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Donnerstag, 31. Januar 2013 – Weib und Mann und Mann und Weib

Hello, Freunde der medialen Schlitzohren,

nicht, dass Sexismus kein Problem wäre. Doch die Medien präsentieren es uns, um von einem anderen Problem abzulenken: dem ihrer mangelnden Distanz zur Macht.

Der umtriebige Hans-Ulrich Jörges, zufälligerweise auch vom STERN, wird nicht müde, seine Kollegen vor allzu großer Nähe zur Macht zu warnen. Er selber meidet die zunehmenden gemeinsamen Feste, Geburtstage, wo die politische Macht die Vierte Gewalt ins Private lädt und umgekehrt.

Warum hat er seine junge Kollegin Himmelreich nicht vor nächtlichen Sessions an der Hotelbar gewarnt? Der STERN macht Kasse mit Hilfe einer geschickt eingesetzten naiven? hintertriebenen? weiblichen Nachwuchskraft, die den Skandalstoff liefert, der die Auflage steigern soll. Dann reibt die Chefredaktion ihre Hände in Unschuld.

Dabei lenken die Medien geschickt von ihrem eigenen Sexismus ab. Wer benutzt denn das Weibliche in allen optischen Präsentationen, um die Schaulust der Männer zu befriedigen? Nichts gegen Lust, auch nicht gegen Schaulust. Ohne Lust der Augen gäbe es keine Kunst und keine Kultur.

Doch die Präsentation des Schönen ist nicht das Ziel der instrumentierten Schaulust. Das Schauen dient nicht sich selbst, sondern dem Kommerz. Das Schöne wird prostituiert zur Magd des Wettbewerbs. Die sinnliche Frau ist nicht

um ihrer selber willen dargestellt, sie soll über sich hinweg verweisen auf etwas, was sie nicht ist. Das Sinnliche wird zum Anreizsystem des Pekuniären, des Zasters.

Der Aspekt der Werbung, die den Sexismus auf die Spitze treibt, kommt in der gegenwärtigen Sexismusdebatte gar nicht vor. Schöne Frauen werden zu sexy Frauen degradiert. Das Moment des Schönen spielt heute keine Rolle mehr, die Männerwelt hat es verbannt.

Die platonische Dreieinigkeit des Guten, Wahren und Schönen ist aus dem Rennen. Das Gute ist lächerlich, das Wahre ein Phantom, das Schöne zum Reiz-Reaktions-System verkommen. Sätze wie aus einer verschollenen Welt: was gut ist, ist wahr, was wahr ist, muss schön sein.

Muss ein guter Mensch schön sein wie Adonis? Sind Schönheitsköniginnen gute Menschen? Ist Miss World der Inbegriff der Wahrheit? Das klingt so abenteuerlich, dass wir kaum verstehen, was wir nicht verstehen. Hier scheinen ganze Welten verschüttet.

Ist die Welt schön? Dann unterlassen wir nichts, um sie sexy verfügbar zu machen: unseren Begehrlichkeiten zu unterwerfen. Ist Natur schön? Dann unterlassen wir nichts, um sie unseren Bedürfnissen zu unterwerfen. Ist Natur nicht dazu, unseren Bedürfnissen zu dienen? Sie ist dazu da, all ihren Lebewesen zu dienen, die sie hervorgebracht hat. Wir sind nicht die Einzigen, verhalten uns aber, als ob es so wäre.

Hier ahnen wir, warum Schönheit und Maß als Einheit gedacht wurden. Wenn Natur schön ist, dann im Ensemble all ihrer Lebewesen, die ihr Maß nicht überschreiten dürfen, um andern ins Gehege zu kommen und sie an die Wand zu drängen. Schön ist, was sich in seiner ökologischen Nische bescheidet. Die Menschheit ist bis zum heutigen Tage unwillig, ihre Nische zu definieren und sich innerhalb deren Grenzen zu bescheiden.

Nicht nur der Amerikaner, der Deutsche, die gesamte Menschheit ist hässlich, die sich die Erde untertan machen will, um das Ensemble der Lebwesen nach Belieben zu stauchen, töten und auszurotten. Schön ist, was das Leben in den naturgegebenen Grenzen bewahrt.

