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Tagesmail

Freitag, 09. November 2012 – Luther und die Deutschen

Hello, Freunde Lammerts,

der Bundestagspräsident kritisierte Gauck, Steinbrück und Weizsäcker, die ihre Meinungen gegen Geld verkauften. „Wer Geld für Meinungen aussetzt, bestellt Meinungen fürs Geld.“

Pardon, verwechselt, es war das Volk, das er kritisierte. Zu Recht. Erstens hat der Pöbel keine Meinung zu haben. Zweitens, wenn doch, sie unentgeltlich an der Resterampe abzugeben.

 

Der britische Philosoph John Gray hat schon in vielen Büchern die Allmachts- und Erlösungsphantasien der Moderne kritisch dargestellt. Jetzt schrieb er ein Buch „Wir werden sein wie Gott“ gegen den Wahn der Zeitgenossen, den Tod zu überwinden und unsterblich zu werden.

Begonnen habe das Grauen vor der Endlichkeit mit dem Einbruch des Darwinismus. Darwins Schockwirkung auf die Viktorianer bestand nicht in der Erkenntnis der Unverträglichkeit zwischen Wissenschaft und biblischem Mythos, sondern in der Einsicht, dass alle Lebewesen endlich seien. Nicht nur als Individuen, sondern als Gattung.

Die Menschen sind irgendwann entstanden und werden irgendwann das Zeitliche segnen zugunsten von unbekannten und minderwertigen Tieren. Welchen Sinn soll also das menschliche Leben haben, wenn es geht und kommt wie

das Leben der Dinosaurier? Viele Intellektuelle klammerten sich an die Hoffnung, der Tod sei nicht das letzte Wörtchen der Natur – und trafen sich zu Seancen und spiritistischen Experimenten, die beweisen sollten, dass Menschen als Geister weiterlebten.

Selbst im knallharten Materialismus der Marxisten gab‘s die Vorstellung, eines Tages könne man die einbalsamierte Leiche Lenins mühelos zum Leben erwecken.

Im heutigen Kapitalismus werden Alter und Tod verleugnet und verleumdet. Der Mensch muss faltenlos altern, Salben und Tinkturen sollen das Aussehen der Jugend verewigen.

Die Wissenschaft der Kryonik soll durch sorgfältiges Einfrieren der Leichen eine spätere Wiederauferstehung der Toten ermöglichen.

Gray wundert sich vor allem über den kalifornischen Silicon-Valley-Star Ralf Kurzweil, der das Abschaffen des Alterns und des Todes verspricht. In einer digitalen Welt werde unser Bewusstsein unsterblich werden. FAZ-Schirrmacher, kafka-gestählter Geistesriese aus Alteuropa, betätigt sich in Deutschland als Prophet des amerikanischen Messias.

(Oskar Piegsa Im SPIEGEL zu John Gray)

So wird das nichts mehr mit Europa in der Welt, wenn wir vor jedem biblischen Größenwahn, der sich in eine Maschine verwandelt, aus Amerika auf dem Bauch liegen.

Der Prophet des Propheten Schirrmacher ist übrigens Jakob Augstein. Womit wir jetzt die Offenbarungsreihe hätten:

Messias Kurzweil, dessen Prophet Schirrmacher, dessen Prophet Augstein. Der jeweils Letzte stellt seinem Vordermann – an messianische Frauen ist nicht zu denken – die Frage: Bist du es, der da kommen soll oder sollen wir auf einen andern warten?“

Und Kurzweil sagte seinen deutschen Propheten: „Gehet hin nach Deutschland und berichtet: Blinde werden sehend und Lahme gehen, Taubstumme werden hören und Tote werden auferweckt.“

