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Montag, 16. Juli 2012 – Intelligenztest

Hello, Freunde der Frauen,

nun ist passiert, was nie hätte passieren dürfen. Die Frauen haben die Männer in Fragen der Intelligenz überholt. Seit 100 Jahren verstellen sich die Frauen und haben den Herren der Schöpfung großmütig den Vorsprung gelassen. Jetzt zeigen sie rücksichtslos ihr wahres Intelligenzlergesicht.

Nicht nur, dass sie die Kinder kriegen, nun wollen sie auch noch den gottgewollten Unterschied der Geschlechter im Denken und Reden blasphemisch über den Haufen werfen.

Die Frau schweige in der Gemeinde, am Küchentisch und beim Fensterputzen – ach, vorbei sind diese schönen Zeiten. Verlässlich lagen die Frauen bislang mit 5 Punkten hinter den primären Abbildern Gottes.

Die Männer erfanden sogar die Gene, um ihren Vorsprung der Natur in die Schuhe zu schieben und für immer zu zementieren. Selbst diese kleinen Kobolde sollen sich nun verändert haben. Worauf soll in dieser Zeit denn noch Verlass sein, wenn selbst die unwandelbare Natur sich modisch dem Zeitgeist anpassen darf? Sollten Gene wider alle Vorurteile männlicher Wissenschaftler lernfähig geworden sein?

Jetzt erst sollen die Frauen sich ihres vollen geistigen Potentials bewusst geworden sein. Aber das wär doch nicht nötig gewesen. Wer fühlt sich denn jetzt noch zuständig für die Gefühlsabteilung einer Beziehung? Männer, wehrt euch,

übernehmt die Kinder, packt ihnen das Butterbrot in die Schultasche, putzt fröhlich die Fenster.

Wenn die Frauen sich schon zu Intelligenzbestien entwickeln, so schlagt sie mit ihren bisherigen Waffen und werdet vorbildlich emotional. Lacht, weint, werdet launisch, zickig und unberechenbar. Schlagt den kalten IQ mit EQ, dem heißblütigen Emotional-Quotienten. Mit Entsetzen werden die Frauen entdecken, mit welchen Methoden sie sich bislang getarnt und euch hinters Licht geführt haben.

Plötzlich soll alles anders sein, nur mit der lächerlichen Begründung, das schwache Geschlecht müsse die Menschheit retten, weil das starke alles vermasselt hat?

Damit die Männer nicht endgültig verblöden, muss die politisch korrekte IQ-Quote her. Mehr als 50% aller Frauen dürfen per Gesetz nicht intelligenter sein als die Herren der Schöpfung. Soll man denn in Zukunft von Damen der Schöpfung sprechen?

Laut Intelligenzmessung soll die Menschheit im Verlauf der letzten Jahre insgesamt intelligenter geworden sein. Ursache soll die zunehmend komplexe Welt sein, die ein immer abstrakteres Denken voraussetze. Da sollte man die unübersichtliche Welt noch viel komplexer machen, damit die Menschheit nicht nur wirtschaftlich, sondern auch intelligenzmäßig ins Unbegrenzte wachse.

Diesen wenigen Bemerkungen kann man entnehmen, wie intelligent die wissenschaftliche Intelligenzmessung sein muss. Wenn abstraktes komplexes Denken identisch sein soll mit Intelligenz, wäre es an der Zeit, dass die Menschheit allmählich konkret und einfach wird, damit ihr die Komplexität nicht über die Ohren wächst.

Gelegentlich helfen simple Fragen wie: Wollten wir die Welt, wie sie nun mal vorliegt – oder wollten wir eine andere? Wenn letzteres, warum haben wir eine bekommen, die wir nicht haben wollten? Hat etwa niemand gefragt, was wir haben wollten? Warum haben wir uns selbst nicht gefragt?

Das sind für komplex Denkende allzu simple Fragen. Man könnte auch sagen: Einfachheit ist für Leute mit Komplexen – zu komplex. Sie können nur noch abstrakt denken und das heißt auf Deutsch: abgelöst. Wovon abgelöst? Von der Intelligenz.

Deutschland ist bekanntlich ein Land der Plagiatoren, die von den Amis abkupfern, was sie nur abkupfern können. Da die Bewohner des von Gott erwählten Landes immer dümmer werden – die ansteigende IQ-Quote der letzten 100 Jahre kann unmöglich dort gemessen worden sein – lassen sich die Deutschen nicht lumpen und werden auch immer hirnrissiger.