Warum widerstrebt uns diese Definition des Schönen? Weil sie die Natur unter der Perspektive der Idylle beschreibt. Idylle kommt von Bild. Eine Idylle auszumalen, ist uns verboten: Du sollst dir kein Bildnis, noch Gleichnis machen. Mit anderen Worten: du sollst dir keine Idylle machen. Das ist der Kern des Paradies- und Utopieverbots. Wir dürfen uns kein Bild eines erstrebenswerten Daseins auf Erden machen, das wir daran erkennen, dass es – sofern kein Asteroid aus dem Weltall herniederprasselt – ewig auf Erden existieren könnte.

Utopische, idyllische Verhältnisse herstellen, heißt leben mit Aussicht auf Dauer oder jener Ewigkeit, die die Natur ihrer jetzigen Gestalt einräumt. Zuviel der Ehre für die weibliche Natur. Die Ewigkeit muss ihr auf männlich-göttlichen Befehl genommen und einer übernatürlichen Göttlichkeit vermacht werden. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre: die pralle Natur muss untergehen. Sie wird ihrer spezifischen Ewigkeit beraubt, die einem von Männergehirnen ausgedachten Phantasieprodukt zugesprochen wird.

Gott ist von Ewigkeit zu Ewigkeit. Die Natur taugt von Anfang an nichts. Sie wird sofort zum ALTEN, das dem NEUEN, dem messianisch Männlichen weichen muss. Von Anfang an ist der Wurm in der Natur – die Schlange. (Man muss mal Philosophen zuhören, die auf die Frage: was glauben Sie, Euer Eminenz? im Brüderle-Ton antworten: bestimmt nicht an ein Mütterchen Natur.)

Die Verachtung des Weiblichen nennt man heute Sexismus. Die Wurzeln des Sexismus liegen in einer Religion, die das Offensichtlichste, die Natur, in eine Chimäre, den Glauben, verwandelt hat. Nicht die sichtbare, sinnliche, nährende Natur, sondern ein unsichtbarer Vater, der die meisten seiner Kinder in die Hölle schickt, soll der Mittelpunkt unseres Daseins sein. Nicht sinnliche Wahrnehmungen sollen das Fundament unseres Denkens sein, sondern ein unsinnlicher Akt des Glaubens.

Glauben ist die Negierung irdischen Sehens, Fühlens, Betastens, Riechens und Bedenkens. „Ein böses und abtrünniges Geschlecht begehrt ein Zeichen und ein Zeichen wird ihm nicht gegeben werden.“ Zeichen geben, heißt beweisen. Heiden wollen Begründungen, Argumente und Beweise – sie wollen durch „Zeichen“ überzeugt werden. Gläubige sollen aufs Wort glauben. Glauben ist die Aussetzung der natürlichen Vernunft.

Bei den alten Hebräern gab‘s noch das Schöne als Auszeichnung. Saul war schön von Angesicht. Je mehr die Entwicklung ins Christliche läuft, je mehr wird das Schöne zum Revier des Teuflischen. Besonders das weibliche Schöne wird zunehmend zum Kennzeichen der verführerischen Hure, die die Männer um den Finger wickelt und ins Verderben stürzt. „Ein schön Weib ohne Sitte ist wie ein goldner Ring am Rüssel des Schweins.“ „Wandelbar ist die Anmut, ein flüchtiger Hauch die Schönheit, aber ein gottesfürchtiges Weib ist des Ruhms wert.“

Schönheit und Tugend beginnen, sich auszuschließen. Das Schöne ist nicht das Gute. Ganz allmählich wird das Gute zum Unschönen oder Hässlichen, das Schöne zum Revier des Teufels. Jerusalem, die hohe Stadt, wird vom Schöpfer selbst zur Schönen gemacht. Doch ihre Schönheit benutzt die Braut Gottes, um eitel und hurenhaft zu werden. Sie bildete sich zu viel auf ihre Schönheit ein und Gott, ihr Liebhaber, musste sie vor all ihren fremden Liebhabern bestrafen, indem er ihre Blöße – ihre Vagina – in aller Öffentlichkeit aufdeckt und sie richtet wie alle Ehebrecherinnen und Mörderinnen.

