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Mittwoch, 27. Juni 2012 – Rousseau

Hello, Freunde Deutschlands,

Deutschland wird gehasst werden, meint der englische Investor George Soros im SPIEGEL. In drei Monaten, in drei Tagen könnte sich das Schicksal des Euro entscheiden. Wenn das Experiment der europäischen Währungsunion kollabiert, wird’s allen schlecht gehen. Auch der deutschen Wirtschaftslokomotive. Ungeheure Kredite im Ausland werden verloren gehen, die Arbeitslosigkeit wird sprunghaft steigen.

Noch schlechter aber wird’s den wirtschaftlich schwächeren Ländern gehen und sie werden Deutschland hassen, weil es sich weder klug, noch solidarisch gezeigt und den ohnehin leidenden Südstaaten mit auferzwungenen Sparprogrammen die Gurgel zugedrückt hat.

So lange sie lebe, werde es keine Eurobonds geben, erklärte Merkel in suizidaler Laune. Merkel ist zwar Großmutter, hat aber keine eigenen Kinder. Nur missratene Nationalkinder im Euro-Raum, die sie gehörig bestrafen muss, weil sie ökonomisch gesündigt haben.

Was ist der Unterschied zwischen pädagogischen Konsequenzen und irrationalen Strafen? Konsequenzen weisen schnell und prompt auf Fehler hin, gehen aber von lernwilligen Zöglingen aus, die in Zukunft die Fehler meiden werden. Strafen sind göttliche Sanktionen für irreparable Sünder.

Den Unterschied kennt die Pfarrerstochter nicht, sie muss

die ungezogenen Flegel übers Knie legen und prügeln. Ob es ihnen dadurch besser geht, ob sie eine zweite Chance erhalten, interessiert die Lutheranerin nicht. Sie haben über ihre Verhältnisse gelebt, keine Steuern gezahlt, zu oft auf der Piazza Espresso getrunken, während die Deutschen im Schweiße ihres Angesichtes ihr karges Schwarzbrot aßen. Dafür müssen jene büßen. Merkel kennt den himmlischen Strafenkatalog genau und lässt ihn ohne Rücksicht auf Verluste exekutieren.

Die Moral der Kleinfamilie taugt nicht für die Wirtschaft, meinen Hayek und die Soziologen. Liebe deine Nächsten, für die Fernsten bleibt dann nichts mehr übrig. Sie kannten die strenge Großmutter Merkel nicht. Die lässt alle europäischen Partner antreten wie dumme Jungen, die ihre Hände zeigen müssen. Und dann gibt’s mit dem Rohrstock.

Soros erinnert an die Währungsunion von Bretton Woods, wo die damalige Führungsmacht Amerika ein großzügiger Leader war, mit dem Marshall-Programm den besiegten Feinden entgegenkam und sie so lange förderte, bis Deutschland sein Wirtschaftwunder erlebte. Nicht aus altruistischen Gründen, sondern aus wohlkalkuliertem Eigennutz. Amerika brauchte einen vorbildlichen Kapitalistenstaat an der Nahtstelle zum Ostblock.

Der wohlverstandene Eigennutz Deutschlands müsste in der Erkenntnis bestehen, dass es sich selbst bestraft, wenn es seine Verbündeten bestraft. Deutschland müsste einen zweiten Marshall-Plan auflegen, um die Partner wieder vom Krankenlager zu bringen. Je mehr diese dahinsiechen, je mehr müssen wir darunter leiden.

Auch in Amerika war der Marshall-Plan hoch umstritten. Morgenthau, der Gegner Marshalls, wollte Deutschland zur Strafe für seine Sünden in ein mittelalterliches Agrarland zurückverwandeln, das nie mehr eine Gefahr für die zivilisierte Welt werden könnte. Merkel hat sich für einen unerbittlichen Morgenthau entschieden.

(Hier das SPIEGEL-Interview)

 

Yad Vashem, das Holocaust-Mahnmal in Jerusalem, wurde mit antizionistischen Sprüchen geschändet, lasen wir neulich. Täter unbekannt. Nun sind sie bekannt: es waren Ultraorthodoxe. Welche Motive hatten sie? Keine Fragen, keine Antwort.

