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Samstag, 17. März 2012 – Der Duft der Frauen

Hello, Freunde des Papstes,

er will nicht mehr nach Weihrauch und Myrrhe riechen, sondern nach Gras, Linde und Eisenkraut. Das Rezept ist geheim, niemand soll duften wie der Stellvertreter.

Linde riecht süßlich und passt eher zu einer Dame, doch keine Agape ohne Lindig-keit. (

Alles Gras verdorrt, alles Fleisch ist wie Gras. Im Himmel werden die Gläubigen Wohlgerüche für die Nase des obersten Parfümeurs sein, der sich von lieblichen Düften der Kreaturen anlocken lässt. „Und der Herr roch den lieblichen Duft des Opfers von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln“. ( Altes Testament > 1. Mose 8,20 f / http://www.way2god.org/de/bibel/1_mose/8/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/1_mose/8/“>1.Mose 8,20 f)

Den Geruch unreiner Tiere mag der Herr weniger. Ist er böse auf die Menschen, verabscheut er gar die Düfte reiner Opfer. „Den lieblichen Duft eurer Opfer will ich nicht mehr riechen“. ( Altes Testament > 3. Mose 26,31 / http://www.way2god.org/de/bibel/3_mose/26/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/3_mose/26/“>3.Mose 26,31)

Die Chemie zwischen Schöpfer und Geschöpfen stimmt nur, wenn die Gesinnung stimmt und letztere den Willen des Herrn tun. Das ist der Geruch der Erkenntnis, der „uns in Christus allezeit triumphieren lässt.“ Gerüche sind Zeichen des Sieges und

des triumphalen Erfolgs. „Denn wir sind für Gott ein Wohlgeruch Christi unter denen, die gerettet werden, und unter denen, die verloren gehen, den einen ein Geruch aus Tod zum Tod, den andern ein Geruch aus Leben zum Leben.“ ( Neues Testament > 2. Korinther 2,14 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/2_korinther/2/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/2_korinther/2/“>2.Kor. 2,14 ff)

Derselbe Geruch spaltet die Menschheit, den einen ist er Lebensgeruch, die anderen riechen die Fäulnis des Todes. „Wie Kot der Welt sind wir geworden, ein Abschaum aller bis jetzt.“ ( Neues Testament > 1. Korinther 4,13 / http://www.way2god.org/de/bibel/1_korinther/4/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/1_korinther/4/“>1. Kor. 4,13)

Dass Fundamentalisten Andersgläubige wie Müll behandeln, zeigt ein TAZ-Bericht aus Hebron, wo Ultras ihren Abfall regelmäßig auf die benachbarten Palästinenser werfen.

Paulus und sein Herr betrieben ihre Missionierung als olfaktorische Selektion der Menschheit. Denen, die verloren gehen, stinken sie zum Himmel, den andern sind sie Wohlgerüche Arabiens. Wäre das Rezept des päpstlichen Parfums bekannt, würde ganz Freiburg nach Linde und Eisenkraut riechen.

Gab es da nicht mal einen Bestseller, der das absolute Parfüm beschrieb als absolute Verfügbarkeit über die Welt? Es gebe eine „Überzeugungskraft des Duftes“, die man nicht abwehren könne, denn der Duft gehe „direkt ans Herz“? Der Duft fülle uns vollkommen aus, es gebe kein Mittel gegen ihn?

Was will der Kreator des vollkommenen Duftes, der ohne Eigengeruch zur Welt kam und im Nebenberuf Mörder und Scheusal war? „Denn eigentlich wollte der von den Menschen verstoßene Sonderling nur eines, und zwar, dass die Menschen, die ihn meiden und hassen, endlich lieben und akzeptieren.“

Warum ermordet er nur Jungfrauen, die er aber nicht defloriert, sondern deren „penibel konservierte Jungfräulichkeit“ für ihn als „Ingredienz des angestrebten Parfüms“ unerlässlich ist? Der sexuelle Duft der reinen Jungfrau soll das geruchlose Wesen erlösen, ihn aufnehmen in die Reihe der Menschenkinder, die sich erst durch unverwechselbaren Geruch als Menschen auszeichnen.

Er will von einer Frau geliebt werden, aber sie darf keine befleckte Frau sein. Um die Liebe eines Menschen zu werben ist er unfähig. Wonach er sich sehnt, muss er rauben, die Beraubte darf den Raub nicht überleben, es gäbe eine Zeugin seiner ohnmächtigen Begierde.

Gott sehnt sich nach der Liebe der Menschen, in Maria ist er vernarrt. Doch er darf sich nicht als Bedürftiger darstellen, das wäre der Bankrott seiner männlichen Überlegenheit, die keine Schwäche kennt.

