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Tagesmail

Samstag, 19. Januar 2013 – Aufforderung zum Tanz

Hello, Freunde der Erfindung,

die TAZ in frischer Fahrt voraus, um die Welt zu verändern. Mit seltsamen Begriffen wie TAZ-LAB 2013.

Laut Wiki ist Lab, auch Laab genannt, Bestandteil des Labmagens junger Wiederkäuer und wird zur Herstellung von Käse verwandt. 2013 soll wohl das jetzige Jahr des Heils bedeuten. Wie viele Jahre noch zur Wiederkehr des Messias? Nichtssagende Zeitangaben sind zu Qualitätsmerkmalen geworden. Wie Agenda 2010.

Das Motto der TAZ-Lab heißt: „Erfindet. So kann es nicht weiter gehen“. Der TAZ gelingt es, in wenigen, windig angeschnittenen Staccato-Begriffen alten Käse ganz neu zu erfinden. Erfinden heißt creativ sein, womit wir schon elegant beim abendländischen Creator wären.

Erfinden heißt nicht entdecken. Wer sich ständig neu erfinden muss, verliert Identität und Rückgrat. Entdecken kann man nur, was vorhanden ist. Erfinden hingegen heißt schaffen, produzieren, herstellen. Das ist Hoffnung auf Lösung unserer Probleme durch messianische Technik. Das Alte ist vergangen, ich mache alles neu. Womit der göttliche Erfinder das Alte auf den Müll wirft. Das Alte ist die Natur, die nicht mehr erträglich ist. Also muss sie auf die Deponie der Vergangenheit, die abgeschafft werden soll.

Erfinder leben von der Illusion einer Zukunft, die alles magisch erneuern wird. Entdecken war bislang Wissenschaft betreiben, das zärtliche Erkunden der Natur. Mit Wissenschaft will das Reform-Labor der TAZ nichts zu tun haben.

Wer sucht, der findet; wer erfindet, hat schon alles gefunden – in der technischen Macht über die Natur. Erfinden heißt, mit Hilfe der Natur die Natur vorführen.

Geht es um Philosophie? Sie hat die Welt nur verschieden interpretiert. Erfinden, Produzieren, kreatives Schaffen will die Welt verändern, indem sie dem Bestand des Überflüssigen ein weiteres Überflüssiges hinzufügt. Seit Roger Bacon ist Technik zur Erlösungsmaschinerie geworden. Den Teufel der sündhaften Natur wollte er mit dem technischen Beelzebub austreiben.

Die TAZ ist links und teilt die Marx‘sche Verachtung der Philosophie. Denken ist folgenloses Grübeln. Nur technische Berserkerei hinterlässt Spuren.

Absurd die Frage: „Weshalb fällt das „Selberdenken“ und Handeln so schwer?“, wenn sie durch Erfinden beantwortet werden soll. Durch ingeniöse Ökoroboter? Durch Gehirndoping mittels rauschhafter Seelenpillen? Durch Implantieren nachhaltiger Chips ins Großhirn? Gar durch Abschaffen des alten Adam mittels unsterblicher Biomaschinen à la Ralf Kurzweil, dem Silicon-Valley-Messias des Frank Schirrmacher? Die linke TAZ und die konservative FAZ brüderlich vereint in gemeinsamer Verachtung des Denkens und in bedingungsloser Anbetung eschatologischer Golems.

Welzer hat schon zugesagt, der alle theoretischen Fragen für längst beantwortet hält. Nur Ärmel hochkrempeln und mit äggdschen die Welt retten, mehr bräuchten wir nicht. Ein verzweifelter Aktionismus auf dem Morast verkappter Unheils- und Heilspropheten.

Leggewie hält viel von der „Natalität“ des Menschen: die Geburt eines Jesuleins soll uns die neue Welt bescheren. Alles soll jungfräulich von vorne beginnen. Jeder Neubeginn soll unbefleckt und marianisch sein. Das Alte ist hoffnungslos kontaminiert.

All dies sind christogene Eierschalen über dem Neocortex aufgeregter Trommler, die ihrem jugendlichen Katechismusunterricht nicht untreu werden wollen.

Keine Analyse der Ursachen. Man könnte ja die Grundlagen abendländischer Werte gefährden. Linke Phraseure wollten die Kirche schon immer im Dorf lassen. Das Neue, das Kreative zaubern sie aus dem Nichts ihres schwärmerischen Kopfes, indem sie das Uralte des Heiligen wiederkäuen: TAZ-Sanctus-Spiritus-Lab.

Erfinden, heißt, mit immer gewaltigeren Maschinen der Natur zeigen, wo Bartels den Most holt. Einheit mit der Natur war nur eine fromme Metapher. Das gottähnliche ICH des imago dei muss die Natur ein weiteres Mal vergewaltigen, pardon, ihr eine Offenbarung verabreichen, dass ihr die Ohren klingeln. Von Natur ist gar keine Rede mehr.

Werte TAZ-Redaktion,

dies ist eine Aufforderung zum öffentlichen Streit. Die einzige Alternative zur jetzigen Politik auch zur TAZ-Alternative, die keine ist – muss lauten: Denkt mit dem eigenen Kopf, anders wird es nicht weiter gehen. Das ganze Abendland muss umgepflügt werden. Wer auf Erlösung hofft, sollte Priester werden.

Nur dem autonomen Menschen wird es gelingen. Weder der Technik, der Evolution, noch der Heilsgeschichte. Schon gar nicht dem Markt, dem Fortschritt oder Schwellkörpern des Zasters.

Was getan werden muss, ist das Alte, das noch nie getan worden ist: Habe Mut, dich deines eigenen Kopfes zu bedienen. Längst wissen wir, was wir tun müssten – wenn wir nur wüssten, was wir wissen. Dass wir nicht tun, was wir wissen, hängt daran: wir verdrängen unser Wissen.

Das Verdrängte müssen wir uns durch Denkarbeit zurückholen. Wir sind reicher, als wir uns klar machen. Erobern wir den moralischen Reichtum des Menschen, den wir bislang verkümmern ließen: blockiert durch Denkverbote des Heiligen, das den mündigen Menschen hasst.

Denken heißt Wiederkäuen. Das Verdauliche muss angeeignet, das Unverdauliche und Schädliche ausgeschieden werden. Nur in diesem Sinne: TAZ-Lab!

 

Werte TAZ-Redaktion,

der „Sokratische Marktplatz“ wird in der nächsten Woche von Freiburg nach Berlin ziehen. Um auf den Spuren Hegels die Langzeitfolgen seines Heilsdenkens von dessen marxistischer Version auch die TAZ beherrscht wird zu bekämpfen. Kant, Sokrates und ein hayek-bereinigter Popper nach Berlin.

Was müssen wir ändern, um auf der Erde zu überleben? Zu diesem Thema fordern wir Euch auf zu einer öffentlichen Disputation auf der Agora. Nur die Wiederbelebung des athenischen Marktplatzes kann der maroden Demokratie aufhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Renate Auer und Fritz Gebhardt