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Tagesmail

Donnerstag, 20. September 2012 – Amerikas Vorschein

Hello, Freunde Kameruns,

die USA spielt in derselben Liga wie Kamerun, die Elfenbeinküste und Uganda? In Sachen Verteilungsgerechtigkeit ist die mächtigste Nation der Welt bis ans Ende der Ländertabelle abgerutscht. Kein Aufmacher für Newsweek, die nur Rankings in weltmeisterlicher Siegerpose liebt. (Ralph Sina im WDR)

Freiheit ist das Geschenk des calvinistischen Prädestinators, Verteilungsgerechtigkeit die Erfindung des Teufels. Sind die Amerikaner doch stolz auf die ins Unmäßige wuchernden Ungleichheiten. Je ungleicher, je prädestinierter; je vorherbestimmter, je göttlicher.

Wenn man schon nicht weiß, ob man zu den 40 000, 01 Selecti gehört, muss man sein Konto mit dem eines Obdachlosen aus dem Untergrund von New York vergleichen: da hüpft das Herzchen der Seligkeits-Unwissenden, dass der Schöpfer sich dabei etwas gedacht haben muss, wenn er die Menschheit in solch unterschiedlicher Differenz aus Lehm und Money getöpfert hat. Wenn schon die Unterschiede zwischen oben und unten fast so riesig sind wie zwischen Himmel und Hölle, wird das seine transzendenten Gründe haben.

Wie konnte der Genfer auf die Idee kommen, das Weltliche als analoge Chiffre des Überweltlichen zu betrachten? War die Welt nicht das sündige Gegenstück zum perfekten Jenseits? Wie konnte man von Kot und Dreck hochrechnen auf eine himmlische Aura? Wie konnte man vom Teuflischen aufs Göttliche schließen? War das Reich des Teufels nicht das absolute Gegenstück zum Himmel, wo alle Englein den ganzen Tag Bach singen – müssen? War es nicht vermessen, ja hybrid, schon

von der Erde aus ins Überzeitliche Ausschau zu halten?

Max Weber, der oft depressive Gelehrte – der, wie wir jetzt erfahren, erst im Alter die Freuden des verführerischen Weibes erfahren durfte – hat den Kapitalismus auf die protestantische Ethik zurückgeführt, somit die Tür ins Allerheiligste des Abendlands aufgestoßen. Doch mehr in seinem üblichen Stil: drei Schritte stramm nach vorn und – wenn niemand mehr hinguckt – zweieinhalb zurück.

In der Nachkriegszeit war der Heidelberger die Koryphäe aller Intellektuellen – Kunststück, sonst gab‘s ja niemand in halbwegs demokratischer Tradition –, doch spätestens beim Einzug des Neoliberalismus war der Antipode von Oswald Spengler in der Versenkung verschwunden. Es gibt da die verschwindend kleine Fraktion der Herz-Jesu-Marxisten mit den beiden Matadoren Blüm und Geißler, für die der Erlöser nur mit Marx, aber nicht mit Hayek, Friedman & Co harmoniert.

Die meisten Politchristen halten sich hier, wie in allen praktischen Machtfragen, vornehm zurück, in welchem Maß ihre bevorzugte Wirtschaftsform mit dem Zimmermannssohn in Verbindung gebracht werden kann. (Der, wie wir auch gerade erfahren durften, ein holdes Eheweib gehabt haben soll. Erfreuliche Nachrichten für Josef Ratzinger, der nun endlich seine schnöd verlassene Studentenliebe, Uta Ranke-Heinemann, ehelichen und den Weltkatholizismus auf den Spuren Luthers grundlegend reformieren darf.)

