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Sofort, Hier und Jetzt XLVI

Sofort, Hier und Jetzt XLVI,

wer keine Zeit für nervende Themen hat, sich im Erfolgsrausch sein Lebensglück nicht vergällen lassen will: bitte den ersten Abschnitt überschlagen und atemlos durch Nacht und Tag weiterrasen – im Tiefschlaf.

„Die Natur stirbt – und die Welt schaut weg. Der Planet befinde sich in einem „desaströsen Zustand“, stellte das Plenum der Weltnaturschutzkonferenz fest. Obwohl es um den Schutz der Lebensgrundlagen ging, bekam der zweiwöchige Gipfel von 196 Staaten kaum Aufmerksamkeit.“ (SPIEGEL.de)

Zeit, um schwarze Listen zu erstellen mit allen Denkweisen globaler Menschheitskiller.

An erster Stelle die Verleumder der Sinneswahrnehmung. Wer nichts sieht, kann keine Katastrophen erkennen.

Dann die Verwandler der Welt in eine fremde, feindliche und minderwertige, die überwunden und vernichtet werden muss

– und der Degradierung der Natur in Schöpfung, wodurch sie „ihr Eigenleben verlor“. Leben verlieren, heißt sterben.

Schließlich die Schöpfungsanbeter und -bewahrer, die die Natur mit einem ewigen Fluch belegten

– und die Erfinder einer Heils- und Unheilsgeschichte, die durch Fortschritt in Realität verwandelt wurde. Ein Glaube eroberte die Welt, um sie zu verderben.

 Kurz:

„Mit dem Christentum ist die Welt als Fremde verbunden. Das führt zur Abwertung der Sinne und all dessen, was sie mit natürlichen Fähigkeiten wahrnehmen. Natur wird zur Schöpfung. Das Tun der Menschen bleibt auf den Willen des Schöpfers gerichtet. Die Natur verliert ihr Eigenleben und wird, da sie keine mehr ist, mit einem

  moralischen Fluch belegt. Wie der griechische Kosmos verschwindet, so verstellt sich das Abendland den Zugang zur Natur.“ (nach Meyer-Tasch, Natur denken)

Das war die Funktion der Religion, der Totengräberin der Natur. Danach die politischen Totengräber, denen wenige finale Tage der Macht wichtiger sind als das Überleben der Menschheit. Sie ignorieren die Gefahr und unternehmen nichts, um sie vorbeugend zu bekämpfen.

Nach den Mächtigen und Gewaltigen kommen alle, die sie gewähren lassen – im Trug, sie könnten ohnehin nichts ausrichten. Nur die Jungen beginnen zu protestieren:

Sie sollten in die Schule gehen, statt zu demonstrieren: Mit diesem reichlich herablassenden Rat brachte Australiens Premier Morrison Schüler des Landes gegen sich auf – Tausende schwänzten, um ein Zeichen gegen seine Klimapolitik zu setzen.“ (SPIEGEL.de)

So war es:

„Diese Welt, dieselbe für alles, hat weder ein Gott noch ein Mensch erschaffen.“ (Heraklit)

„So bleibet nur eins: dass das Seiende ist.

Niemals ist es geworden, so kann es auch nimmer vergehen.

Niemals war es noch wird es je sein, nur Gegenwart ist es, ununterbrochene Einheit.“ (Parmenides)

„Vergewaltigt man die natürlichen Gesetze über das mögliche Maß hinaus, so ist das Unheil um nichts geringer, wenn es auch kein Mensch bemerkt. Denn der Schaden erwächst nicht aus der Meinung, sondern aus der Realität. Von Natur aus sind wir – Barbaren oder Hellenen – alle in gleichem Maße veranlagt.“ (Antiphon)

„Es ist nicht möglich, sich von der Furcht zu befreien, wenn man nicht begriffen hat, was die Natur des Alls ist, sondern sich durch religiöse Märchen beunruhigen lässt. Es ist also unmöglich, ohne Vernunft ein ungetrübtes lustvolles Leben zu erlangen.“ (Epikur)

„Das höchste Gut ist: gemäß der Natur zu leben. Das Naturgesetz ist die Weltvernunft.“ (Stoa)

So ist es heute:

Gegenwart gibt es nicht mehr. Historismus und Futurismus haben die Gegenwart entsorgt. Historismus lehrt, dass uns die Vergangenheit, der Futurismus, dass uns die Gegenwart nichts mehr angeht. Leben aber heißt: hier und jetzt leben. Wer nicht in der Gegenwart lebt, ist bereits tot und wenn er noch atmete. Das Vergangene brauchen wir, um das Jetzige zu verstehen, das Künftige kann uns weder schrecken noch verführen, wenn das Leben zur dauernden Gegenwart wird, solange es der ewigen Natur gefällt.

