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Weltdorf LXII

Hello, Freunde des Weltdorfs LXII,

das Weltdorf wird liquidiert. Grenzzäune werden gezogen, unendliche Mauern errichtet.

Wir zuerst. Vor allem Wir. Wir allein. Wir sind die Maßgebenden, die Besonderen, die Wichtigen, die Rechtwinkligen an Leib und Seele. Die Anderen? Müssen unseren Interessen dienen. Dualismus, die Spaltung der Welt in Relevante und Irrelevante, ist der Triumph der Ungleichheit über die Ebenbürtigkeit.

In der Demokratie sind alle Menschen gleich; in der Meritokratie – der Arena der Tüchtigsten und Besten – geht die Ungleichheit ins Endlose. Würde ist der Tod jeder Meritokratie, Meritokratie der Tod jeder Demokratie.

Das allpräsente Ranking, die Dominanz der Eliten, das unaufhörliche Ermitteln der Rangordnung, die unendlichen Stufen des Seins, die Hierarchie der Besonderen, der Drang zum Aufstieg, der Zwang zur Brillanz, die Abscheu vor gleichem Wert: die Sucht nach Unvergleichlichkeit bestimmt alle Nuancen des Daseins. Individualismus, das Geschenk der unerschöpflichen Natur, wurde zum Synonym für Erwählung, die die Geschöpfe der Natur aufspaltet in Selige und Verfluchte.

Menschen sind unvergleichlich – in gleicher Wertigkeit und Würde. Würde ist unverträglich mit neoliberaler Hackordnung, Unterschiedlichkeit des Besitzes und kreativer Brillanz. Brillieren in der Kunst des Reichwerdens, im Erfinden von Maschinen trägt nichts bei zur demokratischen Reife und Mündigkeit.

Vollmundig begann das Grundgesetz mit der Hymne an die Würde, kleinlaut ging es in die Knie vor dem Eigentum, das zu Nichts verpflichtet. Würden die Deutschen nur einen Tag lang die Würde des Menschen unangetastet lassen, weder ökonomisch begrapschen noch durch elitäre Anmaßung schänden, wäre die BRD am nächsten Tag nicht mehr wiederzuerkennen. Es wird Zeit, dass Deutschland seine Grundlagen

 klärt und erneuert. Schon nach dem Fall der Mauer hätte die Verfassung im Ganzen neu durchdacht und reformuliert werden müssen. Doch noch heute halten die deutschen Eliten das Grundgesetz für perfekt und unübertrefflich. Wen die Götter vernichten wollen, den bestrafen sie mit Überheblichkeit.

„Es ist diese Einstellung – die Ablehnung der Idee der Gleichberechtigung im politischen Leben, im Gebiet jener Probleme, die die Gewalt von Menschen über andere Menschen betreffen – die ich verbrecherisch nenne. Unsere intellektuelle und sittliche Erziehung ist korrupt. Sie ist verdorben durch die Bewunderung der Brillanz. Sie ist verdorben durch die romantische Idee des Glanzes auf der Bühne der Geschichte, auf der der wir alle Schauspieler sind. Wir sind dazu erzogen, bei allen unseren Handlungen die Galerie im Auge zu behalten.“ (Popper)

Kaum ging Heilsbringer Obama fast unverrichteter Dinge von der Bühne, inszenieren die Deutschen mit matter Imitation eine Erlöserfigur der Proleten. Populisten sind immer die Leitfiguren der anderen, die eigenen sind die wahren Heilsfiguren.

Nicht der unaufhaltsam-brillante Aufstieg garantiert die Führungsqualitäten, sondern die gebrochene Karriere. Einmal muss man gescheitert sein, damit durch Wiederauferstehung die wahre Berufung bewiesen werden kann. Siegen durch Demut ist die neuerwachte religiöse Erfolgsmasche, die nicht nur von der Pastorentochter beherrscht wird.  

Mit stolz angepriesener Nächstenliebe will der neue Außenminister – der sich eigenhändig geköpft und neu gekrönt hat – die internationale Krise entschärfen. Es ist ja nicht so, dass wir keine ethischen Verkaufsschlager im Sonderangebot hätten. Wer bietet mehr als die christliche Agape – die genau genommen nichts ist als die Goldene Regel aller Völker: den Nächsten zu lieben wie man sich selber liebt – mit Ausnahme der ewig Verdammten, versteht sich.