Wer sich für die Frage interessiert, wie irdische Machtpolitik mit der Sehnsucht ins Jenseits übereinstimmt, muss sich eine Atemmaske zulegen, sonst erstickt er beim Betreten der modernen Katakomben. Die Moderne scheitert nicht an mangelndem guten Willen, sondern an ihren grauenhaften Widersprüchen, Verdrehungen und Fabelmärchen, die sich zumeist als strenge Wissenschaft ausgeben. Man könnte sich stundenlang darüber streiten, ob das Hochmittelalter verblendeter war als die gegenwärtige Moderne oder umgekehrt.

Das durchschnittliche Gefühl eines Politchristen ist, dass er in einer verderbten Welt lebt, die er mit christlichem Verhalten sanieren, den ungenießbaren Teig mit dem Salz des rechten Glaubens durchsäuern muss. Soweit es ihm gelungen scheint, steht er auf christlichem Boden, soweit nicht, auf verseuchtem Terrain der Heiden und Gottlosen. Alles Gute verdanken wir demnach dem Evangelium, alles Böse den Germanen und Griechen.

Griechentum, Christentum und die Germanen sind die drei Säulen, auf denen der mitteleuropäische Okzident steht. Dem Werk des Salzens ist der große Durchbruch, der finale Erfolg, verwehrt. Erst der wiederkehrende Messias wird Nägel mit Köpfen machen und den Gottseibeiuns endgültig in die Hölle jagen. Der Christ lebt bis an sein Lebensende im Angesicht seiner Feinde.

Was nicht durchweg asketisch und lustfeindlich bedeutet. „Du deckst mir den Tisch im Angesicht meiner Feinde und schenkest mir voll ein.“ Es gibt keine Verpflichtung, arm zu leben und zu darben wie eine Kirchenmaus. Als Jesus von einer Frau mit kostbarer Salbe übergossen wird und die eifersüchtigen, theologisch korrekten Jünger deshalb zu maulen beginnen: „Wozu diese Verschwendung?“ – das Öl hätte man teuer verkaufen und den Erlös den Armen geben können, erhalten sie eine Antwort, die mit Marx nicht vereinbar gewesen wäre, der alle Armen an die vollen Tafeln des Reiches der Freiheit bringen wollte. „Die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.“ ( Neues Testament > Matthäus 26,6 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/26/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/26/“>Matth. 26,6 ff)

Luxus ist erlaubt und muss nicht durchweg für Charity ausgegeben werden. Das Heilige darf gelegentlich in Gold aufgewogen werden, was am Ende der Tage in der goldenen Stadt Jerusalem ohnehin geschehen wird. Siehe Neues Testament > Offenbarung 21,18 / http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/21/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/21/“>Offbg. 21,18: „Ihre Mauer ist aus Jaspis gebaut und die Stadt ist reines Gold gleich reinem Glas.“ Kommen hinzu: Saphir, Chalzedon, Smaragd und so weiter, man müsste Juwelier sein, um das ganze Edelstein-Paradies fachmännisch zu beschreiben. Gegen den finalen Glanz ist der Vatikan eine Räuberhöhle.

Wo bleibt die Seligpreisung der Armen? Die gibt es nicht, trotz vollmundig klerikaler und medialer Gegenbehauptungen. Es gibt nur den Satz: Selig sind die Armen im Geiste, nicht in Heller und Pfennig. Ein geistlich Armer ist kein IQler unter 80 Punkten, sondern ein Mensch, der nicht seinem irdischen Geist vertraut – wie die Griechen, die ständig mit ihrer blasphemischen Vernunft daherstolzieren –, sondern der den Choral singt: „Ich hab mein Sach auf Gott gestellt, er machs mit mir, wies ihm gefällt“.

Während die Reichen im Geiste und Weltweisen dem Egoisten Max Stirner nachbeten: Ich hab mein Sach auf mich gestellt. Oder den Nihilisten: Ich hab mein Sach auf Nichts gestellt.

Nihilisten gibt es in Deutschland seit Nietzsche nicht mehr und der wollte ihn schon überwunden haben. Das stimmt nur zur Hälfte, denn die Deutschen sind bekanntlich Anhänger des Alles oder Nichts. Wenn sie nicht Alles in der Welt kriegen, schlagen sie alles zu Nichts.

