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Sonntag, 18. März 2012 – Apanage

Hello, Freunde der Monarchie,

heute wählen ungewählte VIPs – früher Aristokraten genannt – den neuen Monarchen. Synchron übertragen auf allen privaten und öffentlichen Kanälen. (Kommentator der ARD ist der bewährte Adelsbeobachter Seelmann-Eggebert.)

Der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, Prinz Philip Kiril von Preußen, Pfarrer von Beruf, hat sich erfolgreich für die Wiedereinführung der Monarchie eingesetzt.

Königsfamilien vermittelten Stabilität, sie würden per Misstrauen oder durch Aufhebung der Immunität nicht aus dem Amt gejagt, erklärt der prinzliche Pastor, der in Zehdenick nördlich von Berlin lebt. Königsfamilien könnten besser das Herz der Menschen erreichen als ein Bundespräsident.

Ein Monarch könnte auch kein Schnäppchenjäger werden wie haltlose Aufsteiger, er habe seine großen Happen bereits über viele Jahrhunderte harmonisch zu einem stabilen Clankonzern zusammengefügt. Entweder habe er einen großen Familienbesitz oder eine Apanage. Von Freunden Geschenke anzunehmen, wäre unter seiner Würde.

Das wunderschöne Wort Apanage (heißt ursprünglich: mit Brot versorgen) ist eine Abfindung nichtregierender Adliger mit Landbesitz oder Geld zur Ermöglichung

eines standesgemäßen Lebens, äh, Lebenswandels. Normale Leute leben, Leute von Stand wandeln durchs Leben.

Der standesgemäß Abgefundene lebt nicht von Brot allein, es sollte schon ein kleines Schlösschen dabei sein. Man könnte von Stütze auf sehr hohem Niveau sprechen.

Ob Apanagierte nebenbei dazu verdienen dürfen, ob der Dazuverdienst vom Ehrensold abgezogen wird, hat kein Wikipedia-Artikel verraten.

Da jeder Mensch von Natur aus adlig, die Würde des Adels unantastbar ist, sollte man das BGE die Apanage des würdigen Menschen nennen und subito einführen. Sonst gibt’s eine Anklage in Karlsruhe wegen Verletzung des § 1 GG, die sich gewaschen hat.

Allerdings müsste zuvor geklärt werden, ob zur Würde des homo normalis Leben ausreicht oder Lebenswandel inbegriffen ist. Das wiederum hängt vom überaus komplexen Begriff standesgemäß ab. Ist Stand in normaler Würde inbegriffen oder muss er zusätzlich im Bürgermeisteramt beantragt werden?

Und wie hängt Ehre mit Würde zusammen? Ist Würde die Ehre des kleinen Mannes? Wenn zur Würde ein standesgemäßes Leben gehörte, stünde dann nicht jedem Menschen ein Würdesold zu? Wären dann nicht alle Ämter, die den Menschen den Würdesold aushändigen, indem sie die Empfänger ent-würdigen, verfassungsfeindliche Einrichtungen, die vom Verfassungsschutz überprüft, ja von der Polizei mit Hundestaffeln sofort gestürmt und geschlossen werden müssten?

Würdevolle, ehrenwerte und standesgemäße Antworten auf diese Fragen bitte an die adlige Redaktion.

Wenn Wandel von wandeln kommt, wandeln „zielloses umhergehen“ bedeutet, ist standesgemäßer Wandel ein zielloses umherirren. Der Staat bezahlt also funktions- und ziellos umherirrenden Adel aus dem Säckel des Volkes, äh, des Staates, äh, der öffentlichen Hand.

Vergessen wir bitte nicht, in einer Volksherrschaft – das ist, meine Schwestern und Brüder, die deutsche Übersetzung von Demokratie – gibt’s den Begriff Volksherrschaft nicht. Unglaublich, aber wahr. Hand aufs Herz, wann habt ihr, verehrte Geschwister, in den Edelfedergazetten zum letzten Mal das Wort Volksherrschaft gelesen?

Schon als jene hysterischen Ossis damals umanandt riefen: Wir sind das Volk, wurde es einem ganz mulmig ums Herz. Volk, war das nicht mal der erste Vorname von Land und Führer?

Warum haben diese graecomanen Analphabeten nicht standesgemäß gerufen: Wir sind der Demos? Oder der Kratos? Nein, dieser postsozialistische Pöbel weiß ja nicht einmal, was Pöbel auf Griechisch heißt. Sonst hätten sie schreien müssen: Wir sind der Ochlos. Ich möchte gar nicht wissen, was ein echter Sachse mit dem Wort Ochlos assoziiert.