„Aufgabe der Technik ist es, die uralten Träume und Sehnsüchte des Menschen nach gottähnlicher Allmacht, Allgegenwart, Allgüte, Allwissen und den tiefsten Abenteuern und des Leibes, der Seele und des Geistes in die Tat umzusetzen. Der Wegweiser zu diesen Zielen sind die Übermenschen.“ (Eugen Sänger, Übermensch und Technik)

Übermenschen sind gottähnliche Wesen, die die Fähigkeiten des Messias besitzen, ja, sie übertreffen. Nietzsches Übermensch ist nicht antichristlich, sondern ein Abklatsch des Herrn.

Die Übermenschen der Moderne, vor allem Techniker und Wissenschaftler, stellen die Fähigkeiten des Gottessohns in den Schatten. Sie können sich auf Worte des Erlösers berufen:

„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue und wird Größeres als dies tun, denn ich gehe zum Vater und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, auf dass der Vater geehrt werde in dem Sohn.“

Der Theologe Ernst Benz kommentiert frohlockend – und dies kurz nach Ende des 2. Weltkriegs, der von einem welthassenden Übermenschen initiiert worden war:

„Jesus verheißt seinen Jüngern eine Geisteskraft, die sie befähigt, noch größere Werke zu tun als er selber, das heißt, sogar ihn selbst durch Wirkungen des Heiligen Geistes zu übertreffen.“ (Ernst Benz, Der Übermensch)

Die Leistung des Sohnes, die von seinen Jüngern noch übertroffen werden wird, ist nichts als die Vernichtung der alten Erde und die Schaffung eines neuen Universums:

„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist nicht mehr. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“

Das Erste ist die alte Schöpfung, die von den heutigen Grünen bewahrt werden soll. Sie werden sich mit ihrem Herrn anlegen müssen.

Die Roboter, die den Menschen übertreffen sollen, sind die ersten Geschöpfe der zweiten neuen Natur.

„Steht nicht in eurem Gesetz geschrieben: ich habe gesagt, ihr seid Götter“?

Werden Maschinen die Menschen überragen? In diesen Fragen werden subkutan uralte Glaubensfragen gewälzt. Kann man den Verheißungen des Herrn glauben, dann werden ihre genialen Creationen die Schöpfer überragen. Das Ziel der Geschichte begnügt sich nicht mit der simplen Wiederherstellung des ersten Paradieses, sondern mit einer noch nie da gewesenen Transformation des Alten in ein Neues „von einer Herrlichkeit zur anderen“.

„Am Ende des göttlichen Heilswirkens steht nicht das restaurierte Alte, sondern ein Neues von unfasslicher Entwicklungsfähigkeit ins Himmlische und Göttliche. Der christliche Glaube lebt aus der Hoffnung auf diese Zukunft und ihrer gläubigen Vorwegnahme in der Gegenwart.“ (Benz)

Im Urchristentum, dessen Prophezeiungen heute in unfasslicher Weise Wirklichkeit wurden, herrschte glühender Futurismus. „Der Übermensch ist der Mensch einer neuen Heilsperiode, der Epoche des Parakleten, der Mensch einer neuen Heilszeit, die eine Erhöhung der Menschen, ein Mehr an Begabungen, eine größere Fülle an Kräften, eine vollkommenere Erkenntnis, mit sich bringen wird. Mit dem Auftreten des Übermenschen hat die Neue Zeit begonnen.“ (ebenda)

Hat die Neue Zeit begonnen, muss die alte ad acta gelegt werden: das ist der religiöse Kern der gegenwärtigen Krise. Hinweg mit allem Alten, Verfaulten und Verdorbenen, wir wollen endlich sehen und spüren, woran wir so lange geglaubt haben. Wir wollen nicht nur glauben, dass wir Herren der Welt sind, wir wollen es mit allen Sinnen wahrnehmen. Alle Ungläubigen sollen vor uns knien.

