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Weltdorf LXXVII

Hello, Freunde des Weltdorfs LXXVII,

die Große Koalition hat uns angelogen. Oberlügnerin ist Merkel, der es gelang, ihre Gnadenlosigkeit blitzschnell in eine samaritanische Liebestat umzulügen. Die Grenzschließung war bereits beschlossen. Doch die ausführenden Organe scheiterten an Merkels Auftrag, die hartherzige Tat als Akt der Nächstenliebe erscheinen zu lassen:

„Demnach gab es am Samstag, dem 12. September, um 17.30 Uhr eine Telefonkonferenz, an der Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kanzleramtschef Peter Altmaier, Innenminister Thomas de Maizière (alle CDU), der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sowie der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und SPD-Chef Sigmar Gabriel teilnahmen. In dieser Telefonkonferenz vereinbarten sie nicht nur, am Folgetag um 18.00 Uhr Grenzkontrollen einzuführen. Vielmehr einigten sich die Spitzenpolitiker ebenfalls darauf, dass Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden sollen. Die Zurückweisung von Flüchtlingen scheiterte im Herbst 2015 also nicht, wie bisher vermutet, an mangelndem politischem Willen. Vielmehr war die politische Entscheidung dafür bereits gefallen. Es fand sich in der entscheidenden Stunde nur kein führender deutscher Politiker, der bereit war, die Verantwortung dafür zu übernehmen.“ (WELT.de)

Erkenntnisse des WELT-Journalisten Robin Alexander, die er in seinem Buch „Die Getriebenen, Merkel und die Flüchtlingspolitik“ zusammenfasste. Kein Echo aus deutschen Medien. Ist die Enthüllung des Buches zu bestürzend, als dass eine ungläubige Öffentlichkeit reagieren könnte? Oder ist sie zu trivial, da man Regierenden ohnehin alles zutraut?

Hier offenbart sich die deutsche Schizophrenie: Moral – in der edlen Version des Anstands – versteht sich von selbst. Doch wehe dem, der das Wort Moral in den Mund nimmt oder gar den Zeigefinger erhebt. Geht es um höhere Interessen, ist Lügen notwendig und unvermeidlich. Die heilige Lüge ist geradezu ein

Dienst an Gott. Für Machiavelli war die Kunst des Lügens ein Akt der Staatsraison. Wie ein Alter formulierte:

„Der politicus oder der kluge Mann, muss können simulieren und dissimulieren, und, wenn er eine Staats- und Nothlüge redet, nicht roth werden.“ Man müsse nur dafür sorgen, dass das Lügen nicht an den Tag komme, denn „sonst wird der andere misstrauisch gegen dich“.

Rot wird Merkel nie, wenn sie im heiligen Dienst lügt und betrügt. Doch jetzt beging sie einen entscheidenden Fehler: sie hat sich erwischen lassen. Ihre caritative Erleuchtungstat war nicht das Produkt ihrer durchdachten Menschenliebe, sondern eine pfäffische List, aus der Not eine Tugend zu machen. Machiavelli hätte sie in den Club der mit allen Wassern gewaschenen Feldherren und Staatsmänner aufgenommen. Nach Christiane Hoffmann, SPIEGEL, leben wir allerdings nicht mehr unter der Ägide von Männern, sondern bereits im Matriarchat, dem Reich der Mütter.

„Die Begeisterung für Schulz hat ja offenbar viel damit zu tun, dass er so anders ist als Angela Merkel: kraftvoll, neu, authentisch. Manchmal denke ich, es gibt vielleicht auch eine Sehnsucht, dass wieder ein Mann ins Kanzleramt einzieht. Nach all den Jahren des Matriarchats: endlich wieder ein Mann. Das wäre der schlechteste Grund.“ (SPIEGEL.de)

Der Geschlechterkampf hätte die Herrschaft der Männer längst beendet und niemand – außer Hoffmann – sollte es bemerkt haben? Überall in der Welt werden die Frauen wieder mit unvorstellbarer Gewalt diskriminiert und malträtiert – nur Deutschland soll das Land der seligen Mütter sein?