In einer Volksherrschaft gibt’s nur Staat, Regierung und öffentliche Hand. Die werden alle vom Volk großzügig und mehr als standesgemäß, ja würdig, um nicht zu sagen ehrenvoll, subventioniert.

Igitt, was für ein schnödes Wort aus der Volkswirtschaft. Hab ich gerade Volks-Wirtschaft gesagt? Tilgen! Seit wann ist Wirtschaft fürs Volk da? Übersetzt müsste das nämlich Demo-Ökonomie heißen, was gerafft nach Dämonie oder nach dämlicher Ökonomie klingt – den empirischen Fakten aber erheblich näher käme.

Wirtschaft ist seit SPD-Clement und SPD-Münte nur für die Besten da. Und die Besten heißen Aristoi: also Aristoi-Ökonomie oder Exzellenzwirtschaft. Doch Schluss mit den Albernheiten, nun ernsthaft, heut ist Sonntag, da wird nicht gescherzt.

These 1: In einer Volksherrschaft, in der es kein Volk mehr gibt – und wenn, das Volk keine Herrschaft ausübt –, gibt’s auch keine Volkswirtschaft. Es gibt verschiedene Wirtschaften. Die wichtigste, ja, die ausschlaggebende ist die Exzellenz- oder Elitenwirtschaft.

Spätestens seit Sedláček – das war der Wirtschaftsberater des Vaclav Havel, der ein sehr munteres Buch über das Thema geschrieben hat – wissen wir, dass die Bibel auch nur ein Buch über Wirtschaft ist, das man so zusammenfassen könnte: am Anfang war ein Anfangskapital, vom Patriarchen – wie bei uns in der Nachkriegswirtschaft bei Grundig – aus Nichts aus den Rippen geschwitzt, (Schöpfung genannt), von einem bösartigen Rivalen in unfreundlicher Übernahme abgeluchst, aber mit Hilfe des Firmennachfolgers unter erheblich persönlichem Einsatz wieder zurückerobert.

Happy End, wenn auch nicht für die Majorität der Mitarbeiter. Die werden, wie gerade bei Schlecker, in den höllischen Schlund gestoßen. Aber so iss nu mal Wirtschaft.

Und bei Lukas werden die beiden Wirtschaften präzis beschrieben, Neues Testament > Lukas 16,19 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/lukas/16/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/lukas/16/“>leset Kap. 16,19 ff. Da gibt’s den Reichen, der lebte – wie Maschmeyer und seine Freunde – alle Tage herrlich und in Freuden. Vor der Tür lag neben den Hunden ein armer Hund, der gab vor lauter Hunger den Geist auf und – ab in den Himmel.

Dort lebte er wie Gott in Frankreich und wurde von Engeln in Abrahams Schoss bedient, nein, nicht von Abraham in der Engel Schoss. Verkehrte Welt: hier war der Arme der Reiche, der es dem irdischen Reichen, (als der auch abgedüst war, aber nicht in den Himmel, sondern ins Totenreich), auf Heller und Pfennig heimzahlte.

Als nämlich der ehemalige Reiche um ein Tropfen Wasser bettelte, erklärte Abraham: „Kind (!), denke daran, dass du in deinem Leben dein Gutes empfangen hast und Lazarus gleichermaßen das Böse; jetzt dagegen wird er hier getröstet, du aber leidest Pein.“

Das ist nun die Kernbotschaft der Liebesreligion, die sogar ihre Feinde lieben will – aber bitte mit Abstand. Es geht ja nur um objektive Rache, was hat das mit Lieblosigkeit zu tun?

Abraham liebt doch den Feind. Nennt er ihn nicht tröstend ‚Kind‘? Aber auch Kindern muss man Grenzen setzen und sie ab und dann in die Hölle schicken. Hat doch nichts mit Hass und Ablehnung zu tun.

Selbst wenn der Himmel dem reichen Sack, der nun im Dreck liegt, helfen wollte, da gibt es objektiv unveränderliche Dinge, an die sich jeder Himmelbewohner halten muss: „Bei alldem besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, damit die, welche von hier zu euch hinübergehen wollen, es nicht vermögen, noch die, welche dort sind, zu uns herübergelangen können.“

Hayek würde von Evolution und evolutionären Naturgesetzen sprechen, die man nicht per Volksabstimmung oder sozialer Wieselmoral ändern kann.

Halten wir fest, es herrscht Exzellenzwirtschaft im Himmel wie auf Erden. Gewiss, das Personal wird teilweise ausgetauscht, aber das System bleibt. Weshalb heutige Linke noch immer das Problem haben, eine Alternative zum jetzigen System zu entwerfen.

