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Montag, 25. Juni 2012 – Mutter-Kind-Bindung

Hello, Freunde Paraguays,

Lugo ist seit kurzem linker Staatschef des südamerikanischen Staats, der faktisch von reichen Landgutbesitzern beherrscht wird, die ihn nun mit Hilfe eines umstrittenen „Parlamentsputschs“ beseitigt haben. Fast alle Nachbarstaaten halten die Amtsenthebung des populären Reformers für illegal.

Der Hoffnungstheologe verbesserte das Gesundheitswesen, bekämpfte die Korruption und war gerade dabei, eine Agrarreform voranzutreiben. Ein Vorhaben, das seine reichen Gegner blockierten. Auch die EU-Außenbeauftragte Ashton steht auf der Seite Lugos.

Kein Grund für den deutschen Entwicklungsminister Niebel, nicht sofort nach Paraguay zu düsen und in postkolonialem Stil dem illegalen Lugo-Nachfolger einen Persilschein auszustellen. Der südamerikanische TAZ-Korrespondent Gerhard Dilger hält das für einen Skandal.

Während in deutschen Medien Niebels fliegender Teppich zum Ereignis hochgespielt wurde, wird seine neoliberale Absegnung rechter Putschisten mit keiner Zeile erwähnt.

 

Schwierige Zeiten für Ägypten. Der neu gewählte Präsident ist zwar Moslembruder Mursi, doch die Militärs scheinen alles im Griff zu haben. Der Weg zur Demokratie

in einer der ältesten Kulturen der Welt ist von anmaßenden Uniformträgern blockiert.

 

Wie nennt man regierende Politiker, die grundlegende Prinzipien der Demokratie verletzen und zerbrechen? Demokratie-Verbrecher? Faschisten? Postabsolutisten? Was keine Bezeichnung hat, existiert nicht und kann nicht belangt werden.

Charismatiker Obama verletzt permanent nicht nur die Integrität des „befreundeten“ Staates Pakistan, sondern die demokratische Gewaltenteilung in den USA. Er spielt Ankläger, Richter und Henker in einer Person, wenn er per ferngelenkter Drohnen Menschen töten lässt, über die er nur weiß, was ihm seine Geheimdienste auf den Tisch legen. Bei den lautlosen Angriffen aus der Luft werden regelmäßig mehr unschuldige Zivilisten ausgelöscht als Verdächtige.

Der Wahlkampf hat schon begonnen. Es soll sich gut machen bei der biblischen Bevölkerung, wenn man als führende Macht der Welt zeigt, wo der Hammer hängt. Die BZ-Bezeichnung des Herrn über Leben und Tod als „Macho“ ist allerdings eine Beleidigung aller harmlosen Bizepsträger.

 

Eben waren es noch Muslime, die man von christlich-jüdischer Seite aus vor sich her trieb. Die notwendige Kritik am Koran kann man nicht eins zu eins zur Schmähung aller Muslime verwenden. Wie die meisten Christen moralisch weit über dem Niveau der Heiligen Schrift stehen – von der sie keine Ahnung haben –, so ist‘s mit den Muslimen, die mit menschenfeindlichen Stellen ihrer autoritären Bücher nichts mehr am Hut haben.

Allerdings muss man den Halbfrommen unter die Nase reiben, dass sie ungewollt ein doppeltes Spiel treiben. Man kann unmöglich Bücher für unfehlbar erklären, sie aber gleichzeitig hemmungslos diversen Schönheits- und Humanitätsoperationen unterziehen, um sie einer moralisch fortgeschrittenen Menschheit als passabel und vorweisbar zu präsentieren.

Unter dem halbfeigen, halbmutigen Deckmantel der Interpretation wird die notwendige Kritik unterlaufen. Das ist Emanzipation auf halbem Wege – aus Angst vor himmlischen und irdischen Sanktionen zur Unkenntlichkeit geschrumpft.

Macht eure heiligen Schwarten zu normalen Büchern und behandelt sie wie normale Bücher. Sagt Nein zu diesem und Ja zu jenem, dann habt ihr Krinein – woher Kritik kommt – verstanden. Krinein heißt Unterscheiden zwischen dem Richtigen und Falschen. Das wäre die nächste Stufe der Aufklärung.