Die ZEIT hat – wie lange hat es gedauert? – die Pastorentöchter, die dominanten Ossifrauen, die protestantischen Edelschreiberinnen entdeckt. Was verbindet Angela Merkel mit Katrin Göring-Eckardt, Frauke Petry? Dass sie im Glauben ihre Heimat gefunden haben. Selbst Wagenknecht würde gern glauben, doch, ach, das materielle Sein hat es ihr versagt. Ist Marxismus aber nicht auch ein Glauben? Glauben ist Glauben: wer in Deutschland an Zeus, Marx oder Vitzliputzli glaubt, ist Zwangsmitglied im Reich des Glaubens.

Dass der Glaube an die matriarchale Natur dasselbe sein soll wie der an einen naturzerstörenden Omnipotenzmann, ist hierzulande ausgemacht. Das blinde Fürwahrhalten, nicht der Inhalt des Glaubens, soll entscheidend sein. Der christliche Glaube der meisten Deutschen hat mit der Bibel nichts zu tun. Sie beziehen sich zwar auf eine historische Konfession, doch ihre Kenntnis der Heiligen Schrift ist gleich null. Ihr Glaube ist ein wolkiges Bekenntnis zum Gutsein oder an eine höhere Macht, für Gehorsamsübungen aus dem Bereich fleißiger Schriftlektüre aber fühlen sie sich nicht zuständig. Wer sie mit „inhumanen Zitaten“ der Schrift attackiert, den halten sie für einen hinterhältigen Fundamentalisten – ob er selbst daran glaubt oder nicht.

Man könnte es für einen riesigen Sieg der Aufklärung halten, wenn totalitäre Verse einer Offenbarung keine Chance mehr haben bei den meisten Abendländern. Doch es gibt einen Haken. Wer sich zu einer Religion bekennt, die sich auf ein heiliges Buch beruft, segnet automatisch – ob er will oder nicht – die Taten jener Religionsfanatiker ab, die sich auf den Wortlaut der Schriften berufen können. Die Überzeugung: terroristische Hassaktionen würden Religion durch Schrifttreue missbrauchen, lässt sich schwerlich halten, wenn die Buchstabengläubigen nichts anderes taten, als dem Sinn der Sprache zu folgen.

Was würde man einem Juristen sagen, der aus der Würde des Menschen folgern würde, man dürfe einen Angeklagten Folterknechten überlassen – wie der zukünftige Bundespräsident es im Falle Kurnaz für richtig hielt? In allen Texten dieser Welt gilt unbedingte Sprachtreue, nur in heiligen Büchern solle man beliebig herumpfuschen dürfen?

Wie wäre es, sich von menschenfeindlichen Texten – und seien es die heiligsten – unzweideutig zu distanzieren? Die Inhalte einer totalitären Offenbarung schärfstens zu kritisieren?

Deutsche Christen wollen mit inhumanen Deutungen der Schrift nichts zu tun haben – und ermöglichen es Fanatikern dennoch, ihre Untaten biblisch zu begründen. Man kann den Kuchen nicht haben, den man aufgegessen hat. Man kann keinen schriftbegründeten Glauben haben, dessen schriftliches Fundament man verwirft. Deutsche wollen gegen heilige Autoritäten kritisch sein – indem sie sich ihnen unterwerfen.

Das ist der Riss in ihrer kollektiven Biographie: sie fühlen sich aufgeklärt, indem sie sich einem aufklärungsfeindlichen Buch unterwerfen. Jedes Wort, das sie benutzen, jeder Satz, den sie formulieren, ist von einer gefährlichen Ambivalenz. Ja, es scheint, als ob sie die Ambivalenz zu keinem anderen Zweck erfunden hätten, als ihrem zerrissenen Nationalcharakter einen Auslauf zu geben.

Warum ist Ambivalenz so gefährlich? Weil sie gestattet, X zu sagen und non-X zu tun. Ambivalenz ist keine harmlose Polarität bei Dingen, die zwei verschiedene Seiten haben, sondern die Einladung zur perfekten Tarnung und Heuchelei.