„Nun aber spiegelt sich in uns die Herrlichkeit des Herrn mit aufgedecktem Angesicht und wir werden verklärt in dasselbe Bild von einer Klarheit zur anderen.“

Das ist Seinserhöhung der Kreatur zum Übermenschen oder Transformation des Übermenschen ins Göttliche.“

Dämonie der Technik? Das ist zeitgeistgemäßes Geschwätz der Theologen, die im Sog der ökologischen Bewegung die Bewahrung der Schöpfung erfanden. Nie gab es vorher den geringsten Zweifel der Frommen, dass sie mit Gottes Unterstützung auf Erden kreieren würden, was ihnen verheißen worden war. In seinem Buch „Das technische Zeitalter“ aus der Vorkriegszeit spricht der spätere EKD-Vorsitzende Hanns Lilje „bewundernd von der „Großmacht Technik“, die er als Teil des göttlichen Schöpfungsplans sieht.“

Ernst Benz stellt klar:

„Es wird heute von Theologen viel zu hurtig und unüberlegt von der Dämonie der Technik oder der Wissenschaft gesprochen, mit besonders hochgezogener Braue bei dem Stichwort „Atom“. Doch diese moderne Wissenschaft ist selbst Ergebnis eines spezifisch christlichen Verständnisses von Gott, Mensch und Universum. Wenn heute der Mensch durch Technik die Natur umformt und die Evolution selbst zu lenken beginnt, wäre es ein Armutszeugnis Gottes, wenn dies alles nur Rebellion gegen IHN sein sollte. Das Menschenbild der Alten Kirche und das säkulare Menschenbild der modernen Naturwissenschaft sind durch eine geheime Verwandtschaft miteinander verknüpft: durch den Glauben an die Möglichkeit einer schöpferischen Verwandlung des Menschen, an das Kommen eines neuen Menschen, an das Über-sich-Hinausdrängen des Menschen, das schon jetzt als Unruhe in ihm wirkt.“ (ebenda)

Solche Endzeit-Visionen sind keine amerikanischen Erfindungen, sondern wurden von schwäbischen Theologen des frühen 19. Jahrhunderts ihren Gemeinden gepredigt – und wurden Bestandteil der nach-kantischen „idealistischen“ Geschichtsphilosophien. Ohne Oetinger, Bengel hätte es weder Schelling, Hegel, Baader oder Marx gegeben.

Im Bild der „güldenen Zeit“ erkennt man das „Modell sämtlicher endzeitlicher Entwürfe des idealen Staates oder einer idealen Gesellschaft und es ist auffällig, wie wichtige Begriffe von Hegel und Marx sich in der Beschreibung der güldenen Zeit von Oetinger finden.“ (Ernst Benz, Schelling)

Das Kommen des 1000-jährigen Reiches erwartete Oetinger in weniger als 100 Jahren. Das war im Jahre 1836. Der schwäbische Prophet sollte gnadenlos Recht behalten. Auch Marxens Abschaffung des Privateigentums gehörte bereits zur Einführung der vollkommenen Gütergemeinschaft durch die Pietisten. Der deutsche Idealismus ist nichts als die Übersetzung des christlichen Chiliasmus in philosophische Begriffe.

Unter Philosophie verstehen Deutsche riesige Systementwürfe. Darunter machen sie es nicht. Die simplen Sätze des Sokrates betrachten sie mit dem Gefühl schlechthinniger Überlegenheit über das Heidnische. Ein System ist eine Geschichtsphilosophie, die ohne christliche Eschatologie undenkbar wäre.

In der Weltpolitik des christlichen Westens geht es im Grunde immer um dieselben Fragen: Wer ist die wahre auserwählte Nation, wer ist der Anti-Christ, wann bricht die Endzeit an, in der dem Anti-Christ die Ketten angelegt werden müssen? Fundamentalisten in Amerika und Ultraorthodoxe in Israel wissen das. Nur Deutsche brillieren in der Kunst, Christen zu sein ohne einen Schimmer davon, was das bedeutet.

