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Sofort, Hier und Jetzt II

Sofort, Hier und Jetzt II,

„Am Ende erzählt der Physiker und Klimafolgenforscher Hans Joachim Schellnhuber den bedrohlichen Witz von dem Mann, der vom Hochhaus springt und auf Höhe des zweiten Stocks feststellt, dass es bis jetzt sooo schlimm noch gar nicht sei. Pointe: „Wir sind derzeit in dieser Lage.“ (SPIEGEL.de)

Zum seligen Ende ein Witz – vom ökologischen Berater der Kanzlerin: Prof. H. J. Schellnhuber. Das Gelächter über den Untergang einer genialen Gattung wird im Universum nachhallen.

Was ist ein Berater? Ein Ohrenflüsterer, ein urteilsloser Experte, ein Warner, ein Kritiker?

Erst als Anne Will den Professor fragte, ob die Kanzlerin seine Warnungen ernst nähme, äußerte sich der Professor mit indirekten Worten: Vielleicht ab dieser Sendung? Mit direkten Worten: er hat keinen Einfluss, seine Stimme verhallt im Kanzleramt.

Der renommierte Wissenschaftler lässt sich als Alibi-Figur einer selbstmörderischen Ökopolitik verheizen. Wissenschaft macht sich mitschuldig, wenn sie die Regierung nicht mit schärfsten Worten anklagt und zur Klima-Umkehr auffordert.

Pardon, natürlich steht eine listige Strategie hinter der Leisetreterei des Klimaprofis. Untergangsexperten haben herausgefunden, dass lautstarke Warnungen kontraproduktiv seien. Man benötige eine paradoxe Intervention. Nur das Leise und Vorsichtige würde den großen Knall bewirken. Das lutherische Donnerwort: Hier steh ich, ich kann nicht anders, sei unangebracht bei lutherischen Pastorentöchtern.

Also konkurrieren Merkel und Schellnhuber um die unauffälligste und dezenteste Sprache. Soll doch die noch immer mächtige Frau nicht mit dem Vorwurf gekränkt

werden, sie würde ihre Amtspflichten vernachlässigen.

Ach neige, du Demutsreiche dich gnädig unserer Not.

Anne Will wollte ihre Talkshow verändern. Dabei offenbarte sie vollends ihre dialogische Inkompetenz. Am Anfang die rituelle Ermahnung – diesmal an die Landwirtschaftsministerin Klöckner –, doch bitteschön ihre Frage zu beantworten. Die „Winzerstochter“ dachte nicht daran und quasselte ihre mitgebrachten Hohlsätze.

Schellnhuber sorgte für den ultimativen Donnerhall, als er am Ende der Debatte der Menschheit – sollte sie ihren Kurs nicht verändern – den Untergang prophezeite:

„Veränderte Küstenlinien durch den dramatisch steigenden Meeresspiegel. Weite Gebiete der Erde wegen Hitze bis 50 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit für Menschen unbewohnbar. Hunderte Millionen auf der Flucht …“ (BILD.de)

Wie kann man nur so unsachlich sein, Herr „Leguan“? Gottlob ist ein FDP-Minister anwesend, der „die Kassandra“ stoppte:

„Pinkwart bleibt trotzdem sachlich.“

BILD, die Stimme derer, die haben und nichts verändern wollen – außer den Veränderungen, die „unaufhaltsam auf uns zukommen“ – ist empört über eine Debatte voll „rhetorischer Empörungsgymnastik und politischer Marketing-Sprech bis zum Moralimperialismus“.

Aggressive Moralisten, die amoralische Verhältnisse ändern wollen, werden den Völkern das Grab schaufeln. Doch wehe, sie attackieren die imperiale Politik Netanjahus. Dann muss ihnen entgegnet werden: Es ist unanständig, die Amoral von Freunden zu kritisieren. Es ist stillos und gehört sich nicht, wenn man sich für Menschenrechte einsetzt.