Die Welt besteht aus Licht und Schatten, aus Werden und Sein, aus Ruhe und Bewegung. Diese verschiedenen Seiten einer Medaille schließen sich nicht aus, sondern bedingen sich gegenseitig. Heraklits „alles fließt“ war kein Gott-Teufel-Dualismus, sondern die Einheit polarer Eigenschaften. „Die Welt ist eine Einheit, ein ewig lebendiger Prozess des Werdens und Vergehens uns steter Wandlung seiner innersten Substanz. Über diese Einheit dürfen auch die wahrnehmbaren Gegensätze nicht hinwegtäuschen, die, nur scheinbar und relativ, in einem fortwährenden fließenden Übergang ineinander begriffen sind und die unsichtbare Harmonie dem kurzsichtigen Beobachter verhüllen.“ (Wilhelm Nestle)

In einer psychischen Ambivalenz aber schließen sich kontradiktorische Gegensätze aus. Wer seine nationalen Grenzen schließen will, will sich fremde, hilfesuchende Menschen vom Leibe halten. Wer X sagt, aber non-X tut – und sich dennoch auf X beruft, ist entweder schizophren oder ein abendländischer Berufsheuchler. Seine Gehässigkeit gibt er als Liebe aus. Seine Liebe ist gefährlicher als offenkundiger Menschenhass.

Besteht eine Religion aus widersprüchlichen Moraldevisen, legítimiert sie jede Schandtat mit der Liebe Gottes. Die Heilige Schrift der Christen ist eine einzige Ambivalenz-Orgie. Zu jedem Imperativ lässt sich bei ihr ein Gegenimperativ finden. Wer die Völker der Welt mit Liebe missioniert, die alle „teuflischen Instinkte“ absegnet, dessen Religion ist eine Kriegserklärung gegen die ganze Welt.

Eine humane Moral besteht auf Widerspruchslosigkeit. Sie schließt aus, was sie für falsch hält. Was nicht bedeutet, Menschen zeigten kein widersprüchliches Verhalten. Wer aber mit sich ins Reine kommen will, macht sich auf die Suche nach seinen – oft unbewussten – Widersprüchen, um sie durch Verstehen zu überwinden. Selbstbewusste Menschen lernen sich wahrzunehmen, auch wenn das Aufdecken ihrer subliminalen Widersprüche schmerzlich sein kann.

Die Antinomie der christlichen Religion ist ein Freifahrtschein für alle Verhaltensweisen dieser Welt, von zwangsbeglückender Liebe bis zum weltvernichtenden Hass. Das ist auch der Grund für den welterobernden Triumph dieser Religion. Alles ist erlaubt, nichts ist verboten, wenn es nur im Namen des Heiligen geschieht.

Die Antinomie ist nicht selten schichtenmäßig aufgeteilt. Während die einfachen Gläubigen einem harten Moralkodex unterworfen werden, können die klerikalen Eliten alle Register von seelsorgerlicher Fürsorge bis zur Inquisition ziehen.

Trumps Einflüsterer Bannon bezieht sich auf die Worte Jesu: ein gesunder Baum bringt gesunde Früchte, ein kranker bringt kranke Früchte. Ein wiedergeborener Christ ist per se ein gesunder Baum. Alles, was er tut, muss aus diesem Grunde gesund sein. Irrtümer und Fehler sind ausgeschlossen. Trump ist innerlich perfekt. Was immer er tut, es muss richtig sein – weil er es tut.

Das Ärgernis an Trump, besonders in Deutschland, entstammt zwei moralischen Erwartungshaltungen, die nicht übereinstimmen können. Offiziell erwarten die Deutschen eine rational-widerspruchslose Moral, inoffiziell spüren sie, dass diese Erwartung nicht stimmen kann. Die letzten Reste ihres Kinderglaubens suggerieren ihnen, dass es im Reich des Heiligen keine Widerspruchslosigkeit geben kann. Würden sie ihrem intuitiven Wissen folgen, könnten sie von einem antinomischen Trump nicht mehr überrascht werden.

Ihr rationales Ich krümmt sich beim täglichen Widerspruchstheater eines haltlosen – aber von Gott gesegneten – Selbstdarstellers. Ihr religiöses Tiefen-Es aber signalisiert: vielleicht liegt der göttlich-teuflische Irrwisch gar nicht so falsch. Solange die amerikanischen Gegner Trumps nicht ihre religiösen Ambivalenzreste aufarbeiten, bieten sie ihrem Gegner die unbewusste Chance, sich bei ihnen durch Gewöhnung einzuschleichen. Eines Tages haben sie sich so an ihn gewöhnt, dass sie sich verwundert fragen könnten: was eigentlich hatte ich gegen dieses Prachtexemplar eines Amerikaners?