Die Einteilung der Welt von Reagan und Dabbelju Bush in das Reich des Bösen und des Guten war kein Zufall. Es war an der Zeit, das Finale einzuläuten. Das entspricht der beschleunigten Entwicklung der Geschichte ins Apokalyptische:

„Je stärker das Gottesreich wächst, je kräftiger Gott sein Handwerk betreibt, desto heftiger wird der Widerstand des Bösen. «Das Böse steigt so gewaltig, dass man schwerlich begreifen kann, wie es noch viel weiter sollte steigen können.» (Bengel) Der Kampf zwischen Gott und Satan ist in sein letztes Stadium eingetreten. Die Dramatik der Heilsgeschichte drängt einem Endkampf entgegen. Bengel knüpft unmittelbar an die Worte der Schrift an, dass der Teufel wenig Zeit hat. Der Teufel ist auf die Erde herabgekommen, weil er weiß, dass er wenig Zeit hat.“ (ebenda)

Verschärfung und Beschleunigung aller Dinge: das sind teuflische Strategien, die die Gemeinde beantworten muss – indem sie selbst beschleunigt und verschärft. Das Teuflische und Göttliche gehen „dialektisch“ ineinander über. Das Dritte Reich war ein göttliches und teuflisches Meisterwerk. Bekanntlich ist der Teufel die Kehrseite des Schöpfers.

Als Gegenschlag gegen den aufgeklärten Gott der Vernunft wurde Gott als das böse Prinzip kreiert. „Es gibt eine Religion des Bösen bei Marquis de Sade. Gott erhält die Welt durch das Böse. Im Bösen leben wir, bewegen wir uns, sind wir. Sade denkt die Erhebung des Menschen zum Bösen bis zur totalen Zerstörung, zum totalen Verbrechen und zur totalitären Diktatur. Worin zeigt sich die Vollmacht des Menschen? Im Verbrechen, im Morden, in der Verwendung des Menschen zum Material seiner schrecklichsten Bosheiten.“ (Friedrich Heer, Europa, die Mutter der Revolutionen)

„Was kümmern mich die Opfer, es muss welche geben als Quelle unseres Glücks. Wir gehorchen der Natur, indem wir uns dem Bösen hingeben. Unser Widerstand gegen das Böse als Erlösung ist das einzige Verbrechen, das sie uns nie verzeihen wird.“ (de Sade)

Nietzsches boshafte Übermensch-Visionen sind nur Plagiate Marquis de Sades:

„Die Schwachen und Missratenen sollen zugrunde gehen. Das Christentum vertritt die Schwachen, ist also das übelste Laster, Reue ist widervernünftig, Mitleid die Sünde schlechthin“ erklärt Juliette bei de Sade. Nein, das Christentum vertrat keine Schwachen, sondern tat nur, als ob. Die Aversion gegen christliches Abgekanzeltwerden wurde zur Aversion gegen autonome Vernunftmoral. Ein Gesinnungsgenosse verrät Juliette seinen Plan, wie er Frankreich zu verwüsten gedenkt. Er will zwei Drittel der Bevölkerung aushungern, indem er alle Lebensmittel aufkauft.

Das war wenige Jahre vor Malthus, dem englischen Pastor, der – aus Furcht vor revoltierenden Massen – den wirtschaftlichen Beweis erbringt, dass überflüssige Proleten Hungers sterben müssen. Aus der schwarzen Theologie der Franzosen wurde die knallharte Wissenschaft der Ökonomie.

„Ein Mensch, sagte er, der in einer schon okkupierten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgend einen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde. Bei dem großen Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt. Die Natur gebietet ihm abzutreten, und sie säumt nicht, selbst diesen Befehl zur Ausführung zu bringen.“ (Malthus)

Interessant, wie aus theologischen Begriffen nach und nach wissenschaftliche werden. Es ist nicht mehr die höllische Strafe Gottes, die die Menschen heimsucht, sondern die Natur, die sich dazu missbrauchen lassen muss, Gottes Strafgelüste zu vollstrecken. Bei de Sade sagte noch ein Fürst von Francaville: „Man muss die religiösen Schimären durch den äußersten Terror ersetzen; wenn das niedere Volk die Furcht vor der zukünftigen Hölle verloren hat, muss es diese Hölle auf Erden fürchten.“

Selbst die flammende Hölle herstellen, das ist der Zweck der ökologischen Naturverwüstung. Furcht vor den Massen wurde zu einem Dauerthema europäischer Eliten. Kein Zufall, dass der verschärfte eschatologische Kampf die Guten und Erwählten von den Bösen und Verworfenen immer mehr trennen muss. Die Guten wurden zum EINPROZENT, das dem überflüssigen Rest der Welt die Butter vom Brot nehmen darf.

