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Alles hat keine Zeit LXXXIV

Tagesmail vom 26.02.2021

Alles hat keine Zeit LXXXIV,

„Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.“ (Augustin)

Fernweh der Deutschen – wenn die Frühlingssonne zum ersten Mal durch die Wolken bricht. Die Enge ihrer Herkunft ertragen sie nicht mehr, es zieht sie hinaus in die Welt. Je weiter sie ihre irdische Heimat hinter sich lassen, je mehr erblicken sie am Horizont die Umrisse der himmlischen.

Das Leben, es ist von Geburt bis zum Tode eine Reise zurück zum Ursprung. Kinder sind keine Früchte der Natur. Aus einem jenseitigen Reich wurden sie zur Strafe – niemand weiß, warum – auf die Erde verbannt, so Platon, der Vorbereiter der Frohen Botschaft. Doch vergeblich, sie werden nicht zur Ruhe kommen, bevor sie ihre überirdische Natur nicht gefunden haben.

„Was bist du gebeugt, meine Seele, und so unruhig in mir? Harre auf Gott.“

„Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“

Ruhe finden im Getriebe des Erdendaseins dürfen sie nicht. Sie müssen rennen und hasten, bis sie der sinnlichen Welt entkommen und im Schoß des Vaters landen.

Ungefragt wurden sie auf die Erde geworfen. Wenn sie sich aufmachen zur Reise in die Ferne, glauben sie, ihre Geworfenheit überwunden und ihr Selbst gefunden zu haben.

„Der Begriff der Geworfenheit bezeichnet die willkürliche, undurchsichtige und unwissbare Natur, die Faktizität des Daseins als konstitutive Bedingung des menschlichen Lebens. Heidegger spricht dabei auch von der Tatsache, da sein zu müssen.“

Wir müssen da sein, das Leben ist eine Strafe, der wir vergeblich zu entkommen hoffen. Das Leben im Kerker der undurchsichtigen und unwissbaren Natur endet erst im Tode. Ein Wissen von der Natur gibt es nicht. Naturwissenschaften betrügen die Menschen, wenn sie ihnen authentische Erkenntnisse von der Natur vorgaukeln.

Die Grübeleien der Denker sind beim Pöbel angekommen: gleich nach Ostern im Reisebüro buchen und nichts wie weg. Da, wo du nicht bist, da ist das Glück. Wie aber gelangt man dorthin, wo man selbst nicht sein darf?

Deutsche Wohnungen sind keine Lebensräume, sondern Kerker der Geworfenheit, Notunterkünfte der Arbeit. Corona bringt es an den Tag: deutsche Wohnungen sind keine Rückzugsorte der Geborgenheit, sondern begehbare Särge: zwei Schritte vor, zwei zurück, der Blick auf Grünes ist bereits Luxus. Kinder, hört auf, zu lärmen.

Das nächste Flugzeug suchen, ich bin dann mal weg. In Deutschland lebt man nicht. Man überbrückt das Vorlaufen zum Tod. Die Massen verpesten Mallorca, die Eliten kennen die besten und noch nicht überlaufenen Plätze der Welt.

„Als Fotograf möchte ich die Welt sehen und zeigen. Sie verändert sich so schnell, manche Traditionen werden vielleicht in zehn Jahren nicht mehr in ihrer Ursprünglichkeit existieren. Ich will sie dokumentieren, bevor sie aussterben oder nur noch für den Tourismus gepflegt werden.“ (SPIEGEL.de)

Das bleibt uns: die Welt dokumentieren, bevor sie stirbt. Wir werden vagabundierende Zeugen unseres eigenen Seins zum Tode. Doch für wen dokumentieren wir unser Leben, wenn niemand nach uns kommt, der die Dokumente lesen könnte?

Mitten im Leben
sind wir vom Tod umfangen.
Wer ist’s der uns Hilfe bringt?

Bevor alles zusammenbricht: buchen und nichts wie weg.