„So spricht der Herr, HERR: Weil du deine Scham entblößt und deine Blöße aufgedeckt hast bei deinen Hurereien mit deinen Liebhabern und mit all deinen gräulichen Götzen und wegen des Blutes deiner Söhne, die du ihnen hingegeben hast: Darum, siehe, werde ich alle deine Liebhaber sammeln, denen du gefielst, und alle, die du geliebt, mit allen, die du gehasst hast. Ich sammle sie von allen Seiten gegen dich und decke deine Blöße vor ihnen auf, so dass sie deine ganze Blöße sehen. Und ich richte dich nach den Rechtsbestimmungen für Ehebrecherinnen und Blutvergießerinnen und bringe meinen Zorn und Eifer über dich. Und ich gebe dich in ihre Hand, und sie werden deinen Hurenaltar zerstören und deine Höhen niederreißen und dir deine Kleider ausziehen und deine prächtigen Geschmeide nehmen und dich nackt und bloß liegen lassen.“

Solche Schändungen der Frau erlebt man in jedem Krieg. Jahwe ist der Originalsexist. Er ist brünstig auf irdische Weiber, seine eigenen Töchter, schaut, ob sie mannbar sind. Dann nimmt er sie in seinen sexuellen Besitz. Freud würde von kollektivem Inzest sprechen. Inzest ist für Menschen verboten, denn er ist Vorrecht des Gottes. „Und ich ging vor dir vorüber und sah dich an; und siehe, es war die Zeit, um dich zu werben. Da breitete ich meinen Mantel über dich und bedeckte deine Blöße. Und ich gelobte dir’s und begab mich mit dir in einen Bund, spricht der HERR HERR, daß du solltest mein sein.“ (Alle Stellen Hesekiel 16)

Sieht Gott, dass die Frau geschlechtsreif ist, nimmt er ihre Vagina in Alleinbesitz. Die freie und sozialistische Liebe der Heiden wird privatisiert und in exklusives Eigentum verwandelt. Der Kern des exklusiv-kapitalistischen Eigentums ist der Alleinbesitz der Frau, vornehmlich ihres Geschlechtsteils.

Was früher die reichen Fürsten und Haremsbesitzer waren, sind heute die reichen Tycoons. Je reicher sie sind, je potenter werden sie. Viel Geld ist das Äquivalent für viele Frauen im Harem. Macht macht sexy, Geld macht potent. Die Frauen werden immer mehr kaserniert, ihre Schönheit der Öffentlichkeit entzogen. Schönheit wird zum Privileg kleiner Eliten, letztlich das Privatvergnügen eines eifersüchtigen Gottes.

Wenn jüdische Frauen Perücken, muslimische Frauen Kopftücher tragen, müssen sie ihre Schönheit der Öffentlichkeit entziehen und dürfen sie nur ihren Privatbesitzern offenbaren. Heute erleben wir die massenhafte Reaktionsbildung gegen die Reservierung der Schönheit für wenige: die zwanghaft öffentliche Zurschaustellung der Frau in allen nur denkbaren Variationen.

Es ist, als ob der ausgesperrte Plebs die Harems der Reichen und Mächtigen erobert hätte und noch immer nicht glauben könnte, dass weibliche Schönheit kein Privileg weniger Götter ist.

Für Griechen waren Schönheit und Nacktheit identisch. Ihre öffentlichen Statuen feierten die Schönheit beider Geschlechter in unverhüllter Natürlichkeit. Als die Kirchen über Europa herfielen wie die Horden des Dschingis-Khan, war‘s aus mit Schönheit und Nacktheit. Im Mittelalter durften die dogmatisierten Maler nicht mal die natürlichen Proportionen der Menschen abbilden und verstümmelten die Leiber zu absonderlichen Krüppel- und Fehlgebilden. Der irdische Leib war unwichtig, wichtig war nur der unsichtbare Geist, den man in die verstümmelten Leiber hineindeuten musste.

Die Frau verschwand in den Dunkelkammern christlicher Eheleute, die nicht um der Lust willen hecken durften, sondern allein zum Zwecke mühsamer Zeugungsarbeit.