Amerikaner auf Touristenreise in Heidelberg sollen öfter die Frage stellen, ob Hitler noch immer deutscher Bundeskanzler ist. In diese Richtung marschieren wir munter. Uni-Gelehrte und Feuilletonisten unbeirrt vorneweg. Letztere meinen, wenn sie schreiben können wie der Teufel, sind sie schön, klug und weise. Schöner allemal.

Wenn man jedoch den Vatikan für eine Demokratie hält und einen Diktator nicht von einem Faschisten unterscheiden kann, darf man sich über unseren Nachwuchs nicht wundern, der Demokratie nicht von einer Diktatur unterscheiden kann. Wenn man die Jugend für dumm verkauft, sollte man wenigstens die Frage stellen: wer hat jene erzogen? Sollten etwa die Eltern, die Lehrer …?

Aber letztere können auch nichts dafür, denn in der Uni erfährt man nur, dass es auf einfache Fragen keine einfachen Antworten gibt. So wächst die Unübersichtlichkeit, eine schöne Umschreibung für Desorientiertheit im fortgeschrittenen Stadium.

Wenn jemand in seiner komplexen Wohnung den Überblick verliert, nennt man ihn Messie. Wenn wir in politischen, kulturellen, religiösen, wirtschaftlichen Dingen den Überblick verlieren, sind wir Wesen exquisiter Vielschichtigkeit, die an die Grenzen ihrer Vernunft gestoßen sind.

Blicken wir eines Tages gar nicht mehr durch, sind wir reif für die alleswissende Religion. Nicht, dass sie irgendetwas wüsste. Doch sie verfügt über uralte Traditionen, die für sie wissen. Zumindest weiß die Religion, wer alles am besten weiß: der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft.

 

Man weiß, dass Geisteswissenschaften wenig exzellent sind und deshalb auch wenig aus dem Staatssäckel abkriegen, weil sie zu den talking-sciences gehören, den Schwätzerwissenschaften. Zu Recht, wie nun ein herausragender Mediävist herausgefunden hat.

Sie wissen nicht, was ein Mediävist ist? Was ein Steak medium ist, das wissen Sie aber? Kommt von Mitte, Sie Bildungskatastrophe auf zwei Beinen! Nein, nicht von Mittelmäßigkeit, sondern von Mittelalter, Sie Tropf. Nein, kein Minnesänger und auch kein Raubritter, kein Götz von Berlichingen. Klar, den kennen Sie. Glauben Sie ja nicht, dass Sie das Klassenziel schon in der Tasche haben. Ich habe schon ganz andere Leute bei der Zeugnisvergabe kotzen sehen. Machen Sie ruhig weiter, Ihre Hartz4-Karriere ist schon jetzt gesichert.

Nach dieser kleinen anamnestischen Übung zur Aufbereitung schulischer Lieblingssituationen kommen wir zu unserem Gelehrten fürs Mittelalter zurück, der die Kompetenz seiner Studenten überprüft hat, weil er dem Abitur offensichtlich so wenig traut wie der Statistiker jener Statistik, die er nicht selbst gefälscht hat.

Die Quote an 1,0-Abiturienten wächst von Jahr zu Jahr (die Allerbesten sollen schon bei minus 1,0 angelangt sein) – und diese Jungspunde werden immer dööfer.

Wie ist dieses Bildungswunder zu erklären? Da werden doch nicht philanthropische Gymnasiallehrer an den Noten so lange herumgeschoben haben, bis die Einser-Quote ihres Instituts in der vergleichenden Statistik aller Gymnasien ihren Spitzenplatz verteidigen konnte?

Mediävist Wolf hat herausgefunden, dass die Kenntnisse der Nachwuchsgenies in Grammatik, sprich in Tempora, Casus, Modi und Syntax (wer diese „elitären“ Begriffe nicht kennt, ist ein hoffnungsloser Fall und sollte für immer nach Amerika emigrieren) mangelhaft sind. Mangelhaft ist Sitzenbleiben. Bildungsmäßiges Sitzenbleiben im Land der Dichter und Henker?

