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Freitag, 19. April 2013 – Grausamkeit ohne Grausamkeit

Hello, Freunde Iraks,

„die Bombe kann euch nicht besiegen, rief Obama den Irakern zu. Macht weiter wie bisher. Baut eure junge Demokratie auf und verzagt nicht.“

Ein Bombenanschlag in einem Bagdader Jugendtreff hatte 20 Menschen getötet. Zehn mal so viel wie in Boston. Darunter drei Kinder. Zwei mehr als in Boston. Viele Verletzte. (Pardon: quantifizieren darf man nur in exzeptionellen Ingroups, in erwählten Gruppen, zu denen man selbst gehört.)

Wir dürfen uns, so Obama weiter, keinen Gefühlsrassismus leisten. Menschen sind Menschen sind Menschen. Ob Amerikaner, Palästinenser, Iraker, Israelis oder Haitianer. Empathie darf nicht an Interessen orientiert sein. Gibt es machiavellistische Gefühle? (Antwort: ja. Bei exzeptionellen Westlern). Für Langsamdenker: dies war ein Fake.

(DER SPIEGEL)

 

Nachdem das FBI Fotos von zwei Verdächtigen veröffentlicht hat – verdächtig wegen tschetschenischer Mützen, chinesischer Rucksäcke? –, hat in der BRD eine fieberhafte Suche nach den Verdächtigen begonnen. Sondersendungen mit Kleber und Tom Buhrow, Aktenzeichen XY mit Matula und Schweiger, Brennpunkt mit Illner und Anne Will. Die Deutschen lassen ihre Verbündeten nicht im Stich. Spontan haben sich Nachbarschaftsgruppen zu gemeinsamen Patrouillengängen gebildet und notieren jedes Subjekt, das sich der Volksempörung entzieht. Dutzende verdächtiger Ausländer wurden bereits in Kreuzberg fest genommen und dem Haftrichter vorgeführt. In Ostländern begannen

die ersten Pogrome gegen Zigeuner & Gesindel. Durch Live-Ticker halten wir Sie auf dem Laufenden. Sabbern Sie schon mal vor. Ihr Killer-Instinkt wird auf seine Kosten kommen.

(Süddeutsche Zeitung)

 

In Deutschland herrscht Glaubens- und Meinungsfreiheit. Nur nicht für 6-jährige Zwillinge und deren Mutter. Gegen ihren Willen müssen die Kinder am katholischen Religionsunterricht teilnehmen, um ihnen „eine fundierte Kenntnis über die Grundlagen der hier gelebten Kultur zu vermitteln.“ „Nach Ansicht der Kölner Richter bestehe nicht die Gefahr, dass den Kindern mit dem angebotenen Religionsunterricht „gegen ihren oder den Willen der Eltern der christliche Glaube aufgezwungen“ werde.

Dass die Zwillinge selbst nicht an dem Unterricht teilnehmen wollen, hielt das Gericht für irrelevant, da „ihnen die Tragweite ihrer Willensbekundung aufgrund ihres Alters noch nicht bewusst“ sei. Offensichtlich haben die Richter in ihrer Jugend auf die Vermittlung der hier gelebten Kultur verzichten müssen. Sonst wüssten sie, dass diese Kultur die Idolatrie eines totalitären Gebildes mit einschließt.

Der rechte Ungeist entsteht nicht an den Rändern der Gesellschaft, sondern mitten im Allerheiligsten der deutschen Gesellschaft. Es gehört nicht zur Allgemeinbildung von Richtern und Staatsanwälten, ein einziges Buch über die Helfershelferrolle des Katholizismus im Dritten Reich gelesen zu haben. Vermutlich waren es „religiös unmusikalische“ Richter, die den Wert der unduldsamsten Religion der Weltgeschichte für die Demokratie richtig einzuschätzen wissen.

(Anja Krüger in der TAZ)

 

Im europäischen Vergleich sind deutsche Journalisten Schlusslicht im Kritisieren. Nach einer Studie der Technischen Uni Dortmund sind nur 7% der hiesigen Edelschreiber bereit, ihre Kollegen kritisch unter die Lupe zu nehmen. In der Schweiz sind es mehr als 70%. Das sind nach Adam Riese zehn mal soviel. Missachten wir alle Skalenprobleme, können wir sagen, die Schweizer Zeitungsmacher sind zehn mal so kritisch als ihre deutschen Kollegen.