 

Der Zentralrat der Juden kritisierte das Kölner Gerichtsurteil, wonach religiöse Beschneidungen an Knaben gesetzeswidrig sind. Das Urteil sei ein „beispielloser und dramatischer Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften“. Bislang agierten deutsche Mediziner in einer Grauzone, die nun zugunsten der kindlichen Selbstbestimmung entschieden wurde.

Was wiegt höher: das Recht der Eltern auf religiöse Erziehung oder das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit? Letzteres, erklärte nun das Kölner Gericht. Vermutlich wird Karlsruhe die letzte Entscheidung treffen. Fachleute halten es für unwahrscheinlich, dass das Urteil bestätigt wird. Es geht nicht um das vorgeschobene medizinische Argument, per Zirkumzision Krebsvorsorge zu betreiben.

Die SZ kritisiert das Urteil, die Richter hätten sich zu Schiedsrichtern der Religion aufgeworfen. Der Mann, der „hinter dem Urteil“ stünde, der Strafrechtler Holm Putzke, stamme aus dem sächsischen Dohna. BILD hätte hier nicht gezögert, hinzuzufügen: die gottlosen Ossis genierten sich nicht, unter dem Vorwand eines fundamentalistischen Rechtsdenkens „unsere“ Religionen zu amputieren.

Putzke, so die SZ, sei „schlicht mit dem Handwerkszeug (wie wär‘s mit dem Kastrationsmesser?) des Fachjuristen an die Sache herangegangen.“

Womit sonst? Ist es nicht Sache der Juristen, dem Gesetz Respekt zu verschaffen? Alle Argumente des Passauer Professors seien „positivistisch“, so Matthias Drobinski, „unberührt und unbeeindruckt von Geschichte und Tradition des Abendlands und des Orients“. Bemerkenswert, dass die Richter dieser abendlandsvergessenen Gedankenführung auch noch gefolgt seien.

Positivistische Rechtsauffassung begnügt sich mit dem Wortlaut des gesetzten Rechts, wie es nun mal in den Gesetzesbüchern steht (positiv kommt von ponere: setzen). Ohne Rechtfertigung durch ein göttliches Recht (jus divinum) oder das Naturrecht (jus naturale).

(Wer sich auf das Naturrecht beruft, müsste immer dazusagen: auf welches? Es gibt das Naturrecht der Stärkeren, eine Vorwegnahme Nietzsches und ein Naturrecht der Menschenrechte.)

Schon eine Zumutung, wenn Juristen sich an das „gesatzte“ Recht halten. Wenn‘s um Religion geht, sollten sie am besten den Vatikan, die Scharia oder die Ultraorthodoxen in Jerusalem konsultieren.

Im Rechtssystem einer Demokratie muss sich das Rechtsempfinden der Gesellschaft widerspiegeln, sonst ist es ein aufoktroyiertes Recht. Weiß noch jemand, dass Demokratien in Europa als Loslösungsbewegungen von intoleranten Religionsrechten entstanden sind? Hatten die Europäer es nicht satt, sich durch fanatische Kriege ihrer Popen jedweder Konfession ihre Länder verwüsten zu lassen?

Der 30-jährige Krieg war der Höhepunkt dieser Hassorgien im Namen unfehlbarer Schöpfer, die Deutschland gnadenlos in eine Wüstenei verwandelten. Alles soli deo gloria.

In einer immer säkularer werdenden und multireligiösen Gesellschaft, so die SZ, ginge der Sinn für die eigenen christlichen Rituale verloren. Die der anderen blieben erst recht unverstanden, würden bestritten und bekämpft. Was blasphemisch nicht mehr zu überbieten sei: die Gerichte würden zu Schiedsrichtern über die Religionen angerufen.

Gelegentlich sei das gut, wenn Menschenrechtsverletzungen im Namen der Religion begangen würden oder bei Beschneidungen der Mädchen. „Manchmal aber ist es überhaupt nicht gut, wenn sich Richter zu Schiedsrichtern der Religion machen, sich über sie stellen, einen Rechtspositivismus quasi zur Ersatzreligion machen.“

Man muss ein Gesetz nicht für unfehlbar halten. Dann sollte man sich stark dafür machen, dieses Gesetz abzuschaffen.