Die Sprachbeherrschung sei zurückgegangen. Können die Leutchen denn nicht mehr reden? Irgendwie schon, aber falsch. Die Sprachbeherrschung sei zugunsten von Medienbeherrschung und Techniken der Selbstdarstellung zurückgegangen. Das ist so was von technisch-elegant formuliert, dass man gar nicht bemerkt, was der perfekte Sprachbeherrscher andeuten wollte. Die Studiosi sitzen nur noch vor Computer und Glotze und überlegen, wie sie bei Dieter Bohlen groß raus kommen könnten.

Diese Selbstdarsteller sind schon mit den „formalen Ansprüchen der Textorganisation überfordert“. Wesentliche Kulturtechniken würden von den Schulen nicht mehr vermittelt. Was heißt das in Klardeutsch? Den Anfängern fehlten die „handwerklichen Analyseinstrumente und das historische Kontextwissen“, also versuchten sie es mit „subjektiven Empfindungen“.

An Goethes Werther gingen sie ran wie an Harry-Potter-Romane. Das ist ja grauenvoll. Hat man ihnen in den Losergymnasien denn nicht beigebracht, dass man sich an Harry Potter wie an Werthers Lotte heranmachen müsse: im handwerklichen Kontext?

Selbständig schreiben, formulieren und unterschiedliche Stilregister bedienen – können sie auch nicht. Sakra, was können die denn außer Pornos gucken und Killerspiele spielen? Wenn bei Oswald Spengler das Abendland schon untergegangen ist: hier haben wir‘s mit der Leiche im verwesenden Stadium zu tun.

Durch das Bachelorstudium ist die Uni beileibe nicht auf das Niveau von Klippschulen abgesunken, nein: sie ist wesentlich stärker „wissenschafts- und methodenorientiert“ als früher. Da seien „Inhalte in die Module“ gekommen, die einen „extrem hohen Wissenschaftsanspruch“ hätten.

Davon würden vor allem Lehramtsstudenten überfordert. Also zukünftige Lehrer, die ihren Schülern noch weniger beibringen können, weil sie dem extrem hohen Wissenschaftsstandard nicht gerecht werden und unterbelichtete Einser-Schüler dem Mediävisten in die extrem anspruchsvolle Vorlesung schicken müssen. Womit der Teufelskreis der Module geschlossen wäre.

Was das Schlimmste ist, diese Kompetenzmängel führten zu einer „weiteren Verweiblichung der Geisteswissenschaften“. Herr Professor meint, die Frauen, die ohnehin alles besser können als die Männer, fallen mit ihrer Besserwisserei den männlichen Professoren allmählich auf die Nerven.

Jetzt dämmert‘s. Herr Professor hat Mitleid mit den männlichen Studenten, die immer mehr untergebuttert werden, während die weiblichen mit überlegener Geisteskraft kaltschnäuzig alles abräumen. Frauen seien eh dafür bekannt, dass sie schneller aufnehmen, speichern und reproduzieren. Männer hingegen seien zwar langsamer, aber kreativer.

Gottlob, die Vorherrschaft der Männer ist dank männlich kreativer Dozenten auf extrem hohem Niveau gesichert. Jetzt verstehen wir, warum Frauen keine Chance haben werden, die Unis mit ihrem mechanistischen Wiedergeben von Texten zu unterwandern. Herr Wolf fühlt sich gefährdet vom zunehmenden Andrang fixer Studentinnen, die gottlob niemals die Kreativität der Männer einholen werden.

Dank solcher Syntaxriesen wie Herrn Wolf muss uns um die Zukunft der männlichen Hochschule nicht bange sein. Er und seine Kollegen haben in beispielloser Aufholjagd das Niveau der subjektiven Geisteswissenschaften mindestens auf das Niveau der Naturwissenschaften angehoben. Texte werden methodisiert und stilistisch organisiert, dass sich jeder Ingenieur wie ein romantischer Waldhornbläser vorkommen müsste.

Wenn das letzte fühlende Herz als Subjekt aus der Fakultät für technifizierte Texte verschwunden sein wird, hat Herr Wolf sein verlangsamtes, aber kreatives Lebenswerk vollbracht.

