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Mittwoch, 28.08.2013 – Deutsche sind vorbildliche Sünder – also immer unschuldig

Hello, Freunde des Friedens,

Matthias Claudius war ein frommer Mann, sein Gedicht schrieb er im Jahre 1774.

„’s ist Krieg! ‘s ist Krieg!
O Gottes Engel wehre,
Und rede Du darein!
‘s ist leider Krieg –
und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein
!“

Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
Und blutig, bleich und blaß,
Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen,
Und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
Verstümmelt und halb tot
Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
In ihrer Todesnot?“

Wir schauen zu, wie das Kind in den Brunnen fällt, dann bejammern wir  uns und waschen unsere Hände in Unschuld. Das Elend der Opfer stellen wir in Totentanz-Faszination um uns und bewundern unsere Fähigkeit, die Schuld der Welt auf unsere Schultern zu laden und dem Anblick unserer Schuld standzuhalten  wenn es nur unsere Schuld wäre! Ist es denn unsere Schuld? Hat sich

Matthias Claudius angeklagt, verteidigt und sich vor seinem inneren Gottesgericht schuldig gesprochen?

Des Deutschen Gottesgericht ist sein Gewissen. Hat schon jemand einen deutschen Politiker gehört, der nicht gesagt hätte: ich bin mit meinem Gewissen im Reinen?

S‘ist leider Krieg

Und ich begehre

Nicht schuld daran zu sein.

Angeklagt  und frei gesprochen. Zweimal freigesprochen. Die Frage der Schuld wird gar nicht gestellt. Bin ich wirklich schuldig geworden? Worin zeigt sich meine Schuld? Worin hab ich gefehlt? Könnte ich mich verteidigen, wie Sokrates sich gegen ungerechte Vorwürfe mit Argumenten verteidigte und den Schuldspruch entschieden zurückwies?
Gab es ein Pro und Contra? Gab es politische Überlegungen und Einschätzungen der Realität? Um welchen Krieg geht es? Wenn es ein gerechter Krieg war? Müssten amerikanische Boys, die Deutschland vom Despoten befreiten, sich dieses Gedicht bei Tag und Nacht vorsagen, um ihre übergroße Schuld zu gestehen und um Vergebung zu bitten, weil sie mit der grässlichen Schuld nicht fertig werden, die Deutschen von der Pest befreit zu haben?

Da sitzt er in seinem Kämmerchen und spricht allein mit seinem Gott: oh Gottes Engel wehre und schlage du darein. Nein, schlagen darf der Engel nicht, dann machte er selber Krieg. Dass Gottes Engel Gottes Schlächter sind, hat der fromme Mann vergessen. „Und rede du darein“. Alles überlässt der Beter seinem Gott und dessen Handlangern.
Wenn Gott mit Donnergewalt spricht, werden die Menschlein ihren Unfug lassen. Und Gott sprach, und es ward Licht. Und Gott sprach, und es ward Frieden. Wer durch das Wort die Schöpfung schaffen kann, der wird deutschen Duodezfürsten doch wohl ins Kriegshandwerk pfuschen können. Alles steht unter Gottes Regiment. Kein Haar fällt vom Haupte seiner Kreaturen, wenn Er’s nicht zuvor genehmigt hätte.

Wenn aber alles von Gott abhängt, hat er nicht nur alles Verdienst an allem Guten, sondern alle Schuld an allem Bösen. Gott ist schuldig. Warum klagt Klein-Matthias nicht seinen Schöpfer an? Warum posiert er, als könne ein Mensch überhaupt schuldig werden? Schuldig werden wollen wäre ein vermessener Akt, der den Menschen als Autor seines Geschicks voraussetzte. Wer schuldig werden und Böses tun kann, kann auch Gutes tun und Anerkennung fordern.
Gott ist eifersüchtig. Sein Name ist Eifersucht. Alles will er allein getan haben. Vom Menschen will er anerkannt werden um seiner großen Taten willen, den Menschen will er in dessen Nichtigkeiten nicht anerkennen. Mose darf keinen Krieg nicht führen. Im Auftrag Gottes muss er Krieg führen. Wehe, wenn er mit Feinden Verhandlungen führt, einen Friedensvertrag unterschreibt und Gottes Kriegswillen ignoriert.