Die Romantiker ertrugen nicht mehr das Irdische, das die Aufklärer zum natürlichen Lebensort erklärt hatten. Zurück und vorwärts durch die Zeiten, in die Ferne, wo das Licht schien und die Menschheit noch immer „ihre Kinderjahre erlebte“?

Es schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab‘ ich mir heimlich gedacht:
Ach wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!
Sie sangen von Marmorbildern,
Von Gärten, die über’m Gestein
In dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondenschein,
Wo die Mädchen am Fenster lauschen,
Wann der Lauten Klang erwacht
Und die Brunnen verschlafen rauschen
In der prächtigen Sommernacht. (Eichendorff; Sehnsucht)

Das pralle Leben war immer abwesend. Es war da, wo die Geworfenen nicht waren, wo sie ganz andere Völker erlebten, die, vertraut mit der Natur, ein gemeinschaftliches Leben führten. Eine ungeheure Entdeckung. Zuerst zogen sie über die Alpen in den Süden, auf den Spuren ihrer Vorfahren, die den heiligen Mittelpunkt der Welt in Rom und die Metropolen der Schönheit gesucht hatten.

Dann immer mehr über die Donau in den Südosten und bis weit über den Orient bis nach Indien.

„Kennt ihr das Land, wo die jugendliche Menschheit ihre frohen Kinderjahre lebte? … Nach dem Morgenlande, an die Ufer des Ganges und Indus, da fühlt unser Gemüt von einem geheimen Zuge sich hingezogen.“

Novalis nannte Deutschland den Orient Europas – und sprach von der „frommen Zuversicht, dass die stille, geistige Bildung dieses Landes seinen Bewohnern im Laufe der Zeit notwendig ein Übergewicht über die anderen, durch Krieg, Spekulation und Parteigeist beschäftigten Nationen geben müsse.“ (zit. in Rudolf Haym, Die Romantische Schule) .

Woher kam die befremdliche Wendung von der Bewunderung für die überlegene Ferne – zur deutschen Überlegenheit über alles Fremde?

Das war die Wende von der kosmopolitischen Aufklärung zur schnell wachsenden Überlegenheit der Deutschen über den Rest der Welt, die bei Fichte in der Selbstvergottung gipfelte: die deutsche Nation wird zum Messias der Welt. Das war der Ursprung des deutschen Verhängnisses, das 200 Jahre benötigte, um sein Gift zum Verderben der Völker auszubrüten.

Die Aufklärer vertraten die generelle Gleichheit aller Menschen. Hier begann die Entwicklung der europäischen Nationen zu Demokratien und der Anerkennung der Menschen- und Völkerrechte. Leuchtendes Vorbild dieser Entwicklung war die junge amerikanische Nation.

Gleichwohl machte man den Aufklärern den Vorwurf, mit der universellen Norm der Vernunft und Menschenrechte würden sie alle Menschen und Nationen, die diesen Maßstäben nicht genügten, zu Wesen zweiter Klasse degradieren.

Eben dies war der Anstoß für die jungen Romantiker, alles Menschliche in seiner unverwechselbaren Eigenartigkeit zu würdigen. Das war vor allem das Verdienst Herders, der, in Abwendung von Kant, die Poesie der Völker sammelte und alles in seiner nationalen Eigenart zu würdigen suchte. Alles war verschieden, aber alles von gleichem Wert.

Die Romantiker wollten verstehen, nicht richten. Die Kritik der Aufklärer wurde als Richten empfunden, das in der Schrift verboten war. Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Schleiermacher entwickelte die Grundsätze der Hermeneutik, zuerst als Deutungskünste der Bibel. Sie wollten verstehen, aber nicht beurteilen – im Gegensatz zu ihren Aufklärungsvätern, die hart beurteilten, aber zu wenig verstanden, so ihre Kritiker.

