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Tagesmail

Samstag, 12. Mai 2012 – Nannen-Farce

Hello, Freunde der Presse,

man stelle sich eine Presse vor, die durch Qualität überzeugen müsste, nicht durch geldgestützte Macht. Also durch das, was sie selbst nur von Bundespräsidenten erwarten: der Macht des Wortes und der Wahrheit.

Wir hätten eine völlig andere Presselandschaft. Keine Riesenzeitungen, die man in fünf Minuten durchgeblättert hat, weil unendliche Worte um nichts gemacht werden. Papierverschwendung, Holzverschwendung, Raubbau an der Natur.

Der Henri-Nannen-Preis ist der renommierteste Journalistenpreis, wie renommierte Journalisten ihre renommierte Selbstbespiegelungsschau penetrant anpreisen, damit‘s niemand vergisst. Er ist auf den Hund gekommen (verzeiht, ihr Hunde).

Das letzte Jahr die Aberkennung des Preises, weil der Preisempfänger eine Spielzeugeisenbahn beschrieb, die er nicht selber gesehen, sondern nur aus Berichten anderer rekonstruiert hatte. Nach diesem Motto müssten die meisten Fakultäten der Geschichtswissenschaften eingestampft werden.

Pardon, ein Journalist ist nur Tageschreiber. Was den Tag nur um eine Stunde übersteigt, hat keine Chance mehr, in die „Live-Ticker“ zu gelangen. Wie oft liest man inzwischen den Satz: wenn die Zeitzeugen aussterben, wer erzählt uns noch, wie‘s gewesen ist?

Heuer die Auszeichnung der BILD, weil sie ihren Freunderl Wulff nach der Auffahrt im Fahrstuhl wieder mit nach unten zerrte, um ihn waidgerecht zu zerlegen. Ganz unten im Keller, wo sie selber die Messerlein wetzen.

Das ging offenbar nach der Regie des jovialen Markwort: ihr kriegt den Leyendecker von der SZ, dafür kriegen wir die Trophäe für die BILD. Nicht nur die kritische Dame von Panorama (ARD) dealte munter mit, sondern auch

das ganze seriöse Gremium der Mediengewaltigen. Aparte Idee, die Nannen-Preise in trauter Kungelrunde sich gegenseitig zuzuschanzen.

Dass Leyendecker und die SZ-Redakteure den Preis ablehnten, war BILD gleichgültig. Sie hatte ihre Schlagzeilen, ansonsten kein Kommentar nirgendwo.

Momentan hat‘s die Schreiberzunft zu dem gebracht, was vor Jahren noch Lieblingsobjekt ihres furchtlosen Enthüllungsjournalismus war: zum Status einer öffentlichen Sekte, die vor aller Augen und Ohren einem Guru huldigt, der nichts von Worten hält, dies aber in überfließenden Worten kund tut. Der zudem à la Swedenborg naturalistisch den Himmel beschreiben kann.

Das hat schon die Qualität einer empirisch bewiesenen Hellseherei plus Vorhersage der Lottozahlen. Jener Guru hat seinerseits einen Guru namens Karl Barth, den kein Schreiber kennt, dessen Schwarten niemand in die Hand nimmt, um zu überprüfen, was er zu sagen hatte.

Das ist kein Einzelfall, sondern Standard. Beispiel: in einem Artikel über Schwulsein und Bibel werden Theologen als Sachverständige befragt, die in eigener Sache alle Spuren ihrer verhängnisvollen Tradition verwischen, indem sie sich nach Art des Hauses dummstellen und ihre „Interpretationsweisen“ – die nichts sind als Legitimationen frei flottierender Zeitgeisterei – als sakrosankt darstellen.

Presseberichte aus der Naturwissenschaft kommen mit zwei Wörtern aus: Sensation und Sensation. Keine Untersuchung wissenschaftlicher Methoden. Kein Redakteur setzt sich auf den Hosenboden, um die Qualität eines Fragebogens oder empirischer Kriterien zu überprüfen, mit deren Hilfe Kitas, Schulen, das Vorkommen von Fremdenfeindschaft oder von Antisemitismus untersucht und bewertet werden.

