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Tagesmail

Freitag, 30. März 2012 – Epochenwandel

Hello, Freunde der Schwellenländer,

Brasilien, Russland, China, Indien und Südafrika verbinden sich, um die Dominanz des Westens zu brechen. Die so genannten BRICS-Staaten trafen sich in Neu-Delhi, um eine eigene Weltbank zu gründen.

Sie wollen nicht länger in Dollar oder Euro miteinander handeln, ihre Aktienmärkte miteinander verknüpfen und eigene Entwicklungskonzepte entwickeln. Sie wollen sich gegenseitig zum Vorbild nehmen.

Diese Staaten vertreten fast 40% der Weltbevölkerung, ein Viertel der Weltwirtschaft. Allerdings über vier Kontinente verteilt mit unterschiedlichen Beziehungen zum Westen. Schwer einzuschätzen, ob dieses Vorhaben kurzfristig erfolgreich sein wird. Langfristig wird es die 500 Jahre dauernde Vorherrschaft des Westens beenden.

China und Indien sind nicht-christliche Kulturen, in Brasilien und Südafrika ist das christliche Credo mit vielfältigen Elementen autochthoner Naturreligionen vermischt, Russland ist orthodox mit sozialistischer Vergangenheit.

In welchem Maß der christogene westliche Kapitalismus dem Lebensgefühl der BRICS-Staaten entspricht, steht noch nicht auf der Agenda der fünf Riesen. Aus machtpolitischen Gründen bleibt ihnen keine andere Wahl, als der Vorherrschaft der Weißen mit gleichen Waffen Paroli zu bieten.

Doch der Streit um die Überlebensverträglichkeit der Religionen wird kommen. Spätestens mit

der Verschärfung der Klimakatastrophe werden die Urfragen der Menschheit, die seit 2 Jahrhunderten unter der Despotie der Ökonomie, seit 2000 Jahren unter der Tyrannei eines sogenannten jenseitigen Heils plattgewalzt werden, mit aller Macht aufbrechen.

Zu welchem Zweck ist die Menschheit in den Reigen der Lebewesen eingetreten? Um sich eine in Anmaßung und Eitelkeit unüberbietbare Sonderrolle auf Kosten der anderen zu ergattern? Um die Erde zur Inszenierungs-Bühne einer sogenannten Geschichte zu fabrizieren, in der sie in einem Erlöser- und Tyrannenstück die Hauptrollen für sich beansprucht und verbrannte Erde hinterlässt?

Die Vorherrschaft des Westens ist vorbei, sie neigt sich unwiderruflich ihrem Ende zu. Die Vorherrschaft des Westens ist die Prädominanz von Jenseitspriestern, die auf Erden bereits das Reich ihrer Imagination nicht nur mit Gebeten, sondern mit Technik, Geld und Waffen installiert haben.

Diese Vertreter der Allmacht müssen keine Soutanen tragen, sondern das unscheinbare Köfferchen mit den roten Knöpfen, den Geheimdaten der Weltbevölkerung und den Konten der unendlichen Beträge.

Seit dem Hochmittelalter, seit Joachim di Fiore, hat sich die Enttäuschung über den ausbleibenden Messias in die selbsterfüllende Prophezeiung verwandelt, das Reich Gottes auf Erden aus eigener Kraft zu realisieren.

Das kollektive religiöse Placebo, am Anfang eine Sache spiritualisierten Fürwahrhaltens, materialisierte sich, verwandelte sich in handfeste Politentwürfe, in technische Utopien mit weltvernichtenden Waffen und in Wohlstands- und Luxusphantasien.

Wie die Priester den ätherischen Leib und das ätherische Blut ihres Herrn zu handfestem Leib und handfestem Blut, Geistiges in Materielles, Transzendentes in Irdisches, Himmlisches in Natürliches transsubstantiierten, so transsubstantiierte die Epoche der westlichen Vorherrschaft das Materielle und Irdische in einen Abdruck messianischer Hoffnungen, die mit galoppierender Geschwindigkeit in einen doppelten Fortschritt, in ein doppelköpfiges Ende der Geschichte münden sollen: in ein überschwängliches Ende für wenige Erwählte, in ein katastrophales Ende für die unübersehbaren Massen der Überflüssigen und Minderwertigen.

