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nichtsdesto-TROTZ LXXVI

Tagesmail vom 29.09.2021

nichtsdesto-TROTZ LXXVI,

„Mit drastischen Worten hatte UNO-Generalssekretär António Guterres die diesjährige Generaldebatte der UN-Vollversammlung eröffnet. „Wir stehen am Rande des Abgrunds und bewegen uns in die falsche Richtung. Unsere Welt war noch nie in größerer Gefahr und noch nie gespaltener. Wir stehen vor der größten Kaskade von Krise unserer Lebenszeit.“

Kein Echo in Deutschland. Kein Thema der Politik. Kein Kommentar in den Gazetten. Deutschland ist nicht von dieser Welt. Doch die wahre Welt zu suchen: das wird bei echten Wandervögeln und Risikosuchern nie aufhören.

„Schön ist die Welt, drum Brüder,
laßt uns reisen wohl in die weite Welt,
wohl in die weite Welt.
Wir reisen fort
von einer Stadt zur andern,
wohin es uns gefällt.“

Wo es uns gefällt – da ist Welt. Gefällt es uns nicht mehr, sagen wir der Welt Ade.

„O Welt, ich muß dich lassen,
Ich fahr dahin mein Straßen
Ob mich gleich hat betrogen
Die Welt, von Gott abgezogen
Durch Schand und Büberei.“

Die Welt ist das Ziel unserer Sehnsucht – für wenige Tage. Nur Gast auf Erden wollen wir sein.

„Ich bin ein Gast auf Erden
und hab hier keinen Stand;
der Himmel soll mir werden,
da ist mein Vaterland.“

Wanderer, Flaneure, Vagabunden, Reisende. Morgen sind wir wieder weg. Was weiß Deutschland von Frankreich, seinem engsten europäischen Partner? Was von Serbien und Kosovo, wo schon wieder zum Krieg gerüstet wird?

Zwischen Amerika und China, Israel und Iran schwirren die schrecklichsten Drohungen. Wie sich die Profilneurotiker bemühen, den Kalten Krieg aus der Klamottenkiste zu holen. Es muss doch kreative Spannungen in der Welt geben.

Doch nichts für Deutschland, wir wollen mit überflüssigen Produkten die Welt beglücken.

Wenn der mächtigste Mann der Welt zum ersten Mal im Kanzleramt anruft – ist die mächtigste Frau der Welt zufälligerweise auf ihrer russischen Datsche. Keine Verbindung unter dieser Nummer.

Wenn die Welt ruft – uns gibt es nicht. Denn wir müssen unsere Bilanzen verbessern.

Was haben wir mit der Welt zu tun?

Klima? Betrifft uns nicht. Bei Klima regt sich bei uns kein Hypothalamus. Und überhaupt, wir haben kein Klima, wir haben wissenschaftlich verlässliches Wetter.

Ja, wir sind Exporteure und fahren zu Meere,
Wir fürchten nicht Tod und den Teufel dazu.
Wir lachen der Chinesen und aller Gefahren,
am Grunde des Meeres – da finden wir Ruh.

Wir rüsten auf, aber so jämmerlich, dass die Welt uns für listige Pazifisten hält. Wir sind überzeugte Globalisten und definieren den Globus als Industrie- und Handelskammer. China? Schrecklich. Doch vor dem chinesischen Onkel machen wir Kotau. Vielleicht müssen wir eines Tages selbst chinesische Verhältnisse einführen, damit unser Sauladen aufgeräumt wird?

Die Berliner sind deutsche Meister im Lotterleben. Nicht mal Wahlen können Wowis sexy Erben organisieren. Achtung: beim täglichen Durchschlampen wird der deutsche Untertan zwar auf den Kopf gestellt – aber dennoch bleibt er derselbe.

„Unzählige Wahlhelfer harrten in Gebäuden mit unzureichender sanitärer Ausstattung und ohne minimale Verpflegung bis tief in die Nacht aus, um Stimmen auszuzählen; jetzt stehen sie als die Deppen da, die bei ihrem Dienst für die Allgemeinheit versagt haben. In Berlin ist ein immenses Zerstörungswerk zu besichtigen. Die Folge ist eine nachhaltige Verdrossenheit gegen die Politik und ein grundsätzliches Misstrauen gegen den Staat.“ (Berliner-Zeitung.de)

Wenn sie schon keine Flughäfen bauen können – lass fahren dahin. Dass man aber nicht mal pinkeln kann beim Ehrenamt – das ist eine Zumutung.

