Selbstvergewisserung. Wer nicht an die Geburt des Sohnes glaubt, sollte gar nicht konsumieren dürfen. Er gehört nicht zur Gemeinde der Schöpfergläubigen.

Das Fest der Feste selektiert mit dem Repetiergewehr. Unterm Weihnachtsbaum fassten die deutschen Soldaten in den Schützengräben des Ersten und Zweiten Weltkrieges neuen Mut zum Glaubenskampf gegen weltliche Franzosen und gottlose Bolschewiken. In den Villen der KZ-Schergen vergewisserten sich deutsche Jesuaner, dass sie zu Recht die Feinde des Gekreuzigten in die Hölle schickten.

Weihnachten war das totalitäre Ertüchtigungsfest an sich, für sich und an und für sich. Keine Reden von Goebbels und Hitler konnten die Zuversicht zum ehrenwerten Völkermorden im Herzen der 1000-jährigen Herren so entzünden wie der traute Lichterglanz unterm Baum.

Wer sich der Gottwerdung in Armut und Niedrigkeit verweigerte, der musste in Reichtum füsiliert werden. Der Glaube an Erlösung durch Demut und Selbsterniedrigung ermächtigte zur Auferstehung in Allmacht, Weltherrschaft und apokalyptischer Endreinigung.

Wie lautet die Bergpredigt in Klartext?

Wehe den Reichen im Geiste, ihrer ist das Reich der Hölle.

Wehe den Lachenden, denn sie werden heulen.

Verflucht sind die knallharten Interessenpolitiker, denn sie werden brot- und eigentumslos werden.

Verflucht sind, die nicht nur nach Gerechtigkeit hungern, sondern sie realisieren. Denn sie werden hungern müssen.

Wehe den Konsequenten, denn sie werden konsequent und gnadenlos niedergemacht.

Wehe denen, die unsaubere Gefühle und Bedürfnisse haben, denn sie werden den Beelzebub schauen.

Wehe den abendländischen NATO-Kriegern, denn sie werden Söhne des Teufels heißen.

Verflucht sind, die um der Gerechtigkeit willen nicht verfolgt wurden, weil sie rechtzeitig für irdische Gerechtigkeit sorgten, denn ihrer ist das Reich der Hölle.

Verflucht seid ihr, wenn man euch nicht schmäht und verfolgt, nicht alles Arge um meinetwillen redet, sondern euch anerkennt, liebt und ehrt, weil ihr Menschen seid.

Wehe euch, ihr Reichen, denn ihr habt eure guten Tage gehabt.

Wohlan, ihr Reichen, weinet und jammert über die Drangsale, die über euch hereinbrechen. Euer Reichtum ist verfault und eure Kleider sind von Motten zerfressen. Euer Gold und Silber ist verrostet und ihr Rost wird zum Zeugnis wider euch sein und euer Fleisch verzehren wie Feuer.

Wehe euch, die ihr jetzt satt seid, denn ihr werdet hungern.

Wehe euch, die ihr jetzt lacht, denn ihr werdet trauern und weinen.

Euer Lachen verkehre sich in Trauer und eure Freude in Niedergeschlagenheit.

Wehe euch, wenn alle Menschen gut von euch reden; denn ebenso taten ihre Väter den falschen Propheten.

Wisset ihr nicht, ihr Abtrünnigen, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft wider Gott ist? Wer also Freund der Welt sein will, der erweist sich als Feind Gottes.

Heult und schlottert vor Angst, denn eure Strafe wird gross sein in der Hölle.

Seligpreisungen sind die Vorderseite, Weherufe und Verfluchungen die Kehrseite der Bergpredigt. Wenige werden belohnt, die massa perditionis (die Masse der Verdammten) wird in alle Ewigkeit bestraft.

Wer arm ist auf Erden, ist im Jenseits reich. Wie heißt die Herrschaftssphäre Gottes? Reich Gottes. Im reichen Reich Gottes gibt es keine Armen. Die irdischen Armen mutieren zu jenseitigen Tycoons. Der Kapitalismus siegt in alle Ewigkeit. Dank einer Botschaft, die sich hier antikapitalistisch gibt.