Bewerten ohne verstehen, verstehen ohne bewerten: das Dilemma der Deutschen bis heute, inzwischen so verschärft, dass heute weder verstanden, noch beurteilt wird. Als die Postmoderne den Begriff der Wahrheit eliminierte: was kann dann noch beurteilt werden, wenn es keine objektiven Wahrheiten zu beurteilen gibt?

Desgleichen: verstehen ist nur möglich, wenn man die Eigenartigkeit des Anderen erfassen und bewerten kann. Wie aber kann ich das Besondere erfassen, wenn ich keine allgemeinen Maßstäbe habe, um den Abstand des Besonderen vom Allgemeinen zu ermessen? Ohne Objektivität keine verstehbare Subjektivität.

Heute ist alles ein einziger Brei. Eine Suche nach der Wahrheit gibt es nicht, also kann es keine Prüfung der Wahrheit geben. Verstehen muss ich nichts, denn wie kann ich dem Individuellen nachspüren, wenn es kein Allgemeines und Objektives gibt?

Über Kunst und Geschmack müssen wir uns nicht streiten. In Wissenschaft und Politik hingegen müssen wir uns klar und scharf auseinandersetzen. Wer Demokratie für die menschlichste aller Gesellschaftsformen hält, muss sich mit jedem anlegen, der sie in ein totalitäres Gebilde entstellen will.

Verstanden wird heute nichts. Das Böse etwa darf keine Ursachen haben. Wer es verstehen will, will es nur rechtfertigen. „Eine Tat aus purem Hass“: so klingen offizielle Stellungnahmen, die in ihrer Verachtung durch niemanden übertroffen werden sollen. Dass das Böse „grundlose“ Erbsünde zu sein hat, nicht Verirrung einer missratenen Seele, ist für Christen ein Glaubensbekenntnis. Weshalb der Kampf gegen Kriminalität, Terrorismus oder Antisemitismus mit polizeilichen Maßnahmen nie an die Wurzel der Übel gehen kann.

Jüngstes Beispiel: mit dem Bau einer Synagoge will Hamburg ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen. Moshe Zimmermann und andere protestieren gegen das Projekt:

Der Spruch: »Gegen Antisemitismus – Für eine neue Synagoge“, mit dem in Hamburg für den Wiederaufbau einer Synagoge geworben werde, sei »falsch und irreführend«, heißt es in seinem Schreiben. »Wer dem Antisemitismus entgegentreten will, wird mit einem Bau natürlich nichts erreichen, und ein Gegner eines solchen Vorhabens sollte auch nicht zwangsläufig als Antisemit abgestempelt werden. … Anstatt eine riesige Geldsumme zu verwenden, um das Judentum zur Schau zu stellen, wäre es nicht sinnvoller, die Mittel zu kanalisieren, um nützlichere Elemente der jüdischen Kultur und Tradition zu entwickeln und zu fördern?“ (SPIEGEL.de)

Wer etwas verstehen und beurteilen will, muss seinen Wurzeln nachspüren. Das ist heute unmöglich. Die Historiker haben ihre Disziplin jedem Verstehen entzogen, weil sie, noch immer in Reaktion gegen den Hochmut der Aufklärung, darauf bestehen, dass jede Epoche „unmittelbar zu Gott“ ist.

Mit anderen Worten: Epochen sind so verschieden und einzigartig, dass sie keinem „zeitlosen“ Verständnis zugänglich sind. Das ist die Verschärfung von Herders Bewunderung der unterschiedlichen Kulturen. Was man nicht verstehen kann, kann man auch nicht bewundern. Der „Historismus“ als Beurteilungsverbot dessen, was war, ist der Vorläufer der medialen „Neutralität“, beurteilungslos zu schreiben, was ist.

Hinzu kommen die Punkte: a) gedenket nicht des Vergangenen und b) jede Schuld- und Ursachenforschung ist von Übel.

Ergo stellt niemand die Frage nach den Ursachen der gegenwärtigen Krise. Ergebnis: eine perfekte Nation geht unschuldig ihrem Verhängnis entgegen.

