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Tagesmail

Die Grünen sind entbehrlich geworden

Hello, Freunde der Grünen,

es geht abwärts mit den Grünen. Hätten sie die Finger von Steuererhöhungen lassen sollen? Ein merkwürdiges Argument, andere könnten das besser. Ist Politik arbeitsgeteiltes Expertentum? Muss nicht jeder Demokrat sich mit dem ganzen Paket abmühen? Wählen wir FDP wegen des Zasters, die CDU wegen abendländischer Werte und die Grünen wegen Froschwanderungen?

Zur Fachidiotie raten dieselben, die die Grünen für überflüssig halten, weil ökologische Gedanken in alle Parteiprogramme eingedrungen seien. Nehmen wir an, es gebe die Grünen nicht mehr. Wer würde sie vermissen?

Vielleicht sind es nur Gefühlsschwankungen des nervösen Publikums. Auch die FDP war lange unter 5%, nun scheinen sie stabil darüber. Die Piraten hatten ein längeres Hoch, nun sind sie mit 3% im Keller. Hängt es an den beiden Blassen von den Grünen: am alten Fahrensmann Trittin, der bis heute nicht dem Schatten seines Erzrivalen Joschka Fischer entkommen konnte und an der Pastorin mit dem Schöpfungsbewahrungsblick, die sich ostentativ bemüht, nicht in Kanzeldeutsch zu sprechen? Was aber spricht sie?

Haben die Grünen den emotionalen Kontakt zum Volk verloren? Wie mault und redet das Volk? Bestimmt nicht Steinbrücks Kavalleriedeutsch. Auch nicht Mama Merkels Gutenachtliedsingsang, der allerdings den entspannenden Effekt des Hinüberdämmerns in süße Träume hat. Man hört nicht zu, was sie sagt, aber alles klingt beruhigend. Schlafe, mein Wählerchen, schlaf ein.

Die dritte Strophe klingt verheißungsvoller als das ganze anödende CDU-Programm. Mama Merkel – in Wirklichkeit hat sie die Mamastufe übersprungen und ist

gleich Oma geworden – fragt Dich, du kleines Prinzchen:

„Wer ist beglückter als du?
Nichts als Vergnügen und Ruh!
Spielwerk und Zucker vollauf
und auch Karossen im Lauf.
Alles besorgt und bereit,
dass nur mein Prinzchen nicht schreit.
Was wird das künftig erst sein?
Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein.“

Zu Karossen fällt den Deutschen immer was ein. Wenn sie von Mama hören, alles ist im Lot, können weit hinten in der Türkei die Völker aufeinander schlagen, kann die Natur in Afrika in Hitzewallungen kommen, wir drehen uns auf die andere Seite und träumen von der brünstigen Zofe im Gemach:

„Nur in der Zofe Gemach
tönet ein schmelzendes »Ach«.
Was für ein »Ach« mag dies sein?
Schlafe, mein Wählerchen, schlaf ein.“

Wenn Mama den Raum betritt, ordnen sich die Dinge wie von selbst. Keine Veränderung, keine Hektik, keine Moralpredigt. Höchstens die Absegnung des Seienden, wie es ist: Wie auch immer du bist, mein Wähler, du bist gut. Mach dein Tagewerk. Für alles andere sind Vater im Himmel und Mama auf Erden zuständig.

Merkel entlastet durch bloße Präsenz. Sie ist das beste Polit-Therapeutikum gegen Überdruss und Ausgebranntsein. Gäbe es Mama Merkel nicht, die Krankenkassen wären schon bankrott. Obwohl Merkel protestantisch ist, hat sie einen katholischen Marieneffekt. Sie komplettiert und relativiert die göttlichen Dreieinigkeitsmänner. Wie der polnische Papst die schwarze Madonna von Tschenstochau, so braucht der Deutsche die schwarze Kanzlerin mit dem ökumenischen Effekt.

