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Neubeginn LXXII

Hello, Freunde des Neubeginns LXXII, 

dem Trump-Effekt ist es zu verdanken, dass Hollywoods Mogul gefällt werden konnte: Weinstein war der Trump der Illusionskünstler. Der landesweite Widerstand gegen den amerikanischen Präsidenten bestärkte die Frauen, ihren allmächtigen Herrn über Karriere, Leib und Seele, den sie allzu lange als Strafgericht erduldet hatten, zu Fall zu bringen. Als Strafgericht für ihre Sünde, ein Weib zu sein.

Als Trump an die Macht kam, taten alle entsetzt über den bedenkenlosen Wüstling auf dem Thron, obgleich alle wussten oder wissen konnten, wie er tickte: man musste nur seine TV-Sendungen verfolgt haben. Man musste nur Frau sein, musste nur die täglichen Nachrichten aus aller Welt verfolgt haben, um zu wissen, wie Männer sind, wie Männer sein können.

Nein, nicht irgendwelche Männer, sondern umtriebige, hab- und erfolgsgierige Schwanzträger, die ihre orgasmische Impotenz, ihre Unfähigkeit, ein erfülltes Leben zu führen, mit gottähnlichen Machtallüren kompensieren.

Deutsche Bildungsillusionisten sprechen vom faustischen Prinzip, um die beinharte männliche Suprematie über Natur, Weib und Kind als geistliches Streben zu verfälschen und zu verklären.

Von wem ist hier die Rede?

„F. richtet die junge Frau zugrunde, indem er sie verführt und dabei schwängert und indem er den Tod von Gretchens Mutter und Bruder herbeiführt. Gretchen bringt ein uneheliches Kind zur Welt, tötet es, aus Verzweiflung halb wahnsinnig geworden, und wird daraufhin verhaftet. Faust will sie mit des Teufels Hilfe vor der Hinrichtung retten; er versucht vergeblich, sie zur Flucht zu überreden, kann sie aber nicht vom Wahnsinn erretten. Er muss sie schließlich ihrem Schicksal und der Gnade Gottes überlassen.“ (Wiki)

Der letzte Satz kann nur von einem Mann geschrieben sein: Männer sind stets unschuldig und können nicht anders, als die Opfer ihrer Schandtaten

übernatürlichen Mächten zu überlassen, die sie Geschichte, Schicksal, Gene, Fortschritt, Wettbewerb, das Neue, Kampf um die Zukunft oder Gnade Gottes nennen.

Auch nach Weinsteins Fall taten alle entsetzt. Denn es stellte sich heraus, dass alle von den Variationen des jus primae noctis (des Rechts der ersten Nacht) gewusst hatten, die der finstere Fürst der Filmindustrie rigoros von den Schauspielerinnen gefordert hatte. Als vorauszubezahlender Ablass für seine Gnade, die Tore für eine internationale Karriere weit zu öffnen.

Einst war der neue Kontinent froh, den obrigkeitlichen Machenschaften Europas entkommen zu sein. Doch der Absolutismus alteuropäischer Adelseliten hat schon lange die Freiheitselemente der mächtigsten Demokratie der Welt infiltriert und die Macht der Führungsklassen ins Unermessliche ausgeweitet.

Selbst in deutschen Medien waren immer wieder schändliche Andeutungen im Zusammenhang mit mächtigen Männern Hollywoods zu lesen. Der Westen hat es gewusst, wollte es aber nicht wissen. Hielt es für trivial, unvermeidlich und kaum erwähnenswert, dass in der harten Realität harte Männer die Peitsche schwingen. Auch die Presse machte sich der Kumpanei des Verschweigens schuldig, will aber selbstgerecht keine Lügenpresse genannt werden. Lasst alle Hoffnung fahren, so ist nun mal die Wirklichkeit, ihr Moralschwärmer, die ihr blauäugig von einer idealen Welt träumt.

Der Schock ist auch eine Befreiung. Die Selbstentlarvung der Traumindustrie kann ein wichtiger Schritt zur überfälligen Selbstbesinnung sein. Noch sind die Freiheitskräfte unserer Befreier so intakt, dass sie in der Lage scheinen, den bigotten Abstand zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer mehr zu reduzieren.