Die theologische Hermeneutik Schleiermachers war die Quelle aller gegenwärtigen Geistesverwirrung. Indem sich die Gottesgelehrten die Befugnis erteilten, die Schrift willkürlich zu deuten und den wörtlichen Text zu missachten, wurden Verstehen und Beurteilen überflüssig. Sie deuteten hinein, was ihnen beliebte und taten, als würden sie den neuen Sinn dem Text entnehmen.

Wollte man dies moralisch beurteilen, müsste man sagen: Willkür-Deutungen lügen das Blaue vom Himmel herunter. Großspurig reden sie von hermeneutischen Künsten, meinen aber nichts anderes als ihre Verfälschungen der Schrift.

Wer einen fremden Text postmodern verstehen will, kann die Meinungen des Autors ignorieren. Es genügt zu sagen: das Buch lässt sich auch ganz anders erzählen. Das Erzählen diverser Geschichten ist das Zentrum des deutschen Feuilletons. Dann wundern sich die Politjournalisten über die täglich wechselnden Erzählungen der Machthaber.

„Herr Minister, gestern sprachen sie das Gegenteil“. Standardisierte Antwort: „Die Umstände haben sich verändert, also ich mich auch“. Nach demselben Schema vergewaltigen Theologen ihre Heilige Schrift. In früheren Zeiten war das Heilige unberührbar und unveränderlich. Heute ist es zum Projektionsbuch der Weltgeschichte geworden. Nein, sie lügen nicht, sie deuten nur ad libitum. Wahrheit und Lüge sind spurlos aus Deutschland verschwunden. Ein wahrer Fortschritt – in autistischer Selbstverblendung.

Wie kam die Wende zustande, als die Romantiker dem Hochmut der besserwissenden Aufklärer durch Verstehen entkommen wollten?

Das Verstehen war eine echte Bereicherung und Fortführung der Aufklärung, die in der Tat viel zu beschäftigt war mit ihrem Kampf gegen Klerus und Fürsten, als dass sie das Missratene und Verderbliche durch Verstehen noch hätten ergründen können.

Just der Stolz auf ihre überlegene Verstehenskunst verwandelte  die weltbürgerliche Gesinnung der Romantiker in patriotisches Selbstgefühl. Sie waren es, die die Völker der Welt am besten verstanden, also waren sie selbst die Besten. Ihre Überlegenheit im Verstehen wurde zur missionarischen Pflicht, diese Völker aus ihrer Minderwertigkeit zu befreien. Die Deutschen wurden zu den Erlösern der Welt.

In den Worten eines Romantikers: „Universalität und Kosmopolitismus sind die wahre Eigentümlichkeit. Eben dieser Mangel einer bestimmten einseitigen Richtung, die uns einst gegen andere hat zurückstehen lassen, muss in der Folge notwendig die Überlegenheit auf unsere Seite bringen. (Das war ein Hieb gegen die arroganten französischen Aufklärer, gegen die sie lange nicht ankamen.) Das macht: wir erinnern uns mehr als andere Nationen an die ehemalige ursprüngliche Einheit Europas, und das aus dem Grunde: deutsche Völkerschaften waren ja die Stifter Europas, weshalb es unserer Nation vorbehalten ist, das erloschene Gefühl der Einheit dieses Weltteils dereinst wiederzuerwecken. Eine Bürgschaft liegt dafür im Charakter der Deutschen, in ihrer strengeren Sittlichkeit und biederen Redlichkeit.“

Heute begehren die Deutschen, wieder die Besten Europas zu sein. Aber nicht durch Sittlichkeit und Redlichkeit, sondern im Gegenteil. Über moralische Ammenmärchen sind sie hinaus. Diesen Kinderkram haben sie nicht mehr nötig. Bis vor kurzem gehörten sie zur Weltspitze in Wirtschaft und Wissenschaft. Aber jetzt geht’s bergab.