Blenden wir zurück, so war die NS-Bewegung nicht zuletzt eine ökumenische. Die Deutschen waren des nationalen Haders und religiösen Gespaltenseins müde und sehnten sich nach politischer und spiritueller Einigkeit. Wie warfen sie sich in die Arme: der nordische Protestant und der bayrische Lederhosenbesitzer, der spröde Friese vom Nordseestrand und der rheinische Ausbund an Heiterkeit. Den Unterschied zwischen den Großkirchen – man müsste von Großsekten sprechen, denn alles, was gespalten ist, ist Sekte – versteht ohnehin niemand und längst wären sie alle ein einig Volk von Schwestern und Brüdern, wenn die streng blickenden Hirten nicht etwas dagegen hätten.

Der Führer war der lang ersehnte Einheitsgarant eines von Gott berufenen Volkes, der sich nicht zufällig mit: mein Führer anreden ließ. In Anlehnung an die religiöse Anrede: mein Gott und Herr. Man beachte das Wörtchen mein. Mitten im angeblichen Kollektivismus erscheint unvermutet ein religiöser Individualismus: Gott ist kein Gemeineigentum, sondern jeder Volksgenosse hat seinen persönlichen Gott, der am Ende aller Tage die persönlichen Bücher jedes Einzelnen aufschlagen und über jedes Menschlein einzeln urteilen wird. Hier gibt’s keine Rückversicherung an Schillers Rütlischwur:

Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern,

in keiner Not uns trennen und Gefahr.

Der englische Liberalismus ist an dieser Stelle ehrlicher. Kollektiv? Gibt es nicht. Nicht mal eine Gesellschaft, wie die Dame mit der Handtasche erklärte, wahrlich keine deutsche Mutterfigur. Eher eine hexenhafte Stief- oder Schwiegermutter. Nur Deutsche kriegen echte Mütter hin. Wobei wir gar nicht so genau hinschauen, wie Muttern alle Männer ihrer Umgebung umsichtig wie blitzschnell kastriert und in die Wüste schickt.

Sie hat etwas von einer Vagina dentata, diese Mutter, womit wir verstehen, dass die ostentativ gezeigte Raute eine permanente Bedrohungsgeste mit der subkutanen Botschaft sein soll: Vorsicht, Männlein aller Couleur, ich tu nur, als ob ich eine Gutenachtliedmami wäre. Wie heißt die alte Westernweisheit? Sprich sanft und hab immer ein Messer im Rücken.

Mama hat kein Messer im Rücken, aber eine Schnippschnappschere. Das Publikum freut sich, dass es zu unwichtig ist, um von der zweigesichtigen Mutter bedroht zu werden. Denen da oben geschieht es recht, wenn eine Megäre die Reihen der elitären Machos lichtet und den Blutdurst der Meute auf seine Kosten kommen lässt. Mama Merkel befriedigt mehr Bedürfnisse deutscher WählerInnen als diesen je bewusst wurden.

Kann man sich nach Merkel noch einen Mann als Kanzler vorstellen? Sollte Steinbrück die Unverschämtheit besitzen, ins neue Kanzleramt einzureiten, wird er einen politischen Temperatursturz erleben. Es hat sich eine angenehme Herdwärme breitgemacht – direkt über den dräuenden Vulkanen unter unseren Füßen –, dass wir auf die Bodenheizung nie mehr verzichten wollen. Selbst wenn Peer tausendmal besser wäre als Angela, ein behagliches Klima rund um den neuen Terracotta-Kachelofen schafft er nicht.

 Die Politik der Zukunft bis zur Parusie wird Klimapolitik sein. Keine Maßnahmen gegen das äußere Klima, sondern Pflege des inneren Wohlfühlklimas. Hört, Kinder, die Zukunft wird schrecklich, lasst uns die Gegenwart genießen, solange der Herr des Geschicks uns schlummern lässt.

Angela, engelgleiche Tochter ihres väterlichen Kanzelpredigers (von Kanzel zur Kanzlerin war‘s für sie nur ein kleiner Schritt), kennt natürlich das Gleichnis von den schlafenden und wachenden Jungfrauen, die auf die Ankunft des Bräutigams warten. (Der christliche Messias nimmt es mit 10 Jungfrauen auf. Den frommen Muslim erwarten nicht weniger als 72 Huris im Jenseits, eine gewaltige Steigerung der messianischen Männerpotenz. Da sage einer, in der Abfolge der Religionen gebe es keinen messbaren Fortschritt.)

