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Montag, 30. April 2012 – Neofeminismus in der Falle

Hello, Freunde der Kitas,

im bösen Sozialismus sollten die Proleten Kinder zeugen, in der Krippe abliefern und die werktätigen Völker gegen die kapitalistischen in volkseigenen Betrieben verteidigen.

Im guten Kapitalismus sollen die Individualisten Kinder zeugen, in den Kitas abliefern und die eigene Nation im Wettbewerb mit allen anderen Nationen vorwärts bringen.

Der liberale Individualismus ist stolz auf die Freiheit der Grundrechte, wozu auch die Erziehung der eigenen Kinder gehört. Bislang war der Besuch von Kindergärten freiwillig, ab dem sechsten Lebensjahr sollte das Kind in die Obhut der Gemeinschaft, lesen und rechnen lernen.

Es ist nicht die Obhut des Staates, wenn die Mehrheit der Bevölkerung solche Maßnahmen für richtig hält. Es ist lebendige Demokratie. Sollte das Volk diese öffentliche Erziehung für falsch halten, müsste sie abgeschafft werden. Ein Staat, der sich dagegen stellen dürfte, kann es in einer funktionierenden Volksherrschaft nicht geben.

In manchen Demokratien gibt es keinen Zwang, Kinder in öffentliche Schulen zu schicken, dort können sie zu Hause unterrichtet werden. Die Erziehung fällt dann nach Art der Familie aus.

In feudalen Systemen wäre kein Adliger auf die Idee gekommen, seine Kinder

in öffentliche Schule zu schicken, die es auch gar nicht gab. Er holte die besten Privatlehrer in sein Schloss, die den Nachwuchs so unterrichteten, dass sie wussten, was in der Welt vorging und ihr Amt ausführen konnten. Das Leben außerhalb des Hofes kennen zu lernen, war nicht unbedingt notwendig, denn der Hof war Inbegriff des Lebens.

Als die Aufklärung über Europa kam, war sie die Sache hochgebildeter Menschen, die aus dem höheren Bürgertum und dem Adel kamen. Friedrich der Große parlierte mit den exzellentesten Geistern aus Europa – damals identisch mit Frankreich –, schrieb historische und philosophische Werke, dichtete in mehreren Sprachen (in Deutsch am schlechtesten), wusste Bescheid in allen Wissenschaften, komponierte und spielte Querflöte auf konzertantem Niveau.

In einer öffentlichen Schule mit ungebildeten Ex-Feldwebeln hätte es grade noch zur Schusterausbildung gereicht.

Schulen können immer nur so gut sein wie der Durchschnitt der Gesellschaft. Heute sollen die Kinder so schnell wie möglich das private Revier verlassen und in öffentlichen Einrichtungen erzogen werden. Eine Wahlmöglichkeit gibt es nicht, denn die Eltern müssen arbeiten.

Die Arbeitswelt ist schon lange nicht mehr identisch mit der privaten Welt. Blieben die Kinder immer zu Hause, wüssten sie nichts von der Welt. Im Gegensatz zu höfischen Kindern, die alles von der Welt wussten, denn die Welt war repräsentiert in ihrem Haus.

Selbst wenn Eltern heute nicht arbeiten müssten, hätten sie kaum die Kompetenz, ihre Sprösslinge in Mathematik, Physik, Chemie, Politik und Geschichte gleichzeitig zu unterrichten. Sie müssten schon sehr reich sein, um sich private Lehrer zu leisten.

Niemand wäre früher auf die Idee gekommen, einer höfischen Bildung Isolierung oder Weltfremdheit vorzuwerfen, denn im Höfischen konzentrierte sich die ganze Gesellschaft. Kluge Fürsten wussten auch, was in ihrer arbeitenden Bevölkerung vor sich ging und konnten mit Bauern und Bäckern so gut umgehen wie mit Diplomaten aus der Ferne.