Warum hält Schellnhuber keine flammende Rede wider den Untergangskurs der Deutschen? Weil er die Deutschen versteht:

„Vor der Bundestagswahl sorgten sich 71 Prozent der Deutschen um den Klimawandel, erinnert Will. Dennoch gehen die Neuzulassungen von SUVs, die Kapazitäten auf Kreuzfahrtschiffen und bei Billigfliegern rauf, die Preise dafür runter. Wie ist dieses Konsumverhalten zu erklären? Schellnhuber bringt es auf den Punkt. „Menschen haben das Gefühl, was ich alleine tue, macht keinen Unterschied.“ Er fordert, Politik müsse ein Narrativ entwickeln, bei dem Klimaschutz ansprechender sei.“ (WELT.de)

„Was tun gegen Methan und Kohlenstoffdioxid? Anreize schaffen? Verbieten? Schellnhuber seufzt: «Wir wissen eigentlich, dass wir im falschen Film sind. Aber es gibt eben die menschliche Trägheit. Wer im falschen Film ist, schafft es nicht, aufzustehen und das Kino zu verlassen.» Hier sei die Politik gefordert. Man müsse den Menschen einerseits «auch mal etwas zumuten». Andererseits wollten wir alle doch gerne «Teil einer guten Geschichte sein».“ (SPIEGEL.de)

Verstehen des selbstmörderischen Tuns ist für den Professor so viel wie verzeihen.

Den selbstbestimmten Tod hat die Politelite dem Pöbel verboten. Den Freitod der Gattung nicht.

Auch hier darf es nicht um Privatmoral gehen, sondern um ein Narrativ der Politik. Mit anderen Worten: nicht der Einzelne bestimmt über sein Schicksal, sondern die jeweilige Regierung. Woher soll denn die menschliche Trägheit kommen bei einer Gattung, die vor Fortschrittsenergie vibriert? Energie an der falschen Stelle? Mit Vollgas in den Abgrund?

Ist ein Physiker nebenbei auch Psychologe und Historiker? Schellnhuber ermahnt ein wenig, dann versteht er, warum die Gesellschaft seinen Ermahnungen nicht folgt – und gibt der Trägheit seinen Segen. Tu, was ich dir sage; doch tust du es nicht, ist es auch gut. Das ist die säkularisierte Form der theologischen Predigt. Folge meinen Geboten, doch wenn du sündigst und bereust, werde ich dir ein gnädiger Gott sein.

Und wo bleibt die strenge Schelt- und Ermahnungsrede gegen die beratungsresistente Kanzlerin? Gib den Untertanen einen lukrativen Posten – und sie verstummen. Hat sich irgendwas getan im lutherischen Untertanenstaat?

Moral ist keine private Angelegenheit, sondern eine universelle Norm und geht jeden etwas an. Wenn alle Menschen vernünftig wären, handelten sie nach derselben Moral. Es war der Traum der „positiven“ Anarchisten, dass eine Gesellschaft vernünftiger Wesen keine Gesetze bräuchte, weil jedes Individuum in autonomer Überzeugung das Gute um des Guten willen täte.

Gesetze sind nur ein Notbehelf der Polis, um die private Moral der Demokraten im täglichen Leben so zu stärken, dass die staatlichen Gesetze überflüssig werden könnten.

Die Deutschen – vor allem ihre medialen Moderatoren – sind unfähig, Grundsatz-Dialoge zu führen, wie sie auf dem athenischen Marktplatz und in den philosophischen Schulen eingeübt wurden. Platons Frühdialoge mit dem noch nicht verfälschten Sokrates sind für graecophile Neugermanen vergeblich geschrieben worden.

Warum werden nicht Fachleute und Denker eingeladen, die sich gegenseitig auf Herz und Nieren prüfen? Das Gebrabbel der Politiker (erstmal schauen wir genau hin…) ist hinlänglich bekannt. Ihre Vorsätze können sie sich an den Hut stecken, ihre Taten spotten jeder Beschreibung.

Der Einzelne fühle sich zu schwach, um das Gefühl der Bedeutsamkeit für die Gesellschaft zu gewinnen?

So wird die Autonomie des Einzelnen unterhöhlt. Denn wer glaubt, das Richtige zu tun und in demokratischen Debatten zu verteidigen, der könnte sich die Selbstgewissheit erarbeiten, mit beispielhaftem Tun seine Mitmenschen anzustecken.

Kofi Annan war offenbar einer, der in hohem Maße handelte, wie er redete. Weshalb er bei Amerikanern wegen seiner Glaubwürdigkeit abgelehnt wurde. Das Parlament der Völker sollte geschwächt und nicht durch eine Aura der Vorbildlichkeit gestärkt werden.