Mit Enthüllung der systematischen Entwürdigung der Frauen in der westlichen Welt beginnt Amerika, über sich selbst Gericht zu halten. Frauen, die ihre Verfügbarkeit schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen, sind Vorreiterinnen in der Rebellion gegen die Männermacht in allen Aspekten modernen Lebens.

Sollte der Funken des Widerstands auf all jene Frauen in der Welt überspringen, die sich das Regiment der Männer nicht mehr gefallen lassen, begänne die letzte Epoche der männlich dominierten Hoch-Kultur, die in Wirklichkeit nichts anderes ist als ein Abstieg in die naturschändende Perspektivlosigkeit der gesamten Gattung.

Die Welt ist im Umbruch. Die Menschheit beginnt ihre Torheit zu begreifen, dass sie das Regiment dem Manne überlassen hat. Die Gattung, das steht fest, kann nur überleben, wenn die Übermänner mit grenzenlosen Zukunftsflunkereien von der Bühne geholt werden.

Der Sinn des Lebens ist – leben. Leben aber können die Männer nicht. Vor dem Hier und Jetzt flüchten sie in panischem Schrecken ins Futurische. Sie befinden sich im Kriegszustand gegen das Leben.

Der Mann muss hinaus ins feindliche Leben, muss hasten und streben, muss produzieren und schaffen, erlisten, erobern und raffen, muss riskieren, wetten und wagen, das Glück – nicht zu erjagen. Sondern den flüchtigen Erfolg, die Missgunst der Verlierer, die er als Gütesiegel seiner Überlegenheit benötigt.

Ohne Loser der Geschichte, über die er hinwegtrampelt, ohne Bewunderung verfügbarer Frauen, kann er seine Überlegenheit nicht triumphal auskosten.

Warum ist der männliche Mann getrieben, die Frau als Beute zu degradieren und zu demütigen? Weil er sich nicht eingestehen kann, dass er sie heimlich bewundert und ihre Anerkennung benötigt. Er muss gewalttätig erobern, was er mit Liebenswürdigkeit und emotionaler Aufrichtigkeit nicht hoffen darf, erfolgreich zu umwerben.

Lebenslang sucht er nach dem ozeanischen Glück mütterlicher Verbundenheit, die er am Tag der Geburt für immer verlor. Unfähig, seine Sehnsüchte und Mängel zu erkennen und durch Zuneigung und Freundschaft auszugleichen, verschafft er sich minderwertigen Ersatz durch Macht über Menschen, deren Zuneigung er erpressen, deren Verfügbarkeit er erzwingen kann. Er misstraut seinen Fähigkeiten, die Zuwendung der Frauen auf ungezwungenem Wege zu erringen.

Gewalt ist das bankrottierende Zugeständnis seiner emotionalen Inkompetenz und seines mangelnden Vertrauens in die Zuwendung der Frau. Er kann nicht glauben, dass auch er ein begehrenswertes Wesen für die Frau sein kann. Nicht nur ein Werkzeug im Dienst des Überlebens, nicht nur ein grober Schutz gegen Feinde und Gefahren.

Sexuelle Bedürftigkeit ist die schwächste Stelle seines Mängelbewusstseins. Alle Bedürfnisse nach Zärtlichkeit und Gesten der Nähe reduziert er auf den actus purus des Penetrierens. Er will nicht der abwartend Bedürftige, er will der tätig Offensive sein. Er will nicht begehren, sondern kommandieren. Er will nicht auf emotionale Übereinstimmung angewiesen sein, sondern anordnen und befehlen. Er will der Überlegene scheinen, obgleich er sich klein und minderwertig fühlt.

Den ganzen Reichtum einer sinnlich-vertraulichen Begegnung schrumpft er auf quantitative Erektionen und physiologische Entladungen. Wer Herr in der Welt ist, kann im Bett kein flehendes Würstchen sein. Unverfügbare Qualitäten, die sich Menschen in lustvoller Freiwilligkeit gewähren, hat der Mann zu mechanischen Quantitäten degradiert. Zuwendung, Liebe und Eros hat er in Macht verwandelt. Das Lager der machtfreien Begegnung will er als Sieger verlassen. Er muss nachzählen, messen und vergleichen, was er mit seinen Sinnen nicht empfinden kann.