Verantwortung? Klingt besser als Gesinnung, worauf sie stolz sind. Von praktischer Verantwortung aber keine Spur. Ist irgendjemand zurückgetreten? Hat irgendjemand das Büßerhemd übergestreift – mit introvertierten Giftstacheln?

Dann hätte das gesamte Kabinett schon oft des Heldentodes sterben müssen. Selbst das hätte keinen Sinn. Denn begraben wird hier niemand mehr. Ein neuer Erlass kursiert bereits: wer zu feige ist, im Berliner Müll auszuharren, muss sein eigenes Grab schaufeln. Sonst gibt’s keine Genehmigung zum feigen Ableben. Könnt ja jeder kommen.

Die Welt? Kann uns mal. Nochmal Guterres vor der UN:

„Wir stehen vor der größten Kaskade von Krise unserer Lebenszeit.“ Der in der Nacht zum Dienstag beendete Redemarathon der RegierungsvertreterInnen von 191 der insgesamt 193 UN-Mitgliedsstaaten gab Guterres kaum Anlass, die Lage der Welt in helleren Farben zu malen. Vor allem mit Blick auf die beiden zentralen globalen Herausforderungen Klimaschutz und Überwindung der Coronapandemie wurden zu viele Unwahrheiten verbreitet und Nebelkerzen geworfen. Und die wenigen konkreten Zusagen waren zu unspezifisch und unzureichend oder lediglich Wiederholungen bereits schon früher gemachter Versprechen. Beunruhigend ist zudem die besonders in US-Präsident Joe Bidens Rede deutlich gewordene Weigerung der Staatengemeinschaft, den vor 20 Jahren in Afghanistan eröffneten und inzwischen nicht nur dort gescheiterten und kontraproduktiven Krieg gegen islamistisch gerechtfertigten Terrorismus selbstkritisch zu bilanzieren.“ (TAZ.de)

Intelligenztest: gibt es irgendwelche Verbindungen zwischen der Welt und unserem Wahlkampf? Wenn ja, dann träumst du, deine Staatsbürgerschaft steht auf wackligen Beinen. Wenn nein, bist du geeignet zum neuen Kanzleramtsberater.

Deutschland – Insel der Seligen. Nicht der Glücklichen. Deutsche Menschen sind glücklich, wenn sie nicht glücklich sind. Darauf legen sie Wert. Nichts können sie schwerer ertragen, als eine Reihe von schönen Tagen.

Sie brauchen nur eins zu ihrem stillen Nichtglück: wenn sie besser sind als andere, wenn sie Weltmeister sind. Gleich, in welcher Disziplin.

Wir stehen am Rande des Abgrunds? Was ist denn das für eine überhebliche Angstmacherei? Ist die UN zur religiösen Sekte mit apokalyptischen Fieberträumen verkommen? Da fehlt ja jeder Anstand, mit solchem Untergangsgequatsche die Welt zu schockieren. Haben die in New York nichts Besseres zu tun, als die globalen Todesglocken zu läuten?

Mit solchen Kasperle- und Teufelsspielchen wollen die Neugermanen nicht zu tun haben. Weiß hierzulande doch jeder:

„Und wenn die Welt voll Teufel wär, Und wollt‘ uns gar verschlingen, So fürchten wir uns nicht so sehr, Es muß uns doch gelingen!“

Mit solchen Lappalien braucht uns keiner kommen. Haben wir doch schon ganz andere Dinge überlebt. Haben nichts weniger als das 1000-jährige Endreich oder das Dritte Reich des Heiligen Geistes überlebt? Wir wissen genau, wie es ist, wenn die Welt untergeht. Also zum letzten Mal: wir sind immun. Wer den Sohn der Vorsehung überlebt hat, der braucht kein Klimateufelchen zu fürchten.

Die Welt geht unter – und wir feiern unsere einmalige, unvergleichliche Kanzlerin. Wer eine solche Mutter hat, braucht sich vor keinen Moralaposteln zu fürchten. Ach wisset: wer Moral predigt, ist auf den Hund gekommen.

Und dann diese Zumutung: die Mär von der erwachten, pardon woken, Jugend. Wieder mal so ein Brüller aus der Gutmenschenecke. Wie bitte? Ach so, da fehlt die fachgemäße Definition. Am besten von einem gestählten Ernst-Jünger-Fan. Ihr wisst schon, jener Ernst Jünger, der mit schneidigen Metaphern den Krieg zum erhebenden Abenteuer verklärte:

„Am Ende seiner gegen den ‚Versöhnungsterror der bundesrepublikanischen Provinz‘ gerichteten Glossen […] schrieb Karl Heinz Bohrer Anfang 92: ‚Vielleicht wäre es am besten, der Merkur legte in Zukunft ein kleines Wörterbuch des Gutmenschen an. Dahinein gehörten die Mauer im Kopf einreißen oder Streitkultur oder eigensinnig oder Querdenker.‘ Darauf haben wir mit Spannung, aber leider vergeblich gewartet. Die Situation wurde seither nicht besser, so dass wir uns gezwungen sahen, das Projekt selbst in Angriff zu nehmen.“

Karl Heinz Bohrer, der brillante, elegante Feuerkopf, der den Alltag der gutseinwollenden Ochlokratie nicht mehr ertrug. Ochlokratie? Mein Gott, was wisst ihr eigentlich, ihr stupiden Demokraten? Es geht um die Pöbelherrschaft der Gutmenschen, Streitanbeter und Querdenker. Immerhin, die Friedhöfe der Gutmenschen und Querdenker sind bereits überfüllt.

Querdenker: das waren einmal die Kritischsten der Kritischen. Die Aufgewecktesten unter den Wachen. Tempi passati. Heute gehören sie zum Abschaum der Anständigen. Pardon, nein, nicht der Anständigen, denn Anstand versteht sich von selbst. Sondern der Kantischsten der Kant-Anhänger. Kant, das war jener mit dem bombastischen Befehlssatz:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Beeindruckend? Ach was. Alter Hut. Steht schon bei Konfuzius & Co:

„So verkündete bereits im fünften Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung der Chinese Micius eine Liebeslehre, die den Urgrund alles Elends und Unrechts in dem Mangel an gegenseitiger Liebe erblickt.“ ( in Karl Vorländer, Geschichte der sozialistischen Ideen)

Ja und? Wisst ihr nicht, was aus euren neunmalklugen Liebesaposteln geworden ist? Das heutige China hat gewusst, warum es diese Schwärmer ins Museum der Immertoten gesteckt und an ihre Stelle kraftvolle deutsche Moralvernichter gerückt hat, von denen einer Karl Marx hieß.

Der ertrug die moralischen Selbsterlöser nicht und machte die Menschen zu Untertanen materieller Dinge. Kommt von Mater, der Mutter, bedeutet aber das Gegenteil von mütterlich. Zuerst das väterliche Joch des Reichs der Unfreiheit: selig sind, die solange leiden, bis die Geschichte sagt: genug gelitten, jetzt kommt das Reich der Freiheit.

Marx, der Kritiker der Religion, war so streng zu seinen Proleten wie der Erlöser zu seinen Schafen:

„Eine über den Klassengegensätzen stehende wirklich menschliche Moral sei erst möglich „auf einer Gesellschaftsstufe, die den Klassengegensatz … auch für die Praxis des Lebens überwunden hat.“

Eines fernen Tages wird der böse Staat absterben und an die Stelle der anarchischen Gütererzeugung tritt „planmäßige, bewusste Organisation“. Dann erst werden die Menschen „bewusste, wirkliche Herren“ ihrer Verhältnisse. Erst von da an „werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewusstsein selbst machen“. Es ist „der Sprung der Menschheit aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit.“

Marx, ein strenger Vater seiner Proletenkinder. Erst müssen sie leiden, bevor sie die Freiheit verdient haben. Mann, das sind doch olle Kamellen. Klingt wie „durch Kreuz zur Krone“. Erst muss der Mensch sein kapitalistisches Böses überwinden, dann kann er machen, was er will.

Kein Wunder, dass die heutigen Linken, noch immer unter der Dunstglocke des heiligen Karl, so jämmerlich verloren haben. Moderne Deutsche wollen nämlich nicht mehr leiden. Auf dem Ballermann wollen sie endlich die Sau rauslassen. Zudem sind sie unfähig, die Statue des ollen Karl in Trier zu schleifen. Kommt die nicht aus China, dem schärfsten Überwachungsstaat der Welt. Sind diese katholischen Trierer noch zu retten?

Da wenden wir uns doch lieber an die hoffnungsvolle Jugend, die mit den Machthabern scharf ins Gericht geht. Doch ach, schon wieder eine Enttäuschung. Die meisten Jugendlichen wollen gar keine Klimakämpfer sein.

Da kam helle Freude auf bei den Bohrer-Verehrern. Ist das kein Nachwuchs, auf den Deutschland stolz sein kann?