Vor wenigen Dekaden lagen die Deutschen vor einem anderen Messias auf dem Bauch, der ihnen das Tausendjährige Reich versprach. „Und er ergriff den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist, und legte ihn auf 1000 Jahre in Fesseln, und warf ihn in die Unterwelt und schloss zu und versiegelte über ihm, damit er die Völker nicht mehr verführte, bis die 1000 Jahre vollendet wären. Nachher muss er auf kurze Zeit losgelassen werden.“ ( Neues Testament > Offenbarung 20,1 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/20/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/20/“>Offbg. 20,1 Neues Testament > Offenbarung 20,1 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/20/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/20/“> ff)

Im Vergleich zum ewigen digitalen Leben, das der amerikanische Messias verspricht, waren die Verheißungen des deutschen Messias ein Klacks. Mit anderen Worten: deutsch-prophetische Messiasverkünder begnügen sich nicht mehr mit lumpigen 1000 Jährchen. Es muss schon die Unendlichkeit sein, die der neueste Erlöser verkündet: „Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt“. Iwo, Meister aller Klassen, an Dir werden wir doch keinen Anstoß nehmen.

Messiasse kommen und gehen, deutsche Propheten bleiben bestehen. Es versteht sich, dass deutsches Sehertum in der Medienlandschaft weder bemerkt noch debattiert wird. Schirrmachers und Augsteins zukunftsschauende Delirien sind schon wieder im Orkus versunken.

Jour-nalisten sind Tages- und Augenblicksschreiber. Sind Augenblick und Tag vorüber: alles aus dem Auge, aus dem Sinn. Man muss die Tagesarchive räumen, um dem nächsten prophetischen Neuen die Regale zu öffnen.

Unter den Medien gibt’s nicht mal den Versuch, sich von der Gegenwart ein Gesamtgemälde zu zeichnen. Das überlassen sie ihren Resteverwertern, den Historikern – die erst gestorben sein müssen, bis sie sich ein Urteil bilden können.

 

Langsam wär‘s an der Zeit für Gottlose, unter Absingen schmutziger Lieder Deutschland zu verlassen und das Land der Reformation den hochdemokratischen Lutheranern zu überlassen.

Seinen Kommentar zum Pro und Contra eines Luther-Preises für die Pussy Riots überschreibt Dirk Pilz „Die schwierige Freiheit eines Christenmenschen.

Wer zurzeit kein Christenmensch ist, sollte sich von hinnen machen oder sich wie Lenin einbalsamieren lassen. Vielleicht kommt dann Kurzweil und wünscht fröhliche digitale Auferstehung.

Über Meinungen von Nicht- oder Antichristen ist man in Chefredaktionen, die auf dem Boden der Bergpredigt stehen, wenig amused. Deutschlands Hauptgazetten sind zuverlässig nicht-laizistisch und kryptische Anhänger des Tremendum und Faszinosum. Im Bewusstsein ihrer Verantwortung vor Gott und den Verlegern weiß man bei den Flinkschreibern genau, wo zu Hause die goldbeschlagene Familienbibel steht.

Nicht, dass ein O/8/15-Redakteur bibelfest wäre – bitte in nichts übertreiben –, er weiß aber, dass dem Alten das Neue Testament gefolgt ist, das ethisch weit über dem Auge-um-Auge-Standard des Alten Testaments liegt.

Mit dem Preis „Das unerschrockene Wort“ sollen Menschen geehrt werden, die wie einst Luther dem Kaiser entgegenschmetterte, heutigen Despoten die Zunge rausstreckten: Hier steh ich und kann nicht anders.

Nicht minder mutig war das Wort Jesu in seiner Zeit, als er die Geldwechsler mit der Peitsche aus dem Tempel trieb. „Und er machte eine Geissel aus Stricken und trieb alle aus dem Tempel hinaus, die Schafe wie die Ochsen, und den Wechslern schüttete er das Geld aus und stieß ihnen die Tische um.“ ( Neues Testament > Johannes 2,13 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/johannes/2/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/johannes/2/“>Joh. 2,13 ff)

Das mit den Tischen wäre ja nicht nötig gewesen. Doch der Geißel fühlt sich unser aller Geißler aus der Südpfalz verpflichtet, der Jesus nach einem schlichten Schema deutet: alles was er heute macht, würde Jesus automatisch absegnen.