Man kann jede Kritik an der Religion in eine Quasireligion verfälschen, dann hat man die normale Demokratie in ein Kriegsfeld der Religionen verwandelt. Dann stünden sich nur noch irrationale Götter gegenüber. Das war auch die Sicht Max Webers (der heute noch als einziger Demokrat der Weimarer Zeit gefeiert wird), der rationale Debatten im öffentlichen Raum für unmöglich hielt.

Von demokratischer Vernunft muss dann nicht mehr gesprochen werden. Mosebachs Forderung nach Bestrafung antireligiöser Blasphemie wäre genauso berechtigt wie die Forderung, jedem Gottesdienstbesucher die Ohren abzuschneiden.

Die moderne Demokratie hat jede Religion akzeptiert, sofern sie nicht gegen herrschende Gesetze verstößt. Richter, die ihrem „schlichten“ Handwerk nachgehen, den Buchstaben des Gesetzes zur Geltung zu bringen, walten nur ihres Amtes. Widrigenfalls müssten sie selbst wegen Rechtsbeugung belangt werden.

Sie schwingen sich nicht zu Schiedsrichtern über Religionen auf, sondern prüfen lediglich, ob Gläubige jedweder Couleur sich im Einklang mit dem Gesetz befinden. Wenn körperliche Unversehrtheit der Kinder Recht ist, haben sich alle Erwachsenen daran zu halten.

Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wenn jeder auf Sonderrechte pocht, fallen wir in den 30-jährigen Krieg zurück. Dann kommt Hayek und sagt, Demokratie natürlich, aber keine dogmatische: Sonderrechte für den grenzenlosen Zaster! Dann kommt die Scharia und sagt, na, wenn’s unbedingt sein muss, dann Demokratie: aber Sonderrechte fürs Steinigen von Ehebrechern, fürs Beschneiden der Klitoris!

Was soll der Unterschied zwischen Knaben und Mädchen sein? In beiden Fällen werden Kinder nicht befragt, sondern religiös zwangsbeglückt. Wenn Erwachsene sich freiwillig beschädigen – Bahn frei den Selbstverletzern. Sie sind alt genug, um zu wissen, was ihnen zur Seligkeit fehlt.

Wenn christliche Kirchen das Privatleben ihrer Abhängigen ausschnüffeln, bewerten und ahnden dürfen, wenn die Thora die Verletzung Unmündiger als Sonderrecht reklamieren darf, dann ist die Demokratie vor unheilvollen Traditionen in die Knie gegangen.

Das Recht überprüft die Tradition, nicht die Tradition das Recht. Es gibt in Demokratien nur ein Kriterium für Recht und Unrecht: die durch Volkesstimme herbeidebattierte Vernunft. Vernunft ist universell und gilt für alle, Sonderrechte explizit ausgeschlossen. Sonst fiele der Grundsatz dahin: vor dem Recht sind alle gleich.

Religionen haben das Recht auf spezifische Traditionen nur dann, wenn sie anderen Menschen kein Haar krümmen und bestehende Paragraphen so penibel beachten wie Krethi und Plethi.

Kants kategorischer Imperativ ist zu Unrecht wegen abstrakter Hohlheit geschmäht worden. „Handle nach der Maxime, die sich selbst zugleich zum allgemeinen Gesetz machen kann.“ Der Imperativ ist nur eine reichlich gewundene Formulierung der Goldenen Regel: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.

Wenn du nicht willst, dass man dich zu deinem eigenen Besten auf dem Scheiterhaufen röstet, dann röste andere nicht. Wenn du an allen körperlichen Gliedern unverletzet sein willst, verletze die Glieder anderer nicht. Schon gar nicht die der Kinder, die sich nicht wehren können.

Müsste dann nicht auch das Recht der Glaubensgemeinschaften in Frage gestellt werden, ihre Kinder unbefragt zu taufen? Besser wäre es allemal. Doch die Taufe besitzt den character indelebilis (untilgbare Wesenseigenschaft) nur für diejenigen, die daran glauben. Einen unkorrigierbaren Schaden durch ein illusionäres Abrakadabra gibt es hier nicht.

