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Tagesmail

Sonntag, 07. Oktober 2012 – Erfolg und Sieg über die Welt

Hello, Freunde der Mormonen,

warum wirkte der Herausforderer so frisch, der Amtsinhaber so ausgebrannt? Weil er Mormone ist, behauptet die FINANCIAL TIMES (Martin Knobbe über die Mormonen und ihre Karriereschmiede).

Als Mormone durchlief er eine der härtesten Karriereschulen der Welt. Sie lehrt vor allem eins: Selbstdisziplin und Hartnäckigkeit. „Wir sind eine erfolgsorientierte Kirche“, sagt ein mormonischer Mogul. „Wir wollen hier auf Erden erfolgreich sein, in unserem Familienleben und im Dienst für die Kirche. Das schlägt sich dann auch nieder im Beruf“.

Als Junge bei den mormonischen Pfadfindern musste er einmal 50 Nächte im Freien verbringen, musste lernen viel auszuhalten und hartnäckig an sein Ziel zu glauben. “Die härteste Zeit für Mormonen ist die Missionierungszeit für 19 bis 20-Jährige in anderen Ländern, die sich die Nachwuchsmissionare nicht aussuchen dürfen.“ Zwei Jahre gehen sie von Tür zu Tür, um die Menschen von ihrem Glauben zu überzeugen. Mormonen sollen früh heiraten und Kinder bekommen.

Erstaunlich, dass sich kein deutscher Journalist die Frage stellt, weshalb der christliche Glaube in Amerika die beste Methode zum Erfolg ist, während bei uns in Deutschland eher das Umgekehrte gilt. Christ sein heißt demütig, machtlos, arm und bescheiden sein. Der Lohn für den Misserfolg wird sich für Deutsche erst im Jenseits einstellen, während Amerikaner den Himmel auf die Erde geholt haben.

Das scheinen die Utopieverächter unter den Neoliberalen noch nicht bemerkt zu haben, die sonst davor warnen,

der Himmel auf Erden könne zur Hölle werden. Da müsste der kapitalistische Himmel in Amerika längst die Hölle sein. Was Erfolgreiche tun, ist realisierte Utopie. Daran lassen sie keinen Zweifel. Verwirkliche deinen Traum – ich habe meine Träume verwirklicht.

Den Erfolglosen, den Umverteilern, den Sozialisten, die auch ans Licht wollen, wird die Utopie als totalitäre Idee diskreditiert, während sie die Verwirklichung ihres Traums mit Klauen und Zähnen verfolgen.

Deutsche und Amerikaner wähnen, denselben Glauben und dieselben Grundwerte zu haben. Wäre dem so, müsste das Dogma vom Kreuz ein Widerspruch in sich sein, eine doppelte Botschaft, die mit zwei völlig verschiedenen Zungen spricht. In der Religion ist der Satz des Widerspruchs aufgehoben. „Was unmöglich ist bei den Menschen, ist möglich bei Gott“.

Die griechische Dialektik war auch die Einheit von Widersprüchen, stopp, von scheinbaren Widersprüchen, die sich stets als vereinbare Polaritäten herausgestellt haben.

Woran erkennt man den Unterschied zwischen wirklichen und scheinbaren Widersprüchen, die nur Polaritäten sind? An den Früchten des Handelns. Griechen haben keine Technik entwickelt, um die Natur durch Unvereinbarkeiten „zerstückeln“ zu müssen – wie Francis Bacon präzis formulierte.

Ob etwas polar oder unvereinbar ist, zeigt der Praxistest. Christen wollen von der Natur leben, gleichzeitig sie eliminieren, um eine zweite bessere Natur an ihre Stelle zu setzen. Wäre das nur Polarität, würde das Experiment gelingen und wir hätten keine Probleme mit der Natur. So aber sind wir dabei, die für uns vorgesehene Nische der Natur zu zerstören und die Grundlagen unseres Überlebens zu vernichten.

Wir tun Widersprüchliches, das unvereinbar ist. Das wird zu unserem Untergang führen. Ich kann nicht ständig vom Himmel träumen, der die Erde überflüssig macht und mich dann wundern, dass ich die Erde überflüssig mache und sie zum Verschwinden bringe. Denn jeder Glaube ist eine selbsterfüllende Prophezeiung. Der neue Himmel, die neue Erde hassen die alte Erde und werden sie atomisieren.

Die amerikanischen Christen bringen den Himmel auf die Erde, was nicht bedeutet, dass es ihnen gelingt, beide zur Einheit zu verschmelzen. Auch sie sind apokalyptisch orientiert und glauben an die Wiederkehr des Messias und den Untergang der alten bösen Erde.

