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Die ERDE und wir. XVII

Tagesmail vom 30.09.2024

Die ERDE und wir. XVII,

Schreckliche Stürme toben über die Welt.

Nicht nur physikalische. Aber nicht nur sie werden nicht ernst genommen.

Was Stöcker für die USA konstatiert, gilt längst für die ganze Welt:

„Die USA erleben einen der schwersten Hurrikane ihrer Geschichte, es gibt Dutzende Tote – aber vielerorts wurde »Helene« in kürzester Zeit zur Randnotiz. Doch der Selbstbetrug geht in den USA noch viel weiter. Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis, der über das Thema Klima am liebsten gar nicht spricht und den Zusammenhang zwischen Hurrikanen und der Erwärmung immer wieder heruntergespielt hat, blieb auch diesmal bei seiner Linie: Augen zu und durch. Die Schäden seien größer als die der beiden in dieser Saison vorangegangenen Hurrikane Idalia und Debby zusammen, so DeSantis: »Wir verstehen, dass das hart ist. Aber wir verstehen auch, dass das hier ein widerstandsfähiger Staat ist.« Zu mehr ließ er sich nicht hinreißen. Dabei ist klar, dass die Entwicklung sich weiter verschärfen wird.“ (SPIEGEL.de)

Die Menschheit taumelt blind in den Untergang. Wer nichts sieht, nichts hört, seine Gefühle verdrängt oder verfälscht, phantasiert sich in eine friedliche Zukunft. Er belügt sich – und seine Umwelt, wenn er als Demokrat für die ganze Polis zuständig ist.

Der gesamte Westen hält sich für einen Verbund demokratischer Nationen. Just dieser Verbund ist in Gefahr, weil keiner den anderen versteht, die Begriffe verfälscht und diese nicht klärt, bevor er sie benutzt. Und so spricht jeder an jedem vorbei:

„Ein Staat in Aufruhr erfindet ein neues Vokabular für sich. Israel ist nicht der erste Staat, der das tut – aber es ist empörend, Zeuge der allmählichen Entstellung zu werden. Nach und nach wird eine neue Gattung rekrutierter, betrügerischer Worte entwickelt: Worte, die ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben, Worte, die die Realität nicht beschreiben, sondern zu kaschieren suchen.“ (A. Burg, Hitler besiegen)

Was z.B. bedeutet das – im alltäglichen Sprachgebrauch – ungewöhnliche Wörtchen „antielitär“, das von demokratieallergischen Parteien benutzt werde, wie Historiker Winkler behauptet?

„Die Erfolge, die die beiden antiwestlichen Parteien im Osten erringen, verfehlen ihre Wirkung im Westen nicht. AfD und BSW können sich mittlerweile auch dort im Aufwind fühlen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie an soziale Abstiegs- und kulturelle Überfremdungsängste, an antielitäre Instinkte und die Vorurteile des »Landes« gegenüber der »Stadt« appellieren.“ (SPIEGEL.de)

Sind Demokratien elitäre Einrichtungen? Ist jedes Mitglied ein Feind der Polis, der gegen Eliten kämpft?

Im Gegenteil: Demokratien waren jene Erfindungen, in denen man reiche oder mächtige Eliten verjagte und alle Steuerungssysteme durch Wählen und Streiten ersetzte.

Wenn durch „Diskurse“ am Marktplatz keine Einigungen erzielt wurden, musste gewählt werden. Die beste Lösung eines Streites war die Lösung durch Argumente, in die jede Streitpartei einwilligen konnte.

Die zweitbeste, aber gewöhnliche Lösung waren Wahl und Abstimmung durch den Populus, also jenes Volk, das heute durch den Begriff „Populismus“ diffamiert wird.

Wer heute jemanden zum Gegner oder gar zum Feind erklären will, behauptet, jener habe populistisch gehandelt. Streng genommen jedoch müsste das Popularisieren – im ursprünglichen, antiken Sinn – eine Anerkennung sein.

Möglich wäre auch, dass der antike Sinn des Wortes heute nicht mehr anerkannt wird. Dann müsste sofort die öffentliche Modernisierung des Begriffs erarbeitet werden.

Bleibt diese Modernisierung aus, wäre die antike Bedeutung des Wörtchens weiterhin „diskurs-führend“.

Ein noch genaueres Argument gegen Sahra Wagenknecht wäre ihre nur scheinbare „Westbindung“, die sie in einem entscheidenden Streit mit Russland zugunsten einer Putin-Bindung aufgeben würde:

„Darin sind sich Björn Höcke und Sahra Wagenknecht einig. Den USA ziehen sie, wenn es zum Schwur kommt, das Russland Putins als Partner vor. Hätten sie das Sagen in Deutschland, würde an die Stelle von Zusammenschlüssen der westlichen Demokratien, sei es in Form der Nato oder der EU, über kurz oder lang ein Arrangement mit den Diktaturen in Moskau und Peking treten.“

Woher weiß das der berühmte Historiker? Vermutet er nur aufgrund schwacher Indizien?