In der arbeitsteiligen Moderne sind die Welten auseinandergerissen, selbst an Höfen sehen die Kinder keine Chipsfabriken und keine Atomkraftwerke. Wer zu Hause sitzen bleibt, erfährt nichts von der Welt. Selbst Schulklassen müssen eine Exkursion zum Bauern machen, um erstaunt festzustellen, dass Milch nicht in Fabriken hergestellt wird.

Das private Familienleben ist völlig der Welt beraubt (privare = berauben) oder zu einem sauerstoffarmen Refugium von Idioten abgesunken (Idiot = Privatmann).

Was draußen in der großen weiten Welt geschieht, kann nur in Form von Zeitungen, Radio, Fernsehen und Internet – also nur in Wort und Bild – ins Wohnzimmer geholt werden. Wenn Erziehung das Ziel haben soll, die Kinder mit der Welt vertraut zu machen, damit sie sich in ihr heimisch fühlen, können sie nicht hinterm Ofen sitzen bleiben.

Wenn Mütter, die das Privileg hätten, nicht malochen gehen zu müssen, nur am Herd sitzen blieben, könnten sie ihre Kinder nicht in die Welt begleiten. Sie wären erziehungsuntauglich.

Es soll Mütter geben, die nicht um des Zasters willen malochen gehen, sondern weil sie im irreal existierenden Kapitalismus, der ihre Männer mit Ausgebranntsein ruiniert, ihre Akzeptanz holen wollen, die sie offensichtlich von ihrer privaten Lebenssphäre nicht in ausreichendem Maße erhalten. Die sie allerdings auch im günstigsten Falle nur partiell erhalten könnten, denn jeder Mensch muss sich in der Welt bewähren.

Keine Familie kann die Buntheit, Vielfalt, Interessantheit, aber auch die Gefährlichkeit der Gesellschaft ersetzen, die man kennen muss, um sich gegen sie zu wappnen. Doch Welt ist nicht identisch mit Arbeitswelt.

Sie müssten ihr eigenes Geld verdienen, sagen die Frauen, um nicht von ihren Männern abhängig zu sein, die sie nach dem zweiten Kind zu verlassen pflegen, um sich mit einer jüngeren Partnerin gegen das schreckliche Altern fit zu halten.

Finanzielle Abhängigkeit ist wie jede Abhängigkeit eine unerträgliche Einbuße an Selbstbestimmung und einer demokratischen Gesellschaft unwürdig.

Hier hülfe nur ein Gesamtumbau der Gesellschaft durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen, das allen Menschen ermöglichte, ohne Sorge vor Not, Absturz und Verachtung ein autonomes Leben zu führen.

Die Dominanz der Männer als Ernährer der Familie muss gebrochen werden – im eigenen Interesse der Männer. Auch sie haben das Recht, nicht nur um ihres mühsam erworbenen Geldes geliebt zu werden.

Auch Männer belügen sich, wenn sie behaupten, sie würden ihr Selbstwertgefühl vornehmlich aus ihrem Job beziehen. Sie erhalten nur einen schnell verderblichen Akzeptanz-Ersatz in Form von Lohn oder Gehalt. Bleibt der aus, ist es um das Selbstwertgefühl geschehen.

Entsprechend ist die Qualität der meisten Partnerschaften, die nur zusammenbleiben, weil sie Angst haben, auf sich allein gestellt nicht zu überleben.

Eine merkwürdige Debatte: die einst rundum kritische Frauenbewegung ist zur eifrigsten Apologetin des Kapitalismus avanciert. Für eine moderne, selbstbewusste Frau soll es nichts mehr Besseres geben, als ein unterbezahltes Sklavendasein in einem irrationalen, naturschädigenden System, das der Devise folgt: Von dem, was wir nicht brauchen, können wir gar nicht genug bekommen?

Holla, was ist da schief gelaufen? Von den marxistischen 68er-Gruppen spaltete sich die Frauenbewegung mit der trefflichen, aber unzureichenden Begründung ab, sie hätte keine Lust, nur ein Nebenwiderspruch zu sein.

