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Tagesmail

Donnerstag, 09. Februar 2012 – Links und Rechts

Hello, Freunde der Wissenschaft,

ist eigentlich wissenschaftlich geklärt, dass es der menschliche Faktor ist, der den Klimawandel verursacht? Oder sind es verstärkte Sonneneruptionen? Oder sonstige „natürliche“ Ursachen, die schon immer im Verlauf der Evolution unstabil und schwankend waren?

1. Die Ergebnisse der Wissenschaft scheinen in vieler Hinsicht noch nicht so erhärtet, dass man eindeutige Urteile fällen könnte. Das gilt auch für die mehrheitliche scientific community der Klimawarner, die sich politisch weitgehend durchgesetzt hat – und aus welchen politpädagogischen Gründen auch immer – die Schwächen ihrer Argumente verdeckt.

2. Die Berichterstattung der Medien ist weit davon entfernt, den Stand der Forschung so darzulegen, dass man als Leser sich selbst ein Urteil bilden könnte. Eine Auswahl aus SPIEGEL, Süddeutsche Zeitung, TAZ und TAZ.

Was Erhard konnte, können wir noch immer: ein Wirtschaftswunder hinlegen, dass die Welt staunt. Dank und Lob einem gewissen Schröder, der deutsche Faulenzer an die Hartz-Kette gelegt und so

für die Fundamente unseres Erfolgs gesorgt hat. An der Effizienz der deutschen Industrie, der zuverlässigen Arbeit des Fußvolkes kann’s jedenfalls nicht liegen, das versteht sich von selbst.

Wer ist schuld daran, dass Frau Merkel in der Welt herumreist, sich mit x-beliebigen Despoten und Autokraten trifft, die Menschenrechte aber stets untern Teppich kehrt? Die boomende Industrie, die immer mehr rohe Stoffe für ihre pinkelfeinen Produkte benötigt

Dummerweise sind solche Seltenen Erden zumeist in Nichtdemokratien zu finden, was ein schiefes Licht auf Demokratien wirft. Da es für deutsche Zeitbeobachter nichts Interessanteres gibt, als neue Epochen zu erfinden und zu benennen, schlag ich vor, dass wir beschleunigt ins rohe Zeitalter postfeiner Demokratien übergehen.

Ein wichtiger Grund, warum unsere Feinprodukte in aller Welt so nach-gefragt sind, wird im folgenden Artikel erwähnt, der gleichwohl den hintergründigen Konnex übersieht: es liegt daran, dass deutsche Führungskräfte die Strategien ihrer Chefs nicht kennen.

Das leuchtet sofort ein, denn übermäßiges Wissen belastet. Befreit von zuviel Herrschaftswissen können sich die mediokren Führungskräfte ihren eigentlichen Tagesaufgaben widmen und das Denken den Elefanten überlassen.

In Zeiten permanenten Umbruchs haben’s auch die Wissenschaften schwer. Schon die Frage: ist die Ökonomie eine veritable Wissenschaft? ist vom Gezänk der Schulen und Meinungen überschattet.

Und wenn sie eine wäre, was für eine? Eine harte Naturwissenschaft, deren Ergebnisse selbst von Aliens überprüft und bestätigt werden könnten oder sind es Bauchwissenschaften, wonach jeder erst seinen privaten Bauch konsultieren muss, bevor er dem ZDF ein Interview gibt?

Da gibt es den so genannten Sachverständigenrat, das ist eine Gruppe von Wirtschaftsexperten, auch die Fünf Weisen aus dem Morgenlande genannt, deren Rat niemand mehr hören will.

Stattdessen wird es immer mehr zur lässigen Mode, bei unweisen Ausländern nachzufragen, was der Bundesgerichtshof aus nationalen Weisheitsschutzgründen verbieten müsste.

Die FAZ hat das richtige Rezept gefunden, um den lahmen Verein auf Vordermann zu bringen: Experten, die sich bocksbeinig zeigen, wie dieser gewerkschaftsnahe Bofinger, und sich trotz vieler Ermahnungen nicht der Weisheitslinie der FAZ nähern, sollte man den wohlverdienten Ruhestand gönnen.

Besser wäre natürlich, sich den teuren Betverein überhaupt zu ersparen und der Regierung einige kostenlose Exemplare der FAZ zu spendieren, als täglich verbindliche Richtlinien einer redlichen Wirtschaftspolitik, die sich diesen Namen seriös aus dem Bauch gesogen hat. Merke: in diesem Bauch versteckt sich immer ein kluger Kopf.