Ilan Stephanie, die zwei Jahre lang in einem Berliner Bordell arbeitete, hat die Ärmlichkeit des männlichen Sexus kennengelernt:

„Männer scheitern ja in der phallischen Kultur. Frauen haben im Patriarchat schon immer die Männer bestätigt und ihnen die Eier geschaukelt. Männern geht es in dieser Gesellschaft sexuell so grottenschlecht. Schlechter als Frauen, denn anders als Frauen wissen sie gar nicht, was ihnen fehlt. Wenn das Abspritzen in Frauen, die ihnen etwas vorspielen, der Höhepunkt ihres sexuellen Lebens ist – wie traurig ist das denn? Der Puff ist ja nur das Symptom für diesen armen Sex, den wir haben.“ (TAZ.de)

Der grottenschlechte Sex der Männer sieht nur eine Möglichkeit, seinem Elend zu entkommen: durch die Pose der Gewalt. Wo das Begehren des Mannes dominiert, da darf er sich zum Sieger des Duells erklären. Jeder Beischlaf wird zum Clinch, jede Vereinigung zum Duell zweier Wesen, die innerlich nichts verbindet. Schrecklich der Temperatursturz der postkoitalen Tristesse: mit wem hab ich mich da eingelassen? Nichts wie weg und keine Spuren hinterlassen!

Die uneingestandene Unterlegenheit der männlichen Sexualität ist die Voraussetzung der sexuellen Überwältigung der Frau. Seine erotische Inkompetenz, seine Unfähigkeit, sich in andere Wesen einzufühlen, sind seine Beweggründe zu einem Dasein in Missachtung, ja Zerstörung allen Lebens, das sich ihm nicht freiwillig unterordnet. Was er braucht, muss er erzwingen können. Was er nicht erzwingen kann, muss er vernichten.

Von seiner libidinösen Unfähigkeit, mit der Natur in Einklang zu leben, rührt seine Nötigung, die unreglementierbare primäre Natur mit einer künstlich-zweiten Natur zu überdecken und zu ersticken. Seine Machtmaschinen sollen die Nöte des gefühlsarmen Mängelwesens durch Quantitäten beheben.

Heute ist es Mode geworden, fremde Partner zum Sex zu gewinnen. Schnell müssen künstliche Gefühle aufgebaut werden, die sich nach dem Sex in Nichts auflösen. Der Koitus soll zu nichts mehr verpflichten.

Im Dienst des Kapitalismus muss der Einzelne flexibel bleiben wie ein isoliertes Atom, das nach Belieben in alle Richtungen schwirren kann. Nicht binden! Lösen! Jederzeit abrufbar sein! Beziehungen zu Menschen, deren Sympathie man lebensnotwendig braucht, sind Gift für die permanente Abrufbarkeit. Nicht einmal das Geld ist der größte Motivator des Menschen, sich dem Ruf des Chefs nicht zu verweigern: es ist die Berufung, der Ruf, das Gefühl, von Männern gebraucht zu werden.

Männer haben Frauen im Verdacht, dass sie auch ohne Männer leben könnten. Dass Frauen Männer weniger begehren, als Männer die Frauen. Es herrscht eine Asymmetrie emotionaler Abhängigkeit. Sind Kinder vorhanden, stehen sie der Mutter ohnehin näher als die zahlenden Väter – glauben die Väter –, die nur am Wochenende einfliegen. Sie machen sich rar, um ihre Attraktivität zu erhöhen. Vergeblich.

Allein müssen sie das Geld verdienen, um die Familie zu ernähren – damit sie finanziell nur schwer zu ersetzen sind. Das familiäre Tun der Frau darf nichts verdienen, sonst gäbe es für sie keinen Grund, an dem Mann festzuhalten – fürchtet der Mann. Die Frau muss im Herrschaftsbereich des Mannes arbeiten, damit sie den Gesetzen des Mannes gehorchen muss. Anstatt den erigierten Kapitalismus des Mannes zu zerschlagen und eine humane weibliche Wirtschaft zu errichten, ordnen sich die Frauen dem Moloch einer naturfeindlichen Männer-Ökonomie unter.