Niemand hätte sie daran gehindert, sich zum Hauptwiderspruch fortzubilden. Wo lag der Hase im Pfeffer, da doch die sozialistischen Granden Engels und Bebel bemerkenswerte Bücher über die Frau geschrieben hatten?

Nicht immer, aber gelegentlich hilft Lesen. Wer seine Feinde oder Gegner – also die Machos – wirksam bekämpfen will, muss sie mit ihren eigenen Waffen schlagen und in den blauen Schwarten nachschlagen.

Da hätten die Gabis und Uschis schnell bemerkt, dass die denkerischen Obermachos die lohnabhängigen Proleten und die von den lohnabhängigen Proleten abhängigen Frauen zwar mit 100% iger Gewissheit befreien würden, aber – erst am Sankt Nimmerleinstag, der bei Christen Wiederkunft Christi und bei Sozialisten Reich der Freiheit heißt.

Alles wird gut, aber erst, wenn wir im Grabe selig vor uns hinmodern. Im Hier und Jetzt was ändern? Mit Hilfe demokratischer Mechanismen und aufgeklärter Moral?

Da tappt ihr, liebe Frauen, in dieselbe moralistische Falle wie die französischen Frühsozialisten und andere geschichtslose Gesellen, die nicht wahrhaben wollen, dass die heilige Geschichte ihre dialektischen Zipperlein erst selbst ausbrüten muss, bevor wir‘s uns schön gemütlich machen dürfen.

So hätten die Oberdialektiker begütigend auf die leicht zur Hysterie neigenden Proletenfrauen eingeredet. An der Geschichte können wir ein bisschen schneller oder langsamer drehen, aber einfach auf den Müll werfen im Namen moralischer Autonomie? Das ist fahrlässig.

Was die Geschichte sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das macht sie auch, da ist sie ganz eigen. Man könnte sie mit einer kapriziösen promovierten Katze vergleichen, die auch nur gestreichelt werden kann, wenn sie gestreichelt werden will.

Das haben die Frauen auch gleich eingesehen, holten das Abitur nach, machten die besseren Noten und wandten sich hoffnungsfroh den Erzgegnern ihrer einstigen marxistischen Bettgenossen zu: den wesentlich attraktiveren Ausbeutern, die heute, je älter sie werden, immer schlanker und jungenhafter aussehen. Kein Vergleich mit bierbäuchigen Schrebergartenvorsitzenden.

Frauen sind seit Erfindung der Hochkulturen unterdrückte Wesen und auf unterdrückte Wesen ist selten 100%-iger Verlass. Anders könnten sie ihre Unterdrückung auch gar nicht beenden, als sich mit den Gegnern ihrer Hausdespoten zu verbinden, um diese nachhaltig zu relativieren.

An dieser profanen Stelle ist Relativieren ausdrücklich erlaubt, ja geboten, sonst fühlen die Superbubis sich am End noch absolut. Und den Absolutismus haben wir mit Frederic le Grand endgültig in Sanssoucis begraben. (Oder dort in der Nähe bei den Brandenburger Gurken.)

Die ehebrecherische Liaison der jungen, intelligenten und schönen Frauen mit den schlimmsten Gegnern ihrer Haustyrannen ist heuer nicht zum ersten Mal geschehen. Eigentlich hätten die Männer den Braten riechen können. Aber nein, die gucken samstags lieber die Sportschau (mein Gott, hat das Stadion neulich gedröhnt, als der Klassenerhalt des SC gesichert war), als ein Buch der Simone de Beauvoir lässig durchzublättern.

Dann hätten sie vielleicht bemerkt, dass die heute dominierende Form der Religion ohne hinterhältige Cohabitation mit dem ärgsten Feind des selbstbewussten irdischen Mannes gar nicht so recht das Licht der Welt erblickt hätte. Wenngleich sie seltsamerweise die schärfste Macho-Religion ist, die bislang das Licht der Welt erblickt hat.