„Vielmehr sollt ihr ihre Altäre niederreißen, ihre Malsteine zerschlagen und ihre Götzen umhauen; denn du sollst keinen andern Gott anbeten. Denn eifersüchtig heißt der Herr, ein eifersüchtiger Gott ist er. Dass du mir ja nicht mit den Bewohnern des Landes ein Abkommen triffst. Denn wenn sie ihren Göttern sich hingeben und ihren Göttern opfern und dich dazu einladen, so könntest du von ihrem Opfer essen; auch könntest du Frauen für deine Söhne aus ihren Töchtern nehmen, und wenn dann ihre Töchter sich ihren Göttern hingeben, könnten sie deine Söhne verführen, sich auch ihren Göttern hinzugeben.“

Fremde Götter sind verführerisch. Noch verführerischer die Frauen dieser Götter. Der jenseitige Gott ist nicht verführerisch. Warum verführen die Söhne des rechten Gottes nicht die Töchter der falschen Götter zur Anbetung des rechten Gottes? Ist der hauseigene Gott nicht sexy, nicht verführerisch genug? So ist es.

Der wahre Gott verlangt Entbehrung und Entsagung von irdischer Lust und Erdenglück. Die fremden Götter sind Lust- und Fruchtbarkeitsgöttinnen. Weibliche Götter, die den Menschen zeigen, wie sie ihr Leben in erfüllender Arbeit und rauschenden Festen vollbringen: das sind jene heidnischen Wesen, deren Altäre zerstört werden müssen.
Frauen und ihre GöttInnen verteidigen den Sinn der Erde. Der unsichtbare Gott der Eifersucht missgönnt den Menschen Lust und Glück der Erde. Dies ist der Sinn monotheistischer Erlösungsreligionen. Die Menschen auf Erden müssen unglücklich sein und bleiben. Ihr irdisches Leben soll einzige freudlose Wanderschaft durchs irdische Lazarett sein. Nur Kranke kann der himmlische Arzt heilen. Die Gesunden, Fröhlichen und Befriedeten bedürfen des Arztes nicht.
Das verunglückte Leben der Menschen braucht der vereinsamte und freudlose Gott, der von der Anbetung seiner Geschöpfe die Erfüllung seiner trostlosen Allmacht erwartet. Macht macht unglücklich, Allmacht macht trostlos und wahnsinnig. Der allmächtige Gott will sich durch seine Geschöpfe erlösen lassen. Deshalb musste sein Sohn Mensch werden, um den siechen Vater aus seiner hilflosen Helfergebärde zu retten. Das ohnmächtige Wort ward Fleisch, weil nur die Freuden des Fleisches, des Leibes den Geist aus seiner furchterregenden Lächerlichkeit befreien können.

Das Fleisch ist irdischer Körper und autonomer Geist. In omnipotenter Verpanzerung verkümmert Gott ungesellig und hilflos. Mächtige Männer sind dem verpanzerten Gott am ähnlichsten. Seine Geschöpfe sind ihm in allen Glücksdingen überlegen. Keine Autorität kann zulassen, dass sie unfähiger sein soll als ihre Abhängigen und Geschöpfe.
Alle Kinder sind allen Erwachsenen überlegen. Karriere und Erfolg? Verstehen sie nicht mal. Wenn sie mit FreundInnen spielen, Welt erkunden, von Erkenntnis zu Erkenntnis eilen und geliebt werden  was fehlt ihnen zu ihrem Glück? Kinder sind wie perfekte Tierchen. Sie sind und also sind sie  glücklich.
Das ist für Götter und Erwachsene unerträglich. Ergo muss ihnen eingebläut werden, dass ihnen Wesentliches fehlt. Sie müssen zu Abbildern unglücklicher Erwachsener getrimmt werden, damit diese nicht allein in der Welt unglücklich sind. Kinder müssen den kalten Ernst des Lebens, die geistesabwesende Verwirrung und Empfindungslosigkeit ihrer Erzeuger in Bitternis erfahren, um das Glück ihrer frühen Tage ungeschehen zu machen.
Das Drama der Erwachsenen wiederholt das Drama ihres Gottes. Die Überlegen-sein-wollenden sind die Unterlegenen. Der Erste wird der Letzte sein. Der Allmächtige ist der Ohnmächtige. Lasset die Kindlein nicht zu Ihm kommen, denn er macht sie zu erlösungsbedürftigen armseligen Erwachsenen.