Was ist das für ein Talk, in dem die Hauptpunkte des Themas fast zufällig am Ende des Gesprächs erwähnt werden, damit niemand mehr Stellung beziehen kann? Die Gattung wird unter mörderischer Hitze verglühen, wenn sie ihren Hass gegen Mensch und Natur nicht überwindet. Vielen Dank, meine Damen und Herren, schön, dass Sie bei uns waren. Ich übergebe an Herrn Zamperoni…

Das wird der Supergau der Menschheit sein. Das war der Supergau eines lebensnotwendigen Gesprächs, das die Zuschauer nicht aufklärte, sondern im Nebel des Verderbens stehen ließ.

„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“

Das schrieb Hans Jonas in seinem Werk „Das Prinzip Verantwortung“. Der kantisch formulierte Imperativ trifft den Nagel auf den Kopf. Es gibt keine Verantwortung mehr, jeder Versager klammert sich an seinen Sessel. Zwar „übernehmen“ sie ständig „Verantwortung“, aber nur, um allen Konsequenzen aus dem Weg zu gehen. Wie unzählige Male hätte die Kanzlerin ihr Amt niederlegen müssen, um ihren abrupten Meinungsslalom zu beenden?

Die geltende Moral des Fortschritts zerstört die Sicherheit des menschlichen Lebens in der Natur. Wer immer nur der Gefahr folgt, kommt darin um. Alles Grenzenlose sprengt die Grenzen der Natur und löscht sie aus. Das Leben der Gattung darf kein Roulette-Spiel sein, in dem hazardierende Abenteurer das Äußerste wagen, um – auf Kosten aller andern – ihre Risikogewinne einzufahren.

Seit dem Siegeszug des Neoliberalismus wurden alle vorher geltenden Werte auf den Kopf gestellt. Sicherheit wurde zu Unsicherheit, Frieden zu Gefahr, Kooperation zu unbarmherzigem Wettbewerb.

Hayek führte einen regelrechten Kreuzzug gegen die Moral der „sozialistischen Kleingruppe“, um die harte und asoziale Moral der unerbittlichen Konkurrenz aller Völker gegen alle, aller Individuen gegen alle einzuführen. Es ist eine vollständige Parallele zu Arnold Gehlens Bekämpfung der Hypermoral, die er als unzumutbare Ausdehnung der fürsorglichen Familie auf internationale Verhältnisse verwarf.

Mit einem Unterschied: bei Gehlen war das Volk eine Art intakter Großsippe mit „national-sozialer“ Verbundenheit, während bei Hayek die Spaltung mitten durch die Nationen ging und die Mächtigen aller Länder zu internationalen Interessengruppen verband.

Für Hayek waren die sympathetischen Gefühle einer Kleingruppe sozialistisch. Alle für einen, einer für alle. Dieses fortschrittsfeindliche und wohlstandshemmende Prinzip musste radikal vernichtet werden zugunsten des scharfen Wettbewerbs aller gegen alle.

„Was uns zum Menschen gemacht hat, war, dass wir jene angeborenen animalischen Gefühle, die die kleine Gruppe zusammenhielten und die wir immer, im Gegensatz zu anderen, noch gerne die „menschlichen“ nennen, durch abstrakte Regeln ersetzten, die uns von der Verpflichtung befreiten, zunächst für den Nachbarn zu sorgen, bevor wir der Welt Leistungen anboten.“ (Hayek)

Das weibliche Reich der familiären Erziehung wurde zu einem sozialistischen Sumpf degradiert, aus dem der Mann („der Mann strebt hinaus ins feindliche Leben“) sich befreien muss, um an die frische Luft des Übermenschen zu gelangen, in dem jeder Titan mit jedem ringt, um den Wohlstand der ganzen Welt, ungleich verteilt in Klassen, ins Unermessliche zu vergrößern.

Nun entstand aber ein gewichtiges Problem. Wenn jeder nur für sich, im Kampf gegen jeden anderen, seinen Vorteil sucht – wie kann verhindert werden, dass die Gesellschaften nicht auseinander katapultieren?