 

Allmählich lässt der Sturm gegen die Muslime nach, die nächste Feindgruppe wird ins Visier genommen. Es sind die Gottlosen, gegen die geblasen wird. Die bisherigen Feinde versöhnen sich auf Kosten derer, die gar keinen Gott mehr über sich anerkennen wollen.

Der feinsinnige Romanschreiber Martin Mosebach, der sich als alteuropäischer Gentleman gibt, ist der Vorbläser gegen die neuheidnischen Gesellen. Die bislang verfemten Allahgläubigen ruft er auf zur geeinten Glaubensfront und hätte nichts dagegen, wenn man religionskritische Blasphemiker mit salafistischen Methoden ein bisschen in Angst und Schrecken versetzte.

Die Menschenwürde, die er für christliche Offenbarung hält, spricht er allen Ungläubigen in bester Tradition des Evangeliums ab: „Diejenigen, die religiös unmusikalisch sind, sind in ihrer Vollausbildung als Menschen beeinträchtigt. Unglaube ist ein Mangel. Ein Leben in völliger Abkehr von Gott ist eine reduzierte Existenz. Die seelische, auch die rationale Fülle des Menschseins ist dann nicht gegeben, wenn die Verbindung zum Schöpfer verödet ist.“

Das lässt sich kürzer und markiger sagen: „Wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.“ ( Neues Testament > Markus 16,16 / http://www.way2god.org/de/bibel/markus/16/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/markus/16/“>Mark. 16,16)

Wie ist das Echo auf Mosebachs christogene Scharia-Attacke? Schweigen im Walde. Nur Sibylle Berg, die sich bisher als freche Dauergöre im SPIEGEL tarnte, hat als Einzige unter den bekannten Schriftstellern ihrem Kollegen die rote Karte gezeigt: „Beängstigend, geschätzter Kollege.“

Man muss nicht Obama heißen, um die Gewaltenteilung einer Republik zu unterlaufen. Der Politbetrieb ist mittlerweilen so rasant geworden, dass normale Informationen zwischen Regierung und Parlament nicht mehr möglich sind. Da die Finanzsysteme längst die Herrschaft übernommen haben, diktiert die Lichtgeschwindigkeit ihrer digitalen Netzprogramme auch in Berlin.

Bei jeder Entscheidung über den Euro heißt es nur noch: Wie reagiert der Markt? Da es einen Herrn Markt nicht gibt, kann hinter dem Tarnwort nur eine Clique von Finanzgewaltigen vermutet werden, die man nicht kenntlich machen muss, wenn man in Anonyma spricht.

Frau Merkel hat keine Zeit mehr, die Legislative zu informieren, das verbietet die elektronische Schnelligkeit des Herrn Markt. Also spricht sie von „Ergebnisoptionen“ und der „endlichen Halbwertzeit“ der Informationen. Man merkt, in der Presseabteilung der Bundesregierung sitzen einfallsreiche Kerlchen, denen fällt im Zweifelsfall schon etwas ein.

Halbwertzeit ist ein Begriff aus der atomaren Verstrahlungsphysik. Die Informationen, die das Parlament reklamiert, müssen ganz schön kontaminiert sein. Ist es nicht fürsorglich, wenn Machtträger die Schwätzer vom Bundestag vor gefährlicher Konterbande schützen wollen?

Das Verfassungsgericht hat Merkel nun zum xten Mal auf Unterrichtspflicht der Abgeordneten verdonnert. Die Hauptorgane müssen rechtzeitig und ohne Schnickschnack informiert werden, sodass sie wissen, worüber sie abzustimmen haben. Ja klar, sagt Merkel, wie immer dankbar über das Urteil, dreht sich um – und macht weiter wie bisher.

Gehorsamsverweigerung durch Abnicken. Sie handelt wie Schorschel Schachermann, Makler bei Donald Duck, der wacker dem Gesetz zuwiderhandelt, indem er seine Rechtstreue preist. Prantl kommentiert in der SZ.

 

Kinder brauchen eine sichere Bindung, meint Karl Heinz Brisch, Psychotherapeut aus München. Eine sichere Bindung sei das Fundament fürs ganze Leben, der Anfang eines erfüllten, glücklichen Daseins. Elementarer als jede Frühförderung. Wenn die Bindung sicher sei, komme alles andere wie von selbst.

