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Die ERDE und wir. XXVI

Tagesmail vom 01.11.2024

Die ERDE und wir. XXVI,

Wehe dem, der lacht.

Hat Harris zu viel gelacht? Hat sie gelacht, ohne ausreichend zu sprechen? Ist sie eine Fremde, die Amerika nicht verstanden hat?

Wenn Harris untergeht, werden Muskelmänner wieder die Herren der Welt: Trump, Putin, Musk und sonstige KI-Tyrannen., die ihre phänomenalen Maschinen als Herrscher der Welt betrachten.

Wusste Harris, wie die Bible-Belt-Frommen ihr Dauerlachen aufgenommen haben?

„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: 2 Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; 3 töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; 4 weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit. 9 Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon. 10 Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen. 11 Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“

Wer Amerika verstehen will, muss seine Heilige Schrift aus dem Kämmerlein holen und die Botschaften des Himmels buchstäblich verstanden haben.

Warum wird heute so viel von Narrativen gesprochen?

„Jeder Christ solle, so Augustinus, über die Erzählung (narratio) der Heilsgeschichte unterrichtet sein, über jedes der fünf Weltalter von der Weltschöpfung und Adam bis Christus und über das sechste, welches mit Christi Kommen begonnen habe und mit dem Endgericht ende.“ (Johannes Fried, Aufstieg aus dem Untergang)

Harris lacht so viel, weil sie den Ernst der Lage vermutlich nicht erfasst hat: es ist Endzeit. Jetzt, in der immer größer werdenden Weltenkrise, wird sich die Heilsgeschichte entscheiden.

Zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs dauerte es, bis die konservativen Kräfte der USA erkannten, dass die Welt des Triumphs nicht nur voller Licht war.

Es gab zwei Blöcke der heiligen Bewahrer: die Frommen und die Soldaten, die Kirchen und den „militärisch-technischen“ Komplex, vor dem selbst Eisenhower, der Sieger über Nazi-Deutschland, warnte. Beide Komplexe haben bis heute unablässig an Bedeutung gewonnen.

Und beide erkannten, dass just die sündige Welt, die sie erobert hatten, ihren Müll ins Land geschwemmt hatte. Der Müll bestand aus den rationalen Unverschämtheiten der Vernunft und der grenzenlos-sündigen Flatterhaftigkeit der Moderne.

Nicht Amerika, es war Europa, das den Siegern seinen Abfall ins Land spülte.

Allan Bloom lenkte den Verdacht vor allem auf die Deutschen. Das Land der Dichter und Denker hatte zwar den Weltkrieg verloren, aber: hatte der Hellenismus nicht auch gegen Rom verloren, den geistigen Krieg aber gewonnen?

Roms Elite lernte bei den griechischen Denkern die Weisheit der Welt. Die Gewinner unterwarfen sich den Verlierern.

Bloom verwies etwa auf Nietzsche, der dem „Wert-Relativismus und Historizismus“ Tür und Tor geöffnet hatte, auf die Soziologie Max Webers, die Philosophie Heideggers, die Psychologie Freuds, Fromms und Marcuses.

„Diese popularisierende Verpflanzung der deutschen Philosophie – the German Connection – habe entscheidend dazu beigetragen, die ethische Fundamentierung der amerikanischen Demokratie zu untergraben: „The new American lifestyle has become a Disneyland version of the Weimar Republic fort he whole family.“

Im nivellierenden Prozess der amerikanischen Aneignung wurde daraus „nihiism with a happy ending, ein Nihilismus ohne Bewusstsein der Gefahr und der Abgründe.“ (Kodalle, Gott und Politik in USA)

Der deutsche Untergangsgeist kostümierte sich in Amerika mit Disney-Flair und wurde zum Entertainment, das die Siegernation mit Trallala und Hollywood unterhielt.

Hier entstanden Trumps TV-Qualitäten. Nichts ist so ernst, dass man es nicht mit Hundekacke parfümieren kann.

Deutschland war begeistert über Marylin Monroe, John Wayne, Elvis Presley, schreckliche Zukunftsfilme, Pop-Musik, Bob Dylan etc.

Dass die Amerikaner ernsthafte Christen waren, wurde von den Deutschen ignoriert. Aber nicht ganz: die Flut der importierten amerikanischen Predigten verdrängte hierzulande die verhängnisvolle Rolle der Kirchen bei den Nazis.

Also schnell ein Sündenbekenntnis abgelegt und alles schien wieder in Ordnung:

„… wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“

Nicht brennender geliebt: das traf ins Herz.