Politisches und ehrenamtliches Tun ist in keinem Parteiprogramm vorgesehen. PolitikerInnen aller Couleur werden nicht müde, das Heimchen am Herd zu denunzieren, als ob eine selbstbewusste Mutter – natürlich auch jeder Vater, der die Kinder betreut – sich von der Gesellschaft isolieren müsste. Das intakte Beziehungsgeflecht des Nestes, der Großfamilie, des Dorfes, der politischen Gemeinde, muss verhöhnt und zerstört werden, damit die Monade allzeit bereit und unbegrenzt einsetzbar bleibt.

Während die EINPROZENT-Eliten ihre Dynastien zu Machtzentralen ausbauen, werden die letzten Zufluchtsmöglichkeiten der 99PROZENT zu riesigen Single-Massen zerschlagen, deren in Hast geborene Kinder in staatlichen Kitas zu Rädchen des Mammonismus gedrillt werden.

Psychiater stehen bereit, die frühe Indoktrinierung der Kinder zu Knechten des Kapitalismus als optimale Erziehungsmethode zu preisen. Die Drillmethoden totalitärer Sozialismen werden die individuellen Erziehungsstile liberaler Demokratien beseitigen. Wer hat hier über wen gesiegt?

„Immer mehr Heranwachsende sind nach Schulabschluss nicht im herkömmlichen Sinne arbeitsfähig. Es fehlt ihnen an Arbeitshaltung, Sinn für Pünktlichkeit, Akzeptanz von Strukturen und Abläufen. Wenn das so weitergeht, steuern wir auf einen riesigen Fachkräftemangel zu – und die Situation, dass wir in ein paar Jahren jede Menge Menschen haben, die dem Staat auf der Tasche liegen.“ (WELT.de)

Wo sind die Wurzeln der zerstörten Sinnlichkeit der Menschen – besonders der Männer?

Eva ist die Urmutter aller Frauen, die von den Männern mit lebenslanger Minderwertigkeit bestraft werden muss. Sie gehört zur Lust der Welt und muss diskriminiert werden wie alles Weltliche: „Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist denn alles, was in der Welt ist, des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffährtiges Leben, ist nicht vom Vater.“

Absolute Keuschheit war die Forderung eines Kirchenvaters, der darauf beharrte, das Reich Gottes könne erst errichtet werden, wenn es der Menschheit gelänge, im Rahmen eines allumfassenden Sex-Verbots auszusterben. Das Jenseits würde sich erst öffnen, wenn die Menschheit sich zölibatär ausrottete.

Hier ist die Wurzel des suizidalen Verhaltens der heutigen Menschheit. Freilich nicht durch Sex-Verbot, sondern durch Vernichtung der Natur. Marcion verkündete, von nun an dürfe keine Fortpflanzung mehr stattfinden. Keuschheit sei – nach Tertullian – der Tauschwert, mit dem der Mann sein riesiges Vermögen an Heiligkeit erwerbe. Das riesige Vermögen an Heiligkeit ist zum materiellen Vermögen geworden, mit dem die Milliardäre Amerikas sich ihren puritanischen Himmel erkaufen.

Die Vereinigung der Seele mit Gott – so ein Numenius von Apamea – sei nur bei absoluter sexueller Abstinenz möglich. Niemals sei der Geschlechtsverkehr frei von Sünde, auch nicht in der Ehe, so Augustin. Moderne Christdemokraten erzählen die Legende von der christlichen Familie, die es jedoch nur als patriarchale Zwangsgemeinschaft gegeben hat – mit ekelhaften Anteilen erbsündiger Lust.

In christlichen Familien ist jeder der Konkurrent von jedem im Wettkampf um die seltenen Plätze im Himmelreich. Man lese John Bunyans „Pilgerreise“. Eine Familie als verlässliches emotionales Beziehungsgeflecht der Menschen ist für biblizistische Neugeborene eine gotteslästerliche Tatsache, die zerstört werden muss.