Die pennenden Jungfrauen sind natürlich die, denen der rechte Glaube fehlt. Die Lauen oder Gottlosen. Und nun blicken wir hinter die mütterliche Fassade der Engelgleichen. Sie weiß, was mit Lauen und Gottlosen geschehen wird. Als die Pennerinnen verspätet in die Luststube des Harems eindringen wollen, entgegnet der Begehrte: „Ich kenne euch nicht. Darum wachet, denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“ (Als Merkel im Duett mit ihrem Herausforderer unmotiviert sagte: Sie kennen mich doch, assoziierte sie das Gleichnis von den Zehn Jungfrauen. Sie wollte sagen: Mich kennt der Herr, ich gehöre zu den wachen Jungfrauen.) Da standen sie bedröppselt in der Finsternis.

Mama Merkel schläfert diejenigen ein, die sich einschläfern lassen. Denn die sind nicht geeignet fürs Himmelreich. Ihre Einlull-Methoden sind ein Test. Wer sich einlullen lässt, gehört zur Masse der Verlorenen. Wer Merkel für uneitel und normal hält – so normal, dass es schon abnormal ist (Fleischhauer, Markwort etc.) –, der hat vom uralten christlichen Es so viel Ahnung wie von der Rückseite des Mondes. Ihre Uneitelkeit ist die unüberbietbare Arroganz der Erwählten, die gegenüber der massa perditionis (dem Haufen der Verlorenen) nur herablassende Milde walten lassen kann. Nach dem Motto: die Liebe decket alles zu. Helfen kann sie nicht, das übersteigt ihre geistbegabte Kompetenz.

Die Männer ihrer Partei haben das Strickmuster der Urmutter bis heute nicht verstanden. Das kommt davon, wenn man von christlichen Tugenden schwatzt, aber nichts versteht. Während die ordinären CDU-Machos noch immer auf dicke Hose machen, hat die treue Magd zu Füßen des Vaters die Botschaft vernommen: wer die Höchste unter Männern sein will, werde die Letzte.

Die Letzten werden die Ersten sein. Also verweigerte sie am Anfang ihres phänomenalen Aufstiegs den modischen Haarschnitt, die aparte Maniküre. Sie wollte sie selbst sein und bleiben, eine uneitle Ossifrau und unglamouröse Pastorentochter. Entweder als hässliches Entlein gewinnen oder gar nicht. Das war ihr Test mit dem Himmel. Wer als Letzte nicht Erste wird, gehört nicht zu Gottes Lieblingen.

Auch die Frommen müssen ihren Gott testen. Woran erkenne ich, dass ich erwählt bin? Selbst der Nazarener war sich anfänglich seiner Sache nicht sicher und fragte seine Jünger: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Das war keine Koketterie, sondern allmähliche Selbstvergewisserung. Der Herr brauchte die Akzeptanz seiner Jünger, um an seine Mission zu glauben, wie der Führer die Akzeptanz des ganzen Volkes, um seine Sendung als Sohn der Vorsehung absegnen zu lassen.

Während Parteimänner sich gegenseitig mit Ellbogenprinzip über die Rampe zu stoßen pflegen, hat Klein-Merkel die Taktik des Nazareners eingesetzt – mit grandiosem Erfolg. Seitdem hört sie die Stimme von oben: dies ist meine geliebte Tochter Angela. Der BRD soll sie mit wirtschaftlichen Erfolgen Sand in die Augen streuen, damit niemand mehr fragt, ob der Sinn des Lebens das Anhäufen und Wegwerfen von Wohlstand ist. (Fast die Hälfte aller Lebensmittel werden auf den Müll geworfen.)

Lass die Satten und Trägen ruhig ins Verderben rennen. Es ist nicht deine Sache, meine geliebte Tochter, sie vor der Katastrophe zu bewahren. Das kann nur Ich, der Vater im Himmel. Deine Aufgabe besteht darin, die verstockten Schafe einigermaßen über die Runde zu bringen. Spötter und Heiden mögen dies Durchwursteln nennen, du weißt, dass schwache Menschen sich bescheiden müssen.