Antwort: durch Religion. Nie hat sich Hayek von seinen römisch-katholischen Wurzeln getrennt. „Ihm ist bewusst, dass viele Menschen einer Religion zur Sinnstiftung und Handlungsanleitung bedürfen, und er bekennt sich ausdrücklich zu den zentralen moralischen Positionen des Christentums, in denen er jene Merkmale wiederfindet, die auch für eine freie, spontane Gesellschaft grundlegend sind“ (Hennecke, Von Hayek, Die Tradition der Freiheit)

Was nicht bedeutet, das Gebot der Nächstenliebe sei für Hayeks Ökonomie eine Grundlage gewesen. Im Gegenteil. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ spiegelte für ihn die funktionierende Kleingruppe, die vom globalen Neoliberalismus überwunden werden müsse. Eine Gesellschaft, die dem Prinzip der Agape folgte, wäre zum Untergang bestimmt. Nicht in der Gesellschaft, nur im persönlichen Umfeld könne es Mitmenschlichkeit geben. Mit anderen Worten: Religion ist dazu da, die Inhumanitäten einer „abstrakten Weltwirtschaft“ in den Nischen des Privaten auszugleichen und erträglich zu machen.

Hayek fühlte sich vom Satz des Thomas von Aquin angezogen, dass viele nützliche Dinge verhindert worden wären, wenn alle Sünden strikt verboten wären.

Diesen Gedanken der Nützlichkeit des Bösen – der die ganze Neuzeit beherrschte – hält Hayek für identisch mit seiner Idee der „spontanen Ordnung“. „Viele Dinge blieben angesichts der Unvollkommenheiten des Menschen erlaubt, nicht um etwas ausdrücklich als gerecht anzusehen, sondern um vielen einen Vorteil zu bringen.“ (Hennecke)

Erneut entdecken wir eine wesentliche Ursache der „menschlichen Trägheit, die sich nicht aufraffen kann, dem totalen Verhängnis zu widerstehen“. Hier gäbe es nur eine Entscheidung zum Guten an sich, das mit keiner bösen Energie kontaminiert werden könnte.

Im verborgenen Hass der religiös Emanzipierten, die unterschwellig am Glauben festhalten, ist das Gute an sich wie ein Imperativ des Teufels. Denn ihr Gott ist von Anfang an ein antinomisches Wesen, das den Widersacher benötigt, um zu Potte zu kommen. Ohne seinen satanischen Gehilfen wäre der Herr ein hilfloser Popanz.

Die Vermeidung der Katastrophe wäre kein gewohnt egoistischer Akt, sondern eine allgemeine Selbsterrettung, in der Egoismus und Altruismus zusammen kämen. Ich soll plötzlich etwas tun, was der ganzen Menschheit zugute käme? Das verschlägt dogmatischen Egoisten den Atem – auch dann, wenn sie sich klar machten, dass auch ihr Überleben auf dem Spiel stünde.

Das unbedingt Gute und Notwendige – vom Ende des Fliegens bis zur Reduzierung fleischlicher Kost – widerstrebt den Mietlingen des Neoliberalismus. Im Guten können sie keinen individuellen Profit erkennen, der aus dem vorbildlichen Tun entstünde. Das kollektive Interesse wurde im Kampf gegen den Sozialismus so intensiv mit totalitär gleichgesetzt, dass das Gemeinsame noch immer nichts anderes sein kann als despotischer Kommunismus.

Wer die Gattung retten will, muss die größten und kleinsten Taten in den Dienst des Überlebens stellen. Ohne Ausnahme, ohne Ambivalenz, ohne egoistische Hinterlist. Das widerspricht der grundlegenden Überzeugung, dass Gutes nur durch Dienste des Bösen erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass das reine Gute das totalitäre Gute sein soll. Ohne Gewalt könne man kein Gutes vollbringen.

Revolution zur Rettung der Menschheit wäre eine Revolution der Denkungsart. Nur, wer anders denkt, kann anders handeln. Tun wird von Gedanken und Gefühlen bestimmt, die noch im Stadium des Unbewussten verharren.

