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Sofort, Hier und Jetzt XXI

Sofort, Hier und Jetzt XXI,

Barbara Schöneberger und Günter Jauch sind Deutschlands größte lebende Vorbilder. Jauch, weil er als Quizmaster „unsere Allgemeinbildung“ fördert. Seinetwegen wurde Deutschland zur gebildetsten Nation der Welt.

Schöneberger ist Merkel als „blondes Gift“. „Traut sich fast alles. Auf Instagram, Fachportal für Selbstinszenierung, zeigt sie sich ungeschminkt.“ (BILD.de)

Sie hat keine Mission. Sie will nicht die Welt verbessern mit ihrer Kunst, sie will den nächsten Job gut erledigen. Sie sieht sich als Dienstleisterin.“ Günter Jauch porträtiert seine Kollegin: „Es gibt Menschen, die total in sich ruhen. Franz Beckenbauer war früher so. Dem war auf sympathische Weise immer alles egal. So ist sie auch.“ (SPIEGEL)

Ihr Lebensmotto: „Probleme erledigen sich von selbst. Warte drei Tage – und sie sind verschwunden.“

Barbara ist Angela in sexy. Auch Angela inszeniert sich, aber es muss ungeschminkt aussehen. Auch sie traut sich alles zu – als Dienstleisterin. Die Welt will sie nicht verbessern, sie hat keine Mission. Treten Probleme auf, wartet sie, bis sie sich von selbst lösen. Erst wenn nicht, erscheint sie auf der Bühne, gemäß dem – empört klingenden – Satz eines ARD-Moderators: selbst Kanzlerin Merkel muss sich jetzt um das Dieselproblem kümmern. Auch sie ruht in sich, weshalb ihr alles egal ist. Alles egal sein, nennt sie Gottvertrauen.

Eine perfekte Welt erkennt man daran, dass, nach sechs Tagen Maloche, der Schöpfer in sich ruht. Immer, wenn Merkel persönlich in die wirren Verhältnisse der

… Menschen eingreifen muss, haben Deutsche ein schlechtes Gewissen. Müssen wir sie denn mit all unserem Tohuwabohu plagen?

Zu den Vorbildern der Deutschen gehört auch Astronaut Alexander Gerst:

„Er inspiriert unsere Kinder und macht uns mit seinem Blick auf die Erde aus dem All klar, was wirklich für unsere Zukunft zählt.“

Gerst ist nicht nur Wissenschaftler, sondern extraterrestrischer Kindererzieher und politischer Prophet. Wer die Erde von Draußen sieht, erkennt, wie sie wirklich ist. Was er prophezeit, muss eintreten. Der Fortschritt ist gesichert. Die digitale Revolution darf über uns kommen. Die Zukunft der Menschheit liegt im All – dort gibt es (noch) keine Klimakatastrophe. Danach die Unsterblichkeit auf dem Mars.

Wer sich noch keinen Raketenplatz gesichert hat, muss sich an CSU-Söder halten.

„Schon im Frühjahr hatte Markus Söder über seine Pläne für ein bayerisches Raumfahrtprogramm gesprochen, nun wurde der Ministerpräsident noch einmal konkreter: „Wir starten Bavaria One“, schrieb er am Dienstag. „Mit unserem Raumfahrtprogramm entwickeln wir aus dem All Lösungen für Probleme der Menschen, bei Medizin oder Ökologie. Zukunft heißt Technologie.“ (SPIEGEL.de)

Bavaria One ist America first auf bayrisch. Bayern ist das schönste Land der Welt, doch selbst die Frömmsten unter den Katholiken spüren bereits das planetarische Frösteln: es ist etwas ins Rutschen gekommen. Die Heimat ist nicht mehr sicher. Bald werden sie nicht mehr wissen, wohin sie ihr Haupt legen sollen. Bald müssen sie sich aufmachen, München, die schönste irdische Stadt, aufzugeben und die jenseitige Stadt zu suchen. Gibt es denn ein Oktoberfest im Himmel?