Es geht wohl um die „Westbindung“ Deutschlands. In bestimmten elitären Westbeziehungen geht die Sorge um, im Fall eines Falles könnten die Deutschen die bewährten Beziehungen zu den USA zugunsten einer noch besseren Beziehung zu Russland aufgeben. Das wäre ein Verrat an den Rettern Deutschlands, an der Demokratie und an einem freien Kapitalismus.

Ist das so? War Putin, jetziger Kriegsverbrecher, schon immer ein asiatischer Despot ohne demokratischen Gehalt?

Keineswegs, Putin fühlte sich als Schüler Gorbatschows, der das zusammengebrochene russische Reich zur vorbildlichen Demokratie aufbauen wollte.

Das bewies seine eindrucksvolle Rede im deutschen Bundestag, seine freundlichen Beziehungen zu deutschen Politikern, besonders im deutschen Osten. Erst als er bemerkte, dass die amerikanischen Regierungen nicht daran dachten, diesen grandiosen Umschwung der Weltverhältnisse zu akzeptieren, Gorbi und auch seine Bemühungen allmählich versenkten, gab er seine Bemühungen auf und retirierte peu a peu zum Krieger, der das altrussische Reich wieder herstellen wollte.

Sein letzter Versuch war eine Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die einige Gemüter bewegte, ansonsten aber alles beim Alten ließ.

Amerika akzeptiert keine gleichrangige Macht in der Welt. Einerseits ist sie eine vorbildliche Demokratie, andererseits bleibt der Exzeptionalismus ihre führende Doktrin: ihre Einmaligkeit vor Gott und den Menschen soll die herrschende und stilbildende Großmacht der Welt garantieren.

Putin, diesen Gernegroß aus Moskau, musste man deshalb aus dem potentiellen Kreis der Großmächte raushalten:

„Putin war damals offen für engste Beziehungen zur Europäischen Union, sogar bereit, über eine Mitgliedschaft in der Nato zu reden. Natürlich nicht in der militärischen Organisation. Sein Verteidigungsminister sagte mir, er erwarte nicht, dass die Bundeswehr in einem Krisenfall Russland an der chinesischen Grenze verteidigen würde. Da konnte ich ihm nur recht geben. Aber Russland zumindest als Mitglied in der politischen Organisation der Nato. Einer der großen Fehler des Westens war: Als Europäer und Amerikaner darüber nachdachten, wie sie mit der Ukraine umgehen sollen, bis hin zur Mitgliedschaft in EU und Nato, hätten sie gleichzeitig Russland Angebote unterbreiten müssen. Es gab ein Riesenthema, was bis zur Stunde auf dem Tisch liegt: eine gesamteuropäische Freihandelszone. Aber wir haben dazu nichts angeboten. Warum nicht?“ (SPIEGEL.de)

Typisch die Zwischenfrage des SPIEGEL:

„Es ist trotzdem abwegig: Die Nato versteht sich als Wertegemeinschaft.“

Da kann Teltschik nur lachen: „Genau, deswegen haben wir die Türkei dabei. Im Ernst: Putins Politik war auf eine enge Zusammenarbeit in Europa ausgerichtet, einschließlich gemeinsamer Sicherheit. Doch viele Akteure sind sich der Geschichte Russlands, der Ukraine nicht bewusst.“

Die führenden Westmächte waren sich einig, das sich in den Grundfesten ändernde Russland nicht für fähig zu halten, die westlichen Werte zu übernehmen.

Teltschik: „Ich würde nicht sagen, dass Putin ein Gegner Europas ist, er sucht nur nach Alternativen. Er fühlt sich von den Europäern weggestoßen. Und was ihn tief getroffen hat, war die Aussage von US-Präsident Barack Obama, Russland sei eine Regionalmacht. Das mag man denken, aber man darf es niemals sagen. Vergessen Sie nicht Putins Gipfeltreffen mit Chinesen und Indern am Beginn seiner Präsidentschaft. Die drei Mächte machten deutlich, dass sie eine unipolare Ordnung ablehnen und sich als Mitspieler einer multipolaren Welt verstehen, deren Existenz Obama aber bestritt.“

Das ist die große Wunde des Westens, die er bis heute ignoriert oder für unersetzlich hält. Justament Obama, die moralische Jahrhundertfigur der USA, verdrängte Putin als belanglose Figur des Ostens.

Obama ist bis heute eine humanitäre Vorzugsgestalt in den USA, doch niemand weiß, warum. Seine rhetorischen Showfähigkeiten sollen auf seine politischen verweisen, doch beim Verweis bleibt es.