Der Ort der Schöpfung ist der Ort lebenslangen Unglücks. „Sondern der Mensch wird zu Unglück geboren, wie die Vögel schweben empor zufliegen.“ (Hiob nach Luther) Unglück ist Entsagung und Entbehrung. Verzicht auf Erdenglück.

Selbst der dezidierte Nichtchrist und Griechenfreund Goethe konnte sich den Jammergesängen der Erdenverflu nicht entziehen. Was für eine bittere Summa des „Olympiers“:

„In jedem Kleide werd ich wohl die Pein

Des engen Erdelebens fühlen.
Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
Was kann die Welt mir wohl gewähren?
Entbehren sollst du! sollst entbehren!
Das ist der ewige Gesang,
Der jedem an die Ohren klingt,
Den, unser ganzes Leben lang,
Uns heiser jede Stunde singt.
Nur mit Entsetzen wach ich morgens auf,
Ich möchte bittre Tränen weinen,
Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
Nicht einen Wunsch erfüllen wird, nicht einen,
Der selbst die Ahnung jeder Lust
Mit eigensinnigem Krittel mindert,
Die Schöpfung meiner regen Brust
Mit tausend Lebensfratzen hindert.

Auch muß ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
Mich ängstlich auf das Lager strecken;
Auch da wird keine Rast geschenkt,
Mich werden wilde Träume schrecken.
Der Gott, der mir im Busen wohnt,
Kann tief mein Innerstes erregen;
Der über allen meinen Kräften thront,
Er kann nach außen nichts bewegen;
Und so ist mir das Dasein eine Last,
Der Tod erwünscht, das Leben mir verhaßt.“

Über wie viele Leichen muss Faust gehen, um am Ende seines Lebens den Singsang seines schreckenerregenden Kinderglaubens zu hören:

„Wer immer strebend sich bemüht,

Den können wir erlösen

Und hat an ihm die Liebe gar
Von oben teilgenommen,
Begegnet ihm die selige Schar
Mit herzlichem Willkommen.“

Auch Faust muss erlöst werden. Ohne Liebe von oben ist er verloren. Aber sicher scheint ihm die Erlösung nicht: den können wir erlösen. Wollen die oberen Mächte ihn erlösen?

(Theologisch ist Goethe ein desorientierter Semi-Pelagianer. Pelagius, Gegner Augustins, wollte sich mit ehrgeizigen Tugendleistungen den Himmel verdienen. Augustin verwarf die „Werkgerechigkeit“ wie sein Schüler Luther und setzte auf unverdiente Gnade. Semi = halb. Semi-Pelagianismus: gehorsames Tun des Menschen ist unerlässlich, reicht aber nicht und muss mit Gnade von oben komplettiert werden.
An diese Kooperation von Mensch und Gott will Goethe glauben, kann es aber nicht, sonst hätte er schreiben müssen: Wer immer strebend sich bemüht, den werden wir erlösen.
Man könnte den Semipelagianismus auch ökonomisch beschreiben. Der Mensch soll leisten und malochen, bis er umfällt. Der gerechte Verdienst seiner Leistung wird ihm von oberen gottgleichen Eliten vorenthalten. Er bekommt nur Hunger- und Mindestlohn  der durch Gnadenleistung des Väterchen Staates zu einem Hunger- und Entsagungsdasein komplettiert werden muss. Unser Sozialsystem ist der aufsummierte Abhub christlicher Glaubenslehren.)

Entsagung und Entbehrung sind Zentralbegriffe bei Goethe. In „Dichtung und Wahrheit“ führt er aus:

„Unser physisches sowohl als geselliges Leben, Sitten, Gewohnheiten, Weltklugheit, Philosophie, Religion, ja so manches zufällige Ereignis, alles ruft uns zu, daß wir entsagen sollen … Diese schwere Aufgabe jedoch zu lösen, hat die Natur den Menschen mit reichlicher Kraft, Tätigkeit und Zähigkeit ausgestattet.“

Das Leben ist der Ort systematischer Lustvergällung und Glücksvereitelung. Christlicher geht’s nicht mehr beim gräecomanischen Bewunderer heidnischer Götter. Den Menschen ruft er nicht zu: Leute, ihr schafft’s, auf Erden glücklich zu werden. Dazu habt ihr von der Natur Kraft, Tätigkeit und Zähigkeit erhalten. Stattdessen stellt seine sonst so hochgemute Stimmung alles auf den Kopf. Unsere ganze Lebensenergie sollen wir nutzen, um unsere Lebensfreude zu dämpfen und zu ersticken. Leute, ihr schafft’s, euch zu ruinieren. Halleluja, du Göttlicher.