Da wir gerade bei Wissenschaft sind: nun haben Astronomen den ultimativen Beweis erbracht, dass der Kapitalismus das Gravitationsgesetz der Evolution ist. In den Tiefen des Universums finden sich kleine, aber schon ganz verdorbene Zwerg-Galaxien, die sich gegenseitig anknabbern und darwinistisch auffressen.

Doch Entwarnung, genau so egoistisch-konkurrierend begann auch die Beschreibung der Tiere und Urwaldbestien. Bekanntlich haben sich die Paradigmen im Verlauf der Zeiten völlig gewandelt. Heute sind selbst rohe Schimpansen des Mitleids und der tätigen Unterstützung ihrer Clanmitglieder fähig. In wenigen Jahren werden auch Astronomen die verblüffende Erkenntnis machen, dass selbst unerzogene Klein-Galaxien in der Lage sind, sich schein-kannibalistisch zu vereinigen und sich wahrhaft-solidarisch zu mächtigen Mega-Galaxien zu entwickeln.

Wie oft mussten wir schon ängstlich die Botschaft vernehmen, dass die USA uns nicht mehr lieben und sich dem „pazifischen Raum“ zuwenden. Was hat der Pazifik, was wir nicht haben? Zumal unsere Wirtschaft aus allen Nähten platzt? Nun geschieht’s den untreuen Amis ganz recht: je intensiver sie westwärts schauen, besonders ins chinesische Meer, je mehr starren sie in strotzende Waffenlager.

Was ist links? Wo der cäsaristisch nach unten zeigende Daumen rechts ist. Die deutsche Intelligentsia ist außerstande, erhellende Debatten zu führen, die am Ende des Tunnels ein Lichtlein aufblitzen lassen. Was zur Folge hat: alles unübersichtlich, überkomplex.

In hundert Jahren werden sie ihre medialen Dauerbrenner immer noch je nach Wetterlage aus der Schublade ziehen. Jedes Interview mit Experten beginnt mit der „Bradying-Pose“. Noch nie gehört? Ist auch ganz neu im Angebot und bedeutet: bedröppselt dasitzen und mit seinem Latein am Ende sein.

Der Unterschied zwischen niedergeschlagenen Sportlern und Fachleuten ist allerdings erheblich. Letztere fühlen sich behaglich und überlegen, wenn sie ihr Kanniverstan liturgisch herbeten. Unter ihnen soll es gelehrte Leute geben, die sogar den Namen Sokrates gehört haben und ihren Bankrott mit dessen bekanntestem Satz dekorieren.

 

Eine ehrenwerte Dame aus der CDU, von der man lange nichts mehr hörte, macht momentan Furore mit der Behauptung, die Hitlerianer seien links gewesen. Enthielt denn ihre Parteienbezeichnung nicht das Wörtchen sozialistisch? Also alles klar auf der Andrea Doria!

Kommen die linken Gegner und maulen, umgekehrt wird ein Schuh draus: im selben Wörtchen steckt auch national. Also rechts. Wieder alles klar auf der Andrea Doria.

Die Deutschen, sonst mit dem Satz des Widerspruchs wenig vertraut, umso mehr mit hegelianischer Dialektik, die alle Widersprüche mit links knackt, können nicht erkennen, dass unlogische Realitäten wirklich und wahrhaftig aus realen Widersprüchen bestehen könnten. Wenn die Wirklichkeit widerspruchsfrei wäre, befänden wir uns bereits im Vorhof des Paradieses, denn Logik ist der Vorschein rationaler Verhältnisse. Und Ratio ist, recht verstanden, identisch mit dauerhaftem Frieden, Freude, Eierkuchen.

Das Gegenteil, die Despotie, kann höchstens instrumentell und partiell rationell sein, aber niemals ziel- und zweckrational, denn irrationale Kaputtheit zerstört sich früher oder später von selbst.

Irrationalität, liebe Romantiker, Spätromantiker und grenzüberschreitende Kicksüchtige, besitzt einen automatischen Selbstentzünder.

Aussagen, die stringent und widerspruchsfrei sein wollen, müssen sich an Logik halten. Doch die kalte und schnöde Wirklichkeit, wo Gedanken sich hart im Raume stoßen, ist alles andere als logisch un-anstößig. „Ich bin kein ausgeklügelt Buch, ich bin ein Mensch in meinem Widerspruch“, soll Hutten gesagt haben. Womit klar ist, dass der Mensch noch immer zur harten Wirklichkeit und noch nicht zur Utopie gehört, wo alle Konflikte und Widersprüche zwischen den Menschen kraft verständiger Argumente beigelegt worden sind.