(Wie dämlich deutsche Journalisten mit Skalen umgehen, erkennt man daran, dass sie national-narzisstische Rankingskalen der Amerikaner wie Offenbarungen anbeten. Heute müssten wir kollektive Trauer tragen, weil Angie, laut TIMES, übers Jahr unwichtiger geworden sein soll als der nordkoreanische Despot. Über angemessene Skalen-Interpretation liest man in renommierten Zeitungen nichts. Die TIMES-Skala befindet sich auf demselben wissenschaftlichen Level wie der Josephstraum aus 1.Mos. 37, 2 ff.)

Deutsche Tagesschreiber fühlen sich in erster Instanz ihrem Gewissen verantwortlich. Für die meisten Bundesrepublikaner ist Gewissen die Stimme Gottes in ihrem Vorderlappen. Wer sein Über-Ich zu Gott aufbauschen muss, damit er weiß, dass er nicht mördern soll es sei, Gottes Stimme befiehlt es ihm der soll seinen privaten Spaß haben. Wer aber als Demokrat die Verantwortung vor einer subjektiven Chimäre der Verantwortung vor der Öffentlichkeit in der Polis vorzieht, sollte tun, was er in seiner Jugend schon immer wollte: vor dem nächsterreichbaren Bischof prostrahieren und den bunten Priesterrock anziehen.

Die deutsche Presse befindet sich im post-säkularen und klerikal-appetenten Dämmerschlaf. Marx lag daneben: Religion ist die Droge für tintenklecksende Intelligenzler. (Okay, die Tinte nehm ich zurück.)

(Katharina Nickel in der SZ)

 

Die deutsche Journaille kann es einfach nicht: ehrlich sein und zwei Gedanken miteinander verknüpfen. Im SPIEGEL ist die Besprechung eines interessanten Buches von Henning Ritter erschienen: „Die Schreie der Verwundeten“. Darinnen beschreibt der Autor die neuzeitliche Erfindung der Grausamkeit ohne Grausamkeit:

„Ohne Leidenschaft. Ohne Genuss. Der Revolutionär Robespierre etwa war kein tobender Tyrann. Er sprach leise, trat höflich und beherrscht auf, so berichten es Historiker. Dennoch war Robespierre als Anführer der revolutionären Terrorherrschaft verantwortlich für die Tötung von Tausenden Menschen in wenigen Monaten, bis er am 28. Juli 1794 selbst hingerichtet wurde. Robespierre war ein Schreibtischtäter, eine historisch neue Erscheinung.“ (Oskar Piegsa im SPIEGEL)

Die maschinell-fabrikmäßige Grausamkeit ohne subjektiven Hass und Geifer gilt als Hauptargument, um die einmalige und unvergleichliche Grausamkeit des Holocaust zu „beweisen“. Der emotionslose Schreibtischtäter Eichmann brachte Hannah Arendt dazu, vom „banalen Bösen“ zu sprechen. Das ist die absolute Verharmlosung und genaue Gegenthese zur Unvergleichlichkeit des deutschen Völkerverbrechens. Im Artikel wird Robespierre als Erfinder dieser unmenschlichsten aller Tötungsmethoden vorgestellt.

Gemach, da sollte man erst Berichte lesen über die katholische Inquisition, die Hexenprozesse und die nächstenliebende Art und Weise der Kleriker, Eingeborene in Mittel-, Südamerika und Afrika aus dem sündigen Leben in das sündenlose Jenseits zu befördern. Doch kein einziges Wort in dem Artikel zum Vergleich zwischen Himmler und dem französischen Revolutionsführer. Ein Vergleich, der an dieser Stelle unerlässlich wäre.