Demütig ist er und reitet auf einem Esel, auf dem Füllen einer Eselin. Er wird die Streitwagen ausrotten aus Ephraim und die Rosse aus Jerusalem. Seine Herrschaft reicht von Meer zu Meer, vom Euphrat bis an die Enden der Erde.“

„Wir werden uns abgewöhnen müssen, von allem und jedem geliebt zu werden“, mahnt Herfried Münkler. Kann man geliebt werden ohne selbst zu lieben? Oder glaubt der Historiker, die Deutschen seien derart liebenswert, dass die Nationen der Welt sie lieben müssten?

Die amerikanische Erfolgsstory vom Tellerwäscher, wahlweise Trunkenbold, zum Champion wird nun in der BRD inauguriert. Schon die Kanzlerin war aus sozialistischer Unfreiheit zur Führerin des europäischen Kapitalismus emporgestiegen.

Die amerikanische Erfolgsmär aber hat eine anti-demokratische Pointe. Solange Amerika eine beispielhafte Demokratie der Welt schien, konnte die irreführende Pointe unter den Teppich gekehrt werden. Trump hat den Schleier der Illusion zerrissen.

Wodurch zeichnet sich eine Volksherrschaft aus? Nicht dadurch, dass jeder wahlweise Milliardär oder Präsident werden kann. Was ist das Höchste, was ein Mensch in einer Demokratie werden kann? Dass er Mensch wird. Die Demokratie bietet jedem die Chance, zu werden, was er von Natur aus ist. Werde, der du bist. Unter Gleichwertigen, die ihn weder beherrschen noch sich beherrschen lassen, kann er sein Menschsein als selbst erlernte Humanität entfalten. Unter Menschen gibt es nichts Höheres als den Menschen.

Es gibt nur einen sinnvollen Wettbewerb unter Demokraten: den Wettbewerb um Humanität und die Suche nach der Wahrheit. In diesem Wettbewerb wird niemand beschädigt. Jeder profitiert für seine Entwicklung zum Citoyen, der sich ernsthaft am Wettbewerb beteiligt. Religion, Rasse, Begabung und Erfolg spielen keine Rolle.  

Amerika beging den verhängnisvollen Fehler, solistischen Erfolg mit demokratischer Reife zu verwechseln. Wer alles daran setzt, seine Mitmenschen zu überflügeln, um sie mit Kreativität, Macht und Geld zu kujonieren, der hat seine demokratischen Ideale durch Herrschsucht verdüstern lassen.

Von Anfang an stritten zwei Mächte um die amerikanische Seele: die Erwähltenreligion, die die Menschheit in Sieger und Verlierer trennt – und die urgriechische Idee der Gleichheit aller Menschen. Der Streit pendelte ständig zwischen merkwürdigen, ja absurden Kompromissbildungen.

Ein Bastard der feindseligen Kopulation zwischen Heidentum und Religion war die missionarische Überheblichkeit, was gut sei für Amerika, müsse auch gut sein für die ganze Welt. Dabbeljus Kriege mussten förderlich sein für den Nahen Osten, weil sie den amerikanischen Ölinteressen dienten. Stets wollten die Amerikaner die Ersten und Wichtigsten sein, dennoch ihren autoritären Willen als Beitrag zur Gleichheit aller Nationen verstanden wissen.

Doch Ungleichheit-durch-Macht ist unverträglich mit dem Prinzip Gleichheit-durch-Verständigung. Die arrogant daher kommenden Polittaten widerlegten die Feiertagsparolen von einer freien und gleichen Welt – ohne dass die Amerikaner ihre Glaubwürdigkeitsdefizite bemerkt hätten. Bis heute verstehen sie nicht, dass sie vom Rest der Welt als Heuchler empfunden werden. Das betrifft auch den ganzen christlichen Westen.