Doch in Deutschland herrscht verkehrte Welt: die irrationale Welt muss Entweder-Oder sein, eine widersprüchliche darf es nicht geben – Gedanken jedoch, die Wert darauf legen, Argumente zu sein, können daherschlampampern, dass man oft nicht weiß, in welch selig besäuseltem Zustand das Schriftliche niedergeschrieben wurde.

Das erste, was man sagen könnte, wäre: der Nationalsozialismus ist ein Widerspruch in sich. Er war sowohl national in der Version des Nationalistischen und Chauvinistischen, ergo rechts, als auch sozialistisch, ergo links.

Schon der Unterschied zwischen national und nationalistisch ist heute nicht mehr bekannt. Der junge Fichte war zuerst kosmopolitisch, ein glühender Bewunderer der Französischen Revolution. Durch die napoleonische Okkupation kamen alle Franzosenbewunderer in existentielle Nöte und begannen, die Sache der schmählichen nationalen Niederlage übel zu nehmen.

Zuerst in gemäßigtem nationalem Rahmen: jede Nation hat das Recht, sich selbst zu bestimmen, Deutschland also auch. Dieser Nationalismus akzeptierte den Nationalismus anderer Völker als gleichberechtigt.

Erst, als die antinapoleonische Stimmung sich verschärfte, kam der kompensative Gedanke deutscher Überlegenheit über Frankreich und den Rest der Welt auf. Diesen nationalistischen Chauvinismus artikulierte Feuerkopf Fichte in seinen „Reden an die deutsche Nation“. Je mehr das arme Vaterland, das noch gar keines war, sondern nur ein Flickerlteppich, daniederlag, je messianischer erhoben sich unsere Genies über die Welt: Deutschland, Deutschland über alles.

Deutschland wurde zur Urnation, zum Urmuster des Menschseins. Wollte man pedantisch sein, müsste man sagen, die Nazis hätten sich sozial-nationalistisch nennen müssen, um wirklich rechts zu sein. Der Gegenbegriff zu national-sozialistisch war natürlich international-sozialistisch, die Leitidee der Marxisten & Co: die Internationale erkämpft das Menschenrecht.

Damit war der Kampf gegen den „Bolschewismus“ eröffnet, die sowjetische Eigenbezeichnung der Internationalsozialisten. Die Linken folgern nun messerscharf, wenn die Letzteren links sind – wovon sie ausgehen –, müssen deren Feinde rechts sein. Der Feind meiner Freunde ist auch mein Feind.

Waren die Bolschewiki und alle internationalen Sozialisten aber überhaupt links? Den Streit, ob Stalin und Hitler wesensidentisch sind, können wir hier ignorieren. Soviel aber sollte man mit Hanna Arendt sagen dürfen, dass beide Regime in ihrer Struktur totalitär sind. Kann totalitär links sein?

Die Linken wollen links sein, weil sie gerechte Verhältnisse anstreben. Das Problem der zielführenden politischen Mittel ignorierten sie lange Zeit, ja, hatten ursprünglich gegen Gewaltmethoden gar nicht viel einzuwenden. Auf irgendeinem Humus muss die RAF ja gewachsen sein.

Wer seine Inhalte aber, sie mögen moralisch sein, wie sie wollen, mit allen möglichen Mitteln erreichen will, ohne Ausschluss der gewalttätigen, hat allen Anspruch auf die Selbstbezeichnung links verwirkt.

Gerechte Verhältnisse und demokratische Methoden müssen synonym sein, sonst gibt’s weder Gerechtigkeit noch Demokratie. Die schädigende Form schädigt jeden Inhalt, er möge so reputabel sein, wie er will.

Es ist eitler Unfug der Linken, Stalin als den besseren unter den Bösewichtern zu beschönigen, nur weil er angeblich ein gerechtes Ziel hatte. Ziele sind Schall und Rauch, wenn die Frage unerörtert bleibt, auf welchem Weg man die hehren Ziele ansteuern will.

Auch die Hitlerschergen hatten subjektiv hochmoralische Ziele und wollten nicht das Böse als Böses. Sie waren keine Zyniker, viel schlimmer, sie waren Idealisten, denen alle Mittel recht waren: jenseits von Gut und Böse.