Auch Merkel spielt virtuos auf der Klaviatur des alles erlaubenden Widerspruchs. Noch immer ist sie nicht von der Obergrenze abgerückt, obgleich sie sich längst – durch Abschrecken, Einmauern und Bestechen afrikanischer Despoten – einer minimalen Untergrenze nähert. In Deutschland ist dies noch weniger ein Problem als in Amerika, weil ein bedeutender deutscher Philosoph alle Widersprüche als Voraussetzungen höherer Wahrheiten bezeichnete. Mit Hegels Segen faseln sie sich seitdem quer durch die Welt, in der Meinung, ihr dauererregtes Lallen müsse irdisches Zungenreden sein.

In den Porträtversuchen der ZEIT gibt Merkel zu, dass biblische Einsichten nicht fürs normale und politische Leben taugen. Sie ist stolz auf eine Ethik, die zum täglichen Nießbrauch untauglich ist.

„Man könne nicht mit der Bibel in der Hand Politik machen, findet auch Göring-Eckardt. Und wieder Merkel: „Ich werde immer etwas stutzig, wenn gerade Christen in den schwierigsten Fragen zu allzu schnellen Ergebnissen kommen wollen.“ Der Glaube ist für sie eher Schutz als Programm, „Schutz vor Allmachtsfantasien“ hat es Merkel genannt, Schutz auch vor überzogenen Erwartungen an sich selbst, weil „wir unvollkommen sind“ – auch das hat Angela Merkel gesagt. Das ist die Lehre aus der DDR. Das ist der Grund dafür, dass christliche Frauen aus dem Osten alles mitgebracht haben, um ganz nach oben zu kommen: weil sich Geschichte und Einsicht verbinden.“ (ZEIT.de)

Gerade die Bibel besteht aus nichts anderem als männlichen Allmachtsphantasien. „Siehe, der Mensch ist worden wie unsereiner“, sagte Gott nach dem Sündenfall. Der Psalmist unterstreicht die unvergleichliche Hoheit des Menschen:

„Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, und des Menschenkind, daß du sich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht denn Gott, und mit Ehre und Schmuck hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk; alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Ochsen allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und was im Meer geht.“

Allmachtsfantasien sollen vor Allmachtsfantasien schützen? Solcher Unsinn kann nur im dialektischen Sumpf blühen. Dialektik war die Hauptdisziplin des Westens und die marxistische Revolutionsdisziplin des Ostens.

Was wäre die logische Folgerung aus dem „Schutz vor Allmachtfantasien“? Wäre das nicht die Demut, auf Macht und Allmacht zu verzichten? Und ausgerechnet diese Demut wäre der Antrieb der Ossi-Ladies gewesen, im westlich dominierten Gesamtdeutschland Karriere zu machen? Was für ein Unfug.

Stopp – und dennoch kein Unfug. Denn biblische Demut ist nur das Täuschungsmanöver eines unbedingten Willens zur Macht: wer unter euch der Erste sein will, sei euer Letzter. Gott ist in den Schwachen mächtig. Wer sich nun selbst erniedrigt wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich.

Die Demut der frommen Ossidamen war die beste Voraussetzung für ein politisches Vorwärtskommen bei westlichen Männern – die die ostentative Demutshaltung besonders schätzten. So lange, bis es zu spät war und die arroganten Spezialistinnen der Demut still und leise an ihnen vorüberzogen.

Die Waffenüberlegenheit des Quartetts – Wagenknecht war nur die atheistische Ausnahme, die die Regel bestätigte – bestand darin, den westlichen Machos zu signalisieren: und ihr wollt christlicher sein als wir, die wir den gottlosen Sozialismus bekämpft haben? Der „Sieg“ der Damen über die Atheisten legte Zeugnis ab von ihrer Glaubensüberlegenheit. Das imponierte dem Schlendrianglauben der Wessimänner, die ihr schlechtes Gewissen besänftigen wollten, indem sie das Fortkommen der Damen kräftig unterstützten – bis sie selbst in die Röhre guckten.