Das Feuilleton ähnelt einem pfingstlichen Dauercamp. Alles redet in Zungen, mit freundlicher Unterstützung der phänomenalen Kunst des Schreibens, die eine Nebenform der Agape sein muss: sie deckt alle Blödheiten zu.

Einer ihrer Lieblinge nennt das die alleinseligmachende Form, die den Bock erst fett macht: hat der Artikel von der Sache zwar nichts verstanden, so ist er doch gut geschrieben. Überhaupt hat man sich längst darauf geeinigt, dass Sachkenntnisse im Bereich des Blätterwaldes nur stören.

Da alles genial und exorbitant sein muss, vermeidet man in Interviews alle Fragen, die nach Rechthaben riechen könnten. Logik ist für Edelschreiber nichts als Rohrstock in drohender Oberlehrerpose.

Insofern hat Walser die existentielle Befindlichkeit der Zunft nur auf den Punkt gebracht. Was mitnichten bedeutet, dass man a priori nicht ohnehin immer Recht hätte, sozusagen per Gnadengabe des gottgegebenen Schreiberamtes.

Man sieht es den Tintenklecksern förmlich an, wie sie – der Tyrannei drittmittelwerbender Uni-Professoren entronnen – endlich Rache üben dürfen an den geistigen Ergüssen derer, die es sich noch erlaubten, das Zitieren mit und ohne Anführungszeichen mit Rotstift anzumerken.

Mit ihrer schwer erschufteten Bildung gehen sie um wie Carl Lagerfeld mit Geld: schnell verdienen und schnell wieder aus dem Fenster werfen. Bildung darf kein Hindernis sein, sich seinen unnachahmlichen Stil a tergo versauen zu lassen.

Der Bericht um Soldateneinsätze in Somalia kommt ohne einen einzigen Satz zur völkerrechtlichen Problematik aus. Man darf den Stoff nicht gleich durch umsichtige Darstellung im Keim ersticken. Man muss ihn portionieren, hübsch verteilen, ihn anreichern und delikat parfümieren, die Spannung erhöhen durch die Kunst der „unvollendeten Aufgabe“, damit jeder nach der nächsten Ausgabe des Hochglanzmagazins giert.

Vor allem muss man Kampagnen schüren können, von denen man sich anschließend distanzieren kann, als habe man sie rein zufällig als angeschwemmtes Strandgut entdeckt.

Zum Exempel den Bericht über den kommunistischen Theoretiker Alain Badiou, der auf dem Wege wäre, ein Klassiker zu werden. Klassiker in der Philosophie? Antike Klassiker? Literarische Weimaraner, die man klassisch nennt, weil sie so graecoman waren?

Kann es in der Postmoderne, wo alles Gestrige Retro ist, überhaupt Klassiker geben, deren Geltung über den Tag hinausgehen? Wird das tagesüberdauernde Wahre heutzutage nicht dem Satan übergeben?

„Alain Badiou ist der Schopenhauer unserer Tage.“ Ist der Franzose Schwarzseher, Buddhist, Befürworter des Mitleids, Junggeselle, Vegetarier? Nichts von alledem. Wie der Gegner Hegels kommt er nur zu spät zum Ruhm, thats all. Ist Ruhm eine abrufbare philosophische Qualität?

Badiou stellt seine Gedankenwelt in Form eines Interviews mit einem seiner Schüler vor, um an Platon anzuknüpfen, „in dessen Nachfolge er sich sieht“. „Bekanntlich“ habe Platon den Dialog als philosophisches Genre erfunden.

Hier stimmt nichts. Ein Interview ist kein Gespräch, schon gar kein Dialog. Nicht Platon hat den Dialog erfunden, sondern sein unbedeutender Lehrer. Ein Interview ist einseitiges Abfragen nach dem Motto: hier stell ich die Fragen. Der Fragende selbst muss nicht die Hosen runterlassen und Auskunft über sich erteilen. Er darf anonym bleiben.

Dialog ist ein Zweikampf, ein edler Wettstreit um die Wahrheit, in dem der Fragende jederzeit auch den Antwortenden spielen muss. Wenn ein Befragter wütend wird über die läppischen Fragen des Sokrates, können die Rollen getauscht werden. Nur seltsam, dass die Rolle des Mäeuten niemand haben wollte.