Wir müssten von einem transzendenten Reich der Superreichen sprechen. Die irdischen Reichen sind nur Dummköpfe, die nicht wissen, dass man eine kleine irdische Zeit die schnell vorüberziehende Bürde der Armut auf sich nimmt, um den goldenen Lorbeerkranz zu erringen.

Die gepriesene Armut ist ein Instrument, keine Tugend. Mit Hilfe der Armut werde ich für immer reich. Denn sie werden die Erde besitzen. Denn ihrer ist das Reich der Himmel. Denn sie werden Gott schauen. „Das Goldene Jerusalem ist reines Gold gleich reinem Glas. Die Grundsteine der Mauer der Stadt sind aus Edelsteinen jeder Art köstlich bereitet.“

Franziskus ist kein Freund der Armut, sondern habgierig nach dem wahren Reichtum im Jenseits. Er giert nach Schätzen, die nicht verrotten. Oh, nein, nicht nur nach geistigen Schätzen. Gott ist Herr und Alleinbesitzer des ganzen Universums. Geistiges und Materielles sind bei ihm ungeschieden.

Der Papst spottet über die blinden Reichen auf Erden, die nicht imstande sind, hier ein wenig asketisch zu sein, um für immer reich zu werden. Freud würde von Befriedigungsaufschub sprechen. Wartet ein Weilchen, ertragt die leichten Initiationsriten – mein Joch ist sanft – und im Nu werdet ihr im Hause des Vaters alle Freuden des Himmels genießen. Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als ein Reicher ins Himmelreich. Wohin geht denn der Reiche? Ins Höllenreich.

Ist rationale Kapitalismuskritik eine Racheorgie an dummen Reichen? Wünschen linke Revoluzzer alle Ausbeuter in die Hölle – und dann hat die Marx‘sche Seele ihre Ruh? Dann wäre nicht nur Christentum eine einzige Racheorgie, sondern auch der Antikapitalismus beruhte auf einem menschenfeindlichen Ressentiment.

Bestehen antikapitalistische Hoffnungen darin, den Reichen jene Leiden an den Hals zu wünschen, die die Entrechteten und Gedemütigten auf Erden erleiden müssen? Wenn dies der Kern der linken Kapitalismuskritik wäre – er ist es –, dann darf man sich nicht wunden, dass erwachsene Leute eine solch reaktionäre Menschenfeindlichkeit nicht mehr guten Gewissens vertreten können. Selbst bei orthodoxen DKPlern hat sich offenbar herumgesprochen, dass Ausbeuter Menschen sind.

Was wäre das für eine Revolution, die nur die Ausbeuter austauschte, anstatt die ganze Klasse zu eliminieren? Gerechtigkeit ist nicht Rache an Reichen, sondern Abschaffen von demütigender Armut und übermächtigem Reichtum.

Eine stabile Demokratie besteht aus Gleichwertigen, nicht aus Ungleichwertigen, wo Überwertige den Minderwertigen die Lebensweise vorschreiben. Es geht nicht um Uniformität quantitativer Bedingungen, sondern um Herstellen von Gleichheit, in der quantitative Unterschiede belanglos geworden sind. Gleich, welches Konto einer besitzt, er hat denselben Respekt verdient wie ein anderer mit anderem Konto.

Im Gleichnis vom armen Lazarus wird die Racheorgie der Erlöser zum literarischen Ereignis. Der Arme sitzt nach dem Tode in Abrahams Schoss, der Reiche wurde im Totenreich von Qualen geplagt. Flehentlich bittet er den Armen, er möge für ihn um Gnade und Erleichterung bitten. Soll der Himmel seine Nächsten nicht lieben wie sich selbst? Die Antwort könnte in ihrer „patriarchalen Güte“ nicht höhnischer und unbarmherziger sein:

„Kind (!!!), gedenke daran, dass du in deinem Leben dein Gutes empfangen hast und Lazarus das Böse. Jetzt dagegen wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. Und bei alledem besteht zwischen uns und euch eine grosse Kluft, damit die, welche von hier zu euch hinübergehen wollen, es nicht vermögen, noch die, welche dort sind, zu uns herübergelangen können.“

Unversöhnliche Racheorgien sind der Kern der christlichen Liebesreligion. Da müsste jeder wahre Menschenfreund auf den Tisch donnern und erklären: lieber aufrecht und reich in die Hölle als sich mit Armutsgeschleime den Himmel zu erkaufen.