Es ist etwas ins Rutschen gekommen, das Schicksal schlägt zu, Schuldige gibt es nicht, wie uns Schäuble versichert. Wer nicht versagt, keine Schuld auf sich lädt, kann nichts verantwortet haben. Verantwortung übernehmen, ohne Chance zu scheitern und schuldig zu werden, ist unmöglich. Nun heißt es, sich warm anzuziehen.

Trump verabscheut die globalisierte Ordnung der Völker – aber nicht die amerikanische Vormacht über die ganze Welt. Seine Atomraketen und Überwachungskünste haben die Erde im Griff. Gottlob, Geschichte bleibt uns erhalten. Ohne Geschichte könnten wir uns keine Märchen und Geschichten vom Bösen erzählen.

Europa widersetzt sich Trump nicht. Es befindet sich im freien Fall. Im Kontinent der verbündeten Nationen werden Gutmenschen angeklagt. In Griechenland und Süditalien müssen sie sich wegen Philanthropie vor Gericht verantworten. Die Schlechtmenschenfront ist weltweit im Vormarsch. Deutsche Moralverächter giften gegen Unrechtsregimes in aller Welt. Wie schlecht ist die Welt – doch gottseidank ist sie schlecht: wir würden ja vor Langweile sterben. Ohne Energie des Bösen kein Fortschritt. Fortschritt aber muss sein.

„Eigentlich war der heute 60-Jährige ein ganz gewöhnlicher Chemielehrer, als er 1998 am Strand vor Riace ein Schiff sah – ein Schiff mit gut 200 Kurden an Bord. Für ihn war klar: Diesen Menschen gebührt Hilfe. Zusammen mit Freunden kümmerte er sich um ihre Aufnahme, gründete dann einen Verein, um für Unterkünfte zu sorgen. Italiens fremdenfeindlicher Innenminister Matteo Salvini nahm die Nachricht vom Haftbefehl voller Freude auf. „Was sagen jetzt wohl die Gutmenschen?“, twitterte er.“ (TAZ.de)

Deutschland macht Bücklinge vor einem türkischen Diktator, lässt sich von seinen eigenen Wirtschaftsgiganten auf offener Bühne vorführen. Im Diesel-Deal gibt’s keine Gerechtigkeit, ein Energieriese treibt die Politik vor sich her, niemand beachtet die laufenden Prozesse. Recht wird gebrochen. Nicht lange her, dass Kapitalismuskritiker als Verschwörungsideologen galten. Heute agiert der Kapitalismus vor aller Augen als Herrscher der Welt.

„Dass Polizei und Feuerwehr missbraucht werden, um auf Veranlassung der Bauministerin der Landesregierung Nordrhein-Westfalens, trotz anhängiger Gerichtsverfahren gerade jetzt die Naturschützer aus dem Forst zu zerren und ihre Baumhäuser zu zerstören, ist ungeheuerlich. Die nordrhein-westfälischen Politiker, von Ministerpräsident Laschet bis zu Innenminister Reul, wirken wie traurige Marionetten von RWE.“ (TAZ.de)

„Es geht der Bundesregierung nicht um Gerechtigkeit oder Gesundheit. Ihr ist nicht wichtig, dass die Autoindustrie für ihren Betrug einsteht oder Schadstoffgrenzwerte in Städten eingehalten werden. Es geht ihr darum, Fahrverbote zu vermeiden, die sie Wählerstimmen kosten, aber gleichzeitig die Industrie zu schonen. Sie signalisiert damit den Autoherstellern einmal mehr, dass sie hierzulande alles dürfen – am Ende findet die Politik schon eine profitable Lösung für sie.“ (ZEIT.de)

Die vatikanische Kirche decouvriert sich als internationale Pädophilen-Schutzgemeinschaft. Irdische Gesetze gelten für sie nicht. Sie sündigen und vergeben sich ihre Sünden, dass die Engel im Himmel jauchzen.

Die Industrie demaskiert sich als Profitkirche, in der Moral als geschäftsschädigend gilt. Die Globalisierung universeller Rechte wird abgebaut, erdumspannende Mafia-Organisationen des Heiligen und Profitablen prägen das Weltgeschehen.

Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Es gibt Widerstandsbewegungen, die vor allem von der Energie der Frauen leben. Schaut nach Brasilien, wo Frauen den Prediger-Kandidaten Bolsonaro bekämpfen. Der Countdown läuft.

Die Epoche der Aufklärung wird vom Patriarchat zu Grabe getragen. He-Manner kennen nur die Perfektion von Zahlen und Robotern. Den Menschen halten sie für eine Missgeburt der Evolution. Priester, Techniker und Naturwissenschaftler sitzen gemeinsam in der Steuerzentrale. Noch immer gilt es als Sensation, wenn eine Frau den Nobelmännerpreis erhält. Naturwissenschaft ist für Männer. Da stören Frauen nur:

„Alessandro Strumia von der Universität Pisa hatte bereits am vergangenen Freitag unter anderem gesagt, die Physik sei „von Männern erfunden und aufgebaut“ worden. Unqualifizierte Frauen würden heute aus politischen Gründen Posten in den Naturwissenschaften einfordern.“ (WELT.de)

Trump äfft gedemütigte Frauen nach. Was wollen sie denn, diese Hysterikerinnen? Es geht ihnen doch (viel zu) gut.

Europas Dekadenz wird täglich offensichtlicher. Afrikas Millionen Menschen ertragen nicht mehr die Despotien und Hitzeverhältnisse ihres Kontinents und schauen gen Norden. Niemand in Europa wagt es, das eminente Problem in aller Schärfe anzusprechen:

„Die Lage lässt sich einfach beschreiben. Es gibt heute 500 Millionen Westeuropäer, auf der anderen Seite des Mittelmeers leben 1,3 Milliarden Afrikaner. Schon im Jahr 2050 werden es 2,5 Milliarden Afrikaner sein. Und zwar sehr junge Afrikaner, zwei Drittel von ihnen werden unter dreißig sein. Die Westeuropäer werden dagegen sehr alt und nur noch 450 Millionen sein. Schon die nackten Zahlen lassen also einen ungeheuren Migrationsdruck erkennen. Das traditionelle Afrika ist untergegangen, die Werte und Normen der Vergangenheit bedeuten den Jugendlichen nichts mehr. Deren Ideale kommen heute von außen, via Satellitenfernsehen und Internet. Die aufsteigende Mittelklasse – heute etwa 150 Millionen Afrikaner, in 30 Jahren viermal mehr – wird das tun, was unter vergleichbaren Umständen alle anderen in der Welt getan haben, nämlich auswandern.“ (ZEIT.de)

Europa wird sich gegen Flüchtende mit allen militärischen und technischen Methoden zur Wehr setzen. Die äußere und innere Offenheit Europas wird Makulatur.

Die Sprache wird immer gespreizter und inhaltsleerer. Wo absichtlich Verwirrnis und Chaos gestiftet wird, sprechen sie von Komplexität. So sei nun mal Demokratie: alles komplex, schwer durchschaubar, kaum vermittelbar, betonte eine ARD-Moderatorin, als sie einen Beitrag zum Diesel-Deal ankündigte. Die Verteidigung der Mächtigen liegt den Medien bereits in den Genen.

Links und rechts sind ausgebrannte Begriffe – solange die Linken sich nicht vom marxistischen Totalitarismus trennen, die Rechten das Geheimnis des conservare nicht als bedenkenlose Erhaltung der Macht enthüllen. Wer keine Gerechtigkeit definieren kann, sollte sich nicht länger links nennen. Automatische Geschichtsabläufe sind der Tod aller autonomen Bemühungen.

Links ist das Bestreben, das Schicksal der Menschen unter Kontrolle zu kriegen und als gerechte Verhältnisse aufzubauen. Nur eine menschenunabhängige Natur hat das Privileg, das Schicksal der Gattung in Bedrängnis bringen.

Rechts ist Erhaltung der Macht unter allen Umständen. Für Konservative ist Macht gleich Recht.