Die meisten Interviews sind manirierte Rollenspiele, in denen ein ausgewachsener Mensch den Einfaltspinsel spielt – „Was ist nur los in unserer Gesellschaft, dass es noch Bösewichter gibt? Können Sie uns in einsdreißig erklären, wie ein Breivik in der friedlichsten Nation der Welt möglich war?“ – und ein anderer den selbstgefälligen Alles- und Besserwisser.

Der Einfaltspinsel hat keine Meinung, sondern zitiert nur die Meinungen anderer, besonders wenn sie kritisch klingen. „Man sagt über Sie, dass …“ Noch nie habe ich einen Interviewten gehört, der erwiderte: „Na und, was sagen denn Sie?“

Das Ärgste, wenn der Frager den Autoren referieren lässt, was er in seinem dicken Buch eigentlich verzapft haben will. Schließlich kann man nicht jeden Schinken, den man in seiner Postille vorstellen will, selber lesen. Arrogant und weltfremd, wer dies forderte.

Weit davon entfernt, dass Platon den Dialog erfunden hatte, die sokratische Mäeutik hat er in seinen späten Jahren zu Vorlesungen verschandelt. Zwar hielt er aus Pietätsgründen am Namen Sokrates fest, doch mit dem historischen hatte dieser nichts mehr zu tun.

Wie reimt sich Kommunist und Platon? Zumeist sind moderne Kommunisten Sprösslinge des Marxismus, also Anhänger einer Heilsgeschichte. Eine Heilsgeschichte kennt Platon nicht. Geschichte war etwas Minderwertiges, das zugunsten zeitloser Wahrheit überwunden werden muss.

Platons Philosophenkönige könnte man durchaus als Kommunisten bezeichnen, denn Privateigentum war ihnen verwehrt. Wie der zweiten Schicht, den soldatischen Wächtern. Was die untere Schicht mit Geld und Eigentum betrieb, war unerheblich, denn sie war eingebunden in einen Staat, der das Prinzip Gerechtigkeit in idealer Weise aus einer bloßen Idee in die Realität umgesetzt hatte.

Dass man dem Franzosen den Platoniker anmerken könne, liege an den Begriffen, die er benutzen würde: Ideen, ewige Wahrheit und Treue. Gibt es in nichtplatonischen Philosophien keine Treue?

Auch der Begriff „affirmative Kunst“ käme bei ihm vor, die nach Platon klänge. Wenn unter affirmare, bejahen, das Bejahen des Staates mit allen Mitteln gemeint ist: d’accord. Da Platons Staat aber rein zufällig ein urfaschistischer war, würde Badiou eine totalitäre Kunst befürworten.

Bis jetzt ist das Stichwort Faschismus noch gar nicht gefallen. Sollte Badiou etwa Popper nicht gelesen haben? Hat er ihn etwa widerlegt? Oder soll der Faschismus über die „Ästhetisierung“ wieder Einzug halten, wo Demokratie eh zum Auslaufmodell geworden ist? Keine Fragen, keine Antworten.

„Nicht sehr modern wirkt auch …“ Wird Badiou an modernen Kriterien gemessen? Ist Modernität die sich nebenbei entlarvende Philosophie des Schreibers? Welche Moderne? Ist sie etwa monolithisch, sodass man nicht mehr erklären müsste, ob man Idealist, Realist, Kantianer, Hegelianer, Nietzscheianer, Heideggerianer ist? Alles Jacke wie Hose?

Das Herzstück Badious sei „das Ereignis“. Mit Ereignis würden alle anderen Hauptbegriffe zusammenhängen, wie Politik, Liebe, Kunst und Wissenschaft.

Was um Himmelswillen ist ein Ereignis? Soll das platonisch sein? Waren wir nicht eben bei überzeitlicher Wahrheit? Ist Zeitlosigkeit nicht das absolute Gegenteil zu einem Vorgang in der Zeit? Der zudem eine „überraschende Möglichkeit“ sein soll, die nicht aus dem „Gesetz der Welt“ kalkulierbar sei? Also so was wie eine „Ausnahme“, die den modernen Platoniker ins Schwärmen bringe?