Weder Buchautor noch Rezensent fühlen sich bemüßigt, sich mit einem einzigen Wörtchen auf das düsterste Kapitel der deutschen Geschichte einzulassen. Hätten beide Herren Recht, wäre das Dogma von der Einmaligkeit der Shoa unhaltbar. Nach geschriebenen und ungeschriebenen Normen deutscher Erinnerungsarbeit wären beide des indirekten Antisemitismus zu zeihen. Doch nichts und niemand rührt sich, weder auf Täter- noch auf Opferseite. Wie erklären wir uns das Phänomen?

Wir müssen die politisch-emotionale Ebene des Problems von der wissenschaftlichen trennen. Wissenschaftlich haben wir es wieder mit dem leidigen Skalenproblem zu tun. Seriös und nachprüfbar kann man nur Absolutheitsskalen miteinander vergleichen. Also Skalen, die mit geeichten Maßstäben erstellt wurden: mit Uhr, Metermaß, Thermometer, Waage.

Jeder, der den Messvorgang überprüfen will, muss den Vorgang exakt wiederholen und zum absolut gleichen Ergebnis kommen. Unabhängig von Emotionen und ideologischer Prägung. (C.F. von Weizsäcker war stolz auf seine Physik, als auf einer internationalen Konferenz westliche wie östliche Physiker exakt die gleichen Daten über Atomexperimente gemessen hatten.) Alle anderen Skalen unterhalb der Absolutheitsebene sind für exakte Vergleiche untauglich.

Es gibt kein Messgerät, um die Grausamkeit von Verbrechen zu vergleichen. Ist das ein Verlust für die Geschichtswissenschaft, gar eine schmähliche Relativierung, um die Untaten der Deutschen zu verharmlosen? Im Gegenteil. Jede irreversible Schuld ist absolut. Die Tötung eines einzelnen Menschen ist für die Angehörigen dieses Menschen absolut. Für jedes Opfer ist irreversible Schuld absolut.

Auf der menschlichen Ebene ist es eine Diskriminierung des einen Opfers, wenn sein Leid und Schmerz weniger wichtig sein soll als Leid und Schmerz eines anderen. Eine Ungleichbehandlung von Schmerz und Leid mit unvermeidlicher Brüskierung der „minderen Opfer“ kann niemand wollen. Alle Menschen sind gleichwertig: also müssen auch ihre Gefühle gleichwertig respektiert werden. In dieser Hinsicht ist es inhuman, die Opfer Stalins mit Hitlers Opfer zu vergleichen und sie als minderwertigere einzuschätzen.

Weder quantitative Vergleiche noch die Angabe emotionsloser und unbarmherziger Tötungsmethoden können darüber hinwegtäuschen, dass Geschichtswissenschaft eine Geistes- und keine exakte Naturwissenschaft ist. Der narzisstische Wunsch der Historiker, auf der gleichen Ebene wie ihre naturwissenschaftlichen Kollegen zu forschen, ist illusionär und von Übel.

Geschichtswissenschaften sind auf dem Gebiet ihrer Hauptaussagen nicht befugt, absolute Vergleiche zu ziehen, genauer: zu ziehen, um sie zu verbieten. Sagt jemand, etwas sei unvergleichlich, hat er schon verglichen. Er könnte sagen, etwas sei einmalig. Das ist sein subjektives Bewertungsrecht, das sich andere subjektive Bewertungen gefallen lassen muss, ohne sie mit dem Antisemitismus-Vorwurf pseudowissenschaftlich zu „überführen“. Auch die Diagnose Antisemitismus ist ein geistes- und kein exakt naturwissenschaftliches Phänomen. In Geisteswissenschaften muss gestritten werden ohne dass die Debatte in einem unfehlbaren Sinn beschlossen werden kann.

Warum aber wird von vielen deutschen Historikern Wert auf absolute Vergleichbarkeit gelegt? Bei jüdischen Historikern, die selbst Opfer deutscher Verbrechen sind, ist der Wusch nach Singularisierung nachvollziehbar. Sie wollen der Welt und den Deutschen eindringlich vor Augen führen, ja mit Fäusten ins Herz hämmern, welches Ausmaß an Schmerz und Leid sie erfahren mussten. Jedem Menschen von Gefühl und Verstand muss es das Herz brechen, wenn er liest, was sie erleben mussten, wenn er hört, was sie an Schrecklichem zu berichten haben. Kein Mensch, kein Deutscher, kein Täter darf diese Geschehnisse und Gefühle mit dem geringsten Anhauch der Relativierung schmälern.