Furcht vor den revoltierenden Massen wurde auch zum Bestandteil des christlichen Neoliberalismus. Hayek wollte sie nicht direkt verhungern lassen, aber beinahe. Heutige Armutsdebatten – etwa bei Illner – kommen stets ohne Arme aus. Der „Mittelstand“, der bis zu zwei Privatflugzeugen sein eigen nennen darf, debattierte mit analer Verachtung über diejenigen, die morgens nicht aufstehen wollen. Die Armendebatten der Öffentlich-Rechtlichen sind zu fäkalischen Veranstaltungen geworden.

„Wenn ein LKW-Fahrer seinen Job wegen der Automatisierung des Verkehrs verliert, «gibt es wahrscheinlich einen Job, hier im ZDF-Studio die Toiletten zu putzen», sagt dann Habeck. Besser wäre es, sich fort zu bilden. Spahn mit Blick auf die, die lieber länger schlafen: «Warum können wir hier nicht die Toiletten putzen? Ist das für uns nicht zumutbar?»“ (BILD.de)

Arme sind nicht nur arm, sondern haltlos amoralisch – sagen die elitären Lobredner des Amoralismus. Nichtshaber sind faul, verantwortungslos, voller Hass gegen die Welt, neidisch auf die wenigen Reichen, die es wahrhaft schwer haben mit ihren redlich erpokerten und erbeuteten Milliarden. Ein argentinischer Schriftsteller:

„Die Armen sind nur dazu da, den Kaffe zu servieren. Vor dem Treffen der G 20 in Buenos Aires sagt der Aktivist Juan Grabois, Argentinien sei das Land derer, „die der Kapitalismus am Wegesrand übrig lässt“.“ (Sueddeutsche.de)

Überall auf der Welt beginnen die finalen Ausscheidungen. Die Digitalisierung wird die Überflüssigen endgültig als – überflüssige enttarnen. Natürlich ausgestattet mit den besten Wünschen: Wir müssen alle mitnehmen auf dem beschwerlichen Weg in die Zukunft. Mit den besten Segenswünschen der Kanzlerin: Deutschland schafft das.

In der Wohnungsfrage werden die Überflüssigen immer mehr an den Rand gedrängt oder aufs trostlose Hinterland evakuiert. Hat man je solch dreiste Reden gehört?

„Wir müssen uns davon verabschieden, dass Berlin für alle bezahlbar bleibt. Wenn ich es mir nicht mehr leisten kann, egal, ob wegen wirtschaftlicher Einbußen oder einer Mieterhöhung, dann muss ich das akzeptieren. Es gibt kein Naturgesetz, das mir das Recht gibt, für immer in meiner vertrauten Umgebung zu bleiben. Und es ist noch eine ganz andere Frage, ob die zu berücksichtigen sind, die noch zusätzlich in die Stadt kommen. Die können sicher keinen Anspruch auf niedrige Mieten erheben.“ Sagt ein forscher Berliner Immobilien-Funktionär in der ZEIT. (ZEIT.de)

Stell dir vor, die Natur stirbt – und niemand schaut hin. Stell dir vor, die Majorität der Menschheit verelendet und krepiert – und alle schauen zu.

Als der Theologe Ernst Benz den Übermenschen bejubelte und die Furcht vor dem „Atom“ lächerlich machte, war Günther Anders gerade dabei, die Wirkungen des Hiroshima-Bomben-Abwurfs in allen Aspekten zu durchdenken. In seinem Buch „Die Antiquiertheit des Menschen“ sprach er vom prometheischen Gefälle:

„Auf gleiche Weise humpelt unser Fühlen unserem Tun hinterher. Zerbomben können wir zwar Hunderttausende, beweinen aber können wir sie nicht. Wir sind nicht mehr Handelnde, sondern Mit-Tuende. Der Zweck unseres Tuns ist abmontiert, daher leben wir ohne Zukunft; daher ohne Verständnis vom Zukunfts-Ende, daher «apokalypse-blind».“

Ohne Zukunft? Günther Anders konnte nicht ahnen, dass die Zukunftslosen – um ihre Apokalypse-Blindheit zu verleugnen – in den aberwitzigsten Zukunftsrausch flüchten würden.

 

Fortsetzung folgt.