Doch die hinterlistige Strategie der Weiber ging so: wir müssen uns mit dem stärksten Mann im Universum verbünden. Denn nur ER ist in der Lage, unserem überheblichen pater familias das Kreuz zu brechen. Aber nicht zu viel, denn er muss uns noch eine Weile ernähren.

Die aufmüpfigen Frauen hätten sich ja irgendeine Amazone, Astarte oder Demeter zur Anführerin aussuchen können. Wollten sie aber nicht, denn dann hätten die Männer sofort zugeschlagen und ihren Frauen erst recht das Evangelium nach Paulus gepredigt.

Es musste also viel raffinierter zugehen, wenngleich in zeit-, ja geschichts-aufwändigem Rahmen. Erst mal den stolzen Männern das Genick brechen, auch wenn’s ne Weile dauert und wir unter ihnen noch, sagen wir, 2000 Jahre leiden müssen, so sagten sich die mit allen Wassern gewaschenen Mägde des Herrn.

Wir ducken uns erst mal pragmatisch weg in Küche und Kirche und schauen zu, wie der himmlische Obermacho seine irdischen Klone zu belanglosen Geschichtslokheizern reduziert.

Wenn ihnen irgendwann ihre eigenen Machwerke auf dem Kopf rumtanzen wie der Besen dem Zauberlehrling und sie nicht mehr wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sind, kommen wir aus der Tiefe des Raums, gucken ganz leidend und unterdrückt, was wir ja hervorragend beherrschen, werfen den Kochlöffel weg, stecken die Gören in die Kitas und reißen uns den Kapitalismus mit ganz neuen weiblichen, garantiert flachen, äh hierarchieflachen Führungsmethoden unter den Nagel.

Haben die Frauen sich damals mit dem höchsten Gott verbündet, der nichts mehr hasste als selbstbewusste Gesunde, die keines Arztes bedürfen und all ihren irdischen Kram selber regeln wollen, so verbünden sie sich heute mit den höchsten Göttern des Mammons, um ihren Pappkameraden daheim zu zeigen, wo Frau Bartels den Most holt. Ob man in der Wohnung pfeifen oder die Bilder senkrecht oder waagrecht an den Wänden aufhängen darf.

Die Frauen beginnen eine ganz neue Epoche im uralten Geschlechterkampf. Im Matriarchat standen sie uneingeschränkt im Mittelpunkt der feldbebauenden Urgruppe, ohne ihre mütterliche Aura mit flankierenden Gewalt- und Drohgebärden stützen zu müssen.

Als die Patriarchen eines Tages begannen, ihren menschen- und naturbezwingenden Geist für unsterblich zu halten, Pyramiden und sonstige abgedroschene Touristenhochpunkte zu erbauen, begann die Strategie: Herrschen durch Leiden. Doch nur im privaten Bereich. Der erste Riesenerfolg war, als der Sohn des höchsten Männergottes in die Grube musste, auch wenn seine Auferstehung noch nicht gänzlich zu verhindern war.

Höchst hinterlistig taten die Frauen, als heulten sie am Grab am allermeisten, obgleich eben dieser Sohn die Urmutter wenig charmant angepflaumt hatte: Weib, was hab ich mit dir zu schaffen? Diese Riesenkränkung vergaßen ihm die perfekt trauernden und weinenden Frauen bis heute nicht. Bis zur jetzigen Weltminute verhinderten sie mit Erfolg, dass jenes mutterbeleidigende Vatersöhnchen aus den Wolken des Himmels auf die Erde zurückkehren durfte.

Es waren die Frauen, die den Endtriumph der Männerreligion bis zum heutigen Tage verhindert haben und alle, die daran glauben, mit einer Illusion bestraft sind. Wurden die himmlischen Supermänner also erst mal kaltgestellt, begannen die Frauen ihr subversives Gewerbe auf Erden unauffällig, aber mit eiserner Konsequenz durchzuziehen.