Um es traditionell zu sagen, in einen Himmel und eine Hölle. Die Abgründe zwischen Mächtigen und Ohnmächtigen, Wissenden und Unwissenden, Habenden und Nichtshabern, Übersättigten und Hungernden, Befehlshabern und Befehlsempfängern, werden täglich unüberbrückbarer. Kein Politiker denkt daran, den Automatismen der Selbstzerstörung in die Speichen zu greifen.

Heilige Schriften aus uralten Zeiten bestimmen bewusst in Gods own country und unbewusst im alten, ermatteten und aufgeklärt sein wollenden Europa das Weltgeschehen. Amerikaner glauben daran und tun es. Europäer tun, als glaubten sie an das Vernünftige, als hätten sie Himmel und Hölle längst als Kindermärchen abgelegt – und handeln dennoch danach.

In Europa gibt es keine größere Kluft als die zwischen einem auf Vernunft und Humanismus reduzierten Bewusstsein und einem von religiös-apokalyptischen Obsessionen besetzten Unbewussten, das aus dem Verborgenen religiöser Dogmen die Tagespolitik bestimmt.

Freud hatte das richtige Gespür, dass sich das Reich des Dunklen ausweitet, indem es das Reich des Hellen stranguliert. Doch seine Deutungen gingen im Wesentlichen fehl.

Nicht irdische Väter und Mütter lauern im Innern der Seele als Objekte des Begehrens und des Grauens, sondern ein himmlischer Vater, der die irdische Mutter zur Brutmaschine degradierte, sein apathischer Sohn, der die Schwäche des Vaters mit seinem Opfertod überdeckte, anstatt Ihn abzusetzen und sich mit den Menschen als Brüder und Schwestern zu solidarisieren.

Anfänglich hatte er versucht, die Menschen als Freunde zu gewinnen, doch am Ende ergab er sich dem blutigen Opferkult seines väterlichen Molochs – und überließ seine Geschwister einem ungewissen Schicksal. Gott wurde nicht Mensch, das Wort ward nur Fleisch, das Fleisch wurde am Kreuz getötet und abgetan, als überirdische Lichtgestalt fuhr der Sohn in den Himmel und ward seitdem nicht mehr gesehen.

Das europäische Unbewusste ist biblisch, nicht griechisch geprägt. Vergesst Laios, Iokaste und Ödipus, lest die Geschichten von Abraham und Isaak, Maria und Jesus, Judas und Petrus, Paulus und Johannes.

Die Dramen um Seligkeit und Verdammung haben uns geprägt, sie wurden uns mit der Muttermilch eingeflösst, sie bestimmen unser Handeln aus der Tiefe, ob wir sie bewusst glauben oder nicht.

Sie haben sich transformiert in die Philosophien der Moderne, die zu einem geringen Grad Weltweisheiten, in hohem Grade philosophisch drapierte Glaubenssätze sind. Selbst religionskritischste Aufklärer in ihrem Credo an eine omnipotente Technik, die an die Stelle ihres Kinderglaubens trat, sind nicht frei vom verführerischen Duft des Jenseits.

Warum sind die aufrechtesten und energischsten Naturschützer und Menschenrechtler, warum sind wir alle so merkwürdig kraftlos und ohne freudiges Durchsetzungsvermögen? Warum sind wir so doppelbödig, warum empfinden wir uns alle als Heuchler und folgenlose Wortemacher? Weil wir noch immer glauben, was wir zu glauben entrüstet ablehnen.

Wir sind keine Heuchler, wir sind Gespaltene, wir sind Bewusstseinslose, wir sind fleischgewordene Widersprüche. Was wir mit links aufbauen, reißen wir mit rechts nieder. Was unser kleines rationales Bewusstsein nach vorne plant, wird von unserem großen irrationalen Unbewussten rückwärts niedergewalzt.

Der sokratische Satz: Wir wissen nicht, was wir tun, beschreibt unser degeneriertes Bewusstsein akkurat.

Ein Erlöser hat den Satz seines großen Vorbildes entwendet und ins Gegenteil verkehrt. Denn sie wissen nicht, was sie tun, bedeutet bis zum heutigen Tag: sie wissen nichts und werden nie etwas wissen. Also sind sie auf Offenbarungen angewiesen, auf göttliche Erleuchtungen, die alles menschliche Denken und Wissen niederschlagen.

Sokrates war der Meinung: weil Menschen nichts wissen, sollen sie lernen, denn sie können lernen. Ihr zur Selbstverständlichkeit geronnenes Scheinwissen müssen sie durchschauen, ablegen, von vorne beginnen, jedes Steinchen penibel umdrehen, um ein gemeinsames, menschenverbindendes Wissen zu erwerben.