Die Ossifrauen waren es gewöhnt, mit ihrem Glauben zurückhaltend zu sein. Der Sozialismus war zwar klug genug, die Religion nicht aktiv zu bekämpfen. Dennoch galt der archaische Messianismus als Vorstufe des wissenschaftlichen Messianismus, den es zu überwinden galt.

Die demütige Wortkargheit galt im Westen als Zeichen von Glaubensfestigkeit. „Wenn ihr aber betet, sollt ihr kein unnützes Geschwätz machen wie die Heiden; denn sie meinen, dass sie um ihrer vielen Worte willen Erhörung finden werden.“ Warum ist Merkel so rede-unwillig? Weil der Fromme einst Rechenschaft ablegen muss über jedes unnütze Wort.

„Das öffentliche Reden über Glauben ist etwas, das diese Frauen lernen mussten. „Lange Zeit habe ich über alles Mögliche geredet, nur nicht über meinen Glauben“, hat Katrin Göring-Eckardt gesagt, und Merkel zeigte sich lange Jahre kaum als Protestantin. Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass der Glauben einst zu DDR-Zeiten etwas war, das man lieber im Privaten hielt. Über Angela Merkel ist jedenfalls bekannt, dass sie es nicht sonderlich schätzt, wenn das Christliche aufgesetzt daherkommt.“

Sie wollen Täterinnen des Wortes sein, nicht bloße Schwätzerinnen. Haben sie mit ihrem vorbildlichen Glauben nicht den Sozialismus überwunden?

Wann kommt das Christliche aufgesetzt daher? Wenn es sich anheischig macht, eine „christliche Politik“ im Spiegel der Schrift unter die Lupe zu nehmen. In der DDR war das nicht nötig. Jedenfalls bei Kasner, dem Vater Merkels, für den der Sozialismus nur die irdische Ausgabe seines christlichen Glaubens war. Eines Tages würden sich die Sozialisten dem überlegenen Messianismus der Christen beugen. Viele Worte machen, würde hier nicht helfen. Sondern nur das vorbildliche Tun in stillen Werken.

Sie wissen, dass sie unvollkommen sind – das macht sie immun gegen jede konkrete Kritik, die sie mit Floskeln ihres gut gemeinten Willens abschmettern. Der unvollkommene Mensch kann nur eine unvollkommene Politik treiben. Das ist die religiöse Basis des endlosen Dahinwurschtelns. Da der Mensch sich nicht grundsätzlich verbessern kann, ist ein Pfusch so gut wie der andere. Hauptsache, man hat sich bemüht. Eine utopische Lernpolitik wäre Hybris, die von Gott bestraft wird.

Waren in der DDR die Frauen wirklich gleichberechtigt? Die oberste Führungsklasse bestand nur aus Männern. Dennoch waren die Frauen auf vielen Ebenen bedeutend einflussreicher als ihre westdeutschen Schwestern. Das bestärkte ihre Überlegenheit über Wessifrauen und labile Wessimänner, die stets ein schlechtes Gewissen hatten wegen der immer noch existenten Benachteiligung der Frauen.

Die überlegene Emanzipation der DDR-Frauen verschuf ihnen ihre gegenwärtige Überlegenheit im Kapitalismus: „Ihre Weiblichkeit passt in unsere Zeit flexibler Identitäten, so können Frauen alles sein: Kanzlerin, Spitzenkandidatin, Parteivorsitzende, Ehefrau, Mutter oder auch nicht. Keine der Rollen steht länger im Widerspruch mit einer anderen.“

Ausgerechnet in Ossiland lernten die Frauen, sich zu künftigen Superkapitalistinnen zu entwickeln. In der DDR hatten ehrgeizige Frauen die Möglichkeit, ihren DDR-Männern unter die Weste zu jubeln: mit Wessikapitalisten könnt ihr nicht mithalten, ihr lächerlichen Planerfüller, die ihr dem Lebensstandard des Westens ständig hinterher schleicht. Direkt an der Grenze zum Westen war der Systemvergleich der Männer besonders ätzend.