Entbehren sollt ihr, sollt entbehren  so klingt der Schlachtgesang der Demütigen, die aus lauter Selbstverachtung der Mutter Erde nichts zutrauen und ihr Heil beim eifersüchtigen Vater im Himmel suchen. Glück auf, der Steiger kommt.

Matthias Claudius war Zeitgenosse des jungen Goethe. Seine Frömmigkeit blieb in traditionellen Bahnen, aber angekränkelt vom beginnenden Sturm und Drang. Als pastorale Predigt wäre sein Gedicht nicht durchgegangen. Der lutherische Glaube wird hinter Ahndungen versteckt. Man muss hinschauen, um das Credo des Dichters zu entschlüsseln.
Als orthodoxer Lutheraner hätte er den hybriden Wunsch nie äußern dürfen: ich begehre, nicht schuld am Krieg zu sein. Die Sündenkreatur ist immer und an allem schuld  was keinesfalls bedeutet, dass die Weltgeschehnisse nicht von Gott allein gesteuert werden. Gott sitzt im Regiment rund um die Uhr  das verbindet Merkel mit Claudius. Nur Gott kann schuldig werden im Sinne eines Urhebers allen Geschehens. Da Gott aber niemals moralisch-schuldig sein kann, ist er nur schuld im Sinne der kausalen Ursache.
Du bist an allem schuld: die deutsche Redewendung ist doppeldeutig. a) Du bist Ursache von allem und b) du bist ein moralischer Bankrotteur. Beide Sätze sind nicht identisch.

„Ich begehre nicht schuldig zu sein“, heißt traditionell: Herr, Du sitzt allein im Regiestuhl der Geschichte. Daran ändert keine gottlose Aufklärung ein Jota. (Kant hatte bereits die „Kritik der reinen Vernunft“ veröffentlicht.)
Gleichzeitig aber dämmert dem Dichter, dass der Mensch vielleicht doch an den schrecklichen Politspielen der Mächte beteiligt sein könnte. Dann müsste er sich fragen: hat er alles unternommen, was er konnte, um den Krieg zu vermeiden? Hat er natürlich nicht. Über Ahndungen hinaus brachten es die Deutschen nie zu politischer Verantwortung. Deshalb die hilflose Frage des dichtenden Beters: „Was sollt ich machen?“

Wie alt muss man werden, um zu wissen, was man machen soll? Diese alle Verantwortung abweisende kindische Frage wird bis zum heutigen Tag gestellt. Da jede Moral fraglich, jede Wahrheit lächerlich ist  woher soll die Gewissheit des Handelns kommen?

Der Amerikaner Hansen verhöhnt die Deutschen in der ZEIT, sie seien eine fleißige Wirtschaftsnation, aber völlig verantwortungslos, denn alles Lebensentscheidende überließen sie den Amerikanern. Niemand mehr in der Welt nähme sie ernst.

Sind die Amis überaktiv, werden sie von den Deutschen überaktiv gescholten. Sind jene zögerlich, sagen die Deutschen: wo bleibt die Weltmacht Nummer eins? Wie kann Obama zulassen, was sich in Syrien ereignet? Egal, was Amerikaner tun, in den Augen der Deutschen tun sie das Falsche. (Eric T. Hansen in der ZEIT)

Mit anderen Worten: die Deutschen stehen noch immer auf der selbstgerechten Stufe des unpolitischen Beters Claudius. Und wir begehren, nicht schuld daran zu sein. Alles andere speist beim Gouverneur in Washington.

Haben wir alles Menschenmögliche zur Kriegsvermeidung getan? Wie werden Kriege vermieden? Wie anders als durch unermüdliche Friedensarbeit. Haben wir Demokratie heuchelfrei und authentisch gelebt, sodass demokratische Bewegungen sich durch uns ermuntert und gestärkt fühlen konnten?