Gott scheint ein Gegner des Nichts, sonst hätte er daraus keine Schöpfung gemacht. Allerdings kann die Schöpfung bei Ungehorsam der Kreaturen jeden Augenblick zurückgezogen und wieder in Nichts verwandelt werden. Und wenn Gott im Jüngsten Gericht kein Einsehen hätte und eine neue Schöpfung aus dem Zylinder zauberte, hätte das Nichts das letzte Wort der Geschichte – und das wäre ja gar nichts.

Wenn wir die Schöpfungsgeschichte rein ökonomisch sehen, haben die Gläubigen gute Karten in der Rückhand. Die Heilsgeschichte beginnt im Überfluss und dort endet sie auch. Man beachte den ökologischen Verfall zwischen Anfang und Ende der Geschichte. Am Anfang alles Bio vom Feinsten im Garten, kein Dorf oder Stadt weit und breit; am Schluss eine in Reichtum starrende Metropole mit rein dekorativen Resten des urban gardening: „Auf beiden Seiten des Stromes standen Bäume des Lebens, die zwölf Früchte tragen, indem sie jeden Monat ihre Frucht bringen.“ ( Neues Testament > Offenbarung 22,1 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/22/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/22/“>Offbg. 22,1 Neues Testament > Offenbarung 22,1 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/22/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/22/“> ff) Für jeden Monat eine andere Frucht, damit es im neuen Paradies nicht langweilig wird und das Angebot der Jahreszeit gemäß zur Verfügung steht.

Womit wir auch gleich bei der Natur wären, die nicht mehr – wie bei Eva, der Schlange – aus dem Ruder läuft und tun kann, was sie will. Die Natur ist domestiziert und dem Menschen sowohl vorhanden wie zuhanden. Der Katastrophe eines chaotischen Naturwesens ist damit für immer vorgebeugt, wie es der hungrige Herr bei einem anti-autoritären Feigenbaumes erleben musste. Da den Herrn hungerte, wollte der Herr eine Feige vom Feigenbaum. Doch er fand nur Blätter. Da randalierte der verwöhnte Gottessohn und verfluchte den Feigenbaum in alle Ewigkeit.

Was das mit Kapitalismus zu tun hat, sieht ein Blinder mit Krückstock. Die Lieblinge Gottes haben volles Verfügungs- und Konsumptionsrecht auf die Natur. Bei monatlichem Angebotswechsel. Die Natur kann ihren Kopf nur aus der Schlinge ziehen, wenn sie sich als gehorsamer Konsumtempel anbietet. Wenn nicht, dann Abgang ins Nichts. Womit wir am Ursprung der ökologischen Misere stehen.

Die Urväter starben alt und lebenssatt. Von Armut und Darben war nicht die Rede. Wenn die Frommen brav und demütig sind, wird ihnen voll eingeschenkt. Nur wenn sie wieder quartalsirre wurden, muss sie der Vater im Himmel stäupen. Werden sie wieder einsichtig und kehren zurück, gibt’s Leckeres im Hause des Vaters.

Die Eigentumsverhältnisse der Schöpfung sind klar. Wer was herstellt, erarbeitet, dem gehört‘s. Eigentumsbildung durch Arbeit, weshalb die FDP auf biblischem Boden steht: Leistung muss sich wieder lohnen. Eigentum wird durch Arbeit erworben, steht auch bei Locke, woraus wir schließen können, was Superreiche arbeiten müssen, um ihren Besitz zu rechtfertigen. Sie können aber auch ihr Geld arbeiten lassen.