Fast 4 Jahrhunderte nach dem 30-jährigen Krieg driftet Deutschland zurück in die Epoche religiöser Scharmützel. Vorläufig wird nur mit Tinte geschossen. Doch Angstmachen hat Mosebach in seiner katholischen Güte bereits erlaubt.

 

Happy Birthday zum 300. Geburtstag, Jean Jaques Rousseau, du alter „Brühwürfel“! Wie der Instant-Intellektuelle Joseph Vogl dich zu nennen beliebt. Vogl ist wie sein großer Kollege Sloterdijk Liebhaber verbaler Geschmacksverstärker. Es ist zum postmodernen Modeton geworden, süffige Gags zur Kompensation mangelhafter Gedanken zu verwenden.

In Deutschland schlug der Genfer Neucalvinist wie eine Rakete ein. Kant war voller Enthusiasmus, Rousseau habe ihn zurecht gebracht. Er bewunderte Rousseaus ungemeinen Scharfsinn, den edlen Schwung des Genius, das neue Evangelium von der Notwendigkeit einer Wiederherstellung der echten, unverfälschten Menschennatur.

„Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen. Alles dreht er um, alles entstellt er. Er liebt die Missgeburt, die Ungeheuer. Nichts will er haben, wie es die Natur gemacht hat, selbst den Menschen nicht. Man muss ihn nach seiner Absicht stutzen wie einen Baum seines Gartens.“ So beginnt sein berühmtes Buch: Emile oder Über die Erziehung.

Soll das menschenfreundlich klingen? Der Schöpfer wird gelobt, der Mensch zur naturwidrigen Kreatur dämonisiert. Seine Kollegen, die Pariser Aufklärer, hätten diese Schelte auf den Menschen nicht unterschrieben.

Heißt es nicht, Rousseau habe den Menschen von Natur aus gut befunden? Auf den ersten Blick ja. „Jedoch der Mensch ist von Natur aus gut, wie ich bewiesen zu haben glaube“, wie er im Diskurs über die Ungleichheit schreibt. Doch wie sollen wir dann folgenden Satz verstehen: „Die Menschen sind schlecht. Eine traurige und lange Erfahrung enthebt uns des Beweises.“

Wir kennen die Antwort: Natur ist gut, Kultur schlecht. Doch die schlechte Kultur ist von angeblich guten Menschen gemacht. Dieser ungezügelte Widerspruch durchzieht das ganze Werk Roussseaus und hat ihm vermutlich die Herzen christlicher Menschenfeinde wie aufgeklärter Menschenfreunde gewonnen.

Sein Geburtsort Genf feiert ihn als Befürworter der direkten Demokratie, obgleich sein Vater ihm vor allem Plutarch vorgelesen hatte, der Sparta und spartanische Helden bewunderte.

Joseph Vogl sieht keine Probleme zwischen Rousseaus Pädagogik und seiner politischen Lehre und spricht von „Regierungstechniken, die das Menschenmaterial überhaupt erst zu dieser Vertragsfähigkeit erziehen. Bevölkerungen stellen für ihn ein Ordnungsproblem dar, sie müssen choreographiert und gepflegt werden.“

Wer hier nicht an spartanische Phalanx denkt, streng gedrillt und zu Kadavergehorsam verpflichtet wie später die Jesuiten, hat noch nie nordkoreanisches „choreographiertes Menschenmaterial“ gesehen.

„Ist Rousseau also doch Urvater der Totalitarismen?“ fragt der SPIEGEL. Knappe Antwort: „Nein“. Rousseau habe sich nur die Frage gestellt: wie lassen sich Regieren und Regiertwerden aufeinander abstimmen? Und wie? Durch Erfindung der Kindheit mit begleitender Aufsicht, die zu einer „Mündigkeit durch Beherrschung führen soll.“

Mündigkeit durch Beherrschung? Das klingt wie Freiheit in Guantanamo. Es kommt noch dicker: „das Regiertwerden soll einen glücklich machen.“ Regiertwerden zum Zwecke des Glücks ist, halten zu Gnaden, seit Platon Faschismus.