Um seine Ohnmacht zu kaschieren, muss er das Weib zur Brüterin seines extraordinären Sohnes degradieren. Er ignoriert und „tötet“ ihre sinnliche Empfindsamkeit, sie soll sich nicht blähen, die Geliebte eines Gottes zu sein.

Indem er ihre jungfräuliche Blume verschmäht, sie nicht de-floriert, eliminiert er sie als begehrenswertes Subjekt und erniedrigt sie zur Austrägerin des unvergleichlichen Sohnes.

Indem Gott Maria als sinnliches Wesen verschmäht, ihre Natur ignoriert, tut er ihr Gewalt an. Noch heute gilt in christlichen Ländern die unbefleckte jungfräuliche Mutter als Inkarnation des Weibes.

Die Götter sind neidisch auf die liebesfähigen Menschen, doch die Menschen sollen ihre Überlegenheit nicht bemerken. Es soll ihnen nicht auffallen, dass sie die Fähigkeit besitzen, zu lieben und zu herzen: also sollen sie sich als Verworfene geißeln und verabscheuen.

Der Mensch soll auf die Liebe der Götter angewiesen sein, nicht die Götter auf die Liebe der Menschen. In Erlösungsreligionen entäußert sich der Mensch seiner besten Fähigkeiten, schmückt und dekoriert den Gott mit seinen vorzüglichen Gaben, übernimmt und trägt stellvertretend dessen emotionale Unfähigkeit und unrettbares Alleinsein.

Indem er sich von Ihm erlösen lässt, will er ihm sagen: schau, du bist doch jemand, auch du könntest lieben. Das ist die wahre Rechtfertigung des Gottes durch den Menschen.

Doch vergeblich. Der Gott saugt sich voll mit den Fähigkeiten des Menschen, gibt sie aber als seine charismatischen Fähigkeiten aus.

Gott bleibt außerhalb des Menschseins in liebesunfähiger triumphaler Allmacht. Wer sich dieser unterwirft, wird belohnt, wer aufrecht bleibt, wird aussortiert. „Nicht ihr habt mich erwählt, ich habe euch erwählt.“

Die Schätze, die der Mensch an den Himmel verschleudert hat, müssen von ihm zurückgefordert werden. In der Geschichte der Maria zeigt sich das ganze Elend einer Männergesellschaft, die autark und unabhängig von Frauen sein will, aber nicht sein kann und die Frau um ihr Frausein betrügt.

Die Sehnsucht des autistischen Mannes geht nach dem erlösenden Duft der starken jungfräulichen Amazone. Das überlegene Weib will er gewinnen, aber so, dass sie nichts von seiner bedürftigen Unterlegenheit bemerkt.

Im mittelalterlichen Secreta Mulierum mahnt der Autor, die Frau würde dem Mann beim Begatten Wärme entziehen, sodass er schwach und debil wird. Also darf der Mann seinen Samen nicht an die männermordende Hexe verlieren, die ihn durch Lust entmannen will.

Noch sind nicht alle Männer debil, doch längst am Ende ihrer Herrschaft angekommen. Würden die Frauen das nur endlich bemerken, sie würden sie von der Platte fegen.

Die Männer, die eine Religion erfanden, in der sie allein die Götter spielen, haben fertig. Unentwegt suchen sie den Duft der Frauen, um sich im weiblichen Bad der Wiedergeburt zu erneuern. Solange sie sich einer Wiedergeburt im männlichen Geiste rühmen und sich also belügen, wird es keine Erneuerung geben.

Gebären ist Sache der Frauen. Die Sucht der Männer nach dem Neuen ist ihre Sucht nach dem ganz Anderen, dessen Geheimnis die Frau ist. Jeder Messias, der kommt, ist ein falscher Messias, schrieb ein frommer Gelehrter. Kein Wunder, er wird ein Mann sein.

Nachdem es eine Weile schien, als sei der Papismus auf der Höhe der Macht, hat sich das Blättchen gewendet. Offenbar gibt es eine Korrelation zwischen neoliberaler Globalisierung und Katholizismus. Bedeuten doch global und katholisch dasselbe: das Ganze, den ganzen Planeten erfassen und beherrschen.

Tycoons herrschen durch Zaster, purpurrote Kardinäle durch Weihrauch. Kaum kommt das große Geld in die Krise, beginnt papa christianorum zu schwächeln. In der rechtlichen Anerkennung der Schwulen in Italien hat der Vatikan eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. Unter der Dominanz von Bungabunga & Halleluja wäre das nicht passiert.

