Kategorien
Tagesmail

Die ERDE und wir. XVI

Tagesmail vom 27.09.2024

Die ERDE und wir. XVI,

a) Der dritte Weltkrieg ging verloren:
Die deutschen Grünen sind untergegangen.
Den Kampf gegen die Naturverwüstung haben sie in den Sand gesetzt.
Die VW-Weltmeister schämen sich ihrer Tugendheinis und lächerlichen Moralapostel.

Wieder einmal hat die Weltwirtschaft den Sieg errungen. Die Ökonomie siegt permanent. Gegen sie hat keiner eine Chance, schon gar kein Idealist oder ethischer Geistesbeschwörer.

Streicht den Namen „Habeck“ aus eurer Heldenliste.
Streicht den Namen „die Grünen“ aus eurer Parteienliste.

b) Wisst ihr überhaupt, wer eure maroden Grünen sind?

Eine Fachfrau weiß es:

„Das ist offensichtlich: Grüne drängen nicht nach Geld. Im Gegenteil: Finanz- und Geschäftsbetrieb erregt eher Ekel. Ihre Sucht ist nicht die von Reichtum und Luxus. Allein das Aussehen ist Zeichen dieses Inneren: selbstgestrickte Pullover, Sandalen aus Leinen oder Rohleder, nein, da wird keiner vom Hang zum Kleider-Luxus getrieben.

So rücken wir zusammen in Wohngemeinschaften, abends in kleinen Gruppen. Erdhockend oder im Gras, sind gerne still miteinander. Die Grünen stehen zusammen in Schweigeminuten, Schweigestunden. Stille als Sehnsucht gegen den Lärm des Getriebes, als Möglichkeit für Sammlung im Innern.

Bei einer Befragung von Studenten, wie sie die Natur empfinden, stand bei allen etwas von diesem Mitleid und ihren unterdrückten Sinnen. Sie erinnerten sich ans Riechen feuchter Waldböden, blühende Sträucher, ans Frieren im eisigen Wind; ans Schmecken von Wurzeln direkt aus der Erde, von Erdbeeren am warmen Berghang und ans Fühlen, barfuß auf Moos oder Bachkieseln. Die verlorene Sinnlichkeit wieder erobern.

Rosa Luxemburgs Tränen vor dem geschundenen Büffel waren ihr noch nicht unangenehm, das müssen wir wieder lernen und wir wollen es. Das Gefühl der Einheit von Mensch und Natur ist verloren gegangen, von Schuld überlagert. Aber die Sehnsucht danach ist geblieben und die Hoffnung, nicht ganz abgetrennt zu werden, von dem, was man einmal „Mutter Natur“ nannte.

Außerdem fühlen wir uns zur Natur international verbunden. Von den Indianer-Traditionen Nordamerikas über die Eskimos und die buddhistischen Mönche Asiens bis hinein in die Sowjetunion, wo ganz besonders eine „grüne Literatur“ geschrieben wird.

Und mit einem stärkeren Rauslassen unserer Naturgefühle entsteht wieder der Nährboden fürs Poetische. Grüne haben Sinn für Poesie. Auf ihren Versammlungen lesen sie sich Gedichte vor.

So ist trotz allem Hoffnung. Sonst würden sich die Mitglieder nirgendwo einsetzen, mit dem wenigen Geld, das sie haben. Wir hoffen auf Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, wir ersehnen uns Naturzugehörigkeit, deshalb der Grundsatz der Gewaltlosigkeit. Traum und Geheimnis, Phantasie und Meditation wollen wir aufnehmen in unsere Mitte und das Empfinden von der Gleichrangigkeit der Menschen untereinander, nicht der Gleichheit, aber des gleichen Wertes (von daher unser Grundsatz des Sozialen).

All diese Hoffnungen können zu einem neuen Lebenssinn zusammenfließen. Die Grünen bilden eine Partei der Hoffnung auf Leben.“

„In einer Kugel aus Metall,
Dem besten, das wir besitzen,
Fliegt Tag für Tag ein toter Hund
Um unsere Erde
Als Warnung,
dass so einmal kreisen könnte
Jahr um Jahr um die Sonne .
Beladen mit einer toten Menschheit,
Der Planet Erde,
Der beste, den wir besitzen.“
(Günter Kunert)
Der ganze Text in „Philosophie der Grünen“ von Manon Maren-Grisebach, 1982)

Endlich haben die Deutschen diesen gefühlsbesoffenen Grünen den Hahn zugedreht. Das Land geht zugrunde, die Wirtschaft geht pleite, der Verkehr ist ein einziges Fiasko, Sintfluten überschwemmen das Land, in allen Dingen wird das Land Goethes und Schillers von fremden Ländern überholt.

Und nun schaut sie euch an, diese alt und bedeutungslos gewordenen Gesichter der Grünen, die plötzlich Politiker sein wollen, um der Naturzerstörung Einhalt zu gebieten.