Nehmen wir die Globalisierung. Für Trump ist Amerika das Opfer eines globalen Handelskrieges, in dem sich die ganze Welt gegen Washington verschwor. Ergo müsse der Kontinent sich zurückziehen und einen Handelskrieg gegen die Welt führen – sofern die anderen Nationen sich nicht seinem Willen beugen. Das ist das Gegenteil der historischen Wahrheit. Mark Schieritz hat in der ZEIT das vermeintliche Opfer als Haupttäter entlarvt:

„Auch siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gilt: Kein Land verfolgt international so entschlossen seine Interessen wie die Vereinigten Staaten, die ihre Ordnungsvorstellungen noch im hintersten Winkel der Welt verteidigen. Die Globalisierung ist eine amerikanische Erfindung, durchgesetzt wurde sie von Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank, in denen die Amerikaner den Ton angeben. Und zwar nicht, um anderen Ländern damit einen Gefallen zu tun, sondern in der Überzeugung, dass eine wirtschaftlich prosperierende Staatengemeinschaft langfristig im amerikanischen Interesse ist. Die Vorstellung aber, die USA seien von der Globalisierung überrollt worden, ist abwegig. Die amerikanische Wirtschaftsleistung hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als verdoppelt.“ (ZEIT.de)

Fast alle deutschen Politiker und Medien geben sich als Anhänger einer liberalen Weltwirtschaftsordnung – ohne zu bedenken, dass der überlegene Westen von dieser „Freiheit“ am meisten profitiert. Darunter Deutschland, die mächtigste Wirtschaftsnation Europas. Trump spielt die Rolle des Parvenü, der, ganz oben angelangt, die Interessen des drangsalierten Volkes nicht vergessen hat.

Deutsche Kommentatoren verstehen diese Doppelrolle nicht, obgleich sie als Christen wissen müssten, dass der Sohn des Höchsten persönlich die Heilsinteressen der Schwachen und Armen wahrnahm. Trumps Worte klingen für deutsche Ohren links, obgleich die Taten des Präsidenten das Gegenteil realisieren. In seinem Kabinett findet man keinen einzigen Vertreter des Volkes, dafür umso mehr führende Agenten des Big Money. Was ist links an der Zertrümmerung von Obamacare, an sinkenden Steuern für Reiche?

Unglaublich, aber wahr: obgleich die Weltverhältnisse täglich ungerechter werden, gibt es Stimmen, die links und rechts nicht mehr unterscheiden können. Hier rächt sich, dass der Slogan „gerechte Politik“ vom Windbegriff „links“ ersetzt wurde. Da sie unter links noch immer den totalitären Sozialismus verstehen, ist die Behauptung nicht falsch, dass linker und rechter Extremismus sich ähnlicher seien, als diese zugeben wollen.

Es war der platonische Gerechtigkeitsstaat, der nur mit faschistischen Methoden funktionieren konnte. Das Ziel eines gerechten Staates war richtig, die Methode falsch. Utopien – keine religiösen Heilsversprechen – sind notwendig, doch sie dürfen nur durch demokratische Methoden angestrebt werden.

Mussolini, Hitler oder Stalin waren nicht links, weil sie sozialistische Parolen verkündeten. Diese dienten ihnen nur als Mittel, um ein totalitäres System zu errichten – gleichgültig, ob sie überzeugte Sozialisten waren oder nicht.

„Die Schlagworte, die sowohl von ganz links als auch von ganz rechts kommen, sind oft die gleichen: Angegriffen werden die «korrupten Eliten», das «neoliberale System», der «amerikanische Imperialismus», die «EU-Diktatur», die «Lügenpresse». Positiv beruft man sich auf das «Volk» und nimmt für sich in Anspruch, den Willen des einfachen Bürgers zu repräsentieren“. (NZZ.de)

Die Ähnlichkeit der Parolen sollte niemanden überraschen. Schließlich wollen beide Gruppen die verkrusteten Verhältnisse auf den Kopf stellen – die vom Verfasser des Artikels kritiklos hingenommen werden. Die breite Mitte der Parteienlandschaft ist versteinert und gibt radikalen Veränderungsparteien keine Chancen.

Was bedeutet links? Das Eintreten für gerechte Verhältnisse in Demokratien. Rechts bedeutet das Verteidigen oder Erringen der Macht durch selbsternannte Eliten, die sich aus verschiedenen Gründen zur Machtausübung privilegiert fühlen. Demokratische Methoden sind für sie überholte Blauäugigkeiten.

In Wirklichkeit sind links und rechts geographische, keine politischen Begriffe. Wie wär‘s, zur Klärung und Belebung der öffentlichen Diskurse präzisere Begriffe zu benutzen? Trumps Erfolg ist nicht zuletzt seiner volkstümlichen Sprache zu verdanken, die jeder „kleine Mann auf der Straße“ zu verstehen glaubt. Nicht alles, was er sagt, ist Vernebelung seiner Meinung durch absichtliche Simplifizierung.