Außer der omnipotenten Natur gestattet die Linke keiner Macht der Welt, das Schicksal der Menschheit zu beeinflussen oder zu dirigieren. Die Macht der Linken ist Moral, aus der alle Menschenrechte stammen. Moralische – oder ethische, sittliche, tugendhafte – Kompetenz ist die einzige Macht, die das Schicksal der Menschheit unter Kontrolle bringen kann. Sie ist eine Macht friedlicher Verständigung.

Alles, was den Menschen rechtlos traktiert, ist Amoral. Das Gute ist unfähig, totalitär zu werden. Nur das Gute, das sich des Bösen bedient, kann in Zwangsbeglückung ausarten. Gutes besteht aus guten Zwecken und guten Mitteln. Wenn Mittel böse werden, muss der gute Endzweck satanisch werden. Das Gute lässt sich nicht aufspalten in Zweck und Mittel.

Warum ist der Gott der Erlöser totalitär? Weil er Gutes mit böser Allmacht verwirklichen will.

Ziel der Aufklärung war Schicksalskontrolle der Menschen durch moralische Selbstvervollkommnung, die in vielen mühsamen Schritten erlernt werden muss.

„Die Natur des vorliegenden Werkes will dartun, dass die Natur der Vervollkommnung der menschlichen Fähigkeiten des Menschen keine Grenze gesetzt hat. Dass die Fähigkeit des Menschen zur Vervollkommnung tatsächlich unabsehbar ist; dass die Fortschritte dieser Fähigkeit, die inskünftig von keiner Macht, die sie aufhalten wollte, mehr abhängig sind, ihre Grenze allein im zeitlichen Bestand des Planeten haben, auf den die Natur uns hat angewiesen sein lassen. Ohne Zweifel können diese Fortschritte schneller oder langsamer erfolgen, doch niemals werden es Rückschritte sein.“ (Condorcet)

Den Glauben an einen unaufhaltsamen Fortschritt in moralischer Vervollkommnung können wir nicht mehr teilen. So notwendig und beeindruckend dieser frühe Glaube war, so war er auch gefährlich. In den Anfängen einer Bewegung lassen sich ihre Gefahren noch nicht absehen. Heute wissen wir, dass ein unbesiegbar scheinender Optimismus allzuleicht zu Zwangsmethoden greifen muss, um Enttäuschungen mit aller Gewalt zu vermeiden.

Die Kräfte der Gegenaufklärung, die auf die Macht der Götter und Maschinen setzen, sind noch lange nicht bezwungen. Der Mensch will autonom sein, doch seine lange Zeit unter dem Regiment omnipotenter Mächte machte ihn abhängig von autoritärer Lenkung. Wer seine ersten Schritte in Freiheit macht, zweifelt noch immer an seiner Fähigkeit, „ohne Leitung eines anderen“ seinen Weg zu gehen.

Das ist die Einbruchsstelle, die von technischen und klerikalen Zwangsbeglückern benutzt wird, um Unsicherheiten und Ängste des Menschen mit außengeleiteter Gewalt zu dämpfen. In einer solchen Phase befinden wir uns. Was sind 200 bis 300 Jahre freien Denkens im Vergleich mit fast 2000 Jahren religiöser Bevormundung?

„Einer der Hauptzüge des Christentums bestand in der Verachtung des menschlichen Wissens. Es hatte sich für die Beleidigungen zu rächen, die ihm die Philosophie zufügte. Es fürchtete jenen Geist des Fragens und Zweifelns, jenes Vertrauen auf die eigene Vernunft, das eine Geißel für jeden religiösen Glauben ist. Das Licht, das die Naturwissenschaften brachten, war ihm sogar verhasst und verdächtig. Denn die Naturwissenschaften sind eine große Gefahr für den Erfolg, den Wunder haben können. So war der Triumph des Christentums das Mal, das den völligen Niedergang der Wissenschaften und der Philosophie anzeigte.“ (Condorcet)

Inzwischen hat sich das Christentum mit dem Wissen „versöhnt“ – indem es dasselbe als Mittel eines gottgleichen Fortschritts akzeptiert, aber das kritische Beurteilen dieses Fortschritts verwirft. Fortschritt wurde in den Dienst des Glaubens gestellt, um das Unendliche im Endlichen zu realisieren. Frömmigkeit wurde zur säkularen Gewalt, um Unsichtbares in Sichtbares, um Glauben in Schauen zu verwandeln.