„»Grüne Propaganda lässt unangepasste Jugend unbeeindruckt«. Die Kids legten viel Wert auf Eigenverantwortung, betrachteten Digitalisierung nicht als Nebenthema und hätten sich in der Coronakrise im Stich gelassen gefühlt. In der wichtigsten Jugendkultur Deutschrap sind neoliberale Erzählungen omnipräsent: harte Arbeit, die sich (irgendwann, vermutlich) lohnt, der Staat und der Rest der Welt als Feind, gegen den man sich durchsetzen muss. Auch die Social-Media-Welt – insbesondere auf den bei Jüngeren sehr beliebten Plattformen Instagram und Tiktok – strotzt vor Fitness und Selbstoptimierung, ganz im Sinne des Werbemarktes, der diese Welt finanziert. Nachdenken ließe sich auch über die Art und Weise, wie das Beschwören von Leistung und Durchsetzungsvermögen in den Schulen ein Bewusstsein prägt. Was macht es mit jungen Menschen, wenn sie Tag für Tag in einer Gesellschaft aufwachen, die auf gnadenlosen Wettbewerb ausgerichtet ist.“ (der-Freitag.de)

Genie Elon Musk ist das Idol unserer Jugend, nicht die seltsame Greta Thunberg. Wie konnte man nur auf die bescheuerte Idee kommen, die hiesigen Schulen zu Kaderschmieden des Widerstands zu erklären? Das Gegenteil ist der Fall. Gnadenlose Konkurrenz um die besten Plätze, keine sentimentale Herdenmentalität. Stimmt die Rente? Stimmt das Aktienpaket, dass man beruhigt seinen Alterssitz im Süden suchen kann?

Obacht, jetzt kommt wieder die Welt ins Spiel. Waren sie als Nachwuchskarrieristen oft genug im Ausland gewesen, fragen sich die zukünftigen Exportweltmeister? Wozu? Um sich Welterkenntnis anzueignen? Andere Kulturen kennenzulernen? Sich kosmopolitisch zu vernetzen? Sonst geht’s dir noch danke. Natürlich, um besser zu sein als die Konkurrenz beim Aufbau globaler Lieferketten!

Deutschlands Eliten sind begeisterte Globalisten? Ist das nicht der Traum aller romantischen Weltenträumer?

„Globale Strategie … sieht den Weltmarkt als homogene Gesamtheit an, um Wettbewerbsvorteile zu erringen. Neben der Ausnutzung nationaler Unterschiede zielt das globale Management auf die Realisierung von Vorteilen.“ (Gablers Wirtschaftslexikon)

Im Lande der Pastorentochter werden Kritiker der Globalisierung als Menschheitsfeinde betrachtet. Habe die Globalisierung doch das Ziel, der Menschheit zu dienen. Was zu beweisen war. Arme Völker versinken im Elend, Milliardäre versinken in Geldmassen. Globalisierung ist nichts anderes als koloniale Ausbeutung mit sachlich scheinenden Methoden.

„Wir haben den Kolonialismus nie überwunden, sondern ihn perfektioniert und ihm lediglich ein harmlos wirkendes Mäntelchen übergeworfen.“ (Frankfurter-Rundschau.de)

Deutsche Schulen sind die Kaderschmieden globaler Weltausbeuter. Schon mit vier Jahren werden die süßen Kleinen hochnotpeinlich vom Staat durchgecheckt, ob sie die kolonialen Profitquoten vergrößern können – oder ob sie dem fürsorglichen Staat zur Last fallen werden. Ach, du wunderschöne Welt, lass dich umarmen. Ich quetsche dir solange die Luft aus der Brust, bis du japst.

Umso mehr sollte man sich der FFF-Jugend erfreuen, die mit strahlender, schul-inkompatibler Intelligenz sich den Verstänkerern der Welt in den Weg stellt. Gerade, weil sie untypisch aus dem deutschen Rahmen fällt.

Wie hingegen lautete das Motto einer erfolgreichen Nachwuchspolitikerin und ist es bis heute geblieben?

„Ich habe bestimmte Formen der Anpassung genützt. Ich war gerne in der FDJ. Das will ich zugeben. Ansonsten aber war es 70 Prozent Opportunismus. Ich halte Anpassung für eine lebensnotwendige Sache und nicht für einen Makel. Und Anpassung ist auch, selbstverständlich, Teil meines Lebens gewesen. Und ist es auch heute noch.“ (TAZ.de)

Sprach Angela bei Günter Gaus. Heute ist der Unterschied zwischen duckmäuserischem Opportunismus und Widerstand nicht mal theoretisch bekannt. Mit einer Ausnahme: bei der furchtlosen FFF-Jugend, auf die wir wahrhaft stolz sein können.

Hier beginnt das Prinzip Hoffnung. Nicht auf ein trügerisches Reich des Himmels, nicht auf ein illusionäres Reich der Freiheit. Sondern auf eine selbstbestimmte Menschheit im Reich der Natur.

Fortsetzung folgt.