Gleichwohl: hier sind wir auf jenem Terrain angekommen, wo die Erinnerungsarbeit hingehört: auf dem Gebiet der politisch-moralischen Wertungen. Nicht, weil mich ein „objektives Maß“ dazu zwingt, sondern weil ich in voller Freiheit bewerte, sage ich: diese Verbrechen sind ungeheuerlich und mit „nichts zu vergleichen“. Hier spricht mein moralisches Gefühl und meine autonome philosophische Bewertung, die ich mir selbst dann nicht nehmen ließe, wenn ein Einstein der Geschichte mir das Gegenteil beweisen wollte.

Fakten sind das eine, Bewertungen der Fakten das andere. Fakten kann man messen und vergleichen, Bewertungen muss jeder selbst vornehmen. Über Bewertungen muss moralisch gestritten werden. Man kann es jüdischen Opfern nachvollziehen, wenn sie glauben, mit allen passenden und unpassenden Methoden den Deutschen ihre Schuld entgegenschreien zu müssen.

Zu diesem Schreien gehört das Dogma der Unvergleichlichkeit. Zu Recht haben Juden Angst, dass die Deutschen sich mit List und Tücke aus ihrer Schuld wegschleichen wollen. Dass sie vordergründig Jaja sagen: wie schrecklich sind wir, solche Bösewichte wie uns gibt’s in der ganzen Geschichte nicht. Doch still und heimlich machen sie sich davon, um ihre Taten herunterzurechnen oder zu verleugnen.

Nein, das Hauptproblem sind nicht die wenigen Kotzbrocken, die ihren Judenhass ungefiltert herausbrüllen. (Genau genommen sind sie noch am ehrlichsten, denn sie verleugnen nichts.)

Es sind die Eliten, die Intelligenzler, die Gelehrten, Feuilletonisten und Gazettenschreiber, die mit Raffinesse aus dem philosophisch-theologischen Fond, der ihnen zur Verfügung steht, die Basis jeder Schuld eliminieren. Sie propagieren eine postmoderne Philosophie, die jegliche Wahrheit leugnet. Gibt es keine Wahrheit, kann es keine Wahrheit des Holocaust geben. Dass es ihn so gegeben hat, wie die unmittelbaren Zeugen es erlebt und berichtet haben.

Hier schleicht der Antisemitismus auf leisen Sohlen, im Kostüm einer schicken Zeitgeistphilosophie in die politische Arena, um im Schutz der Dämmerung die Geschichte peu à peu zu verändern. Eskortiert wird die postmoderne Leugnung der Wahrheit von der neoliberalen Leugnung der Moral und der Negierung des Menschen, der für alles haftet, was er tut. Wenn alles von Gott, der Evolution, dem Gehirn, materiellen Verhältnissen abhängig ist, ist kein Mensch für irgendetwas haftbar. Alle Menschen sind dann Opfer der Geschichte.

Nicht nur Philosophie, Wirtschaft, Geschichte und Gehirnphysiologie, auch die Kunst lässt es sich nicht nehmen, mit eindeutig moralischen „Schuldzuschreibungen“ aufzuräumen. Wenn‘s in moralischen Fragen nur noch grau gibt, gibt’s keine klar identifizierbaren Schurken mehr im Drama. Im Film „unsere Väter, unsere Mütter“, wird die Schuld gleichmäßig auf alle Beteiligten verteilt. Nach dem Motto der Eltern, die alle Kinder bestrafen, wenn diese sich in den Haaren haben: ist mir egal, wer angefangen hat. Im Film können die Deutschen nicht allein Antisemiten sein. Also müssen die Polen auch schuldig sein.

Gewiss gab es bei den Polen einen tief verankerten katholischen Antisemitismus, doch mit dem deutschen war er nicht vergleichbar. Wie viele Juden wurden von Polen gerettet (unter ihnen Marcel Reich-Ranicki und seine Frau).