Die Deutschen erarbeiteten sich die lügenhafte Legende: amerikanischer Glaube und Fortschritt war nichts anderes als die deutsche Synthese aus Philosophie und Theologie: die CDU konnte in Adenauer’scher Qualität aus dem Bonner Boden wachsen.

Auf dem Grund dieser kollektiven Lügen entstand die Bundesrepublik. Ein Hitler-Anhänger wie Carl Schmitt wurde zum Vorbild deutscher Gelehrter, der Unterschied zwischen Aufklärung und Gegenaufklärung verschwand auf Nimmerwiedersehen.

Nietzsche und Heidegger wurden als deutsche Heroen verehrt. Heidegger und Augstein wandelten durch den Schwarzwald, weil der SPIEGEL-Mann endlich wissen wollte, was den Liebhaber Hannah Arendts auszeichnete.

Zusammen mit dem unbesiegbaren Militär wuchs die amerikanische Religion zur geistigen Siegerin der Nation. Die Frage ist nur: haben die Amerikaner die historische Substanz ihrer Religion erkannt?

Wie war es möglich, dass die kleine und armselige Sekte der Christen in das römische Reich eindringen und die damalige Welt-Nation erobern konnte?

„Unsere Heimat ist im Himmel“, beschreibt Paulus die Haltung jener Epoche, in der die Christen die baldige Wiederkunft ihres Herrn erwarteten. Die Erde, die Welt, wurde so zwangsläufig zur Fremde. „Liebet nicht die Welt noch das, was in der Welt ist“, heißt es im Johannesbrief. „Der Christ ist ein Fremdling in dieser Welt, er ist ein Bürger des himmlischen Jerusalem“, schreibt Tertullian. Die Welt gehört Gott, die Dinge dieser Welt aber dem Teufel. Rom wurde zur großen Hure. Je schneller es mit Rom zu Ende ging, desto schneller ging es auch mit der Welt zu Ende, und man trat in das einzig wahre Vaterland, den Himmel ein.“ (Manfred Clauss, Ein neuer Gott für die alte Welt)

Nun weiß jeder, dass Amerika ein reiches Land ist. Ist das Christentum die Religion der Reichen?

Nicht in Rom.

„Die Kirchenväter predigten ein „fremdartiges Leben, eine fremdartige Lebensführung. Dazu gehörten asketische Praktiken und Fasten, das Auf-Der-Erde-Schlafen, Nachtwachen sowie das Sich-Lossagen von Heimat, Verwandten, Gütern und Besitz. „Sie kreuzigten sich selbst der Welt.“ (ebenda)

Wie passt das mönchische Asketentum zur üppigsten Wohlstandsgesellschaft der Welt?

Wer dieser Frage nachforscht, erlebt etwas Merkwürdiges. Im modernen Amerika sind die Dinge auf den Kopf gestellt.

Andrew Carnegie, ein reicher Amerikaner, schrieb ein Buch mit dem Titel: „Das Evangelium des Reichtums.“ Darin das Kapitel: Das beste Feld für Menschenliebe, womit der Reichtum gemeint war. Armut war Sünde, Reichtum göttlicher Segen. „Ein einziger Mann oder ein einziges Weib, dem es gelingt, behäbig vom Betteln zu leben, ist der Gesellschaft gefährlicher und für den Fortschritt der Menschheit ein größeres Hindernis als zwanzig wortreiche Sozialisten. Pflicht des Millionärs ist, sich zu entschließen, nicht mehr für Dinge zu geben, von denen ihm nicht zur Genüge erwiesen dünkt, dass sie es verdienen. Wer dem einzelnen Bettler gibt, begeht ein schweres Unrecht. Wie ich sie kenne, gibt es sehr wenige Millionäre, die von der Sünde, Bettler gemacht zu haben, rein sind. Das Evangelium des Reichtums ist nur der Widerhall der Worte Christi.“

Wir sehen, die biblische Botschaft ist für Amerikaner die Aufforderung, reich zu werden und die Armut als Sünde zu vermeiden. Es waren diejenigen, die ihr Kapital angehäuft und sogar verdoppelt hatten, zu denen der Herr sagte: „Wohlgetan, du guter und getreuer Knecht: du hast über weniges treu gewaltet, ich will dich über vieles setzen: nimm teil an der Freude deines Herrn.“

Handelt der Millionär nach diesem Rate, so wird es seine Pflicht, seine Einkünfte zu vermehren. Der Kampf um mehr ist dann völlig frei vom Makel der Selbstsucht oder des Ehrgeizes und wird ein edler Beruf. Er arbeitet dann nicht mehr für sich, sondern für andere, nicht um aufzuhäufen, sondern um auszugeben.“

An welchem Punkt sind wir angekommen? Bitte festhalten: bei Hayek und dem Neoliberalismus. Der Österreicher brachte keine neue Botschaft, sondern eine uralte den biblischen Amerikanern: reich sein ist moralisch gut, die Armen hole der Teufel.