Hätte man sich in Deutschland einen katholischen Kandidaten vorstellen können? Auf keinen Fall einen zur Illoyalität verpflichteten Talarträger. Der müsste einem staatsfremden Oberhaupt gehorsamer sein als der deutschen Verfassung.

An diesem Punkt hatte sich der Kulturkampf unter Bismarck entzündet. 1870 verlieh ein unbedeutender Pontifex sich selbst den Status der Unfehlbarkeit. Ein außerordentlicher Affront im neu erwachenden deutschen Reich, das seine Tradition in der Linie Luther, Hutten, Fichte, Arndt und Wartburg suchte.

Wie Luther die Vorherrschaft des ultramontanen Papstes beendet hatte, so hatten die Fichteaner den napoleonischen Despoten zum Teufel gejagt.

Die Zeichen standen auf Sturm gegen alle früheren Übermächte aus dem Ausland. Kein Westen mit allgemeiner Vernunft, kein Süden mit klerikaler Bevormundung sollten weiterhin die Aufholjagd der Deutschen um die besten Plätze auf dem Globus behindern.

Äußerlich hatte der Protestantismus im Bündnis von Thron und Altar an Macht und Ansehen gewonnen, doch der Glaube war zur pompösen Selbstdarstellung verkommen. In den Köpfen aufgeklärter Lutheraner schwirrten ätzende Ideen von Feuerbach, Marx und Nietzsche. Für viele Herzensgläubige zersetzte der Protestantismus sich selbst.

Das war die Stunde des unversehrt scheinenden monolithischen Katholizismus. Wien wurde zum Gegenpol Berlins, der Genius entfloh dem wilhelminischen Schellenklang und fand in der alten Hauptstadt der Habsburger eine außerordentlich vitale neue Stätte.

Süddeutsche und österreichische Köpfe bemächtigten sich der preußischen Aufklärung, um sie sacht ihres vernunftfeindlichen Weges zu führen. Die Aufklärung sollte über sich selbst aufgeklärt werden, was bedeutete, sie sollte à la Heidegger und Hayek philosophisch und ökonomisch ad acta gelegt werden.

Das überdauerte den Zweiten Weltkrieg und bestimmte einen Großteil der mentalen Nachkriegsgeschichte Deutschlands. Wache Katholiken entdeckten Luther und den protestantischen Geist. Küng und Drewermann waren protestantischer als flatterhafte, jedem Zeitgeist hinterhereilende evangelische Pfarrer.

Auch diese Aufholjagd ist perdu. Der Vatikan erschöpft sich in medial auftrumpfenden Gesten einer ecclesia triumphans, seine Schäfchen an der Basis erreicht er nicht mehr.

Während die Angehörigen beider Konfessionen massenhaft die Kirchen verlassen, wächst die Macht der Kirchen in den machiavellistischen Eliten, die sich an die letzten Reste der priesterlichen Aura klammern, um ihre zerbröckelnde Macht abzustützen.

Das ist die Chance des in kerniger Unverwüstlichkeit und politischer Jungfräulichkeit daherkommenden Ossipastors Gauck, der den Deutschen beibringen will, zu schätzen, was sie zu schätzen längst verlernt haben: die Freiheit. Dazu zitiert er gern Heinrich Heine:

„Der Engländer liebt die Freiheit wie sein rechtmäßiges Weib. … Der Franzose liebt die Freiheit wie seine erwählte Braut. … Der Deutsche liebt die Freiheit wie seine Großmutter.“

Erneut gilt die Liebe den Frauen. Gauck scheint die emotionale Rolle der Großmutter in der deutschen Erziehung nicht zu kennen. Oft ist sie wichtiger für das Seelenleben eines Kindes als die beiden Eltern, die den ganzen Tag abwesend sind.

Von einer gelassenen Zärtlichkeit und Behutsamkeit zur Demokratie – so erleben Kinder ihre Großeltern – sind die Deutschen weit entfernt. Politik ist für die meisten Wohlstandsgermanen Pflicht, pendelnd zwischen Zorn und Ergebung.

Gauck hätte die Chance, frischen Wind in die zerklüftete Szenerie zu bringen – wenn er die Situation der Wessis verstehen würde. Tut er aber nicht.

Im Sinne eines Erweckungspredigers zu tönen, als ob er das Rad erfunden hätte, wird viele Menschen gegen ihn einnehmen, die ihm jetzt noch entgegenjubeln.

Die europäische Presse urteilt sehr unterschiedlich über den Umgang der Deutschen mit ihrem neuen Obama:

Während Engländer die Debatte um den Kandidaten als undemokratische Konsenszwänge deuten oder missdeuten, glaubt Le Monde, dass die Präsidentschaft Gaucks aufregend werden könnte.