All dies sind Begriffe, die das genaue Gegenteil zu Platon darstellen. Eine Idee ist die absolute Wirklichkeit und kennt keine überraschende Möglichkeit. Die mehr nach einem christlichen Wunder klingt, das als göttliche Intervention die Kausalitäten der Welt zerstört.

Deshalb die Lobpreisung der Ausnahme durch einen katholischen Faschisten wie Carl Schmitt, der die legitime Macht jenem zuschrieb, der die Macht über die Ausnahme hätte. Also dem Führer, der politischer Stellvertreter des Gottes ist wie der Papst der geistliche Stellvertreter. Eine faschistische Zweischwertertheorie, die uns noch vor kurzem nicht wenig zu schaffen machte.

Dem entspricht bei Badiou, dass das Ereignis die Ankunft des Absoluten sei. Das ist faschistisch-christliche Theokratie, hat mit Platon so viel zu tun wie Hitler mit Humanität. Als Beispiel für das Ereignis wird die 68er Studentenrevolte erwähnt. Damals sei die „Relativität des Determinierten“ durchbrochen worden.

Nur Naturgesetze sind determiniert – Quantenphysik mal außen vorgelassen –, es sei, dass man mit Marx die Naturgesetzlichkeit auch der Geschichte unterstellt, die sich spätestens im Reich der Freiheit in Wohlgefallen auflösen wird.

Ist Badiou Marxist? Bisher hörten wir, er sei Kommunist. Kommunismus und Marxismus sind nicht identisch. Man kann gemeinsames Eigentum propagieren, ohne sich der Marxschen Geschichte zu unterstellen.

Ist etwas determiniert wie die Natur, ist es der Gegenpol zu allem Relativen. Was also soll die Verbindung von Relativismus und Determinismus? Sollten wir Calvin und der Gehirnforschung folgen, wären wir alle 100%ig determiniert. Da gäbe es keinen Platz für Relativitäten.

Im Ereignis scheine eine „ewige Wahrheit“ auf? Das könnte man platonisch sehen, insofern die Idee in der Sinnenwelt aufscheint. „Am ewigen Abglanz haben wir das Leben“, lautet Goethes platonischer Satz. Doch die Idee zerstört nicht die determinierte Naturgesetzlichkeit, sie ist deren Ursprung und harter Kern.

Idee und Relativismus sind unverträglich. Bei Badiou scheint die Wahrheit eines voluntaristischen Gottes – der über aller Gesetzlichkeit steht – in das irdische Jammertal, das durch das Ereignis erlöst werden will. Fehlt nur noch das Ereignis der Geburt des Gottessohnes in Bethlehem.

Der Kommunismus sei in der Tat eine „aus dem unverfügbaren Ereignis geborenes Ereignis“. Zum Mitbuchstabieren: Badiou träumt von einer Revolution, die er aus Originalitätssucht nicht Revolution nennt, sondern Ereignis. Dieses wiederum herbeizuführen steht nicht in des Menschen Hand, sondern ist unverfügbar.

Der Mensch ist nicht Herr seines Schicksals, sondern passiver Ereignis-Empfänger. Das ist nichts anderes als ein aufgehübschter Offenbarungs-Empfänger.

Dass Kommunismus zudem durch Gleichheit „normiert“ werden müsse, vermutlich, weil die unkontrollierte Bestie Mensch alles zerstört, wenn sie nicht an die Kandare gelegt wird, zeigt den unverwüstlichen Glauben Badious an den vernünftigen freien Menschen. Wer hier nicht an sozialistische Normerhöhung und normierte Gleichschaltung denkt, hat im Fach Geschichte zuviel gepennt.

Tatsächlich kommt noch ein wenig Kritik vom Rezensenten, der von der protestantischen Gnadentheologie des Ereignisses spricht: „Der Tag des Herrn kommt wie der Dieb in der Nacht.“ Diese Gnadentheologie soll nun das Gegenteil von Marx sein, bei dem das reale Emanzipationspotential die Verhältnisse zum Tanzen bringen würde?