Ihr kapitalistischer Himmel auf Erden war nur ein Vorlaufmodell, ein Vorschein des wahren Scheins, der erst noch kommen wird, um alles Alte aufzulösen. Der calvinistische und mormonische Vorlaufhimmel hat vor allem den Zweck, den Gläubigen einen handfesten Hinweis zu liefern, dass sie zu den Auserwählten gehören. Die heidnische Welt soll sehen, dass sich der Glaube rentiert, weil er hienieden Erfolg bringt.

Den Begriff Erfolg sucht man in der ganzen Bibel vergebens. Doch die Begriffe Glück, Reichtum, Macht und Sieg gibt’s zuhauf. Die alten Patriarchen starben alt und lebenssatt. Ein Jenseits brauchten sie nicht. Gott war ihr Helfer, der sie dabei unterstützte, bereits auf Erden zu erhalten, woran das Herz des Mannes hängt: große Herden, Wohlstand, schöne Frauen, viele Kinder und politische Unabhängigkeit. Das war der Sinn des Lebens und der war erreichbar.

Woraus wir entnehmen, dass der Glaube ans Jenseits sich erst entwickelt, wenn Sattheit und Zufriedenheit auf Erden abnehmen. Wer auf Erden satt ist, den zieht‘s nicht in ein ominöses Jenseits. Dualistische Religionen entwickeln sich nur im irdischen Elend, das keine Chance mehr sieht, hienieden das Schicksal zu wenden.

Ihr seid schon satt geworden, ermahnt Paulus die Korinther. Wer satt ist, bei dem erlahmt das Bedürfnis, erlöst zu werden. Gesunde bedürfen des Arztes nicht. Kranke, Hungernde und Leidende sind darauf angewiesen, in einem andern Leben in Überfluss zu erhalten, was man ihnen auf Erden vorenthielt.

Erlösungsreligion ist Notwehr in einer verzweifelten Lage. Wer hier von Priesterbetrug reden kann, hat von Religion nichts verstanden. Eine solche Macht über die Seele zu erfinden, das übersteigt die Kapazität der größten Popen und Schlitzohren.

Allerdings haben Priester ihre Chance erkannt, auf der Not der Menschen ihre Macht zu installieren, indem sie die Jenseitshoffnungen in Geschichten verwandelten und sie auf heiligen Papyri schriftlich niederlegten. Sie ernannten sich zu heilsnotwendigen Vermittlern und taten, als seien sie dem Reich der Hoffnung am nächsten. Das gelang ihnen, weil sie dem Volk intellektuell voraus waren.

Wenn Religion Droge ist, so hat sie einen rationalen Sinn, wenn sie bei sterbenskranken Menschen verschrieben wird. Wird sie vitalen Lebenden verabreicht, um sie still und apathisch zu halten, wäre sie inhuman. Doch wenn die Droge missbraucht wird, die Leidenden nicht mehr ins Leben zurückzurufen, wird aus Humanität in der Not eine gewalttätige Inhumanität im Leben.

In dieser Situation befinden wir uns. Das Medikament hat die Herrschaft über die Patienten angetreten und duldet nicht, dass sie gesund werden, vom Krankenlager aufstehen und selbständig ihr vitales Leben führen. Steh auf und wandle, sprach der Heiland zu einem Kranken. Zur Menschheit sagt er das nicht: steht auf und wandelt – ihr braucht mich nicht mehr, löst euch von mir, eine gute Autorität erkennt man daran, dass sie sich überflüssig macht und ich will eine gute Autorität sein.

Ein Erlöser macht sich nicht überflüssig, er will ewig gebraucht werden. Er kann nicht allein im Universum sein. Das ist das verborgene Dilemma des Mannes, der sich allmächtig geben muss und nicht zugeben kann, dass er die Liebe der gesamten Menschheit benötigt.

Das Gefährliche der Erlösungsreligion ist, dass sie sich aus einer Hilfe in hoffnungsloser Lage zur Herrin über den Menschen und seine Hoffnungen aufgeschwungen hat. Das Buch „Die hilflosen Helfer“ von Schmidbauer hat es trefflich auf den Punkt gebracht – ohne allerdings das religiöse Urmuster dieser sado-masochistischen Konstellation zu erwähnen.

Wenn Helfen sich unentbehrlich macht, wird es zum Quälen und Terrorisieren. Helfer haben ein schwaches Selbstwertgefühl und sind auf ihre Helferrolle fixiert, ihr Helfen wird zur Sucht. Ohne Hilfs-Objekte sind sie nicht lebensfähig. Sie müssen alles tun, um anderen aus der Not zu helfen, gleichzeitig nichts unterlassen, um jene in hilfsbedürftiger Abhängigkeit festzuhalten. Indem sie anderen helfen, helfen sie sich selbst. Was sie sich aber nicht eingestehen dürfen.