Sind das nicht Trivialitäten? Offenbar nicht. Im Gerangel um Kita oder Heim werden solche Fragen gar nicht erwähnt. Die Mütter werden noch immer vom Sockel geholt, als lebten wir in nationalsozialistischen Mutterkitschzeiten. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Mütter, es geht um – halten zu Gnaden – das Wohl des Kindes.

Nicht Verträglichkeit von Pest und Cholera, sondern: Was will das Kind? Es wird gar nicht gefragt, in der Debatte hat es keine Stimme. Man könnte dem Kind durchaus eine Kita zeigen und fragen, gefällt dir das? Willst du das mal ausprobieren? Nein, das Kind wird in eine Kita gesteckt oder muss bei Muttern bleiben, obwohl sie ihm vielleicht schon auf den Wecker geht.

Ein Kind ist eine naturidentisch aussehende Puppe, die mit den Augen rollen und echt klingende Geräusche von sich geben kann. Dass es am Anfang des Lebens eine stabile Bindung zur Mutter benötigt – Väter sind selten schwanger –, dass zudem diese Bindung alle weiteren Bindungen erst ermöglicht, scheint heute außer Brisch niemand mehr zu wissen.

Schon gar nicht jene Horde frühmittelalterlicher Kinderpsychiater und Bestsellerautoren, die nicht davor zurückschrecken, den Eltern einzubläuen: Lasst die Kinder ruhig heulen und weinen, sie wollen euch nur erpressen. Verwöhnt sie nicht und zeigt ihnen die Grenzen – damit Mami ans Förderband der Industrie kann.

Hört ihr die Kinder weinen? Nachdem vor wenigen Dezennien die schwarze Pädagogik zu Grabe getragen wurde, ist die Fraktion der Rabenschwarzen wieder zurückgekehrt und hat das Ruder im Meinungsstreit um das Kindeswohl, pardon, um das Mütterwohl, pardon, um das Konjunkturwohl, übernommen.

Wir hören die Kinder wieder weinen. Sogenannte Eltern gehen seelenruhig weiter, wenn sich ihre triebgesteuerten Bälger brüllend auf den Boden werfen. Nur nicht umgucken, nur nicht das Kind fragen und anschauen. Man könnte unverzeihlich schwach und überverwöhnend werden.

Brüchige, instabile Erstbindungen haben weitreichende Folgen, sagt Brisch. „Vieles, was wir heute an Störungen sehen, hat in der frühen Kindheit begonnen.“ Diese gestörten Erwachsenen sieht er als Patienten im Krankenhaus: aggressive, verhaltensgestörte Menschen, die unter extremen Trennungsängsten leiden.

Was aber ist sinnvolle Bindung? Man darf es gar nicht mehr laut sagen: Liebe und Empathie. Lernen die jungen Eltern, sich in ihre Kinder hineinzudenken, fühlen sie instinktiv, was in den Kleinen vorgeht?

In Kursen lernen sie, wie man sie wie Störfälle behandelt oder wie permanente Angriffe auf das eigene ausgebrannte Glück. Wenn schon jeder selbst überfordert ist, kann man doch von seinem eigenen Fleisch und Blut erwarten, dass es Rücksicht nimmt auf die gestresste Mutter, den abwesenden Vater.

Solche elementaren Gefühlsdefizite sind nicht das Vorrecht gewisser Unterschichten. Emotionale Kälte ist das einzige Gut, das in der neoliberalen Gesellschaft gerecht verteilt ist. Darauf einen Tusch.

Schon im Kinderbett muss der Balg präpariert werden auf das harte Leben, das auf ihn wartet. Er muss abgehärtet werden. Allzuviel Weichlichkeit und Mutterkitsch verdirbt das Kind.

„Das Schreien ist der einzige Notruf des Kindes! Kinder brauchen feinfühlige Antworten auf ihre Bedürfnisse. Das hat nichts mit Verwöhnen zu tun – das ist erste Hilfe“.

Wenn schon die Mitglieder der Konsumgesellschaft sich verwöhnen lassen, soll wenigstens der eigene Nachwuchs abgehärtet und nicht liebessüchtig sein. An irgendeinem Vorbild wollen haltlose Eltern sich doch festhalten können. Wenn Kinder nicht mehr dazu taugen, ihre kaputten Eltern zu erlösen – lasst sie heulen, sie haben nichts Besseres verdient.