Wenn Gott alles aus Nichts erschafft, gehört ihm alles mit Haut und Haaren. Nach dem Sündenfall gibt‘s zwar eine kurzzeitige unfreundliche Übernahme seitens des Widersachers. Doch nach einigen Irrungen und Wirrungen am Kreuz und in der Höllenfahrt ist am Schluss alles wieder in trockenen Tüchern. „Und alles hat er seinen Füßen unterworfen.“

Die Frommen nehmen teil am himmlischen Sieg, sind Miterben des göttlichen Eigentums. „Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben Christi, wenn anders wir mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm verherrlicht werden. Denn ich halte dafür, dass die Leiden der jetzigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll.“

Die unfreundliche Übernahme des Imperiums Vater & Sohn wird in Leidens-Währung rückgängig gemacht, der Deal am Ende der Geschichte mit Rückkehr in den Ursprung abgeschlossen. Die Erwählten werden Kompagnons der geheilten und zurückbezahlten Schöpfung. Ende gut, alles gut – mit Ausnahme der 99% aller Menschen, die beim Wirtschaftskrimi um die Schöpfung verschütt gehen.

Ignorieren wir die Loser der Heilsgeschichte, endet das theatrum mundi zur vollen Genugtuung rechtgläubiger Protagonisten. Indem die Christen hienieden auf Risikopapiere des Leidens setzen, wird bei Schließung der irdischen Börse der Profit unermesslich sein. Die Heilsgeschichte ist ein ökonomischer Thriller, neben dem Dallas eine Schrebergartenidylle ist. Nur die Gläubigen haben bei höchstem Risiko mit ihren Pfunden gewuchert und werden mit ewiger Seligkeitsdividente bezahlt.

Risiko-Papiere sind Leidens- und Glaubenspapiere. Man muss schon verwegen zocken und spekulieren können, wenn man gegen alle Vernunft auf einen unsichtbaren Herrn vertraut. Misstrauen in die eigene Macht und absolutes Vertrauen in die göttliche sind Mittel, die ich einsetzen muss, um das Eine, das Not tut, zu gewinnen. „Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er aber eine köstliche gefunden hatte, ging er hin, verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.“ ( Neues Testament > Matthäus 13,45 / http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/13/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/13/“>Matth.13,45)

So muss man spekulieren können. Alles auf eine Karte setzen. Ganzer Einsatz um Alles oder Nichts, woran wir erkennen, dass die Deutschen ihr Evangelium, neben Fichte und Nietzsche, im Tornister hatten. Das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden, die Vorlage von Monopoly, müssen wir nicht erwähnen.

Die berühmten Stellen vom Kamel durchs Nadelöhr oder von jenem Jüngling, der seine ganze Habe um seiner Seligkeit willen aufgeben sollte, sind Leckerbissen aus dem Instrumentarium des Zockens um Alles. Nur wenn ich alles aufs Spiel setze, kann der Gewinn unermesslich sein.

Geißler ignoriert 99% der Schrift, um das irdische Armsein zum verdienstlichen Werk zu machen, das bei Luther zur Werkgerechtigkeit und bei Katholiken zur Tugend der kleinen Leute gezählt wird.

Mutter ecclesia triumphans ist auf solchen Schnickschnack nicht angewiesen und darf jetzt schon den Glanz des finalen Triumphes als Vorschein aufs Ende zelebrieren. Auch Bloch und alle politischen Messianisten bis hin zu den Amerikanern kennen die Vorwegnahme des Endgültigen als Vorschein göttlichen Glanzes.

Womit wir wieder bei den Calvinisten wären. Das Irdische ist Vorschein des Ewigen. Weil der Wille Gottes auf Erden trotz teuflischer Mächte sichtbar ist, kann das Geschehen hienieden als Vorwegnahme des Endgültigen betrachtet werden. Calvin hat den katholischen Lehrsatz von der analogia entis in Kriterien weltlichen Erfolgs übertragen. Es gibt eine Ähnlichkeit, eine Analogie, zwischen der irdischen und überirdischen Welt.