Die Geißelung war mehr als Sachbeschädigung, und pazifistisch war das Tun des Herrn auch nicht. Ob Jesus mit dieser Aktion gegen die damaligen Banken den Lutherpreis bekommen hätte? Natürlich nicht, er wäre wegen Gewaltanwendung gegen Ding und Mensch eingefahren.

Pilz besteht auf Differenz zwischen Jesus und Luther, obgleich beide tapfer gegen die jeweiligen Autoritäten ankämpften. Geehrt werden sollen mit dem Preis immerhin solche Menschen, die sich „mutig gegen politische und gesellschaftliche Missstände aussprechen und Zivilcourage beweisen“. Der Lutherpreis ist natürlich auch ein Jesuspreis. Dass Jesus Verhalten widersprüchlich war, trifft nicht minder für den Augustinermönch zu.

Doch langsam: geht es hier um einen politischen oder um einen klerikalen Preis? Wenn letzteres, ist die Chose für die Öffentlichkeit uninteressant. Wenn ersteres, haben Liebe, Glaube und Hoffnung keine Rolle zu spielen.

Für Pilz scheint das Politische ganz selbstverständlich eine ecclesiogene Angelegenheit zu sein. So weit haben wir‘s also gebracht. Nichts Bedeutsames und Demokratisches, ohne dass wir in theologische Spitzklickerei verwickelt werden. Kein politischer Disput von der Homoehe über Beschneidung bis zum Mösenaufstand ohne historisch-kritische Kenntnisse der Schrift.

Zwar werden mangels Masse keine Schriftworte gehässig gegeneinander geschleudert wie einst in Zeiten der Orthodoxie. Dennoch sind die meisten politischen Dispute nichts als unterschwellige Schriftdisputationen. Ein kostbares Zitat aus den Evangelien – und alle Streitigkeiten sind vom Tisch. Das Wort sie sollen lassen stahn und kein Dank dafür haben.

Es soll, so Pilz, um das Verhältnis zwischen Kirche und Staat gehen. Das hat mit der Pussy-Aktion nur insofern zu tun, als sie den cäsaropapistischen Machtmissbrauch in beiden Häusern, doch vor allem im politischen Regime, anprangern wollte. Es ging in erster Linie um politischen Aufstand. Den Glauben wollten die Frauen im Dorfe lassen.

Und nun liest Pilz dem Protestantismus die Leviten – ein bisschen. Gegenüber dem NS-Regime habe er ein „teils verheerend unkritisches Verhalten“ an den Tag gelegt.

Erbarmen, schon beginnt der Bereich des historischen Schwindels. Bei Platon haben die Medialen gelernt, dass man heilige Lügen für einen guten Zweck benutzen darf und ergo zeigen die Fürsprecher des Heiligen, dass sie geübte Verdreher der Wahrheit sind. Pilzens Formulierung klingt, als sei die arme, naive, trottelhafte Kirche von den Schergen überrascht, überrollt und bei Nacht und Nebel überfahren worden.

Es wird kaum noch jemanden geben, der den Begriff „Deutsche Christen“ kennt. Im Unterricht genügt der Hinweis, dass es die Bösen waren und die Guten als Bekennende Kirche sofort in den Startlöchern standen. Dabei waren die Deutschen Christen keine radikale Minorität, die sich den NS-Leuten nur aus Mitläufergründen angeschlossen hätte.

Die überwältigende Mehrheit der Christen, besonders der Lutheraner, waren begeisterte, vom Heiligen Geist der nationalen Pfingsterweckung erfüllte, fanatische Endzeit- und Messiaserwarter.