Ist das ganze Gesäusel nun ein Plädoyer gegen Kita und fürs Heimchen am Herd? Nicht im Geringsten. „Kinder brauchen emotional verfügbare Personen, an die sie sich sicher binden können. Das könnte neben den Eltern durchaus eine Krippenerzieherin sein.“

Unbeantwortet aber bleibt im Artikel die Frage, woran man eine sichere Erstbindung erkennt und wann der günstigste Zeitpunkt zur Erweiterung der kindlichen Bezugspersonen wäre.

Am besten das Kind entscheiden lassen. Wenn es sich wohl und psychisch gesättigt fühlt, bleibt es nicht an Mutters Schürze hängen. Die Verlässlichkeit der Mutter hat es verinnerlicht. Sie begleitet und schützt es – beim Erobern der Welt.

Die schwarze Pädagogik entstammt zwei Wurzeln, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben: der Psychoanalyse und dem Neoliberalismus.

Hayek verwirft den instinktgesteuerten Altruismus, der einst in geschlossenen Horden sinnvoll war. Aber nicht mehr in einer globalen Wirtschaftswelt, die von allgemeinen Regeln beherrscht ist. Diesem System eines der menschlichen Vernunft in jeder Hinsicht überlegenen Marktes ist „der alte Impuls, angeborenen altruistischen Instinkten zu folgen, der Bildung umfassender Ordnungen geradezu hinderlich.“ Überhaupt habe es keinen Sinn, sich eine Moral auszudenken, um andern zu nützen. Dazu sind wir gar nicht in der Lage. „Die Moral des Marktes bewirkt, dass wir andern nützen, nicht weil wir das beabsichtigen, sondern weil sie uns in einer Weise handeln lässt, die trotzdem diese Wirkung hat.“ (Hayek, Die verhängnisvolle Anmaßung) Auf Deutsch: wir nützen am meisten, wenn wir niemandem nützen wollen.

Das Kind glücklich machen wollen, heißt, es mit hoher Wahrscheinlichkeit unglücklich machen. Deswegen kann es auch keine individuelle Förderung eines Menschen geben. Jeder muss selber schauen, wie er sich im darwinistischen Schlachtfeld zurecht findet:

„Dass in einer freien Gesellschaft niemand die Pflicht hat, darauf zu sehen, dass eines Mannes Talente richtig genützt werden und dass niemand einen Anspruch auf eine Gelegenheit hat, seine speziellen Gaben zu verwenden ist vielleicht der schwerste Vorwurf, der gegen ein freies System gerichtet wird, und die Quelle des bittersten Grolls.“ (Hayek: Der Wert der Freiheit, Ges. Schriften Bd 3)

Wer solche Sätze für sein erwachsenes Leben befolgt, wie kann der das Gegenteil im Spielzimmer seines Kindes realisieren? „Allgemeiner Altruismus ist aber sinnlos. Niemand kann sich wirklich um alle andern kümmern.“ Sinnvolle Solidarität – um von dem religiös klingenden Altruismus wegzukommen – war noch nie der Meinung, alle Welt unisono zu beglücken. Sondern ging davon aus, wenn jeder Mensch solidarisch ist mit seiner Umgebung, sind alle Umgebungen dieser Welt solidarisch geworden.

Die Abneigung Hayeks gegen einen „welterlösenden Altruismus“ ist ein genauer Bestandteil der Deutschen Bewegung, die einst die westliche Menschheitsliebe mit denselben Argumenten ablehnte wie Hayek: man kann nicht die ganze Welt lieben.

Wiederum eine Reaktionsbildung gegen die christliche Agape, die mit einem Schlag die Menschheit erlösen will. Heißt nicht die liberale Grundregel: wenn jeder für sich selbst sorgt, ist für alle gesorgt? Warum soll dann falsch sein: wenn jeder sich und seine Umgebung liebt, sind alle geliebt?

Der Missachtung des Einzelnen, dem Verbot einer Glücks-Ethik beim Neoliberalismus, entspricht die Abneigung bei der Psychoanalyse, die Interessen des Kindes zu berücksichtigen und sich einzulassen auf seine Sicht der Welt. Bei Hayek sind es die Marktinteressen, denen sich der Einzelne unterwerfen muss, bei Freud die Interessen der Erwachsenen, dem sich das Kind unterwerfen muss.