Nur bei den Heiden gab es Lust und Freude an aller Sinnlichkeit. Im Germanischen bedeutet das Wort Lust soviel wie religiöse Freude. Hindus setzten den Koitus der Vereinigung mit einem Gott oder einer Göttin gleich. Für Göttin Parvati ist das fleischliche Beilager eine Tugend, die alle Sünden tilgt.

Warum ist der Mann zum psychischen Eros unfähig, stets unter dem Zwang, seine empathischen Unfähigkeiten mit sexueller Leistung zu kompensieren?

Johannes Chrysostomos deklarierte, der Mann könne es nicht ertragen, eine Frau anzusehen. Augustin behauptete, ein frommer Mann könne wegen seiner Heiligkeit keiner Frau ins Gesicht sehen. Wen wundert es, dass Männer beim „Vorspiel“ versagen und hastig zum Rein-Raus-Spiel kommen, unfähig, die Gefühle der Frau wahrzunehmen? Vorlust ist für echte Kerle lästig. Sie müssen die Standhaftigkeit ihres Penis unter Beweis stellen.

Ganz im Gegenteil zu den Gepflogenheiten der meisten heidnischen Völker, bei denen die Sexualität eine Erfahrung göttlichen Vergnügens oder ein Vorgeschmack des Himmels ist. Wohin auch immer die christlichen Missionare kamen, überredeten sie die Menschen, dass ihre sexuellen Bräuche schlecht und sündig seien. Ein Missionar beschrieb die Erntefeiern als bacchantische Feste. Papst Franziskus will die nächsten Missionierungsattacken gegen die Urvölker im brasilianischen Urwald starten.

In Malaya beobachtete ein Missionar, dass bei den Eingeborenen alle fleischlichen Sünden begangen wurden, nur eine nicht: die Vergewaltigung. Hier sehen wir den Grund der männlichen Übergriffe und Vergewaltigungen: die 1000 Jahre alten Beschädigungen der Sexualität sind noch immer intakt.

Zwar gab es eine sexuelle Revolution, doch sie beschränkt sich auf schnell wechselnden Verkehr bei striktem Bindungsverbot. Göttlichen Sex aber gibt es nur in tief empfundenen Gefühlen von Menschen, die sich nicht gleichgültig sind. Bloßer Sex ist wie Rasen durch eine Landschaft: man sieht und hört nichts und hat keinerlei Beziehungen zu Land und Leuten gewonnen. Wenn alle sich von allen lösen müssen: dann entsteht eine lustfeindliche Wüste, in der keine Sinnlichkeit wachsen kann.

Die Verfluchung sinnlicher Freuden ist der Boden, auf dem Frauenhass als religiöses Gebot zur Geltung gekommen ist. Die Unterdrückung der Lust führt unvermeidlich zur perversen Gewalt bei sexuellen Handlungen. Die Anwendung von Gewalt gegenüber Frauen und Kindern war bei frühen Christen Ersatz für die Zärtlichkeit, die in freien Gesellschaften ganz selbstverständlich gewährt wird. Selbst Tiere, deren sexuelle Triebe an der Erfüllung gehindert werden, reagieren mit Aggressionen, während Zulassen der Sexualität eher zu friedlicher Koexistenz führt.

Wer keine Zärtlichkeiten erfahren hat, wird Schwierigkeiten haben, eine erfüllte Sexualität zuzulassen. Er lebt mit zwanghafter Lustangst. Jede befreiende Lust muss er als verbotene Emotion empfinden, die eine fürchterliche Strafe nach sich zieht. Mechanischer Sex ist kein Ersatz für spielerisch fröhliche Zärtlichkeit.

Der Kapitalismus, das eiserne Gehäuse, die Arena unerbittlichen Wettbewerbs, ist keine Pflanzstätte heiterer Sympathie-Gefühle beim Anblick lieb gewonnener KollegInnen. Solange jeder der Konkurrent von jedem sein muss, solange jeder den Absturz ins Nichts fürchten muss, kann sich eine erotische Gesellschaft nicht entwickeln.