Erst die Renaissance entdeckte wieder die griechische Kunst und schwelgte in athletischen Körpern. Selbst der Gekreuzigte wurde zu einem muskelbepackten Vorläufer des Terminators. Die Darstellung war nicht falsch. Denn Gott ist in den Schwachen mächtig. Die schwache Hülle und Maskerade fiel weg, das Mächtige wurde in akkuraten Kraft- Proportionen wiedergegeben. Immerhin wurden am Kreuz Tod und Teufel besiegt. Darüber hinaus war kein größerer Triumph denkbar.

Das Zeitalter des Unansehnlichen und Leibfeindlichen war vorüber, die irdische Schönheit wurde wieder entdeckt. Die Nacktheit brach sich Bahn. Von der entblößten Brust der Maria beim Säugen des Sohnes, bis hin zu Frauenkörpern in ihrer ganzen nackten Schönheit.

Erst im vorletzten Jahrhundert war es möglich, den Schoß der Frau zu malen. Das berühmte Gemälde „Der Ursprung der Welt“ von Gustave Courbet wurde über 100 Jahre den Blicken der Öffentlichkeit entzogen und erst 1988 der Öffentlichkeit präsentiert.

Die christliche prüde Welt weiß nicht, wie Frauen aussehen. Ihre jetzige Porno- und Schausucht ist Nachholbedarf lust- und schaufeindlicher Jahrtausende. Noch blasphemischer als die nackte Nacktheit ist der Titel des Bildes: „Der Ursprung der Welt“. Dem Weib wurde von Courbet zurückgegeben, was eine Männerreligion ihr genommen hatte. Am Anfang schuf kein Gott Himmel und Erde. Am Anfang gebar Mutter Natur alles, was da kreucht und fleucht.

Einen anderen Ursprung der Welt gibt es nur in der irren Phantasie weibfeindlicher Priester. Wen erstaunt es, dass die Kirchenväter den weiblichen Schoss als stinkende Kloake diffamierten. Inter faeces et urinam nascimur, zwischen Schiss und Piss werden wir geboren. Erst in neueren Sinnlichkeitstexten – noch lange nicht bei Marquis de Sade, Mirabau und anderen „Porno“-Schriftstellern der Frühaufklärung – kann man lesen, dass Männer die Lustsäfte der Frauen als köstlich empfinden.

Allmählich wieder entwickelt sich die Frau aus einer teuflischen Hexe zur berauschenden Spenderin des Lebens und der Lebenslust. Unsere Epoche könnte man überschreiben: die Frau, das unbekannte Wesen, wird besichtigt. Die bislang unterdrückte Schaulust der Männer lässt sich nicht länger verbieten. Ihr entspricht die bislang unterdrückte Zeigelust der Frauen, die den Männern signalisiert: ihr kennt uns noch lange nicht. Schaut, was wir zu bieten haben, was eure Männerpriester seit vielen Jahrhunderten versteckt und verfemt haben.

Wenn entfesselte Nachholbedürfnisse aufeinanderprallen, kann‘s gefährlich werden. Die einen fühlen sich provoziert und attackieren sexistisch, die anderen fühlen sich vergewaltigt, weil sie doch nur zeigen wollten, was die Natur ihnen geschenkt hat. Zwischen männlicher Schaulust und weiblicher Zeigelust liegen immer noch Welten.

Während die Frauen allmählich ihr Weibsein zurückerobern – was treiben derweilen die Männer? Auch die Männer haben – unter der religiösen Kontrolle des unsichtbaren Vaters – ihre Schönheit verloren. Je mehr die Frommen in der Welt geknechtet wurden, je mehr gingen sie auf Gegenkurs gegen die Vorzeigeattribute der heidnischen Herrscher. In Umwertung aller Werte mussten auch Macht und Schönheit sich ins Gegenteil verkehren. Der unterdrückte Mann stilisierte sich zum ohnmächtigen Mann ohne Gestalt und Schöne, der erst als zukünftiger Messias seine wahre Pracht und überirdische Schönheit offenbaren wird:

Denn er schoß auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt noch Schöne; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, daß man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jesaja 53,2 ff)

Der Mann tauchte ab in die Maske der Ohnmacht und Hässlichkeit, um dermaleinst seine irdischen Hüllen fallen zu lassen und seinen wahren Glanz der Welt kundzutun. Das zeigt, dass Gott seine Strategie der Unsichtbarkeit oder Anonymität konsequent bis zum Zeitpunkt der Wiederkehr fortzusetzen gedenkt. Der männliche Gott entzieht sich der sinnlichen Wahrnehmung des Menschen, er will, dass man unsinnlich an ihn glaubt.