Das energielose Gesicht eines ehemaligen Kinderbuchautors, das Gesicht eines arglosen Mädchens, das die Welt mit einem Trampolin verwechselt, die Gesichter all jener Romantiker, die ihre privaten Gefühle der bösen Welt als Politik verdingen wollen.

„Die Parteigeschichte der Grünen ist die Fortschreibung der deutschen Romantik mit politischen Mitteln, inzwischen mehr als vier Jahrzehnte permanente Seelenschau. In der deutschen Parteienlandschaft sind die Grünen die Heimatscholle des Gefühls: Niemand nimmt seine eigenen Befindlichkeiten ernster als sie. Das Phänomen gründet in einem bewundernswerten hohen Niveau an Idealismus. Das Phänomen führt aber auch zu einem grotesk hohen Niveau an Drama. Die Grünen? Das war immer schon die Fortschreibung der deutschen Romantik mit politischen Mitteln. Auch deshalb ist eine Krise hier keine Krise, sondern der Weltuntergang.“ (Sueddeutsche.de)

Gibt es Deutsche, die ihre seelische Physiognomie einer einzigen Geschichtsepisode verdanken? Sind wir nicht alle mehr oder minder von den Resten der gesamten Geschichte bekleckert? Müssen wir nicht unsere gesamte Vergangenheit durchforsten, um frei zu werden für die Erfordernisse einer vitalen Gegenwart?

Sind wir tatsächlich Gefühlsmenschen? Wo bleibt dann der berühmte Verstand der Aufklärung, von Lessing und Kant freigelegt und zur Selbstbestimmung vorgesehen?

Haben wir den Verstand verloren, die Kunst des autonomen Denkens, das, was wir von den Griechen lernen konnten, weil wir es lernen wollten?

In der Vernunft war alles vereinigt, alle Gefühlskräfte unterstanden der Überprüfung des Verstandes, alles Vernünftige der Kontrolle der Gefühle!!

Die wohldurchdachte Einheit aller Erkenntniskräfte: das war das klassische Werk der Alten, das die Deutschen, die sich von der Diktatur ihrer Prediger und Propheten losgerissen hatten, sich mühsam erworben hatten.

Solch ein Werk der Selbstermächtigung geht nicht mit links, das braucht seine Zeit mit vielen Seitensprüngen, Einseitigkeiten und Verirrungen.

Nach der Meuchelei der Vernunft durch das irrtumslose Wort Gottes musste diese erst wieder energisch rehabilitiert werden. In der Aufklärung musste das Gefühl zu kurz kommen: danach kam die Romantik mit der Dominanz der Gefühle.

„Dass die Romantiker Heimatlose waren, geht aus dem Erzählten hervor. Keiner der Genannten hatte einen festen Wohnsitz, auch waren sie weder durch Familie noch Beruf gebunden. Bei vielen von ihnen: Hoffmann, Brentano, Lenau, hatte sich schon infolge unglücklicher, verschrobener Verhältnisse im Vaterhause das naive Anhänglichkeitsgefühl an den Boden der Kindheit nicht bilden können. Der unbewusste Mensch hat Gefühle, kennt sie aber nicht, der bewusste Mensch kennt sie zwar, aber hat sie nicht, der harmonische Zukunftsmensch hat und kennt sie.“ (Ricarda Huch, Die Romantik)

Wieso werden heute keine klassischen Menschen gerühmt? Warum sollen Gefühlsmenschen den Vernünftigen überlegen sein?

„In dem Wahn, ebenso gut ja wie nein sagen zu können, fühlt sich der Romantiker charakterlos an. Darin liegt die Unmännlichkeit, die den meisten Romantikern eigen war. Sie haben nie eine feste Überzeugung, es ist ihnen niemals ganz ernst. So wirkt es. Der romantische Charakter ist faul und stolz auf seine Faulheit. Regelmäßige Berufstätigkeit scheint ihnen unwürdig und erniedrigend, der Geschäftsmann, der alltäglich seinem Verdienst nachgeht, verächtlich. Er fühlt, dass er Zu Höherem geboren sei.“

Wir sehen, Marx wollte kapitalistische Vernunft und philosophische Muße miteinander verbinden: so viel arbeiten, wie nötig, so viel ruhen und sich seines Lebens freuen wie möglich.

Das waren tiefgründige Streitigkeiten zwischen dem kategorisch-zerrissenen Kant und seinen Nachfolgern, die aus der Harmonie der Freude und Liebe leben wollten.

„Nicht ein getrenntes Sollen und Wollen im Menschen ist das Höchste, sondern Verschmelzung der beiden, damit nicht Befehl und Gehorsam herrsche, sondern die Freiheit der Liebe.“

Diese Freiheit haben wir heute noch immer nicht erreicht. Wir malochen uns zu psychischen Krüppeln und erholen uns in Phantasien der Fremde: Schaut, welche Aussicht auf Mallorca.

Wir suchen Gott überall auf der Welt, finden ihn aber nirgendwo:

„Gott und Natur muss man also trennen. Gott hat nichts mit der Natur zu schaffen, er ist das Ziel der Natur, dasjenige, mit dem sie nicht harmonieren soll.“

Hier schwimmen die utopischen Fragmente der modernen KI: sie sollen den Menschen übertreffen wie Gott und ihn gleichzeitig nie überragen, damit der Mensch nicht in Angst gerät, wenn er sich der Maschine unterwirft.

