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Kapitalismus und Religion

Mammon kommt von Mammae

Mammon kommt von Mammae

Übrigens kommt Mammon von Mammae. Nur die Mutterbrust kann den Nachwuchs versorgen. Mammon wird zur materialisierten, minderwertigen Nahrung. Ersatz der ursprünglichen Muttermilch. Doch im Gegensatz zur Muttermilch, die nicht gehortet werden kann, kann Mammon in Form von Papiergeld, Talern etc. in Tresoren verstaut und ins Unermessliche akkumuliert werden.

Das Gewähren von Muttermilch ist nicht ablösbar von Menschen, also den Müttern. Nähren und Ernährtwerden ist ein personaler, zwischenmenschlicher Kontakt. Horten von Mammon ist ein einsames, pseudoautonomes, menschenallergisches Geschehen. Dagobert Duck, der Urkapitalist, schließt sich in seinen Gebäude-Tresor ein, schließt dabei alle Menschen, selbst seine engsten Verwandten, aus – und badet buchstäblich einsam und allein in seinen versteinerten Schätzen.

Die Vergänglichkeit des gehorteten Mammons ist der geheime Schmerz

jedes Kapitalisten. Stets muss er mit Entwertung, Inflation, Raub etc. rechnen, also damit, dass er reich einschläft – und arm aufwacht.

Das Neue Testament verheißt den perfekten Schatz, den unvergänglichen Mammon, den Traum vom unverlierbaren, ewig garantierten Eigentum. „Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo Motte und Rost sie zunichte machen und wo Diebe einbrechen und stehlen! Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost sie zunichte machen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen“. (Matth. 6,19 ff)

Diese Sätze werden immer antikapitalistisch gedeutet. Sie sind über-kapitalistisch. Nicht das Horten, das Reich-werden-wollen wird verurteilt, sondern die dumme Art und Weise des Schätze-Sammelns. Die Schätze sollen ewig und nachhaltig sein. Die Perfektion des kapitalistischen Raffens erfüllt sich im Himmel. Das bedeutet aber nicht, dass man sich dasselbe auf Erden ersparen soll. Im Gegenteil: hier soll dem ewigen Eigentum so viel wie eben möglich vorgearbeitet werden.

Je dauerhafter der irdische Besitz, je himmel-kompatibler und Gott-wohlgefälliger ist er. Siehe die Bergpredigt: den Sermon von den Lilien auf dem Feld. Gott weiß, wessen die Menschen bedürfen. Wenn sie ihn anbeten und an ihn glauben, wird er schon für sie sorgen. Und zwar nicht schlecht. Doch zuerst den Kotau: „Denn nach allen diesen Dingen trachten die Völker der Welt, euer Vater aber weiß, dass ihr dieser Dinge bedürft. Vielmehr suchet sein Reich, dann wird euch dies hinzugefügt werden! …Verkaufet euren Besitz und gebet ihn als Almosen; machet euch Beutel, die nicht veralten, einen unerschöpflichen Schatz in den Himmeln, wo kein Dieb sich naht und keine Motte Zerstörung anrichtet!“ (Luk. 12, 30 ff)

Strebet nach dem unerschöpflichen Schatz. Darum geht es. Das Aufgeben des minderwertigen irdischen Schatzes ist keine Absage an Besitz. Im Gegenteil. Es geht nur um einen ökonomisch klugen Schachzug. Das minderwertige Kapital soll geopfert werden, um das wahre in den Himmeln einzutauschen. So, wie an der Börse die minderwertigen Aktien abgestoßen werden sollen, um die mit der der besseren Zukunftsrendite zu kaufen.

Der Geschäftsrahmen des Gläubigen beschränkt sich also nicht auf die irdische Zeit, sondern umfasst alle Zeit und Ewigkeit. Habt ihr auf den wahren Gott spekuliert, alle Börsenwetten auf ihn abgeschlossen, „wird alles andere euch hinzugefügt werden“. Desgleichen das Gleichnis vom Schatz im Acker. „Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und wieder verbarg, Und in seiner Freude geht er hin ,verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.“ (Matth. 13, 44)

Dies ist geradezu Anstiftung zum Betrug. Anstatt den Fund dem wahren Besitzer zu melden, wird er versteckt, unter Vortäuschen falscher Tatsachen der „wertlose“ Acker gekauft, um so mit krimineller Energie an den geklauten Schatz zu kommen. Bei den Juden übrigens diente der Tempel als sicherer Aufbewahrungsort und heiliger Tresor der Schätze aus allen Herren Ländern. Dort gab es keine Motten und Diebe, die das ungeheure gehortete Vermögen der Juden aus allen Ländern zunichte hätten machen können. Nur Antiochus Epiphanes vergriff sich frevlerisch am Gold des Tempels. Danach begann bekanntlich der Aufstand der Makkabäer.