Selbst linke deutsche Intellektuelle haben 70 Jahren nach messianischer Zwangsbeglückung davon noch nichts gehört. Das ist eine eindrucksvolle Bewältigung der Vergangenheit. Man darf davon ausgehen, dass die drei Geistesriesen, die hier ein Gespräch führen, alle KZ auswendig kennen, doch über die ideologischen Wurzeln des Unheils haben sie nicht den Schimmer einer Ahnung.

„In unserer Zeit war Hitler eine Folgeerscheinung Rousseaus, hinter Roosevelt und Churchill stand der Geist Lockes“, schreibt der stolze britische Demokrat Bertrand Russell, um klarzumachen, dass der totalitäre Geist nicht von der Insel stamme, sondern Erzeugnis Kontinentaleuropas war.

Anfänglich, räumt Russell ein, ähnelt der Gesellschaftsvertrag Rousseaus den politischen Gedanken Lockes. Doch schnell wende er sich Hobbes‘ Leviathan zu. Der Vertrag bestehe in der totalen Hingabe jedes Mitglieds samt aller Rechte an die ganze Gemeinschaft. Das Aufgeben aller Rechte müsse rückhaltlos sein, die Hingabe bei jedem absolut. Was völlige Preisgabe der Freiheit und völlige Ablehnung der Lehre von den Menschenrechten bedeute.

Zwar heißt es einschränkend, der mit absoluter Macht ausgestattete Souverän solle den Menschen ihre natürlichen Rechte belassen. Aber es ist der Souverän, der als einziger darüber befinde, was für die Allgemeinheit nützlich ist oder nicht. Der Souverän ist weder Monarch noch Regierung, sondern der Staat als Gesamtheit. Der Wille des Souveräns ist immer richtig und repräsentiert den allgemeinen Willen. Jeder Bürger ist an diesem volonte generale beteiligt.

Er kann als einzelner sogar einen besonderen Willen haben, der dem allgemeinen widerstrebt. Was geschieht in diesem Konfliktfall? Jeder, der sich weigert, dem allgemeinen Willen zu gehorchen, soll dazu gezwungen werden. „Das bedeutet nichts anderes, als dass er dann gezwungen wird, frei zu sein.“

Einen Sonderwillen kann man wohl haben, doch wenn er kollidiert mit dem Gemeinwillen, beweist das nur, dass man sich geirrt habe. „Wenn mein Sonderwillen gesiegt hätte, hätte ich gegen meine eigenen Willen gehandelt und wäre deshalb nicht frei gewesen.“ (Gesellschaftsvertrag)

Kurz: ich bin frei, wenn ich nicht meinem eigenen Willen folge, sondern mich dem richtigen Allgemeinwillen unterwerfe. Du bist nichts, das Volk ist alles. Natürlich nicht das ganze Volk, sondern diejenigen, die sich anmaßen, allein für das Volk zu sprechen.

Womit wir bei Fichte wären, der in seiner rousseauischen Erziehungsutopie seine Zöglinge auch zur Freiheit erziehen will, wenn nicht anders nach dem Motto: und bist du nicht willig, brauch ich Gewalt.

Auch Hegel übernimmt diesen Begriff der Freiheit, die er als Recht definiert, der Polizei und der Obrigkeit zu gehorchen. Noch die 68er Marxisten lasen Hegel als Freiheitsapostel, weil in seinen Werken so oft Freiheit zu lesen ist.

Die Deutsche Bewegung war eine fleißige Schülerin Rousseaus, Fichtes und Hegels. Noch heute kann die deutsche Intelligenz nicht unterscheiden zwischen autonomer und auferlegter Freiheit.

Wie kann man Skandal nennen, was heute Grundkonsens unter allen deutschen Rousseauisten, Fichteanern und Hegelianern ist?

Deutsche Jugendliche kennen nicht mal den Unterschied zwischen Hitler und Honecker. Kein Wunder, bei solch kompetenten Lehrern und Erwachsenen.