Zuerst eroberten sie als devot scheinende Sekretärinnen die Vorzimmer der Machtzentralen, nicht wenige sollen sogar ihre Chefs geheiratet haben wie Liz Mohn oder die heutige Frau Schrempp. Dann fluteten sie die Kitas und Grundschulen, wo man heute keinen einzigen Mann mehr sieht. Dann gaben sie das Signal aus, nicht mehr als alberne gefühlsmäßige Zicken aufzutreten, sondern die Jünglinge bereits im Abitur durch bessere Noten in den Schatten zu stellen.

Und jetzt kommt der finale Sturmlauf auf die allerheiligsten Machtzentralen des globalen Zasters. Selbst die CDU ist längst in der Hand der Mutter, ebenso die Grünen, bei den Linken hat Sarah Wagenknecht den Patriarchen wehrlos am Bändel, die Piraten wurden bis gestern von einem allpräsenten weiblichen Wesen beherrscht, das sogar mit Wiederkehr gedroht hat. Die deutschen Talkshows sind fast vollständig in der Hand hinterlistig lächelnder Moderatorinnen.

Auch die evangelische Kirche wird immer mehr von fröhlichen Bischöfinnen herumkommandiert, selbst katholische Nonnen in Amerika begehren feministisch gegen ihren ätherischen Bräutigam auf. Auch bei den regelmäßigen Schönheitswahlen ist kein einziger Mann mehr zugelassen.

Männer, ihr Schlafmützen, wacht auf, eure Stunde ist längst abgelaufen. Ihr habt noch eine kleine Schonfrist, dann kehrt das Matriarchat zurück und ihr könnt allesamt mit Newt Gingrich auf den Mond auswandern.

Doch ich hab nicht viel Hoffnung, dass mein Weckruf ankommen wird. Besonders wenn ich mir die jungen Männer an der Dreisam angucke, die nicht nur brav den Kinderwagen schieben – was ja ein erfreuliches Zeichen wiedergewonnener androgyner Kompetenz wäre –, sondern leeren düsteren Angesichtes unter sich gucken. Ganz im Gegensatz zu den adretten Müttern, die furchtlos, aber keusch ihre Blicke schweifen lassen.

Doch genau diese ach so hoffnungsvolle Generation ist nun wieder dabei, in ihre alte selbstgestellte Falle zu tappen und zu wähnen, wenn sie sich mit den wirtschaftlichen Göttern dieser Welt verbindet, hätte sie die Schlacht bereits gewonnen.

Nein, liebwerte Frauen, ihr müsst nicht die Männer, sondern das männliche System mit den Wurzeln rausreißen und an die Wand knallen. Vielleicht verwandelt es sich in viele schöne Prinzen, die kein Burnout mehr haben, freundlich und gelassen sind, zärtlicher im Bett und alles, was ihr haben wollt.

Nein, nicht vielleicht, ganz bestimmt. Ihr werdet sonst einen Pyrrhussieg erringen, wenn ihr das ganze Shit-System erobern wollt, in der überheblichen Meinung, ihr könntet es mit links domestizieren. 99,9% dieses Systems sind oberfaul und nicht reformierbar.

Das einzige, was eine wahrhaft humane Kultur von der jetzigen Zivilisation übernehmen könnte, wären die zauberhaften Laufrädchen der Kinder, die sie mit unvergleichlicher Eleganz und strahlenden Augen zum Laufen bringen können.

Zu allem anderen könnt ihr sagen: lasst fahren dahin. Da könnt ihr als zukünftige Chefinnen noch so mit bezauberndem Lächeln durch die Büros gehen und eure Mitarbeiter motivierend anlächeln.

 

Eigentlich wollte ich ja nur eine Nebenbemerkung zu den Kitas machen.