Warum stehen fast alle Ossimänner unter dem Pantoffel ihrer Frauen? Weil sie spürten, dass ihre Westkonkurrenten für sie uneinholbar waren. Diese Schwäche nutzten die Sozialistinnen knallhart aus. Wie viele Ossimänner haben ihre Familien Hals über Kopf verlassen?

Ossi-Christen sind überzeugt, ihr Glaube habe die Welt überwunden. Die Welt des maroden Sozialismus. Und Hauptträgerinnen des Glaubens waren die Frauen. Räumten sie ein System aus dem Weg, werden sie es auch schaffen, das nächste zum Verschwinden zu bringen. Heißt das, sie wollen den Kapitalismus genau so überwinden wie einst den Sozialismus?

Sahra Wagenknecht bestimmt. Die drei anderen weniger. Für Merkel sind alle irdischen Systeme von gleicher Minderwertigkeit. Im Gegensatz zu ihrem Vater ist der Kapitalismus für sie nicht sündiger als der Sozialismus. Den Neoliberalismus akzeptiert sie, wie Gott ihn schuf. Politisch ist sie Mitläuferin der Heilsgeschichte. Wenn Gott im Regimente ist, hat der Mensch nicht zu klügeln. Das bestehende Wirtschaftssystem zu verändern, wäre vergebliche Liebesmüh. Wahre Christen haben es nicht nötig, ihre innere Befindlichkeit mit einem Wirtschaftssystem in Verbindung zu bringen. Denn ein Christ ist fähig, in jedem System zu überleben.

„Wer diese vier Frauen besser versteht, versteht also die Republik besser. Der weibliche protestantische Osten dominiert das Land. Man weiß nur noch nicht, wohin das führen wird.“

Kann man ergo von einem protestantischen Matriarchat sprechen, wie Christiane Hoffmann behauptet? Inhaltlich auf keinen Fall. Ein echtes Matriarchat ist mit einem naturfeindlichen Patriarchat unverträglich.

Das ist die Crux der westlichen Frauenbewegung, sich innerhalb einer frauenfeindlichen Ökonomie emanzipieren zu wollen. Vor mehr als 2000 Jahren wechselten viele Frauen zum neuen Glauben des Christentums, weil Jesu Botschaft den Mächtigen dieser Welt den Vernichtungskampf angesagt hatte. Sie widersetzten sich der Macht der irdischen Männer, indem sie sich der Allmacht eines überirdischen Mannes unterordneten.

Das war die Falle, die sie bis heute noch nicht durchschaut haben. Irrigerweise gehen sie davon aus, der Glaube an einen überirdischen Männergott werde sie im Kampf gegen die irdischen Männer bestärken. Solange sie überzeugt sind, durch Glauben an einen jenseitigen Übermann die Supermänner der Welt aus dem Weg räumen zu können, solange werden sie ihre wahre Emanzipation verpassen.

Dennoch könnte das Regiment der Ossi-Frauen ein Fortschritt sein. Immerhin schafften sie es – was ihren Wessi-Schwestern kaum gelang –, sich der demütigen Salbung des erigierten Machtphallus zu entziehen und ein erhebliches Stück der Macht zu erbeuten. Den Männern die Macht streitig zu machen, daran führt kein Weg vorbei.

Christus war der Gesalbte. „Im Osten wurde der Lingam oder erigierte Penis der Götterstatue mit heiligem Öl gesalbt, damit er seine Braut leichter penetrieren konnte. Die Worte des Psalmisten „Du salbest mein Haupt mit Öl“ kommen vom alten Brauch, den Penis des Gottkönigs zu salben.“ (Walker)

Bis jetzt taten die Frauen alles, um vom Manne widerstandlos penetriert zu werden. Das genügt dem modernen Mann nicht mehr. Er will sich von der Lust der Frau und ihrem Nachwuchs gänzlich lösen und sucht seine Triebabfuhr bei leblosen Maschinen. Schon vor 1000en von Jahren hatten heidnische Tempelfrauen einen phänomenalen Einfall:

„Bei den Heiden entjungferten sich die Tempeljungfrauen selbst mit dem geschnitzten Phallus des Gottes.“

 

Fortsetzung folgt.