Norman Cohn hat in seinem Buch „Die Sehnsucht nach dem Millenium“ die Parallelen aller endzeitlichen Bewegungen der abendländischen Geschichte mit dem Nationalsozialismus schlüssig aufgezeigt. Darin schreibt er, „wie eng die Phantasie der Nationalsozialisten von einer jüdischen Weltverschwörung mit den Vorstellungen Emico von Leiningens und des Meisters von Ungarn zusammenhängen und wie Desorientiertheit und Unsicherheit der Masse in diesem wie in früheren Jahrhunderten die Dämonisierung der Juden begünstigten. Parallelen und eine gewisse Kontinuität sind unbestreitbar.“

Um das Fieber einer religiösen Rehabilitierung der Deutschen zu verstehen, muss man das Debakel des Ersten Weltkrieges verstanden haben, den die Deutschen unisono als kollektive Strafe des Himmels erlebten. Das war umso schlimmer, als die ganze Nation 1914, von keinem Zweifel gerührt, davon ausging, dass der Herr der Heerscharen absolut auf ihrer Seite stehen werde.

Versailles war das tief beschämende Protokoll eines zweiten Sündenfalls der Neugermanen mit schrecklichem Vertriebenwerden in die Gottesferne, in die vollständige Sinnleere eines irdischen Geschicks ohne Beziehung zu einem gütigen Vater. Diese golgatheischen Wundmale des Ersten Weltkrieges mussten durch den gewaltigen Donnerschlag einer gnädig gewordenen Vorsehung wieder geheilt werden.

Die Deutschen Christen waren das deutsche Volk. Die Bekennende Kirche war eine winzige Minorität, angeführt von einem Schweizer Theologen, der in seiner Barmer Erklärung aus calvinistischer Sicht alte Rechnungen mit seinen lutherischen Kollegen wie Hirsch, Althaus, Gogarten begleichen wollte.

Dummerweise vergaß er, die Juden mit einem einzigen Wörtchen zu erwähnen. Wie er auch in seinen sonstigen Schriften durch Liebe zu Juden nicht gerade aufgefallen ist. Im Gegenteil. Karl Barths heutiger Fan Martin Walser wird sich um solche Petitessen nicht kümmern.

Emanuel Hirsch, der damals führende deutsche Theologe, meinte über seinen Gegner: „Barth versteht nichts von den Fragen des deutschen Volkstums und verwirrt durch seine Theologie das nationale Gewissen der deutschen Studenten.“

Paul Althaus, lutherischer Kollege von Hirsch und Gegner Barths (nicht erst seit Nazitagen) schrieb 1933, das Dritte Reich entspreche eher dem Willen Gottes als die Weimarer Republik: „So nehmen wir die Wende dieses Jahres als Gnade aus Gottes Händen. Er hat uns vor dem Abgrund und aus der Hoffnungslosigkeit gerettet. Er hat uns – so hoffen wir – einen neuen Lebenstag geschenkt.“ (Nachzulesen bei Robert Ericksen „Theologen unter Hitler“)

Das Zitat von Althaus ist zu wichtig und repräsentativ, als dass wir es nicht vollständig zitieren müssten (natürlich auch, um den „Sound“ der Ergriffenheit und nationalen Wiedergeburt zu hören):

„Im Wissen um den Auftrag des Staates, dürfen wir Dank sagen gegen Gott und freudige Bereitschaft da aussprechen, wo ein Staat nach Zeiten der Entleerung und Lähmung seiner selbst durchgebrochen ist zu neuem Wissen um Herrschaft, um den Dienst am Leben des Volkes, um Verantwortung für die Freiheit, Echtheit und Gerechtigkeit des völkischen Daseins. Wir dürfen Dank und freudige Bereitschaft für das aussprechen, was an Willen zu echter Brüderschaft aller Blutsbrüder in unserer neuen Volksordnung zum Ausdruck kommt. … Wir Christen wissen uns durch Gottes Willen gebunden an die Förderung des Nationalen Sozialismus, dass alle Glieder und Stände des Volkes zum Dienst und Opfer füreinander bereit seien.“  

In der Weimarer Demokratie sahen die Lutheraner nur Säkularismus (!!) und den Zusammenbruch sämtlicher moralischer Wertbegriffe. Atmosphärisch sind Merkel mit ihren evangelischen Synodalen den NS-Lutheranern schon streng auf der Spur.