Im Vergleich mit der untergründig-christogenen Ausstrahlung Merkels haben die Grünen keinerlei Gerüchlein an sich, an denen abendländische Wähler ihre Favoriten zu erschnuppern pflegen. Der Wahlakt ist keine Summierung heruntergeleierter Parteiparolen, wie man zurzeit in den Medien beobachten kann. Von Mindestlohn über Eltergeld bis Leiharbeit und retour. Die meisten Menschen haben ihre Entscheidung längst getroffen, selbst wenn es ihnen noch nicht bewusst ist. Es geht um Gesamteindrücke über viele Jahre, nicht um Aufsummierung fragmentierter Teile.

Katrin Göring-Eckardt ist eine Merkel ohne Aura. Eine Frau ohne Eigenschaften, deren Stimme und Äußerungen man sich nicht merken kann. Wer war das noch mal? Allein der abschreckende Name Göring. Über Namen spricht man nicht, doch Namen können unübersteigbare Hürden sein. Man stelle sich vor, Merkel hieße Sauer. Dann wäre sie heute Kofferträgerin von Koch oder Rüttgers.

Trittin und Göring-Eckardt geben sich so technokratisch und sachlich, dass man schon der Sache zu misstrauen beginnt. Sie präsentieren die Partei als politische Bewegung ohne Biografie. Woher kommen die Grünen? Auf welchen Traditionen ruhen sie? Neoliberal starrt die Partei ohne Unterleib in die Zukunft und verschwendet keinen Blick zurück.

Im Zurück liegen das kleine und das große Grauen. Der pädophile Skandal ist nur das kleine. Er hat sie bis auf die Knochen getroffen. Weniger durch „sündigen“ Umgang mit kindlicher Sexualität, als dadurch, dass nun herauskommt: sie haben eine Vergangenheit. Dabei waren sie so stolz, die Vergangenheit ihrer Väter und Mütter an den Pranger gestellt zu haben – um selbst ganz von vorne zu beginnen. Doch das war die Sünde wider den Geist. Ein Leben ohne Vergangenheit ist eine Chimäre.

Als sie in den Gründerjahren rechtslastige Naturideologen hinauswarfen, wähnten sie sich von aller Vergangenheit befreit. Sie glaubten, im Himmel gezeugte Entdecker der Natur zu sein, wie es früher noch keine gab. Dass es jahrtausendealte Naturphilosophien gab, war den Turnschuhspontis ein Grauen. Gegen Bildung, die mit dem Satz begann: schon die alten Griechen … waren sie geradezu allergisch.

Die Rache der Verdrängung folgte auf dem Fuß. Die Christen kamen an Bord und übernahmen das Ruder mit der just erfundenen Exegese, dass die Bibel das Urbuch der Ökologie sei. Die Schöpfung müsse bewahrt werden. Unter Schöpfung verstanden sie den Kosmos, den sie einem allmächtigen Mann unterstellten. Dass biblizistische Christen aus Amerika diesen Ökokurs als heidnischen Irrtum brandmarkten, interessierte das national beengte Völkchen nicht.

Bis heute haben sie den Unterschied zwischen griechischer und biblischer Naturauffassung nicht zur Kenntnis genommen. Außer einem dünnen Büchlein einer ihrer ersten Vorsitzenden über die Philosophie der Grünen (von Manon Maren-Grisebach) haben sie so gut wie nichts vorzuweisen, wenn sie die Prinzipien ihrer Naturauffassung einmal tiefer debattieren wollten.

(Bücher sind inzwischen bei allen Parteien verpönt. In der FDP kennt niemand Hayek, Eucken, Friedman, bei der SPD niemand Popper und Bernstein, bei der CDU niemand die Bibel, geschweige eine kritische Geschichte über die Theologie im Dritten Reich. Sie leben von der Hand in den Mund, außer Broschüren und Tagespamphleten haben sie nichts in der Röhre. Die Deutschen können nicht lesen, an den Unis buchstabieren sie mühsam dünne Exzerpte für leseschwache Anfänger.)

Das große Grauen aber ist die angebliche Naturverehrung der Nationalsozialisten, die ihnen wie das Damoklesschwert über den Häuptern schwebt. Die Nationalsozialisten hatten ein vollständig gespaltenes Verhältnis zur Natur. Einerseits griechische Bildungsimpulse, die sie in verfälschter Form über die Romantiker kennen lernten. Andererseits ein komplett christliches Heilsgeschichtsverständnis, das den Führer zum wiederkehrenden Messias stilisierte.