Die Moderne hält nichts vom Denken, dem edelsten und wichtigsten Organ menschlicher Selbständigkeit. Statt sich selbst zu lenken durch eigene Vernunft, wird der Mensch durch äußerliche Stimuli an der Nase herumgeführt. Parteien denken nicht. Alte Begriffe verteilen sie neu, um andere soziologische Gruppierungen zu gewinnen. Sie orientieren sich, mangels klarer Urbegriffe, an den Bedürfnissen und Interessen verschiedener Populationen, anstatt anzubieten, was sie selbst für richtig halten.

Die Verbreitung revolutionärer Gedanken wird von „Bewegungen“ erwartet, die sich als Nachfolger des Heiligen Geistes verstehen. Nicht argumentieren, überzeugen und überzeugen lassen sind die mühsamen Wege der Verbreitung von Ideen, sondern das unberechenbare Wehen des Heiligen Geistes, der sich durch kollektive Ansteckung verbreitet – und im nächsten Moment verebben kann.

Schellnhuber tritt auf als nüchterner Naturwissenschaftler. Das tut Merkel auch – und beide scheinen zu kooperieren, obgleich sie an verschiedenen Ufern des Flusses stehen.

Welche Philosophien haben Naturwissenschaftler? Keine rational verpflichtenden. In der Politik können Wissenschaftler das ganze Spektrum von rechts bis links abdecken. Und dennoch teilen die meisten jene Gedanken, die schon vor Zeiten von A. N. Whitehead in seinem Buch „Wissenschaft und moderne Welt“ formuliert wurden.

Der britische Logiker lehnte das „Evangelium der Gleichheit“ ab. Unterschiede zwischen den Nationen seien notwendig, um die Bedingungen der Höherentwicklung der Gattung zu ermöglichen. Der Mensch müsse zudem ein Wanderer und Abenteurer sein, anders könne er auf der „Skala des Seins nicht steigen“. Abenteuer seien notwendig, weil sie gefährlich seien. Nur Wandern von Abenteuer zu Abenteuer könne zukünftige Gefahren enthüllen. Es gehöre zu den „Verdiensten der Wissenschaft, dass sie die Zukunft für ihre Aufgaben rüstet.“ Der Pessimismus der Mittelklassen erkläre sich aus der „Verwechslung von Zivilisation mit Sicherheit.“ „In der Zukunft wird es weniger Sicherheit, weniger Stabilität geben als in der Vergangenheit. Die großen Zeitalter seien unstabile Zeitalter gewesen.“

Wissenschaft und Neoliberalismus sind parallele Denkungsformen. Ein ununterbrochener Prozess muss das Alte vernichten, um auf seinem Grab das Neue zu errichten. Das ist so christlich wie – faschistisch. Lebe gefährlich, war die Devise der Futuristen wie Mussolinis.

Das systematische Zertrümmern des Vertrauten, um unbekannte Gefahren heraufzubeschwören und neue Stufen des Seins zu ersteigen, muss beendet werden, wenn die Sicherheit des Überlebens im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen soll. Nicht Gefährdung des Lebens, sondern globale und klimatische Absicherung als Voraussetzungen eines geglückten Lebens wären die ultima ratio jeder Politik ab diesem Moment.

Schellnhubers Appelle sind saft- und kraftlos. Er wagt es nicht, den herrschenden Mächten angstfrei entgegenzutreten. Unter dem Vorwand, die Einzelnen nicht zu überfordern, schützt er seine eigene Ratlosigkeit. Als glaubwürdiger Wissenschaftler müsste er im Büßerhemd auftreten, um die Neigung seiner Zunft zur systematischen Zerstörung des Vertrauten und Bekannten selbstkritisch anzumahnen.

Weder eine Kanzlerin als Physikerin noch ein Naturwissenschaftler als ökologischer Politiker sind per se glaubwürdige Propagandisten eines radikalen moralischen Wechsels, den die Moderne vornehmen müsste, um einer noch nie dagewesenen Selbstzerstörung zu wehren.

Nie durfte die Moderne mit dem erreichten Zustand ihres Werdens zufrieden sein. Zu-Frieden-heit gilt bis heute als Gift aller grenzenlosen Veränderungen. Wenn Frieden aber die größte Gefahr für die Gattung, und wachsender Unfrieden die Bedingung eines unendlichen Fortschritts wären, dann käme die Menschheit erst zur Ruhe – wenn sie ohne Leben wäre. Das krönende Finale des homo sapiens wäre sein Tod.

 

Fortsetzung folgt.