Die Eliten haben einen Jargon erfunden, der das Volk düpiert und sie selbst in die Irre führt. Sie sind zu blinden Blindenleitern geworden. Weder haben sie die Finanzkrisen prognostiziert, noch nachträglich verstanden. Laut Adam Smith können sie auch nicht verstehen, was sie tun. Das Geflecht gesellschaftlicher Handlungen ist so komplex, dass nur Gottes unsichtbare Hand den Egoismus der Einzelnen zum Wohle aller zusammenführen kann. Menschen können diese Wunder nicht verstehen. Nach Hayek ist der Markt ein überkomplexes Geschehen, das sich allen Erklärungsversuchen durch menschliche Vernunft entzieht.

Ein wesentlicher Grund, rechte oder linke „Populisten“ zu wählen, ist das gegenwärtig aufbrechende Bedürfnis der Menschen, endlich zu verstehen, was Sache ist. Der Pöbel will durch gespreizte Reden nicht länger für dumm verkauft werden. Die selbstgeschaffenen Verhältnisse sind der Moderne längst über den Kopf gewachsen. Die Einsilbigkeit der Kanzlerin ist nicht nur ihrer Demut geschuldet, sondern der Unfähigkeit, die Dinge bei Namen zu nennen. Ihr genügt es, mit minimalem Wortschatz und Probe-Stochern das Floß durch die Stromschnellen zu bringen.

„Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“: der Beschwichtigungssatz bringt jeden deutschen Interviewer zum Verstummen. Dass das Beste zu wenig sein kann, um einen Konflikt zu lösen: den Unterschied zwischen bloßer Absicht und sachgerechter Kompetenz ist apolitischen Lutheranern kaum zu vermitteln, die aus Glauben und nicht aus Werken selig werden wollen. Wenn alles in Gottes Händen ruht, kann man Seinem Willen getrost alles überlassen.

Obgleich die deutschen Medien noch immer auf Trump eindreschen, sind sie schon dabei, sich auf verschlungenen Pfaden dem chauvinistischen Kurs des Gescholtenen zu nähern.

„German first, ja warum denn nicht?“ fragt Jacques Schuster in der WELT. Seine Antwort:

„Warum regt man sich so über Trumps Worte auf? Außenpolitik heißt immer, dem anderen den eigenen Willen aufzuerlegen. Das aber setzt voraus, genau zu wissen, was der eigene Wille ist.“ (WELT.de)

Eigensüchtige Interessenpolitik sei machiavellistische Norm der Politik aller Völker. Nur die Deutschen seien noch immer durch unrühmliche Vergangenheit daran gehindert, sich zu einer gesunden Interessenpolitik zu bekennen. Ja, die Deutschen wüssten nicht einmal, welche Interessen sie verfolgen würden.

„Über deutsche Interessen öffentlich zu sprechen, schickt sich nicht. Leider führt das Tabu dazu, dass über diese Interessen nicht einmal nachgedacht wird – fast so, als sei das „Ende der Geschichte“ erreicht und ein paradiesisches Zeitalter angebrochen.“

Nur in einem Garten Eden gäbe es keine Konflikte. Solange wir jedoch im Zustand der „Sünde“ verharren, müssen wir auch Sünden begehen. Für Schuster gibt es keinen Konflikt zwischen nationalen Egoismen und internationaler Solidarität:

«Germany first» heißt nicht Alleingang, sondern: «Gemeinsam sind wir stark» und: «Fragt nicht, was Europa für euch, fragt, was ihr für Europa tun könnt.» Und das aus purem Eigeninteresse heraus.“

Wie bei Merkel prägen auch bei Schuster theologische Überlegungen die politische Agenda. Der Mensch ist eine sündhafte Kreatur, also muss er sündhafte Politik betreiben. Der Staat ist im Stadium der civitas terrena – in der Gewalt des Teufels – und kann mit Nächstenliebe seine bösen Absichten nicht vollstrecken. Nächstenliebe ist für christliche Politiker nur eine persönliche Angelegenheit. Staatliche Notwendigkeiten hingegen können mit Eiapopeia nicht gelöst werden. Was Jesus für den Einzelnen, ist Machiavell für die politische Öffentlichkeit.