Separates Wissen kann nicht anders, früher oder später muss es zu einem illuminierten Wissen abgeschotteter Brahmanen, hochmütiger Machttechniker und überirdischer Religionsstifter entarten.

Wer nur für sich weiß, weiß auch für sich nichts. Er sondert sich ab, betrachtet sich exklusiv im Dünkel aristokratischer Kasten.

Unterschiedliches Wissen trennt und schwächt die Menschheit. Was in Eliteunis gelehrt wird, müsste jedem Slumbewohner geläufig sein, damit elitäre Unis geschlossen und Slums überflüssig gemacht werden können.

Die Urkluft, Mutter aller Klüfte, ist die Trennung von Erwählten und Verworfenen, von geliebten und ungeliebten, reinen und unreinen Lebewesen, von Spreu und Weizen, von Seligen und Verfluchten, von Geretteten und Verworfenen, von Richtern und Gerichteten.

Alle heutigen, quantitativ nachweisbaren Spaltungen sind Erben der qualitativ-religiösen Urspaltung, die ihr expandierendes Schema der Welt in allen Bereichen von Wirtschaft bis zur Bildung aufprägt, als unendliches Kainszeichen weitergibt und bis ins Innerste der Seelen brandmarkt.

Das Bild des modernen Menschen ist die Identifikation mit einem Gott, den er selbst in die Lüfte entwarf, aber als fremde unbekannte Macht anbetet, weil er seinen Kreationen misstraut. Er will eine durch Wunder und Zeichen beglaubigte äußere und objektive Autorität, der er sich unterwirft, indem er verdrängt, dass er der Schöpfer seines Schöpfers ist, dessen psychische Physiognomie er seitdem als abendländischer Charakterdarsteller verinnerlicht hat.

Einerseits stolz und unfehlbar: alles, was er tut, muss ein Sehr gut erhalten, andererseits von Selbsthass auf den eigenen Pfusch verzehrt. Da reute es ihn, dass er etwas in die Welt gesetzt hatte, das er am liebsten mit einem Schlag in den Boden pfählen wollte. Auch dazu ist er unfähig, weil ihm die Gabe der Folgerichtigkeit fehlt. Also schließt er Kompromisse, die er als Gnadengeschenke an die Menschheit verkauft und hängt das Damokles-Schwert zukünftiger Abrechnung und Vergeltung über sein Werk: Ich will hinfort die Erde nicht mehr um meiner Fehler willen verfluchen.

Keine Reflexion über die Ursachen seines Versagens, keine Rückkehr zum Anfang, um einen neuen und besseren Versuch zu starten.

Gott ist lernunfähig, desgleichen der Mensch, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten sein will. Dann solle geschehen, was geschehen muss, was er der Menschheit als Drehbuch einer quälenden Heilszeit auferlegt.

Viele skurrile, schreckliche und wunderhafte Geschichten werden in der Geschichte ablaufen. Doch alle unter dem Vorzeichen der Vorläufigkeit, Hinfälligkeit und einer zukünftigen Abrechnung, die endgültig und unwiderruflich ablaufen wird. Das Haltbarkeitsdatum der Geschichte ist im Himmel festgelegt, die Menschen müssen es in Blindheit erwarten und im selben Akt erfüllen.

Bücher werden am Ende aufgetan, ihr Inhalt ist – wie der Inhalt geheimster Staatsgeheimnisse – den jetzigen Menschen unbekannt und wird ihnen vorenthalten. Sie können nicht Stellung nehmen, sich nicht verteidigen, nicht argumentieren, bei besseren Gegenargumenten keine Einsicht zeigen und ihre Lernfähigkeit nicht unter Beweis stellen.

Sie sollen im Dunkel tappen – bis es für Umkehr und einsichtigen Neuanfang für immer zu spät ist. Irgendwann, an einem unbekannten Termin, in jeder Sekunde ihres geängstigten Daseins, könnte der Weltengong ertönen. Also müssen sie rund um die Uhr wachsam sein, dürfen nicht zur Ruhe kommen und sind in der Tiefe ihrer Seele ausgebrannt.

Lasset alle Hoffnung fahren, die ihr euch auf Erden bemüht. Ihr habt euch falsch bemüht. Einerseits wart ihr zu überheblich, anderseits kriecht ihr seit Jahrtausenden vor überirdischen Mächten, die nichts als die Ausgeburten eurer eigenen Befürchtungen und Erwartungen sind. Also kriecht und paradiert ihr vor euch selbst.