Solange unsere Gesellschaft die Wahl zwischen Pest und Cholera lässt, solange wird sie Pest und Cholera kriegen.

Die Pest eines feministisch aufgewerteten Neoliberalismus, den die Frauen zum Hort ihres Selbstwertgefühles ernennen, was so absurd ist wie durch Glauben selig zu werden – oder die Cholera tantenhafter und engherziger Kitas, in denen Kinder abgestellt und irgendwie betreut, aber nicht als autonomie-lernende Wesen ernst genommen werden.

In den meisten Kindergärten, nicht nur in den klerikal-abhängigen, werden fromme Liedchen gesungen und ein himmlischer Vater als allmächtiger Problemlöser vorgestellt.

Spielerische mäeutische Gespräche, um die Denklust der Kleinen zu wecken und zu beleben, sind nicht mal theoretisch vorgesehen. Dabei sind aufgeweckte Kinder die gewieftesten Dialektiker, Ontologen, Naturwissenschaftler und die passioniertesten Wahrheitssucher überhaupt.

Es geht nicht um die Vereinbarkeit von Beruf und Mutter, es geht um die Vereinbarkeit von Menschen und lebenswertem Leben.

Die Gesellschaft lässt nur die Wahl zwischen miesen Kitas und einem noch mieseren Job. Lebendige Gruppen als Wahlverwandtschaften, in denen die Kinder sich wie in einem Clan oder einer mediterranen Großfamilie heimisch fühlen, sind ausgestorben. Auch Kitas sind selten weltaufgeschlossen, sondern begnügen sich mit kindischen Verniedlichungen.

Die heute vorhandenen politische Gruppen sind keine vitalen Inseln der Fröhlichkeit, sondern säuerliche, eindimensionale Pflichtprogramme, nicht selten kinderfeindlich oder –abweisend.

Normale Eltern haben kein Interesse an andern Kindern, lehnen sie sogar ab, um ihre eigenen phänomenalen Erziehungskünste nicht zukünftigen Konkurrenten ihrer Sprösslinge zukommen zu lassen. Treffen sich zwei Elternpaare, werden die Kinder des befreundeten Paares mit süßsaurem Lächeln abgefertigt. Die Ressource Kinderliebe reicht höchstens für die eigene Zeugung.

Die jungen Paare sind schon ausgelaugt, gleichgültig, ob sie zu Hause bleiben oder malochen gehen. Die Last, für die eigene Brut schon vom Tag der Geburt an das Beste bereit zu stellen, später die begehrteste Kindergruppe, die arischste Grundschule, das angesehendste Gymnasium auszuwählen, ist ein nervenaufreibender Tagesjob.

Im Grunde können die jungen Paare alles nur falsch machen – solange ihre Kinder nicht die besten Zeugnisse, das lukrativste Stipendium, die profitabelste Stelle und einen Partner aus der nächst höheren Schicht erhalten. Wohin man schaut in Parks und Spielwiesen, man sieht vor allem isolierte Kleinfamilien, die sich sorgsam aus dem Wege gehen.

Die sozialen Monaden müssen die Reihen schließen, um die knappe Vitalenergie nicht an andere zu vergeuden. Fremde Kinder, die mit den eigenen Kontakt aufnehmen wollen, werden unter dem Aspekt der Reputation, des Geldbeutels und der richtigen, aufwärts zeigenden Schicht sorgfältig ausgesucht. Straßenbekanntschaften und spontane Freundschaften sind so gut wie ausgeschlossen.

Die unerbittliche Konkurrenzgesellschaft hat die Welt der Kinder erreicht und in eine nichts dem Zufall überlassende Imitation der Erwachsenenwelt verwandelt.

Nicht Mama hat die Kinder geschrumpft, es ist eine ganze Gesellschaft, die ihre Jugendlichen zum nachwachsenden Humankapital degradiert.

Es gibt viele Möglichkeiten, Kinder zu schänden. Die Erziehung ist die wirksamste unter ihnen.