Verehren die Menschen das Starke und Schöne, kommt Gott daher in aufreizender Schwäche und Unschöne. Auch hier das Liebe-Macht-Dilemma: Gott will nicht wegen seiner Gottheit geliebt werden, sondern um seiner liebenden Qualitäten willen. Deshalb versteckt und vermummt er sich hinter Masken des Gegenteils.

Der Gekreuzigte ist der aggressive Widerspruch zum schönen Helden der Griechen. Goethe, Anbeter der Schönheit, hasste den hässlichen INRI am Kreuz. Die christliche Kultur darf keine Schönheit anbeten und die Erde in einen Aufenthaltsort voller Anmut und Leibreiz verwandeln. Die sündige verruchte Erde muss zu einem Ort zunehmender Hässlichkeit werden, damit die Menschen sich nach dem Neuen sehnen. Das Alte ist das Deformierte und Ausgelaugte. Es muss entsorgt werden, um Platz zu schaffen für das unausdenklich Neue und endzeitlich Schöne.

Werkzeuge der Verhässlichung sind Männer der Technik, Wissenschaft und der Wirtschaft, die die Natur zur hassenswerten und hässlichen Dirne machen müssen, die eines Tages vom Erlöser entsorgt wird, der den neuen Himmel und die neue Erde in unfassbarer Glorie aus dem Nichts erschafft.

Für die Jünger des Herrn ist die Rückkehr der irdischen Frau eine tödliche Gefahr. Sollte die Frauen es schaffen, die Welt in ein neues Matriarchat zu verwandeln, ist es mit der Epoche der männlichen Hochkultur vorbei. Eine schöne autonome Welt erträgt der Erlöser nicht. Für ihn war es die größte Versuchung auf Erden, als er die Welt in ihrer ganzen Schönheit vor Augen geführt bekam. Das konnte nur die List eines Teufels sein, der den Überirdischen zur schönen Welt verführen wollte. „Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit 9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Hebe dich weg von mir Satan! denn es steht geschrieben: „Du sollst anbeten Gott, deinen HERRN, und ihm allein dienen.“ (Matth. 4,1 ff)

Gott oder Natur, das wird das Schicksal der Menschheit entscheiden.

Die Erlöserreligion verheißt dem Menschen ein Paradies im Jenseits, das mit der Welt in Kollision gerät. Alles Irdische muss schlecht, verkommen und hässlich sein, damit der Hunger nach dem Drüben nicht erlischt. Frau und Mann dürfen sich nicht in seliger Lust und Freude begegnen. Sie müssen sich gegenseitig benutzen, voneinander abhängig sein und ihre gegenseitige Abhängigkeit verfluchen.

Die Frau darf in ihrer Schönheit nicht besichtigt werden, sondern muss zum Sexwesen erniedrigt werden. Der Mann muss sich zum Herrscher der Welt aufblähen und darf die Schönheit der weiblichen Natur weder respektieren noch achten. Der Anblick des Schönen versetzt den Mann in Schrecken und erotisches Verlangen, hatte Platon erkannt. In Platons Spuren dichtete Rilke:

„Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören.“

Der Schrecken vor der Schönheit ist die Angst des Mannes vor der Schönheit der Frau, nach der er sich sehnt. Doch er ist nicht fähig, seine Sehnsucht der Frau mitzuteilen, weil er sie als Zeichen des Mangels und der Minderwertigkeit empfindet. Er fürchtet die Dominanz der Frau, die ihn zum Knecht ihrer natürlichen Überlegenheit machen könnte.

Warum ist die Zauberflöte eine der beliebtesten Opern? Weil Mozart sich die Utopie einer liebenden Gleichberechtigung zwischen Mann und Weib nicht ausreden ließ:

„Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an
Nichts Edlers sei, als Weib und Mann.
Mann und Weib, und Weib und Mann,
Reichen an die Gottheit an.“