Das war die Botschaft, auf die der deutsche Kanzler Schröder sehnsüchtig gewartet hatte. Ein deutscher Sozi ist doch kein Anbeter von Faulenzern, sondern ein tüchtiger Konstrukteur von VWs, mit der jedermann in die Welt düsen kann.

Die Deutschen waren keine selbständigen Denker, sie imitierten nur ihre Befreier. Das hat sich bis heute keinen Deut geändert.

Ihre „Westbindung“, die sie angeblich weltenweit von Putin trennen soll, ist eine kritiklose Verbindung mit ihren Befreiern, in der sie jugendliche Nachahmer spielen.

Jetzt sind sie bereits mehr als ein halbes Jahrhundert von der Gewalt ihrer Völkermörder befreit und noch immer hängen sie distanz- und kritiklos am Bändel ihrer demokratischen Erzieher.

Eine wahre Demokratie darf keine einseitige Bindung haben, schon gar keine kritiklose. Was wir brauchen, sind Völker mit planetarischen, von Humanismus geprägten Weltbindungen. Hier auf einseitige Westbindungen zu pochen, um gesinnungstreuen Hass gegen Putin zu pflegen, ist Wahnsinn.

Die Völker der Welt müssen zu einer wahrhaften Weltdemokratie zusammenwachsen. Wenn sich jetzt einige BRICS-Staaten zusammentun, um den bislang geltenden Vorrang des christlichen Westens zu unterlaufen, kann es nicht die Pflicht Berlins sein, sich an einem neuen Kalten Krieg zu beteiligen. Wir haben nach allen Seiten unsere Arme auszubreiten und mit allen Völkern ökonomisch und ökologisch zu kooperieren.

Alles andere wäre Unterstützung eines ultrachristlichen – und ultrajüdischen – apokalyptischen Siegeswillens.

Das religiös gewordene Amerika hat sich seit den 70er Jahren mit dem religiös gewordenen Israel zu einer Phalanx zusammengeschlossen, um die gottlose Welt gemeinsam an die Leine zu nehmen.

Die kopflos gewordenen Deutschen können nicht unterscheiden zwischen kritischer Loyalität und blindem Gehorsam.

Inzwischen nehmen kritische Israelis ihr Schicksal selbst in die Hand und appellieren an Freunde in aller Welt, sie gegen ihre unsägliche Regierung zu unterstützen:

„Rund 1.000 Autoren und Verlagsleute fordern, israelische Kulturinstitutionen zu boykottieren, darunter auch die irische Schriftstellerin Sally Rooney. Mehr als 1.000 Schriftsteller und Verlagsmitarbeiter, vor allem aus Großbritannien, haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie sich verpflichten, israelische Kulturinstitutio­nen zu boykottieren, die „sich an der Unterdrückung der Palästinenser mitschuldig machen oder stille Beobachter geblieben sind“. Das berichtet der britische Guardian. Zu den bekanntesten Unterzeichnern des Aufrufs gehören Sally Rooney, Arundhati Roy und Rachel Kushner. Sie wollen nicht mit israelischen Verlegern, Festivals, Literaturagenturen und Publikationen zusammenarbeiten, die „an der Verletzung palästinensischer Rechte beteiligt sind“, „diskriminierende Richtlinien und Praktiken“ anwenden oder sich der „Schönfärberei und Rechtfertigung der israelischen Besatzung, Apartheid oder des Völkermords“ schuldig machten.“

Amerikanische Biblizisten haben sich seit dem Aufkommen der Neocons mit Israel verbündet, um das Neue Jerusalem und die Herrschaft über die Welt zu erobern. Doch sie rechnen damit, dass sich alle Juden rechtzeitig zu Christen bekehren werden, damit der Herr kommen kann.

Das aber ist eine infame List, um die Juden an sich zu binden. Was aber, wenn diese gar nicht daran denken, sich den Christen zu unterwerfen?

Dann wird mit Sicherheit das unfassliche Ende eintreten.

Fortsetzung folgt.