Hab ich eben richtig gehört? Ja, wir leben in romantischen Zeiten. Auf Deutsch: in den Zerrissenheiten unserer jüngsten Vergangenheit.

Und weil wir so zerrissen sind, haben wir das Bedürfnis nach „ganzheitlicher Philosophie“.

Die Querelen der Politik entstammen diesen Gefühlen, die sich kaum artikulieren lassen. Wir kennen nicht unsere gespaltenen Gefühle und wir wissen nicht, wie wir sie vereinigen können. Deshalb das unerträgliche Blabla mit „links, rechts bis populistisch“.

Von der Politik erwarten wir, dass sie unsere Gefühle durchschaut und mit großen Worten verschmilzt.

Doch Politiker sind keine Seelenkenner, sie wollen auch keine sein.

c) Jetzt zum Fazit: nicht die Grünen haben verloren, sondern das grausam dumme Deutschland, das nichts Besseres zu tun wusste, als die Grünen zu beerdigen, weil die Deutschen zu faul und zu arrogant waren, um die erkannten Pflichten der Naturrettung wahrzunehmen und der unbeschädigten Natur nahe zu kommen.

Ökologen haben das umfänglichste Programm, das in der Geschichte der Menschheit zu erfüllen wäre, damit sie sagen könnten: Job erledigt. Schauen wir mal auf den Satz Werner Heisenbergs:

„Noch gilt das Wachstum der jährlich produzierten Warenmenge als das wichtigste Kriterium für eine gesunde Wirtschaft. Aber es könnte in naher Zukunft der Zeitpunkt kommen, zu dem eine Abnahme dieser Warenmenge dienlicher wäre als die Zunahme und zu dem man sorgfältig wird unterscheiden müssen zwischen den Waren, die unbedingt notwendig sind, und den andern, die man auch gut entbehren kann.“ (In Herbert Gruhl. Glücklich werden die sein …)

Eine unmöglich scheinende gigantische Aufgabe, die sich die Grünen – ohne es zu bemerken – vorgenommen hatten. Sie müssten die ganze Oberfläche der verwüsteten Erde zur Heilung bringen. Erst, wenn ihnen diese Politik halbwegs gelänge, könnten sie eine neue Weltkultur schaffen, in der Natur und Mensch harmonierten.

In dieser neuen Kultur würden sie nicht mehr produzieren, als sie bräuchten, es gäbe keine schädigende Konkurrenz mehr, die Erde würde nicht an allen Ecken und Enden bluten.

Eine nationale Politik wäre völlig unfähig, diese Gigantenarbeit in Angriff zu nehmen. Wie auch in der Flüchtlingsproblematik müsste das egoistisch-nationale Bemühen ausgedehnt werden in eine humanistische Weltpolitik.

Die Natur ist nicht dazu da, durch die Konkurrenz der Menschen zerstückelt zu werden.

Es gibt einen kardinalen Fehler, den man Habeck vorwerfen muss: Kompromisse zwischen Tod und Leben kann man nicht schließen. Mit einer arroganten „Ich weiß nicht-Partei und will auch gar nichts wissen“, kann man keine Politik betreiben. Die FDP ist eine unfassbar dumme Partei. Wie es keine Kompromisse gibt zwischen Tod und Leben, so auch keine zwischen Naturrettern und Naturblinden. Nie hätten die Grünen einer Ampel beitreten dürfen – oder aber sie so schnell wie möglich wieder verlassen müssen. Sitzen und apathisch warten, bis ein Wunder geschieht, das ist deutsche Merkelei, verbunden mit apathischem Scholzismus.

Alle anderen Kompromisse, die sich folgerichtig dem Ziel der Naturheilung nähern, wären vertretbar.

Völlig ausgeschlossen sind die überheblichen Kommentare der Medien, die in ihrer allwissenden Objektivität schon immer wussten, wann die Reise enden wird.

Ignoriert man das Wahlthema, das die Grünen als Kompromiss anbieten, wird man auch die zugrundeliegende Sache still und heimlich beiseite räumen.

Ignoriere alle Schulprobleme, sprich nicht drüber – und du hast alle Schulprobleme behoben. Ignoriere das gesamte Naturthema – wie die FDP – und du hast es mit einem Schlag aus dem Weg geräumt.

Hier heult die gesamte Natur auf. Und die Deutschen offenbaren ihre grausame Dummheit: was wir nicht sehen, hören oder wahrnehmen, das kann es nicht geben.

„Wenn wir die Emissionen im nächsten Jahrzehnt deutlich vermindern wollen, brauchen wir eine Massenmobilisierung in nie gekanntem Ausmaß. Wir brauchen einen Marshall-Plan für die Erde. Dafür bleiben uns nur zehn Jahre Zeit.“ (Naomi Klein, 2015)

Fortsetzung folgt.