Schon in den 20er Jahren waren die Evangelen unbeirrbare Sympathisanten der schnell anschwellenden SA- und NS-Bewegung. „Im gleichen Maße nämlich, in dem die Partei wuchs, begannen evangelische Pfarrer und Gemeindetruppen zu überlegen, wie sie als kirchliche Gruppen in der Partei mitarbeiten könnten.“ (Klaus Scholder „Die Kirchen und das Dritte Reich“)

Man kann sagen, die ersten Bastionen der neuen Bewegung der NSDAP waren protestantische Gemeinden. Ausdrücklich hatte sich die Partei Hitlers von Anfang an als „positives Christentum“ bezeichnet. Das war keine Finte, sondern tiefste Überzeugung. Allerdings befahl der Führer, sich aus allen theologischen Streitigkeiten der Konfessionen und der vielen bärtigen Heilande, die damals die Straßen unsicher machten, strikt herauszuhalten.

Die Partei war die über allen Einzelkirchen schwebende ökumenische Vereinigung aller Christen, die sich von den verschiedenen Kopfnickerkirchen (ecclesia patiens) fern halten und eine zu allem entschlossene ecclesia militans und triumphans darstellen sollte.

Wenn es zu Behinderungen der Kirchen kam – besonders in der aus Rom ferngelenkten katholischen Kirche – war das niemals Zeichen einer gottlosen Verfolgung, sondern der Kampf zwischen zwei verschiedenen Kirchenauffassungen. Hitler wollte als Sohn der Vorsehung über allem Getümmel der lächerlichen Kirchentrennung stehen. Das „positive Christentum“ des Artikels 24 der Parteistatuten bedeutete, dass die Partei „selbstverständlich das Christentum meine, wie es heute vorhanden sei.“

Die Barmer Erklärung, von Karl Barth formuliert, war eine Auseinandersetzung um den wahren Offenbarungsbegriff. Hatte sich Gott nur in der Schrift geoffenbart oder gab es noch andere Offenbarungsarten, auf die sich die hitlertreuen Lutheraner beziehen konnten?

Barth erklärte, Gott offenbare sich nur in Christus. Althaus und die Lutheraner hingegen erklärten, Gott habe sich dem deutschen Volk auch in seiner nationalen Geschichte und in ihrem Volkstum offenbart.

Mit anderen Worten: in der aktuellen Politik waltet Gottes Regiment. Auch in der Welt geschieht nichts, was nicht von Gott abgesegnet wäre. Immer wieder Römer 13: es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre.

Zwischenfrage: wären dann nicht alle Regierungen und Despotien auf der ganzen Welt Gottes Offenbarungen? Absolut. Doch was, wenn zwei Völker Krieg gegeneinander führen – auf welcher Seite ist Gott dann? Auf der Seite der siegenden Bataillone. Zwar kann er im Verlauf der Geschichte auch das Leiden seiner Erwählten zum sigillum dei machen. Doch im Finale entscheidet der Endsieg.

Sieg und Erfolg werden zum Wahrheits- und Gottesbeweis. Gott ist mit den Mächtigen. Also muss es zum Krieg kommen, um den Nachweis zu liefern, welche Streiter der Himmel tatsächlich unterstützt.