Die Grauheit in moralischer Schuldzuweisung endet im Projizieren der eigenen Schuld auf Unschuldige. Auf die Deutschen ist kein Verlass. Schon gar nicht in Fragen der Redlichkeit und der Moral. Sie tricksen und fintisieren gern. Am liebsten mit Hilfe großartiger Theorien und tiefer Gedanken. Das Misstrauen der Opfer gegenüber den Tätern ist gerechtfertigt. Nur das Instrument des Misstrauens die Einmaligkeitsthese ist undurchdacht und ungeeignet.

Einen deutsch-jüdischen Dialog hat es nie gegeben und niemand bemerkt es. In unregelmäßigen Ritualen schlägt man mit wirren und abstrusen Argumenten aufeinander ein. Die angeblich besten Freunde der Juden, die Philosemiten, fühlen sich durch nichts angesprochen und schon jenseits von Gut und Böse. Die deutschen Juden nehmen dünnhäutig die kleinste Kritik an Israel als Tarnung für camouflierten Antisemitismus und manövrieren sich in eine unglaubwürdige Kritiklosigkeit gegenüber dem Heiligen Land.

Da nichts bearbeitet wird, steht alles unter Wiederholungszwang. Bei jeder neuen Keilerei hat man das Gefühl des Deja Vue. Politiker zelebrieren selbstergriffene Erinnerungslosungen und politisch korrekte Hohlformeln. Graumanns und Uri Avnerys Äußerungen über Israel sind weltenweit voneinander entfernt. Graumann wird überall veröffentlicht, Avnery totgeschwiegen. Die deutsche Presse, nein, sie kann es nicht.

Der deutsch-jüdische Dialog ist gescheitert. Ohne Analyse der christlichen und jüdischen Religion ist jeder Versuch des Verstehens zum Scheitern verurteilt. Juden kennen ihre Religion, Deutsche erlauben sich den Luxus, sich Christen zu nennen, ohne zu wissen, was das Neue Testament ist. Dasselbe gilt für die Geschichte der Juden in Deutschland, die Geschichte des Antisemitismus, die verhängnisvolle Beziehung des Christentums zum Nationalsozialismus.

Jüdische Angelegenheiten werden von der deutschen Journaille zwanghaft den Juden selbst übergeben: Macht euren Kram alleene. Sie selbst sind feige, haben keine Meinung oder Angst, eine falsche zu äußern. Das könnte sie die Karriere kosten.

Grausamkeit ohne Grausamkeit ist beleibe keine Erfindung des Robespierre. Es ist die Frucht einer Erlösungsreligion, die im göttlichen Auftrag alles tun darf, was sonst geächtet ist. Der gestattet ist, die Kreuzigung ihres Heilands den Mördern ihres Erlösers mit Zins und Zinseszins heimzuzahlen. Massakriere ich in göttlichem Auftrag, muss ich kein schlechtes Gewissen haben.

Das Herz des Kirchenvaters Tertullian hüpfte vor Freuden, als er das abscheuliche Gefoltertwerden der Heiden in der Hölle beschrieb. Für ihn war es ein reines und ungetrübtes Vergnügen ähnlich der Lust zuschauender Römer beim Gladiatorenkampf im Circus Maximus , wenn er sich ausmalte, wie man dereinst den Ungläubigen endlose Schmerzen und Folterqualen zufügen wird. Die Phantasien des frommen Mannes waren so fürchterlich, dass Nietzsche sie nur auf Lateinisch zitieren konnte.

Hier, an dieser religiösen Stelle, liegen die abendländischen Ursachen für unbedenkliches Quälen und Schlachten der Feinde. Liebe und tu den Willen des Herrn. Und sei er noch so verabscheuenswert. Solange die Menschen an die Legitimität einer Hölle glauben, solange werden sie gefühllose Roboter des Höllischen bleiben.

Dass Robespierre und die SS bei ihren Untaten „banal“ und „emotionslos“ blieben und nicht vor Freude jauchzten , war geradezu eine menschliche Regung. Liebe Brüder und Schwestern, wir müssen von vorne beginnen.