Dummerweise bringt die Geschichte bei Marx sich ausschließlich allein zum Tanzen. Der Mensch ist auch hier nur Ereignis- und Revolutions-Empfänger, darf am Fortschritt der Geschichte höchstens ein wenig mehr oder weniger drehen. Ansonsten hat er passiv auf die sich selbst ausbrütende Geschichte zu warten.

Auch Marx ist Theologe, wenngleich sein Gott Materie heißt und das Übernatürliche bei ihm ins Gesetzliche eingebaut ist. Bei Marx wie bei Badiou ist der Mensch zum Abwarten verurteilt. Der historische Feuertrank der Befreiung wird nicht in der Kantine hysterischer Randalierer und Wichtigtuer gekocht.

Folgt eine schüchterne Kritik am Totalitarismus, die – wie immer bei demütigen Walserfans – so formuliert wird, als habe sie mit dem Rezensenten nichts zu tun: „Es ist daher naheliegend, dass ihm mehrfach eine ideologische Nähe zum Totalitarismus vorgeworfen wurde.“

Eine Nähe? Kann man noch totalitärer sein, als einen theologischen Gleichstellungsstalinismus zu propagieren? Nach Badiou muss die Vielheit der Menschen durch die Idee von oben zu einem kollektiven Subjekt inkorporiert werden.

Aus pluralen Subjekten, die wie egoistische Tiere agieren, müssen gleichgeschaltete Einheitskörper werden, die im gleichen Takt den Stechschritt aufs Pflaster donnern.

Mit anderen Worten: der neueste Modephilosoph ist ein in der Wolle gefärbter Totalitarist, der in der TAZ – vorgetragen mit vager Alibikritik – wie ein leckeres Baguette mit einem köstlichen Rotweintropfen aus Bordeaux serviert wird.

Totalitarismus ist, Unterschiede hin oder her, nicht nur ein stalinistisches, sondern auch ein nationalsozialistisches Ereignis. Mit denselben Begriffen, die Badiou in seinem Buch benutzt, könnte er auch eine neue Hitlerbewegung propagieren. Dass ihn die NSU nicht entdeckt hat, liegt nur an ihrer platonischen Ignoranz.

Das deutsche Feuilleton hält es für richtig, vor solchen bildungsdekorierten Ideologien nicht zu warnen, sondern sie als neuesten Hit der Berliner Salons zu lobpreisen.

Den TAZ-Artikel, der in dieser Standardqualität täglich zu lesen ist, kann kein Otto Normalverbraucher verstehen. Er liest ihn auch nicht. Dass er nicht gelesen wird, dafür sorgt der abwegige Stil des Autors, der nicht aufklären, sondern abschrecken will.

Mit seiner Meinung hält er sich dezent zurück. Außer einigen akademisch formulierten Bedenken klingt die Rezension wie eine Lobrede auf den neuesten Denk-Tycoon, importiert aus der exotischen Fremde.

Mit der Meinungslosigkeit des ungelenken, dennoch schickeriamäßig drapierten Artikels wären wir wieder beim Guru der Medien angelangt, der auch keine Positionen verteidigen will, und wenn es die heiligsten Grundsätze der Demokratie wären.

Die Postmoderne hat bereits die Postdemokratie dogmatisch auf die Agenda gesetzt. Nun kommen auch noch die absoluten Feinde der Demokratie hinzu, begleitet von Pauken und Trompeten derer, die schon immer ihre Probleme mit demokratischer Korrektheit hatten.

Im Vergleich mit solch totalitären Kleinigkeiten ist Grass ein bösartiger Gegner des Weltfriedens, den man zu Recht in medialer Hetze zur Strecke bringen muss.

Doch der Wahn der Presse wird erst komplett, wenn man einen winzigen, im hintersten Winkel der Gazetten versteckten Artikel mit der Schlagzeile: „Wir verlieren den Planeten, mit der Presseflut über Giganten der Gegenwart wie Walser, Gauck, Wulff, Köhler, Sarrazin vergleicht.

Wer sich solch einer fein abwägenden nationalen Presse erfreuen kann, wird Mühe haben, die Nannen-Preise nicht flächendeckend übers Land zu verstreuen.