Die USA verstehen es, einerseits eine verlässliche Demokratie zu sein, andererseits aber ihre tiefen Bigotterien mit schönen Reden zu vertuschen. Eben das ist die elementare Schwäche des gesamten Westens.

Bei Robert Jungk steht es bereits 1952:

„Denn auch die Vereinigten Staaten haben sich im Lauf der letzten zwei Jahrzehnte entgegen manchen äußeren Anschein tief verändert. … Es bricht jetzt durch die Fassade der „neuen Welt“ etwas anderes durch, das ich als die „neuste Welt“ bezeichnen möchte: ein Amerika, das mit den Leitsätzen seiner bisherigen Geschichte nicht mehr in Einklang steht und immer deutlichere Züge totalitärer Art aufweist.“ (Die Zukunft hat schon begonnen)

Schon in seinem Buch „Heller als tausend Sonnen“ stand der Sündenfall der Moderne, der bis heute die moralische Reputation des Westens auf der ganzen Welt in Trümmer legt:

„Die wissenschaftlichen Akademien im 17. Jahrhundert legten fest, dass in ihren Sitzungen keine Debatten über politische, moralische oder theologische Probleme stattfinden dürften.“

So vorbildlich die USA in manchen Dingen ist, so doppelmoralisch und unglaubwürdig bis zum heutigen Tag ist die Politik der USA, wie die Welt sie erlebt und verabscheut.

Und noch ein Zitat bei Jungk:

„Weshalb sollen zwischen der Mathematik und der Medizin nicht ebenso enge Wechselbeziehungen bestehen wie zwischen Mathematik und Technik?  Warum soll man nicht die „Maschine Mensch“ ebenso in der unpersönlichen Symbolsprache der Formeln darstellen und logisch durchleuchten wie eine Flugmaschine?“ fragt ein Gelehrter in Robert Jungks: „Die Zukunft hat schon begonnen“.

Zuletzt das tränenreiche Geständnis eines Atomphysikers aus Los Alamos:

„Es ist doch seltsam und ich kann es nicht begreifen“, sagte er, „meine Jugend stand ganz unter dem Zeichen der Sehnsucht nach Wahrheit, Freiheit und Frieden. Und nun hat mich das Schicksal gerade hierher verschlagen, wo meine Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, die Wahrheit, die ich zu entdecken versuchte, hinter Safetüren versperrt bleibt und meine Arbeit letzten Endes dem Bau der furchtbarsten Kriegswaffen gewidmet sein muss. Welch widerspruchsvolles Schicksal!“

Wie können wir so ahnungslos tun und uns fragen, warum die Welt im Argen liegt, wenn die Eliten der Menschheit sich geschworen haben, alle moralischen Handlungen der Weltpolitik zu Staub zu zertreten?

Wir sind Lügner und Selbstbetrüger – die mit voller Absicht lügen und betrügen. Das Ergebnis des Lügens ist die Katastrophe, das Ergebnis des kollektiven Lügens und Betrügens ist das kollektive Ende der Menschheit.

Das letzte Beispiel aus dem Bereich der Naturwissenschaft:

„Die USA erleben einen der schwersten Hurrikane ihrer Geschichte, es gibt Dutzende Tote – aber vielerorts wurde »Helene« in kürzester Zeit zur Randnotiz. Doch der Selbstbetrug geht in den USA noch viel weiter. Hurrikane bringen Springfluten an die Küsten, die extrem hohen Windgeschwindigkeiten sorgen für großflächige Zerstörung an Gebäuden, Vegetation und Stromleitungen – und der oft lang anhaltende Extremregen sorgt auch in Gebieten für Flutkatastrophen, die weit von der Küste entfernt liegen.“ (SPIEGEL.de)

Das Schrecklichste aus der Hand der Menschen ereignet sich – und nichts Rettendes passiert.

Die Grünen sind wahrlich nicht unschuldig, aber unter den Schuldigen sind sie die am wenigsten Schuldigen – denn sie haben schon seit Jahr und Tagen die herankommende Katastrophe bemerkt und so gut sie konnten, dagegen gearbeitet. Doch nein, die Deutschen wussten alles besser und traktierten sie als Betrüger, denen man das Handwerk legen muss.

Seitdem mühen sich die Grünen ab, die Krise zu lösen. Aber die deutsche Bevölkerung denkt nicht daran, ihnen zu „glauben“.

Das halten die Neugermanen für Glauben, wenn sie naturwissenschaftliche Daten wahrnehmen müssten. Hier verschwimmt alles zum apokalyptischen Desaster.

Das Ergebnis: die Menschheit betrügt sich mit den ungeheuersten Lügen der Weltgeschichte. Das will sie nicht sehen.

Die Natur wird sich an ihr rächen.

Fortsetzung folgt.