Popper und Löwith ist unbedingt zuzustimmen: Hitler wäre ohne platonisches Delirium deutscher Gräcomanen nicht möglich gewesen. Für die führenden christliche Theologen, die sein Regime im Namen des Heiligen Geistes vorbereiteten und unterstützen, war ihr Glaube nur die Perfektion platonischer Grundideen. (In diesem Punkte irrte Popper.)

Kein Zufall, dass der Begriff Nationalsozialismus nicht von Hitler und seinen Leuten erfunden wurde, sondern von dem lutherischen Pfarrer und „Sozialethiker“ Friedrich Naumann, einem guten Freund Max Webers, der eine völkische Einheit in Gerechtigkeit anstrebte.

Sozial ist nicht sozialistisch. Sozialistisch fühlt sich dem Marx’schen Geschichtsautomatismus verpflichtet, dass das Reich der Freiheit gar nicht verfehlt werden kann. Eine „soziale“ Marktwirtschaft hingegen ist unabhängig von solcher Geschichtsgläubigkeit.

Übrigens war die damalige SPD auch nur auf dem Papier internationalsozialistisch. Kaum begann Kaiser Willem, seine neue Flotte gen Engelland dampfen zu lassen, hatten die Proleten schon ihre westlichen Arbeiterkollegen vergessen und bestiegen mit Hurra die Züge an die Front.

Das Soziale war für das Hitlerregime durchaus kein Alibiprogramm, jeder Volksgenosse sollte den anderen als gleichberechtigten Kameraden ansehen. Die Crux lag tiefer. Vor dem Führer sollten zwar alle Volksgenossen gleich sein, doch diese Gleichheit war nicht primär wirtschaftlich definiert.

Es war wie im Urchristentum. Zwar waren alle Brüder und Schwestern gleich im Herrn, nicht aber in der sündigen Welt, solange diese noch in den letzten Zügen lag. Solange galt nämlich: jeder bleibe in seinem Stand, Sklaven bleiben Sklaven, Reiche bleiben Reiche. (

So verstand es auch Hitler, der kein Despot seines Volkes sein wollte, sondern das symbiotische Haupt der völkischen Gemeinde, wie Jesus das Haupt der christlichen Gemeinde. „Das ist das Wunder unserer Zeit, dass ihr mich gefunden habt, dass ihr mich wahrhaft gefunden habt unter so vielen Millionen. Und dass ich euch gefunden habe, das ist Deutschlands Glück“, predigte er in johanneischen Worten in der Parteitagsrede am 12. November 1936. „Alles, was ihr seid, seid ihr durch mich, und alles, was ich bin, bin ich durch euch.“ (30. Jan. 1936)

Solche Worte waren tiefste Überzeugung des Braunauers, der in seiner Jugend Priester werden wollte und verwiesen auf analoge Worte im Johannes-Evangelium: „ihr seid in mir und ich bin in euch. … Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben.“ ( Neues Testament > Johannes 10,14 / http://www.way2god.org/de/bibel/johannes/10/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/johannes/10/“>Joh. 10,14)

„Wenn uns nicht die Vorsehung geleitet hätte, würde ich diese schwindelnden (!!) Wege oft nicht gefunden haben. Das sollten gerade unsere Kritiker wohl wissen. So sind wir Nationalsozialisten auch im tiefsten Herzen gläubig! Wir können es gar nicht anders; es kann niemand Völker- oder Weltgeschichte machen, wenn er nicht zu seinem Wollen und Können den Segen dieser Vorsehung hat.“ (27. Juni 1937) [Alle Zitate aus: Max Domarus, „Hitler: Reden und Proklamationen 1932-1945“, Band 2]

Solche Stellen werden heute so gut wie nicht zitiert, sie passen nicht zur Wiederkehr der Religion. Nationalsozialistische Gleichheit wollte zwar die riesigen Unterschiede zwischen den Ständen so gut wie möglich egalisieren, doch die angestrebte Substanz nationaler Gerechtigkeit bestand nicht im bloßen Vergleichen von Besitztümern und Konten. Sie war eine völkisch-ideale und würde sich im Verlauf der Begebenheiten wie von selbst konkretisieren.

Fazit: das postdemokratische Niveau der Debatte um links und rechts, um Hitler und Stalin ist furchterregend. Je mehr Deutschland ökonomisch überschwappt und in Zukunft investiert, je mehr veralzheimert es in geistiger Hinsicht. Die unklaren Sätze von Götz Aly gegen Steinbach und deren Gegner können nix daran ändern.