In obszöner Klarheit sehen wir hier die Antinomie der christlichen Botschaft. Ein gemeinsamer europäischer Wille und ein anmaßender deutscher Führungswille sind für Schuster keine Widersprüche. Was aber macht Merkel, wenn ihre herrische Demut auf Widerspruch der Partner stößt, die allergisch auf deutsche Rechthaber reagieren? Muss sie nachweisen, dass der deutsche Wille identisch ist mit dem europäischen Willen?

Rousseau unterscheidet den zufälligen Willen aller vom allgemeinen Willen der Vernunft. Faschistische Anhänger Rousseaus aus dem „linken“ oder „rechten“ Lager definierten den allgemeinen Willen als den diktatorischen Willen der Staats- oder Parteigewalt.

Die Idee des vereinigten Europas war, dass die Interessen der Nationen durch rationalen Diskurs und solidarisches Verhalten zu einem Willen verschmelzen würden. Schusters Plädoyer schwankt zwischen trumpistischer Merkel und christdemokratischen Sonntagsreden, die in der heutigen Weltkrise niemand mehr ernst nehmen kann.  

Josef Joffe wirft Trump anti-biblische Umtriebe vor. Amerikas Auftrag stünde in Jesaja 49:

„Wie Israel sollte Amerika das „Neue Jerusalem“ sein, ein „Licht unter den Völkern, Anwalt des Anstands und des Guten“ (George H. W. Bush). In der schwärzesten Nacht des Bürgerkriegs beschwor Abraham Lincoln das demokratische Experiment Amerika als „letzte beste Hoffnung der Welt“.“

Damit ist klar ausgesprochen, dass Amerika nicht in der Tradition der heidnischen Demokratie, sondern auf biblischem Boden zu stehen hat.

„Lincoln appellierte an die „besseren Engel unseres Charakters“, und John F. Kennedy an die „Energie, den Glauben und die Hingabe, die unser Land leuchten lassen und die ganze Welt wärmen“ – Jesaja im Jahre 1961. Washington beschwor 1789 das „Feuer der Freiheit“. Das brennt in der Trump-Rede nicht. Stattdessen will er Amerika „stark“, „reich“ und „stolz“ machen.“ (ZEIT.de)

Joffe pickt sich fromme Zitate bedeutender Präsidenten heraus, ihre aufgeklärten Seiten werden vertuscht. Die Omnipotenz eines Gottes soll die Wurzel der Freiheit, eine heteronome Offenbarung die Moral mündiger Citoyens sein. Joffe scheint nicht zu wissen, dass die prophetische Bewegung – im makkabäischen Kampf gegen die hellenische Assimilation freigeistiger Juden – sich zur apokalyptischen Vernichtungsandrohung aller Gojim und jüdischen Abtrünnigen verschärfte.

Die biblische Religion ist ein Dualismus, der die Menschheit erbarmungslos in Kinder Gottes und Kinder des Teufels trennt. Am Ende aller Zeiten werden die richtigen Kinder gerettet, die falschen werden Gottes Schlag wider seine Feinde spüren:

„Und dies wird der Schlag sein, womit der HERR schlagen wird alle Völker, so wider Jerusalem gestritten haben; ihr Fleisch wird verwesen, dieweil sie noch auf ihren Füßen stehen, und ihre Augen werden in den Löchern verwesen und ihre Zunge im Munde verwesen. Zu der Zeit wird der HERR ein großes Getümmel unter ihnen anrichten, daß einer wird den andern bei der Hand fassen und seine Hand wider des andern Hand erheben. Denn auch Juda wird wider Jerusalem streiten, und es werden versammelt werden die Güter aller Heiden, die umher sind, Gold, Silber, Kleider über die Maßen viel. Und da wird dann diese Plage gehen über Rosse, Maultiere, Kamele, Esel und allerlei Tiere, die in demselben Heer sind, gleichwie jene geplagt sind.“

Trump streitet nicht wider die Propheten, wie Joffe behauptet. Im Gegenteil. Mit schnellen Schritten nähert er sich dem Kurs eines theokratischen Rachefeldzuges. Die Amerikaner sind die Rechtgläubigen, deren Interessen von Gott gesegnet sind. Die Völker der Welt sind ungläubige Feinde, die der Teufel holen soll. Deus lo volt.

 

Fortsetzung folgt.