(Das FAZ-Gespräch mit dem Mediävisten Gerhard Wolf)

 

Ganz anders sieht es bei Theologen aus. Wenig Studenten, kleine Gruppen, eine günstige Dozentenquote. Was Wunder, die Theologie ist ja so was von wichtig für die Gesellschaft, dass sich die Gottesgelehrten den kessen Satz gegenüber dem staatlichen Sparwillen erlauben können: „Die schwierige Situation in andern Fächern darf und kann nicht der Maßstab sein. Wir ordnen uns daher nicht dem staatlichen Sparwillen unter und liefern uns nicht fröhlich dem Kürzungswahnsinn aus.“

Indeed, nicht nur hier beansprucht die Religion, eine Sonderrolle zu spielen. Wer im Namen uralter Traditionen und heiliger Texte daherkommt, hat in unserer Gesellschaft das Recht auf eine exzeptionelle Extrawurst.

Der Maßstab in einer nicht-laizistischen Religionsgesellschaft wird noch immer von der Religion bestimmt, nicht von vulgärrationalen Gleichschaltungsideologien.

(Jan-Martin Wiarda in der ZEIT zum Theologen-Paradies)

 

Wissen Sie, was Intelligenz ist? Typisch, keine Ahnung von nichts, aber jeden Intelligenztest in den Gazetten ausfüllen, um mit dem Ergebnis anzugeben.

Ein Meter ist eine willkürliche Festlegung, aber objektiv. Andere Längenmaße können mit Hilfe eines Dreisatzes problemlos in den Meter übersetzt werden – und umgekehrt.

Die Intelligenz eines Intelligenztests lässt sich nie in die eines andern übersetzen. Intelligenz ist willkürlich, aber nie objektiv. Ohne zu erröten, sagen die Psychologen: Intelligenz ist, was ein Intelligenztest misst.

Das ist die Ähnlichkeit zwischen Intelligenztestern und Theologen, die auch zu sagen pflegen: was das Heilige ist, steht in heiligen Büchern, die von heiligen Männern geschrieben wurden. Wer Definitionsmacht über Begriffe besitzt, der nutzt sie auch.

Ein Naturwissenschaftler wird viele Rechenaufgaben in seinen Fragekatalog aufnehmen, ein Ästhetiker nach künstlerischem Empfinden fragen, ein brasilianischer Indio nach Fähigkeiten, sich im dichten Unterholz zu orientieren, Tierlaute zu deuten und sich durch Jagd zu ernähren. Ein Ökologe wird die Kompetenz erforschen, in Eintracht mit der Natur zu leben. Ein Nietzscheaner und Militarist den Willen zur Macht erkunden, ein Neoliberaler die Fähigkeit, sich im Wettbewerb durchzusetzen.

Klar, dass jeder Tester jenes Wissen bevorzugen wird, das in seiner Familie, seinem Clan, seiner Schicht als wünschenswert und nützlich gilt. Wer im richtigen Biotop aufwächst, hat automatische Vorteile beim Ausfüllen der Bogen. Pisatests werden mit Sicherheit nicht die Kompetenz in Kanaksprach erkundet haben.

Auch hier gilt das neutestamentliche Prinzip: wer hat, dem wird gegeben. Wer in die richtige Nische hineingeboren wird, genießt die Vorteile derselben. So verbreiten sich die Klüfte zwischen den Schichten wie von selbst. Der Abstand der Bildungsbesitzer zu den Hohlköpfen wächst durch Selbstbestäubung. Und dies mit dem Anschein wissenschaftlicher Neutralität und objektiver Berechtigung.

Der Willkürcharakter wird verleugnet, damit die politischen Entscheidungen legitim und gerecht erscheinen. Um die Gräben zwischen den Schichten zu überbrücken, könnte man soziale und demokratische Fähigkeiten testen, damit die Menschen lernen, besser miteinander umzugehen. Daran hat kein Sozialwissenschaftler ein Interesse.

Bildung, so hören wir, soll die gesellschaftlichen Klüfte verringern und die Menschen einander näher bringen. Doch Bildung ist nur das Wissen jener, die sich mit siegesgewissen Kenntnissen rücksichtslos den Weg nach oben bahnen.

Die momentane Weltpolitik lässt sich als permanenten Intelligenztest betrachten, den alle Völker mit allen durchführen. Wie kann ich, so lautet die listige Rätselfrage, als einzelne Nation so tun, als unternähme ich alles in meiner Macht, um Natur zu retten und die Überlebenschancen der Menschheit zu sichern – obgleich ich nur den größten Anteil vom Weltkuchen ergattern will?

Wer immer den Test gewinnt, die Völker werden auf der ganzen Linie verlieren.