Die heutigen Naturwissenschaften produzieren richtige Fakten, aber ohne Fähigkeit, Tatsachen und Theorien zu beurteilen. Ihre Fähigkeiten stellen sie Mächten zur Verfügung, die sich anheischig machen, Wunder zu vollbringen. Naturwissenschaften sind zu Knechten eines blinden und menschenfeindlichen Fortschritts geworden. Sie haben sich jenen unterworfen, die über endlose Gelder verfügen, ohne deren politischen Absichten unter die Lupe zu nehmen.

Eine Flucht der Menschheit in den Weltraum – selbst, wenn sie technisch möglich wäre – wäre kein Völkermord, sondern die Vernichtung der ganzen Gattung. Einer winzigen Elite die Möglichkeit des Entkommens zu verheißen, aber die Mehrheit auszurotten, indem man sie dem Untergang überlässt: das wäre das schrecklichste Verbrechen der Menschheitsgeschichte.

Die ersten Wissenschaftler der Neuzeit fühlten sich als Wohltäter der Menschheit. Schon Francis Bacons Formel „Wissen ist Macht“ aber lenkte die Weichen ins Unheil. Wissen dient nicht der Macht, sondern der Erkenntnis, dem staunenden Wahrnehmen der Natur. Indem der Mensch die Natur erkennt, erkennt er sich, denn er ist ihr Geschöpf.

Macht hingegen will nicht erkennen, sondern zwingen. Macht euch die Erde untertan. Bacon übergab die wissenschaftlichen Methoden der Griechen den Kirchen, um uralte biblische Herrschaftsträume mit heidnischer Hilfe konkret zu machen.

Jauch vermittelt kein Wissen, sondern Fragmente, die keiner Erkenntnis dienen. Im Gegenteil: Gedächtnisleistungen halten sich für gebildet, blockieren aber die Suche nach wahren Erkenntnissen. Was heutige Naturwissenschaften treiben, entzündet keine Debatten um die Frage: was wissen wir mehr? Betrifft uns dieses Wissen noch oder ist es zu einer esoterischen Disziplin geworden, mit der Reiche und Mächtige ihre Erwähltheits-Hybris feiern?

Wenn Wissen nicht zur Menschlichkeit führt, bleibt es ein faustischer Wunderglaube. Kein Wunder, welches Menschen zugutekommt, sondern Wunder als mephistophelische Macht, um Natur und Mensch zu überwältigen. Die Naturwissenschaften wurden zu Bestandteilen einer ecclesia militans et triumphans.

Technik entmündigt die moralischen Lernqualitäten des Menschen, indem sie ihre Fortschritte als Allheilmittel für die Menschheit darstellt. Er muss nichts mehr tun außer: Knöpfe zu bedienen. Das ist Menschenfeindschaft im Gewande des Gegenteils. Knopfdruck-Fortschrittler trauen der menschlichen Entwicklung ins Humane nichts mehr zu.

Gebt auf, ihr Moralschwärmer und Philosophaster, tönte es von aus allen Silicon Valleys dieser Welt. Ihr schafft es nicht. Was ihr wollt, ist anstrengend und nicht erfolgreich. Ihr wollt wahre Menschen werden ohne Macht über die Natur? Das ist aussichtslos und gefährlich. Eure Feinde nutzen eben das Wissen, das euch ins Staunen bringt, um Machtinstrumente zu erfinden, die euch ins Joch spannen werden.

„Unsere Heimat ist im Himmel“, sagt Paulus. Bayrische Kreuzes-anbeter scheinen das nicht verstanden zu haben, wenn sie ihre Heimatliebe als beste der Welt rühmen. „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist“, steht an anderer Stelle, die von Priestern verheimlicht und von ihren Schäfchen ignoriert wird.