Euer ganzes Leben ist eine Inszenierung, weshalb ihr in Selbsthass und Selbstbewunderung alles als Inszenierung verflucht und selig preist, was ihr in schlichter und ungekünstelter Realität nicht mehr ertragen und wahrnehmen könnt. Denn ihr seid nicht mehr ausreichend geerdet. Euer Sehnen und Fürchten richtet sich an eine andere übernatürliche Welt, die ihr selbst herstellen müsst, um Natur und Erde überflüssig zu machen.

Ihr kämpft in Abscheu und Selbstanbetung mit euren Verdoppelungen und technischen Spiegelungen, die eure eigene inszenierte Geschichte widerspiegeln. Zuerst inszeniert ihr euch. Dann destruiert ihre eure Inszenierungen als – Inszenierung, ohne euch klar zu machen, dass ihr es seid, die diese närrischen Projektionen in die Welt gesetzt haben.

Zwischen Sein und Schein, Sein und Nichtsein könnt ihr nicht mehr unterscheiden. Träumt ihr oder wacht ihr? Gibt es euch überhaupt? Seid ihr nicht Erfindungen einer raffinierten Illusionsmaschinerie? Schlafwandelt ihr auf dem schwankenden First eurer selbst fabrizierten Geschichte, die ihr als göttliche Heilsgeschichte anbetet und verflucht und die euch ständig in den Abgrund zu stürzen droht?

Verstrickt in eure multiplen Künstlichkeiten, erkennt ihr nicht, dass ihr selber es seid, die sich hinter den Inszenierungen verstecken. Ihr wollt zwar alle Fäden ziehen, aber nicht die Regisseure eures Geschicks sein, für das ihr alle Haftung ablehnt. Alles soll von der Evolution, der Geschichte, der adventischen Zeit kommen.

Doch eure Inszenierungen – das seid ihr und sonst niemand. Euer Olymp hat nie existiert, eure Götter sind längst vermodert. Ihr seid mutterseelenallein auf der weiten Welt – mit Ausnahme unendlich vieler Lebewesen, die ihr nicht als euresgleichen anerkennt.

Wer ihr unverzerrt seid, werdet ihr erst herausfinden, wenn ihr ein Ende setzt euren wirren Gottesillusionen und inszenierten Heilsgeschichten, die mit der Realität nur insofern zu tun haben, als dass ihr jene benutzt, um diese im Dienst euer Größen- und Kleinheitsphantasien zu missbrauchen und zu schänden.

Die Erde, die Natur sind für euch nur Material. Material eurer teuflisch-göttlichen Selbstverwirklichung, eurer Seligkeitsbesessenheit und Jenseitstrunkenheit.

Eine 2000-jährige Epoche nähert sich ihrem Ende. Die Epoche des verklärenden Guten und des radikalen Bösen, welche die Menschheit auf ewige Zeiten spalten wird. Die einen erklärt sie zu triumphalen Siegern, die anderen zu trostlosen Verlierern der Geschichte.

Zweitausend Jahre einer Sintflut der Ungleichheiten ging über die Welt, um auszusortieren, zu trennen und zu scheiden den Menschen vom Menschen. Den Vater vom Sohn, die Tochter von der Mutter, den Mann von der Frau, den Bruder von der Schwester, die Völker von den Völkern, die Menschheit von der Natur, die Gattung von dem Planeten Erde. Den Himmel von der Erde. Und abermals sage ich euch: Bewahrt keine Schöpfung, weil es keinen Schöpfer gibt. Sondern bleibet der Erde treu.

Was zu tun ist? Was vor Augen liegt, was evident und machbar ist, soll getan werden. Doch halbherziges Agieren wird nicht mehr reichen. Das wesentliche Tun wäre eine geistige Globalisierung, die ihren Namen verdiente, weil sie die Völker nicht trennen, sondern einander näher bringen würde: durch weltumspannende Selbstbesinnung, die uns befreit von unerkannten Dämonen der Vergangenheit, welche unser Wollen verfälschen und unser Tun blockieren.

Es wird keine Zukunft geben ohne transparente Vergangenheit. Es wird keine Gegenwart geben, solange wir uns von messianischer Zukunfts-Hoffnung verlocken und uns von apokalyptischen Schrecken ängstigen lassen.

Das Ziel des menschlichen Lebens ist der erfüllte Augenblick in genuiner Zeit der Natur: einer Gegenwart, die nicht mehr vergehen will.