Goethe wagte die Prognose, dass am Ende des Weges die Menschheit ein einziges großes Lazarett sei und jeder des andern Krankenwärter. Je mehr Helfer wir haben, je mehr Hilfsbedürftige müssen wir produzieren. Das betrifft nicht nur die seelischen Abhängigkeiten, sondern auch die materiellen. Die einen schaffen Arbeitsplätze, die andern benötigen sie, um sich den irreführenden Titel zu erwerben, ihren Lebensunterhalt unabhängig zu verdienen.

Wer vom Staat abhängig ist, schämt sich, weil er sich als Parasit fühlt. Wer von der BASF abhängig ist, von der Bank, von mächtigen Investoren, fühlt sich selbständig und frei. Dabei hat er seine Abhängigkeiten nur geschickter auf mehreren Schultern verteilt.

Man kann nicht die ganze Welt in ein Netz von Abhängigkeiten verwandeln und sich gleichzeitig immer freier fühlen. Die größte Freiheit wäre Autarkie, weit weg von allen Zwängen der Geldwirtschaft, Rohstoffbeschaffung und ausreichender Absatzmärkte.

Das Prinzip der globalen Abhängigkeiten wäre noch rational vertretbar, wenn alle von allen in gleichem Maß abhängig wären. Davon kann keine Rede sein. Wer ein bisschen unabhängiger vom andern ist, als jener von ihm, benutzt das Gefälle zur Machtgewinnung.

Planetarische Abhängigkeiten sind zu monströsen Machtgebirgen angewachsen, unter denen diejenigen, die am wenigsten zu bieten haben, zermalmt und platt gemacht werden.

Die westliche Entwicklungshilfe ist keine Hilfe zur Selbsthilfe, sondern eine uneigennützig scheinende Aktion, schwächere Partner in dauernder Abhängigkeit zu halten. Gleichzeitig investieren die reichen Länder ein Vielfaches der Entwicklungshilfe in ihrer eigenen Wirtschaft, um mögliche Exporte aus den Entwicklungsländern zu blockieren. (Etwa das Sechsfache: 300 Milliarden)

Das christliche Hilfsprinzip zur Gewinnung von Macht hat die Welt in Form des planetarischen Netzes erobert. Es war ein schöner Gedanke, die Nationen der Welt miteinander in Verbindung zu bringen, damit die Fähigkeiten der einen die der anderen unterstützen, auf dass es allen besser gehe. Das schwebte noch Adam Smith vor.

Doch der rationale Gedanke arbeitsteiliger Solidarität kollidierte mit dem Prinzip der gnadenlosen Konkurrenz. Im Tausch will ich mir und dem andern nützen, in Konkurrenz will ich den andern schädigen, um auf seinen Schultern über ihn hinwegzusteigen. Je mehr gleichberechtigte Dependenz in ungleiche Machtverhältnisse entartet, je mehr wird Abhängigkeit zur Ohnmacht der Schwächeren.

Die Freiheit der Starken wird zur Potenz, aus unendlich vielen Abhängigkeiten die eigene grenzenlos wachsende Übermacht über alle andern herauszudestillieren und zu einem ungefährdeten Machtgebilde zusammenzuschweißen.

Eine zukünftige Weltwirtschaft, die die ganze Menschheit in Freiheit setzen will, muss das Machtgefälle der internationalen Abhängigkeiten auf wirklich gleichberechtigte Gegenseitigkeiten reduzieren. (Mutualismus, der Grundgedanke Proudhons und frühsozialistischer Arbeiterverbände)

Das setzt die Stärkung der eigenen Position durch eine stabile und ausreichende Autarkie voraus. Je autarker die einzelnen Nationen, je unabhängiger und unerpressbarer ihre Lage. Die gegenseitige Abhängigkeit kann umso weniger in Machtgefälle pervertieren, je mehr ich ohne den andern existieren kann.

Das rationale do-ut-des-Prinzip (ich gebe, damit du gibst) klingt nicht so altruistisch wie manche Direktiven der Nächstenliebe, die sich ihre Charity durch ewige Seligkeit mit Zins und Zinseszins vergüten lässt – und ist doch weitaus menschlicher.

Jede Nation, jedes Volk muss im Zweifelsfall auf sich gestellt überleben können. Luxus wäre, was man zur Verschönerung und Erleichterung des täglichen Lebens nützen kann, ohne es existentiell zu benötigen. Das unendliche Herumschippern und Transportieren überflüssiger Waren rund um den Planeten könnte man erheblich einschränken, die Atmosphäre schonen und die Klimaerwärmung reduzieren.