Die gesamte Kapitalismuskritik, vor allem bei den Deutschen, ist eine ökonomisch verkappte christliche Rachephantasie an den Reichen. Das Christentum will die Mitglieder der Klassen austauschen, nicht aber die Klassen abschaffen. Es will alles andere als gleichberechtigte und autonome Demokraten auf Erden. Sondern lohn- und strafe-abhängige Knechte des Himmels.

Zur Hölle mit diesen religiösen Hassgesängen auf die Reichen, die im Jenseits ihre verdiente Abreibung erhalten sollen. Mit nüchternem Menschenverstand und irdischen Gerechtigkeitsvorstellungen haben diese Fieberträume von Paranoiden nichts gemein. Jede Reformverheißung im Namen eines Jenseits ist ein Betrug an den Menschen im Diesseits.

Armut ist für Christen ein Mittel zum Zweck. Der Zweck ist eindeutig: reich werden. Und zwar für immer. Lieber eine kurze Zeit darben, um für alle Zeiten reich zu werden. Paulus spricht es schonungslos aus: „Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, obwohl er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“

Es kann keine Rede davon sein, dass Reichsein auf Erden an sich verdammt wäre. Die Reichen sollen sich ihres Reichtums nur nicht rühmen, als seien sie Herr ihres Schicksals. „Es rühme sich aber der Bruder, der niedrig ist, seiner Hoheit, der Reiche aber seiner Niedrigkeit; denn wie die Blume des Grases wird er vergehen.“ „Den Reichen in der jetzigen Welt gebiete, dass sie nicht hochmütig seien, noch ihre Hoffnung auf den unsichern Reichtum setzen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet zum Genuss.“

Das Christentum kümmert sich nicht mehr um die Angelegenheiten der Welt, denn die Welt wird vorübergehen. Gerechtigkeit auf Erden? Unsinn. Der Messias wird die ganze Welt von Grund auf erneuern – wenn er kommt. Bis dahin heißt es: harret und wachet. Was ihr auf Eden tut, ist belanglos.

Die Große Sanierung wird erst kommen mit dem Großen Heiland. Was auch immer auf Erden passiert, es ist in Seufzen und Beten hinzunehmen. Die hiesige Welt ist nicht reformierbar. Sie muss in Stücke zerschlagen werden, um sie von Grund auf aus Nichts zu erschaffen. Das ist die zweite Natur, der neue Himmel und die neue Erde.

An Weihnachten kam ein Gottessohn zur Welt, der sich in armen Windeln versteckte, um seine epochale Ankunft durch unüberbietbares Understatement vorzubereiten. Je geringer und glanzloser die Ouvertüre, je bombastischer das Finale.

Noch immer spielt der christliche Westen sein Tarnungsspiel und tut, als sei er in Armut und Erfolglosigkeit vernarrt. So kann er von seiner realen Macht ablenken, sich mit falschen Tugenden schmücken, um eines Tages in Allmacht rauszukommen.

Groß rausgekommen ist er längst. Von der Welt erwartet er, dass sie seine Großmachtallüren durchgehen lässt. Ist er genau besehen nicht noch immer schwach und ohnmächtig? Von sich erwartet er, dass er im Schutz falscher Kulissen die Herrschaft der Welt erobere, um sie dem Herrn bei seiner Ankunft als komplettes Geschenk zu übergeben.

„Schon seid ihr reich geworden, ohne uns seid ihr zum Herrschen gekommen. Und möchtet ihr doch zum Herrschen gekommen sein, damit auch wir mit euch zum Herrschen kämen.“