Schöpfung zerfällt bei Calvin nicht, wie bei Augustin und Luther, in zwei Hälften, die nichts mehr miteinander gemein hätten. Der atmosphärische Dualismus findet seine Grenze an der Macht Gottes über Tod und Teufel, die am Ende nichts mehr zu sagen haben. Je siegreicher die Kirche, je weniger dualistisch ist die Dogmatik.

Calvin und der Vatikan wurden die erfolgreichsten christlichen Kirchen auf der Welt, die keine Mühe hatten – besonders der amerikanische Calvinismus – das Ergebnis des Jüngsten Gerichts vorwegzunehmen. Schon hier leben sie hochgradig im Schauen, was andere noch glauben müssen.

Es gibt einen eklatanten Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen Gläubigen. Die Deutschen hatten nach Ende ihres mittelalterlichen Reiches über den 30-jährigen Krieg bis hin zum Jahre 1933 das Gefühl, den Leidensweg gehen zu müssen. Von Sieg konnte in keiner Weise die Rede sein. Erst die nationalsozialistische Bewegung erklärte den Abschluss des Leidens und den Beginn des mit Leiden schwer erkauften und vorausbezahlten Endsiegs.

Die Amerikaner hatten nach Verlassen des verruchten alten Europa das Gefühl, ihr zugewiesenes Maß an Leid hinter sich gelassen zu haben. Ab jetzt galt die Losung: hier ist Gottes eigenes Land, wo Milch und Honig fließt, hier ist Neu-Kanaan.

Kapitalismus ist der weltliche Beweis für überirdische Auserwählung. So gewiss können die Amerikaner ihrer vorherbestimmten Erwählung nicht sein, sonst müssten sie nicht ununterbrochen dem Moloch Mammon dienen, um sich ununterbrochen ihrer wirtschaftlichen Potenz zu versichern. Schlingern sie zudem in eine Krise, wie gerade jetzt, müssen sie verstärkt in Fanatismus regredieren, um ihr Plätzchen im Himmel mit aller Macht festzuhalten.

Max Weber war kein Freund der Amerikaner und des Kapitalismus. Auf seiner Amerikareise bestärkte sich seine Abscheu vor dick aufgetragener Religion und angeberischem Reichtum. Dennoch riet ihm sein nüchterner und machtpolitischer Pragmatismus, den Kapitalismus in Deutschland mit aller Macht zu unterstützen. Ohne Moos nichts los in modernen Nationen, die ein Wörtchen in der Welt mitreden wollten.

Webers Rückführung des Kapitalismus auf Calvin war eigentlich keine Empfehlung für das Rennen und Tanzen um das Goldene Kalb. Es verbarg sich auch ein eklatanter Widerspruch zwischen religiöser Abkunft und „säkularer“ Frucht. Wie konnte das Säkulare und Moderne zweckrational sein, wenn deren Geist das Produkt einer irrationalen Religion war? Wie er sich nicht vom Christentum lösen konnte, konnte Weber sich nicht vom kapitalistischen Seligkeitsberechnen lösen.

Der christliche Glaube ist die spirituelle Kehrseite der Welteroberung durch Macht und Geld. Er ist Politik, der sich als Glaube tarnt und Glaube, der sich in Wirtschaft und Politik konkretisiert. Wer glaubt, wuchert mit seinen Pfunden, die sich am Ende der Geschichte akkumulieren werden. Sie vertrauen nicht aufs Geld, sondern darauf, dass Geld den Vorschein ihres Triumphs in berechen- und beweisbarer Form darstellt.

„Den Reichen in der jetzigen Welt gebiete, dass sie nicht hochmütig seien, noch ihre Hoffnung auf den unsichern Mammon setzen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet zum Genuss, dass sie Gutes tun, reich seien an guten Werken, freigiebig seien, gern mitteilend, wodurch sie für sich selbst einen guten Schatz beiseite legen auf die Zukunft hin.“