Nein, stattdessen haben wir schamlos mit Despoten gekungelt. Stattdessen halten wir die „unterentwickelten Völker“ für demokratieuntauglich. Stattdessen heucheln wir, dass die Schwarte kracht.
Israels völkerrechtswidrige Politik wird vom Westen in blinder Loyalität abgesegnet. Wenn Ähnliches im Iran geschieht, ist es muslimischer Terror.
Wir tun, als ob wir mit wirtschaftlicher Macht schwächeren Nationen helfen wollten. Stattdessen strangulieren wir deren zarten ökonomischen Aufschwünge. Die schwächsten und renitentesten Staaten zwingen wir, die Spannungen der Welt stellvertretend auszuagieren.
Noch immer ist die UNO nicht grundlegend reformiert, in der mächtige Vetostaaten den Willen aller anderen Staaten blockieren können. Eine einzige Stimme kann jedes vernünftige Vorhaben zum Scheitern bringen. Solche monopolistischen Vetogewalten sind vorsintflutlich und demokratiefeindlich, in Demokratien herrscht das Mehrheitsprinzip.

Die unlösbar scheinende Aufgabe, den gordischen Knoten in Syrien zu zerschlagen, war lange voraussehbar. Schon seit Jahren hätte man mit friedensstiftenden Maßnahmen prophylaktisch wirken müssen. Sehenden Auges schaute man zu, wie das Verhängnis eskalierte.

Dies ist ein Grundgesetz der christlichen Politik des Westens: das Kind muss in den Brunnen gefallen sein, damit die Erlöser triumphal mit Drohnen und Raketen aufmarschieren. Das Verelendungsprinzip sehen wir nicht nur bei Marx, sondern bei biblischen Amerikanern samt allen Brüdernationen in Christo.

Ein amerikanischer Erweckungstheologe erklärte, „dass das Erweckungssystem weit davon entfernt sei, das Kind zu ermuntern, in der Kirche von Anfang an als Christ aufzuwachsen. Dass es das Kind eher veranlasse, in schändlicher Sünde heranzuwachsen, um sich dann im Gegenschlag durch das Erlebnis der Bekehrungskrise besser als einen Christen zu verstehen. Wenn die Erweckungsprediger hervorheben, dass Christus kam, um die Sünder zu retten, so bewirkte das, dass die Kirche ermutigt wurde, Sünder großzuziehen, um sie dann retten zu können.“ (Horace Bushnell)
Übersetzt ins Politische: lasset die ungläubigen Staaten ins Messer rennen, sie haben nichts Besseres verdient. Ist das Elend am größten, fliegen wir als Erlöser ein und retten wieder einmal die Welt.

Wie stiftet man Frieden in der Welt? Nach Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ kann „Politik ohne Moral sich gar nicht entwickeln“. Der Westen hat schon lange seine Moral verloren. Oder genauer: alle Unmoral der westlichen Staaten wird durch christlichen Glauben in Moral verwandelt. Gemäß der lutherischen Devise: glaube  und mach, was du willst. Sündige tapfer  aber glaube.

In Claudius’ Gedicht, das das Jüngste Gericht vorwegnimmt, verteidigt sich der Dichter vor Gott allein. Deutsche Verantwortung ist keine demokratische Rechtfertigung vor dem ganzen Volk, sondern ein einsames Zwiegespräch zwischen Sünder und seinem stummen Gewissen. Verantworten heißt Antwort geben. Wem? Dem Gott, der noch in keinem Parlament der Welt gesprochen hat. (Wenn wir von Benedikts Predigt im Bundestag absehen.)
Der Sünder ist an allem schuld und dennoch an nichts schuldig: Er begehrt, unschuldig zu sein. Wie begründet er seine Unschuld, die sich als vorbildliches Sünder- und Büßertum präsentiert? Die Krieger selbst haben ihr Elend gewollt. Aus weltlicher Macht-, Ehr- und Gewinnsucht haben sie das kriegerische Schlachten begonnen:

„Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
Verstümmelt und halb tot
Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
In ihrer Todesnot?“

Der Dichter hat sich all dieser sündigen Triebe entschlagen. Wie könnte ein frommer Mann Schuld am Verderben ungläubiger Weltmächte tragen?
Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
‘s ist leider Krieg – und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!“

Die Deutschen bleiben Saubermänner. Schuldig sind stets die anderen. Die Ungläubigen und Unzivilisierten. Die Versager und Andersdenkenden. Die Prahler und Angeber. Die Weltmächte und ihre Marionetten.
Friedensstiftende Politik als Beitrag zum Frieden der Welt ist  eine Utopie, vor der Merkel und Gauck nicht genug warnen können. Lasset euch genügen an Merkels christlichem Durchwursteln.
Der Herr gibt, der Herr nimmt. Der Name seiner Magd Angela sei gepriesen.