Schon die Romantiker verwechselten Natur mit Heilsereignis. Ihre blaue Blume war ein jenseitiges Symbol Mariens, der Fluchtpunkt einer todessüchtigen Generation. Bei Goethe, Schiller und Hölderlin gab es einen außerordentlicher Aufbruch ins Griechische. Oft verbunden mit scharfer Kritik am biblischen Credo. Doch schon in der nächsten Generation kippte die Graecomanie zurück in Bibliomanie. In hohem Maß rückten die jungen Romantiker von der Christentumskritik der Aufklärer ab. Am Ende gab es fast niemanden mehr, der nicht mit dem Segen der katholischen Kirche von dieser schnöden Welt Abschied nahm.

Kurz: der Nationalsozialismus hatte gewisse Naturschwärmerelemente. Dennoch setzte er ungerührt die Zerstörung der Natur im Dienste des Herrenmenschen fort, der sich als zweiter Schöpfer der Natur definierte, mit der Lizenz zur Gesamtzerstörung der ersten Natur.

Das alles hätten die Grünen aufarbeiten müssen, um die einzigen Grundlagen einer natürlichen Natur zu entdecken: den Kosmos der Griechen, der in vielen Dingen mit der Naturauffassung der meisten Naturreligionen identisch ist. Dieser Wiederanknüpfung an die einzig haltbaren Fundamente einer durchdachten Naturidee verweigerten sich die Aktivisten und – warfen sich der Theologie an den Hals, die eine neue Nische gefunden hatte, um ihre zeitlose Unentbehrlichkeit zu demonstrieren.

Jahrtausendlang hatten die Popen Naturzerstörung im Namen eines apokalyptischen Endes gepredigt. In kürzester Zeit mutierten die Kanzelprediger zu glühenden Verehren der Natur, die im Neuen Testament als Reich des Teufels beschrieben wird. Der Teufel und sein Reich müssen vernichtet werden. Nur im amerikanischen Biblizismus log man sich nicht in die Tasche und hatte die Offenbarung des Johannes gelesen, wo der Herr mit dem zweischneidigen Schwert die ganze Natur in Feuer aufgehen lässt.

Seit zehn oder zwanzig Jahren hat die internationale Politik die gesamte Ökopolitik in den Sand gesetzt. Nichts geht mehr, seit die Erlösungseligionen wieder zurückgekehrt sind. Nur noch Money, Zaster und Diridari. Der Wettbewerb um die letzten Ressourcen verschärft die Spannungen zwischen den Weltmächten. Die neuen Spähmethoden versprechen den allmächtigen Blick Gottes über alles, was kreucht und fleucht.

Es geht um den Run auf die Weltherrschaft mit allen Mitteln. Wen interessiert noch die Natur? Silicon-Valley verspricht, alle Probleme der Menschheit mit technischen Wundermethoden zu heilen. Technik ist die zweite Natur, die die erste ersetzen soll. Der Heiland, der aus der Maschine kam.

Diese technischen Heilandsphantasien sind derart neu, dass man sie wortwörtlich bei Roger Bacon im 13. Jahrhundert nachlesen kann. Amerika fühlt sich stets überraschend neu, weil es die Vergangenheit – die europäische, ganz bestimmt die griechische – aus seinem kollektiven Gedächtnis verbannt hat.

Was haben die Grünen zu bieten? Steuererhöhung für Gutverdienende und geschützte Laichwege für Frösche. Ansonsten geben sie sich beflissen moralisch und beflissener unmoralisch. Einerseits Fleischenthaltungstage. Andererseits düsen sie in CO2-Wolken um die Welt, um auf dem Nanga Parbat die niedergehende Abendsonne zu bewundern. Der hektischen Tagespolitik verhaftet, weigern sie sich, ihre übertägige Misere aufzuarbeiten.

Keine Aufarbeitung der Vergangenheit, kein Bewusstsein der eigenen Biografie. Grün, teurer Freund, ist alle Erinnerung und grau des Lebens erstorbener Baum.

Die Grünen haben keine Alleinstellungsmerkmale mehr und sind restlos in der deutschen Parteienwirklichkeit angekommen. Man könnte sagen: sie sind entbehrlich geworden.