Warum? Indem sie ihre Überlegenheit nicht mehr auf Verstehen und Bewerten, auf sittliche Normen gründeten, sondern auf Berechenbares und Herstellbares, begannen sie die Fundamente ihrer Tüchtigkeit zu unterminieren. Das Ergebnis sehen wir in immer beängstigenderen Ausmaßen: Verfall und Dekadenz, wohin das Auge blickt.

Die Deutschen sind übermütig und fahrlässig geworden. Vor kurzem wähnten sie noch, sich ein Paradies erschaffen zu haben. Inzwischen gibt es Lug, Betrug, Schlamperei und Versagen auf allen Ebenen der Republik. Begonnen hat der Selbstbetrug mit der Meinung, sie hätten ihre Vergangenheit und die Ursachen ihrer Menschheitsverbrechen genug aufgearbeitet. Heute zeigt sich, dass sie sich mit ritualisiertem Entsetzen und öligen Phrasen zufrieden geben. Anstatt die Wurzeln des Dritten Reichs bis weit in die vergangenen Epochen der Geschichte auszugraben, haben sie begonnen, ihre Dichter und Denker zu verklären und von aller Schuld freizusprechen.

Sie streben wieder in die Fremde, aber nicht, um sie zu würdigen. Im Gegenteil: unter Ferne verstehen sie geographische Sensationen und das Degradieren der Völker zu ihren bezahlten Gastgebern. Zu Hause angekommen, hört man nichts von ihnen über Bereicherung durch das Fremde.

Deutsche lernen nichts, schon gar nicht von Nichtdeutschen. Ihre einstige Bewunderung für die Griechen haben sie längst in vermoderten Schwarten verschwinden lassen. Alles, was sie in den letzten Jahrzehnten veränderten, haben sie vom Ausland importiert. Besonders von Amerika.

Nicht aber die noch immer existierende Vorbildlichkeit der amerikanischen Demokratie, sondern nur den Habitus: alles ist erlaubt. Vergleichbar dem Übergang von Poppers strengen Regeln der Wahrheitssuche zur Fahrlässigkeit seines ehemaligen Freundes und späteren Widersachers Paul Feyerabend: alles ist erlaubt, erlaubt ist, was Erfolg hat.

Die Sehnsucht nach Italien war zwiegeteilt. Klassiker suchten die strengen Formen der Griechen, Romantiker das schiere Gegenteil:

„Sie suchten Üppigkeit, Überfluss, Sinnenglut; nicht Kultur, sondern zerstörte Kultur: Verwilderung, Auflösung. „Unter Trümmern und Blüten wollte ich alles und mich selbst vergessen.“ Es war ein Trieb wie der des Mannes nach dem Weibe, Trieb nach Rausch, Maß- und Regellosigkeit, wildwachsender Schönheit.“

Aus der schönen Fremden wird das Gegenteil: „Die schöne Ferne log. Die Ferne wird zum Symbol für das gefährliche, verlockende und verderbliche Prinzip im Menschen, das dunkle Reich der Leidenschaft und Sinnlichkeit, das man damals anfing, das Unbewusste zu nennen. Das Lockende wird zum Abgrund, der hinab zieht mit bleiernen Gewichten, die duftschwüle Zaubernacht, die die Sinne vernebelt.“ (zit. in Ricarda Huch, Die Romantik)

Wo stehen wir heute? Die Deutschen brüten in sich. Immer mehr lehnen sie das Andere ab. Fremde sind für sie keine Bereicherung, sondern Parasiten ihres Reichtums. Corona deckt die Verwahrlosung einer Nation auf, die davon lebt, dass sie das Fremde missbraucht, um dem Eigenen zu entfliehen.

Wer das Andere nicht schätzt, lässt das Eigene verderben. Wer Ruhe dem Jenseits vorbehält, verwüstet sein Leben mit Hast und Zerrissenheit.

Unser Herz bleibt unruhig, bis es Ruhe findet im Kreis heiterer Menschen.

Fortsetzung folgt.