Die – notwendige – Ächtung gewalttätiger, listiger Kinderschänder hat ein Klima allgemeinen Misstrauens gegen Zärtlichkeiten mit Kindern erzeugt. Kaum ein Vater, der nicht die Mutter, kaum eine Mutter, die nicht den Vater für fähig hielte, ihre Kinder sexuell zu belästigen.

Bis zum 19. Jahrhundert war die allgemeine Losung in christlichen Kulturen: Unterdrückung aller wollüstigen Regungen. Der eheliche Verkehr hatte dem Kinderzeugen zu dienen und nicht dem Vergnügen. Der weibliche Orgasmus war ungehörig und ein Werk des Satans.

Die patriarchale Religion hatte es sich zum Ziel gesetzt, die wollüstige weibliche Natur zu zerstören. Eine Frau, die Orgasmen hatte, galt als besessen und wurde in die Psychiatrie eingeliefert. In diese Reihenbildung gehört auch Freuds Abwertung der weiblichen Sexualität, die nichts anderes sei als ein neurotischer Penisneid.

Im 19. Jahrhundert wurde Sexualität zur bloßen biologischen Triebentspannung. Indische Freudenmädchen verspotteten europäische Männer wegen ihrer miserablen sexuellen Kompetenz als „Misthaufenhähne, für die der Akt nach wenigen Sekunden vorüber war.“ Eine beglückende Begegnung mit Frauen „auf gleicher Augenhöhe“ war westlichen Männern nicht möglich – und ist es heute immer noch nicht. Ein damaliger Seelenarzt resümierte seine Erfahrungen: „Ein Mann, der einer Frau gegenübersteht, scheint sich abwechselnd zu fürchten, sich gegen sie zu sträuben, sie beherrschen zu wollen, verwirrt zu sein und sich zuweilen überflüssig vorzukommen.“

Auf diesem Boden der Unsicherheit, in diesem Klima emotionaler Unterlegenheit kann kein freier Eros walten. Noch 1976 erklärte Papst Paul VI. in einer Enzyklika, Masturbation sei eine ernste sittliche Verfehlung. Sex habe ganz allein der Zeugungsabsicht zu dienen.

Sind die weiblichen Opfer Weinsteins selbst schuld, dass ein mächtiger Mann sie sexuell nötigen konnte? Warum haben sie nicht widerstanden? Warum war ihnen ihre Karriere als Filmstar wichtiger als ihre persönliche Integrität?

Feministinnen sind empört über solche Schuldzuweisungen. Zum Teil zu Recht. Denn die wahren Schuldigen werden dadurch frei gesprochen. Männer müssen von Natur aus schuldunfähig sein. Definiert man Schuld aber als Frage: was können, was müssen wir anders tun, um solche Inhumanitäten zu vermeiden, dann müssten wir sagen: wir alle sind schuld, dass die Bastionen der Männer nicht längst geschleift wurden.

Der Feminismus wird die historischen Ursachen der Frauenfeindschaft und Lustfeindlichkeit nicht länger tabuisieren dürfen. Frauen befreien sich nicht, wenn sie als Einzelne in die ökonomischen Megamaschinen der Männer eindringen. Als Einzelkämpferinnen sind sie gezwungen, die Gesetze der Maschine ebenso zu erhalten wie die Männer.

Ohne Kampf gegen die männliche Erlöserreligion, in der alles Irdische zur Sünde erklärt wird, kann die Vorherrschaft des Mannes nicht beendet werden.

Ohne Kampf gegen eine maskuline Ökonomie, die von einem naturzerstörenden Wahn und grenzenloser Habgier regiert wird, verharrt der Feminismus in ängstlicher Hochachtung vor einem Heiligen, hinter dem sich die Gottähnlichkeit lust- und lebensunfähiger Männer verbirgt.

Ohne Freiheit zu bacchanalischer Lust wird das Regiment des sinnenfeindlichen Mannes nicht zu bezwingen sein.

 

Fortsetzung folgt.