 

Ganz anderer Meinung hingegen ist Efraim Zuroff, der Leiter des Simon Wiesenthal Centers in Jerusalem. Der Historiker hält die Wahl für einen Rückfall: Durch seine Unterschrift unter die Prager Erklärung von 2008 habe Gauck kommunistische Verbrechen auf eine Stufe mit der Shoah gestellt.

Dadurch sei der präzedenzlose Charakter des Holocaust negiert worden. Mit dieser Gleichstellung würden die postkommunistischen Oststaaten die Tatsache verschleiern, dass viele ihrer ehemaligen Bürger an der Ermordung der Juden beteiligt gewesen waren.

Als die Mauer fiel und die Oststaaten sich in Demokratien verwandelten, hätten sie auf der ganzen Linie versagt, um ihre Vergangenheit zu sichten und aufzuarbeiten. Indem sie vom Massenmord an den Juden ablenkten, wollten sie das Leid, das sie selbst unter den Kommunisten erlitten, in den Mittelpunkt ihrer nationalen Aufmerksamkeit stellen.

Die deutsche Gesellschaft stehe ohnehin an einer prekären Weggabelung ihrer Erinnerungsarbeit. Es gebe eine merkliche „Holocaust-Ermüdung“. Die Stimmen derer, die die deutschen Opfer im Krieg betonen, würden „kühner und lauter“.

Gauck werde mit seiner Haltung jene Tendenzen stärken, die sich „ihrer Verantwortung entziehen und sich in ihrer Opferrolle suhlen (!) wollen.“

Solche Standpauken im Namen einer ärgerlich daherkommenden historischen Unfehlbarkeit sind kein Beitrag zur Versöhnung der Völker, auch wenn einige Thesen bedenkenswert sind.

Es hat Täter gegeben, die Opfer und Opfer, die Täter waren. Die Geschichte lässt sich nicht in Achsen des Guten und Achsen des Bösen aufspalten. Wer Juden tötete, konnte selbst von Stalins Schergen umgebracht werden.

Dass alle Ethnien das Recht haben, auch ihrer eigenen Opfer zu gedenken, kann von niemandem bestritten werden. Sich dieser Opfer zu erinnern, heißt nicht, jene Opfer zu leugnen und enthebt niemanden der Pflicht, die bestialischen Ereignisse in ihrem politischen Zusammenhang zu verstehen und einzuordnen.

Dass jemand sich in seiner Opferrolle „suhlt“, ist ein Tiefschlag gegen das Leid, das jeder Mensch nur subjektiv erleben kann. Die These der Singularität eines Ereignisses wird immer wahrnehmungsloser und verheerender, je mehr sie zum Götzen erhoben wird, der rituell angebetet werden muss.

In demokratischen Ländern muss auf die Einsicht der Bürger gesetzt werden, die  ohne permanent genötigt und bedroht zu werden – selbst entscheiden, wie sie ihre Lektionen aus der Geschichte lernen wollen. Alles, was erzwungen wird, schlägt irgendwann ins Gegenteil aus.

Nie haben Deutsche schlimmere Verbrechen als an den Juden verübt. Diese Tatsache bleibt auch dann unleugbar, wenn sie ihrer eigenen Opfer gedenken, wozu sie ein Recht haben. Auch Täter waren im Nebenberuf Menschen, hatten Kinder und Enkel, die sie vermissen und betrauern dürfen, ohne gleich geschichtsblind zu werden. Das Leben besteht nicht aus Entweder – Oder.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das übergreifende Leid der Juden nicht verdrängt wird, wäre umso größer, je mehr jedes Land das Recht bekäme, seiner Angehörigen nach eigener Facon zu gedenken, auch dann, wenn jene fremdes Blut an ihren Händen hatten.

Man kann die psychologische Reihenfolge der Leid- und Trauerarbeit nicht einfach ignorieren, indem man Forderungen aufstellt, die in menschlicher Hinsicht unerfüllbar sind.

Lasset die Völker frei und ihre eigenen Wege und Umwege gehen. Sie werden es euch mit selbsterarbeiteter Erkenntnis danken. Hören wir auf, uns in Fragen, die keinen Katechismus vertragen, unversöhnliche Vorhaltungen zu machen. Lasset mündige Menschen selbst herausfinden, wie sie mit Schuld und Verbrechen umgehen wollen.

Sollten die Ergebnisse eines Tages bestätigen, dass die Kräfte der Verleugnung und Verdrängung die Oberhand gewinnen, sprechen wir uns wieder.