Zwar hat er die Psychologie des Kleinkindes eingehend erforscht, doch im Konflikt zwischen triebsüchtig-verführenden Eltern und kindlichen Opfern entschied er sich für die Sicht der Eltern und Erwachsenen. Die makellose Weste der Bourgeoisie war gerettet.

Was war geschehen? Von seinen ersten Patienten erfuhr der Seelenforscher erstaunlich viele traumatisch-sexuelle Verführungserlebnisse seitens der Eltern. Es gab keinen Anlass für ihn, diesen Geschichten nicht zu glauben. Doch schnell war ihm klar, dass er keine Chance hätte, seine neue Therapie unter das heuchlerische Christenpublikum zu bringen, wenn er die Anklage erhöbe, am Elend der Neurotiker und Kinder seien die pädophilen Eltern schuld.

Also machte er die kindlichen Opfer zu Tätern und die erwachsenen Täter zu Opfern des von ihm entdeckten Ödipus-Komplexes. Der Knabe begehrt die Mutter, das Mädchen den Vater, die Verführungsszenerien waren wunscherfüllende Phantasmagorien der eigenen Triebregungen.

Wie im Juden-Christentum war nicht Gott am Elend seiner Menschenkinder schuld, sie waren es selber. Die Kleinen verführen die Großen und locken sie in ihre Falle. Das war auch die Erklärung Hartmut von Hentigs, weshalb sein Freund, der Rektor der Odenwaldschule, sich an seinen Schülern vergreifen konnte. Es waren die süßen Unschuldigen mit den großen Augen.

Die Kinder sind schuld am Elend der Erwachsenen. In jeder Hinsicht. Was müssen Eltern an Glücksmöglichkeiten aufgeben, um sich ihrem Nachwuchs zu widmen. Wieviel Villen hätten sie, wenn sie nicht ein ganzes Vermögen an ihre Heranwachsenden hätten verschleudern müssen.

Freuds Erinnerungstheorie beruht auf der kinderfeindlichen Hypothese, dass Kinder nicht die Realität erinnern, sondern nur ihre projektiven Erfindungen. Das ist kaum verschieden von Augustins Sicht des neugeborenen Kindes, aus dessen Schreien er die Stimme des Teufels zu erkennen glaubte. Was dem einen der Teufel, ist dem anderen der Ödipus.

Die Kinder werden zu kranken Phantasten erklärt, um die bürgerliche Respektabilität der europäischen Gesellschaften zu retten. Als Jeffrey M. Masson, ausgebildeter Psychoanalytiker, diese These in seinem Buch „Was hat man dir, du armes Kind, getan?“ zum ersten Mal veröffentlichte, wurde er sofort aus allen psychoanalytischen Vereinigungen ausgeschlossen. Als Alice Miller die Kritik Massons unterstützte, ging sie freiwillig von Bord.

Als der britische Kinderarzt und Psychoanalytiker John Bowlby die Bindungstheorie in den 60er Jahren begründete, reagierten seine Kollegen unverständig und feindlich. Innige Bindung oder sündiges ödipales Verlangen – das passte nicht zusammen. Im Zusammenhang mit dem Odenwald-Skandal wurde der platonisch-philosophische Eros zum Sündenbock erklärt. Freuds Ödipus-Theorie wurde mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt.

Kinder müssen die Erwachsenen retten oder untergehen. Wie retten sie die Erwachsenen? Indem sie unschuldig sind und sich erniedrigen lassen. „Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht – denn ihnen ist das Reich der Himmel. Wer nun sich selbst erniedrigt wie dieses Kind, der ist der Grösste im Himmelreich. Und wer ein solches Kind um meines Namens willen aufnimmt, der nimmt mich auf.“ ( Neues Testament > Matthäus 18,3 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/18/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/18/“>Matth. 18,3 ff)

Kinder haben unschuldig zu sein und die Erwachsenen zu Jesus zu führen. Tun sie das nicht, entsprechen sie nicht den Wunschbildern ihrer heilssuchenden Eltern und sind Teufelsbraten, die am Elend ihrer Erzeuger schuld sind.

Noch vor kurzem fuhren alle Neugeborenen in die Hölle, wenn sie ungetauft starben. Das heilige Kind musste alle Schuld dieser Welt auf sich nehmen.

Wessen Kind nicht messianisches Format besitzt und das missglückte Leben seiner Eltern korrigiert – muss ein Leben lang für sein Versagen büßen.