Es ist wie in jeder ordinären Revolution. Danach sitzen zwar die Revolutionäre im Sattel, aber das System ist geblieben.

Exzellenzwirtschaft gegen Lazaruswirtschaft? Nein: Exzellenzwirtschaft und Lazaruswirtschaft, aber in Rotationsformat. Einmal X oben und Y unten, danach vice versa.

Und damit sich ja nichts ändert, müssen wir auch noch den Epilog angucken. Der Reiche, erschrocken über das Schreckliche seiner Tortur, will wenigstens seine Verwandten retten – nein, nur die Brüder, die Schwestern sollen zur Hölle fahren –, auf dass wenigstens die gerettet werden, wenn sie aus berufenem Munde erfahren, wies im Jenseits zugeht.

Er bittet Abraham, seine Brüder zu benachrichtigen, auf dass sie umkehren und Buße tun. Doch was sagt der gütige Patriarch? Nöö, die haben Mose & Propheten – also die Zehn Gebote. Wenn sie darauf hören, kann ihnen schon nichts passieren.

Der Ex-Reiche lässt nicht locker, schließlich kennt er seine gottlose Mischpoke und erklärt: Wenn einer von den Toten zu ihnen spräche, damit sie endlich die Grenzen der bloßen Vernunft überspringen würden und authentische Informationen aus dem Jenseits bekämen, würden sie – sie sind ja nicht doof – sofort alles ändern, Buße tun und den Kommunismus auf Erden einführen.

Doch der Vertreter des Himmels bleibt eisern und unnachsichtig: „Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht gewinnen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.“ Wer sich mit den Zehn Geboten nicht begnügt, dem hilft auch kein Schlüssellochgucken direkt in den Himmel.

Daraus hat Kant übrigens die Lehre gezogen, der Vernunft eine Grenze gesetzt und den kategorischen Imperativ erfunden, was nach Professor Leibowitz identisch ist mit dem Halten der zehn Gebote – ohne kindisch nach Lohn zu fragen.

Das Ganze klingt verdächtig nach Sokrates. Der sagte auch: Leute, haltet euch an die Moral und vergesst das Jenseits. Sollte es eines geben, wird es nicht anders sein als hier auf Erden.

Den ersten besten Gott werd ich wie gewohnt in ein Streitgespräch verwickeln und nachweisen, dass er, wie alle Götter, Unfug redet. Lasst das Jenseits aus dem Spiel, ihr habt euer irdisches Gehirn. Wie wär’s, wenn ihr dasselbe einschalten würdet?

Nun aber kommt der kleine Unterschied. Sokrates kennt keinen Gegensatz zwischen einem Hüben und Drüben. Wenn einer hier Mist baut, gibt’s keine automatische Rache im Jenseits – und alles wäre paletti. Im Hüben und Drüben kann’s nur eine Welt geben.

Hätte Sokrates das richtige Fremdwort gekannt, hätte er von Dualismus reden können, den er strikt ablehnt, weil er das Gegenteil vertritt: den Monismus.

Weil der heutige Pöbel – oder die kapitalistischen Reservearmeen – diese beiden Fremdwörter auch nicht kennen (weswegen sie noch lange keine Sokratiker sind), bleibt alles so friedlich in dieser Welt. Ein bisschen Occupy, okay, aber sonst halten Milliarden Leute ihren Kopf hin, riskieren Leib und Leben, nur, um wenigen debilen Großvätern noch mehr Milliarden in die Portokasse zu spülen.

Ist das nicht verrückt? Für bekennende Dualisten nicht. Denn die träumen von Rache im Jenseits, dann wird’s ihnen ewig gut, den hiesigen Ausbeutern ewig schlecht gehen.

Komme mir jetzt keiner, diese Ammenmärchen würde heute niemand mehr glauben. Glauben hat mit dem realen Tun der Menschen zu tun, nicht mit ein paar vertrockneten Katechismusformeln.

Fazit und These 2: Solange die Menschheit nicht vom Dualismus zum Monismus übergeht, noch immer unbewusst an Rache im Jenseits festhält, sodass wir das bisschen Diesseits schon irgendwie hinter uns kriegen: solange wird keine Revolution stattfinden.

Eine Revolution natürlich, die ihren Namen verdiente. Nicht kindische Umkehrung aller Verhältnisse, in der alles gleich bleibt, sondern eine einheitliche Welt. Im Hüben und wer’s unbedingt als Placebo braucht – im Drüben. Erst in einer einheitlichen Welt kann das dualistische Kapitalistensystem solange am Halse gewürgt werden, bis es seinen Vertröstungs- und Rachegeist aufgibt.

Männliche Erlösungsreligionen sind dualistisch, Mutter Natur ist mit sich identisch. Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.