Dass Gott sich auch anders offenbaren könne als nur durch seinen Sohn am Kreuz, belegten die Lutheraner mit der Römerstelle Neues Testament > Römer 1,20 / http://www.way2god.org/de/bibel/roemer/1/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/roemer/1/“>1 Neues Testament > Römer 1,20 / http://www.way2god.org/de/bibel/roemer/1/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/roemer/1/“>,20: „Sein unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, ist ja seit Erschaffung der Welt, wenn man es in den Werken betrachtet, deutlich zu ersehen, damit sie (die Heiden) keine Entschuldigung haben.“

Das ist leicht nachzuvollziehen. Ist Gott als Herrscher über das ganze Universum im Regiment, gibt es nicht die kleinsten Kleinigkeiten, die ohne seinen Willen geschehen könnten. Selbst die Haare auf dem Kopf der Gläubigen sind gezählt: „Aber auch die Haare eures Hauptes sind gezählt. Fürchtet euch nicht, Ihr seid mehr wert als viele Sperlinge.“ ( Neues Testament > Lukas 12,7 / http://www.way2god.org/de/bibel/lukas/12/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/lukas/12/“>Luk. 12,7)

Die NS-Ideologie war für die überwältigende Mehrheit der Deutschen eine Sonder-Offenbarung des Schöpfers aller Dinge am Ende der Heilsgeschichte. „Kein einziges Volk der Welt hat so wie das unsere einen Staatsmann, dem es so ernst um das Christliche ist; als Adolf Hitler am 1. Mai seine große Rede mit einem Gebet schloss, hat die ganze Welt die wunderbare Aufrichtigkeit darin gespürt,“ schrieb Emanuel Hirsch.

„In dieser Erkenntnis danken wir als glaubende Christen Gott dem Herrn, dass er unserem Volk in seiner Not den Führer als frommen und getreuen Oberherrn geschenkt hat und in der nationalsozialistischen Staatsordnung „gut Regiment“, ein Regiment mit Zucht und Ehre bereiten will. Wir wissen uns daher vor Gott verantwortlich, zu dem Werk des Führers in unserem Beruf und Stand mitzuhelfen.“ (Paul Althaus)

Die Barmer Erklärung wurde von wenigen Pfarrern unterschrieben und war die Ausnahme, die die Regel des vom Heiligen Geist inspirierten Nationalsozialismus bestätigte. Sie war keine generelle Widerstandsbewegung gegen Hitler, sondern nur gegen kirchenkritische Einzelmaßnahmen der NS-Schergen gerichtet.

Die bedrängten und verfolgten Juden kamen bei ihnen nicht mal theoretisch vor. Zwar stellten sich Wenige vereinzelt vor Juden – die aber als konvertierte Geistliche in der Kirche tätig sein mussten. Und selbst das war umstritten. Glühender Judenhass war in der gesamten Kirche eine selbstverständliche Grundüberzeugung.

Auf all diese Punkte eines Protestantismus, der den Kern der Hitler-Despotie bildete, geht Pilz mit keinem Wörtchen ein. Dieser SS-Protestantismus war nicht minder schriftgemäß als der windschnittige, jeder Mode hinterherjagende Schicki-Protestantismus der Gegenwart. Da er schriftgemäß bestens abgesichert war (besser als der haarsträubende Unsinn, den man heute täglich auf allen Kanälen hören kann), kann er jederzeit aus dem Keller der Verdrängung ans Tageslicht geholt und zur herrschenden Lehre der Kirche gemacht werden, die von Woche zu Woche mehr ihre gottgegebenen Muskeln spielen lässt.

Pilz versäumt nicht, seine Lutherpreisung mit Dank und Lob zu beenden. Freiheit sei auf eine Verheißung gegründet. „Befreit wird der Mensch einzig durch Gott und erst in der verheißenen Erlösungszukunft.“ George Dabbelju hätte diesen Satz mit Inbrunst unterschrieben.

Wenn die bundesrepublikanische Demokratie nicht bald national-religiös niederkniet und anbetet, wird sie – so wahr Gott lebt – den Bach runter gehen. Luther hat seine untertänigen Deutschen fest im Griff.