„Die Welt gehört Gott“, schreibt Tertullian. Aber die Dinge der Welt dem Teufel“. Wenn die Dinge der Welt dem Teufel gehören, müssen sie mit Hilfe eines wunder-vollbringenden Glaubens vernichtet werden. Das geschieht heute durch eine klerikalisierte Naturwissenschaft.

Hegel, als getreuer Lutheraner, hat die Verwandlung der Natur in Abfall zum Kern seiner Philosophie gemacht. Natur istAbfall der Idee von sich selbst“. Sie verwirklicht ihre Aufgabe, indem sie sich selbst entsorgt. „Die Versöhnung des Geistes mit der Natur ist die Befreiung von der Natur und ihrer Notwendigkeit.“

Die moderne Naturwissenschaft tut nichts anderes als sich von der Natur zu befreien und sie in ihren eigenen Abfall zu verwandeln. Die Erde wird zum Planeten des Abfalls, zu einer im Weltraum kreisenden Mülldeponie. Der Geist des Menschen, der sich für ein jenseitiges Wesen hält, frißt die Natur, um sich aus ihren Fängen zu befreien.

Geist und Natur führen eine Ehe zur linken Hand, aus der sich der gottähnliche Geist befreit, um die minderwertige Natur in den Abgrund zu stoßen. Die moderne Naturwissenschaft hat sich in die babylonische Gefangenschaft des Glaubens begeben. Ihre rationalen Methoden müssen irrationalen Zwecken dienen.

Zeitgenossen beschwichtigen ihre Ängste mit der störrischen Auskunft, Geschichte wiederhole sich nicht. Dabei müsste man blind sein, wenn man nicht bemerkt, wie die Defekte der Menschheit, sofern sie nicht aufgearbeitet werden, sich immer und immer wiederholen.

Es ist etwas ins Rutschen gekommen. Die Moral der demokratischen Philosophie geht verloren. Sie lautet: Der Mensch kann lernen, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Technische Macht, Erkenntnisse über den Urknall sind dazu nicht notwendig. Was wir brauchen, ist eine Denkart aus Empathie und vitaler Verbundenheit.

Die Angst vor dem Ende der Welt geht um. Das war die Angst des untergehenden Roms. „Je schneller es mit Rom zu Ende ging, desto schneller ging es auch mit der Welt zu Ende, und man trat in das einzige wahre Vaterland ein: den Himmel.“ (M. Clauss, Ein neuer Gott für die alte Welt, die Geschichte des frühen Christentums)

Das Christentum versagte der Welt seine Anerkennung, indem es sich der anderen Welt zuwandte. Der heutige Rechtsruck muss nicht emotional gläubig sein. Indem er sich jedoch rationalen Regeln der Demokratie widersetzt, betreibt er die Geschäfte der Jenseitssucher.

Technik vernichtet zunehmend die bekannte Natur, um sich einer unbekannten im Universum zuzuwenden. Die Rechten etablieren die Gesetze der Menschenfeindschaft, um die Erde als Heimat der Menschheit zu diskreditieren. Sie benutzen ihre autochthone Heimat, um die Erde als Kollektiv-Heimat aller Menschen zu verwüsten und mit Ablehnung, Feindschaft und Krieg zu überziehen. Hier ist meine Heimat, hier bin ich zu Haus, was interessiert mich die Heimat der Menschheit?

Der Menschenfreund sagt: Wo es dem Menschen gut geht, da ist seine Heimat. Also muss die ganze Erde zur Heimat der Menschheit werden; nur so kann es jedem Einzelnen gut gehen.

„Was für ein Schauspiel bietet das Bild eines Menschengeschlechts, das von allen Ketten befreit, der Herrschaft des Zufalls und den Feinden des sittlichen Fortschritts entronnen, sicher und tüchtig auf dem Wege der Wahrheit, der Tugend und des Glücks vorwärtsschreitet.“ (Condorcet)

 

Fortsetzung folgt.