Selbstbestimmte Menschen brauchen eine selbstbestimmte Wirtschaft. Die Riesenkomplexe industrieller Giganten und mächtiger Banken müssen zerschlagen werden. Als Montesquieu von der Gewaltenteilung sprach, meinte er nicht nur die politische Teilung der Mächte.

Die Politik wird immer schwächer, die Wirtschaft hat schon lange das Machtmonopol auf der ganzen Welt besetzt. Ihre Mono- und Oligopole sind eine dreiste Anmaßung der Macht, die allein den Völkern auf der Agora zusteht, keinen windschlüpfrigen, bonusgeilen Zockern, die mit dem Schicksal der Menschheit Würfel spielen.

Das Christentum begnügt sich nicht mit diesem oder jenem Teilerfolg. Es will den Gesamtsieg. Den Sieg durch instrumentell eingesetztes Leiden. Je nachdem, wie man den Akzent setzt, erhält man das amerikanische oder das deutsche Modell.

Die Deutschen leiden gern, identifizieren sich mit dem Gekreuzigten und erhoffen sich Belohnung durch die Mächte des Jenseits. Die Amerikaner haben seit ihrer Flucht aus Alteuropa das Kapitel Leiden abgeheftet, erkennen sich im triumphierend Auferstandenen und wollen endlich im neuen Kanaan die Früchte ihrer früheren Leiden ernten.

Die einen sagen Leid und erwarten Sieg, die andern sagen Sieg und erwarten den Endsieg am Ende aller Tage. „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unsern Herrn Jesus Christus.“

Da gibt es immer noch Leute wie Scholl-Latour, die den christlichen Glauben als machtfern und gewaltfrei einstufen. Jesus hätte die Trennung von Kirche und Staat eingeführt, sagen sie. Das kann man nur, wenn man die Augen schließt und den Pantokrator nicht sehen will.

Die griechisch– und russisch-orthodoxen Kirchen stellen nicht den Gekreuzigten in den Mittelpunkt, sondern den Herrscher des Weltalls – der jetzt schon regiert, auch wenn er sich noch eine Weile verbirgt. Hier einige Bilder.

„Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel, Tod, wo ist dein Sieg.“ Christen wollen nicht nur Erfolg über alle Nichtchristen, sie wollen Erfolg über die sterbliche Natur haben. Immer öfter hört man, gerade von Intellektuellen, einen Hassgesang auf den Tod. Der Tod sei die schlimmste Erfindung des Lebens, er sei ein Verbrecher, ein Wüstling, ein Verderber des Lebens.

Wenn der Herr den Tod überwunden hat, müssen die Knechte des Herrn ihn auch überwinden können. Wie oft hört man aus der kreativen Superschmiede in Silicon Valley, man sei nahe dran, den Tod des Menschen naturwissenschaftlich zu überwinden.

Ach Gott vom Himmel, sieh darein, wie wenig die Menschen gelernt haben, endliche und sterbliche Menschen zu sein. Wie sie an das unbegrenzte Wachstum glauben, glauben sie ans grenzenlose Leben. Gott sei den Narren gnädig.

Die Anfänge der Erlösungsreligion sind Situationen der Not, aus denen der leidende Mensch befreit werden will. Seine Phantasie und mythenbildenden Kräfte erzeugten ein ganzes Geflecht an illusionären Erzählungen, „Offenbarungen“ und Geschichtsabläufen, um sich halluzinativ jetzt schon gerettet zu sehen. Ihrer selbsterdachten Fata Morgana folgt die Kreatur, weil sie keine andere Möglichkeit der Rettung sieht.

Aus unendlicher Not wird unendlicher Sieg als Rache über alle, die am Elend der Miserablen schuldig sein sollen. „Denn alles, was aus Gott gezeugt ist, überwindet die Welt; und das ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube. Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, welcher glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ ( Neues Testament > 1. Johannes 5,4 f / http://www.way2god.org/de/bibel/1_johannes/5/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/1_johannes/5/“>1.Joh. 5,4 Neues Testament > 1. Johannes 5,4 f / http://www.way2god.org/de/bibel/1_johannes/5/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/1_johannes/5/“> f)

Erlöserreligionen sind hilflose Helfer, die all ihre Macht einsetzen, um ihre erbarmenswürdigen Objekte im hilflosen Patientenstatus für immer zu fixieren. Welt überwinden, heißt Natur besiegen, um eine neue Erde aus dem Nichts zu erfinden.

Heute verfügt die Welt über alles, um auf Erden ein behagliches und heiteres Leben zu führen. Erlöserreligionen braucht sie nicht mehr.