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Freitag, 12. Juli 2013 – Die Neue Zeit und das Auge Gottes

Hello, Freunde der Menschheit,

was erlaubt sich die Menschheit? Sich von Cliquen regieren zu lassen, die außer Macht nichts im Kopf haben und die Existenz des Menschen gefährden? Unzählige Tiere und Pflanzen ausradieren, deren Vernichtung ihr eigenes Überleben gefährden? Die sich zu ernähren glauben, indem sie die Natur ruinieren – die alles unternimmt, um sie am Leben zu erhalten? Zum Dank wird die Natur als schreckliche und grausame an den Pranger gestellt – und mit noch raffinierteren Methoden ausgenommen und ausgebeint?

Ein kleiner Blick in die heutige Presse: „Luftverschmutzung tötet Millionen von Menschen“.

Wer sind die Schuldigen? Wie werden sie bestraft? Sind sie schon aus ihren Ämtern entfernt? Im Gegenteil. Sie beschleunigen die Tötung von Millionen, werden als Leistungsträger gepriesen, als Industriegiganten gerühmt, als Wohltäter der Menschheit geehrt. (DIE ZEIT)

Alle sechs Sekunden stirbt ein Kind. „Mangelernährung tötet – Zehntausende Menschen jeden Tag.“ Das größte Desaster, das die Welt derzeit erlebe, finde kaum Beachtung, schrieb der SPIEGEL: 

„Zehntausende Menschen sterben jeden Tag an dieser Unterernährung, und das ist nach Ansicht von De Schutter nicht das Ergebnis höherer Gewalt, sondern ein struktureller Mangel der Weltwirtschaft. Für die aktuelle Krise sei der Mensch selbst verantwortlich. Die globale Finanzkrise, die Energiekrise, die Folgen

des Klimawandels, vor allem aber die starke Volatilität der Lebensmittelpreise seien Faktoren, die ausgerechnet die Armen der Welt am stärksten träfen.“

Wer sind die Schuldigen? Wie werden sie bestraft? Sind sie aus ihren Ämtern verjagt?

Klimawandel. Die Hitze auf dem Planeten steigt, Wasser wird knapp, fruchtbares Land verkarstet und verödet. „Brütende Hitze, schmelzende Gletscher, verheerende Überschwemmungen, erstickende Mega-Citys, „Klima-Flüchtlinge“– unser Planet ist bedroht.“

Wer sind die Schuldigen? Wie werden sie bestraft? Sind sie aus ihren Ämtern entfernt? Im Gegenteil, sie werden belobigt, die Zeitungen sind voll von ihren Heldentaten, wenn sie mit Lebensmitteln spekulieren, sich riesige Ländereien in korrupten afrikanischen Staaten unter den Nagel reißen. Sie tun ihren Job, sagen sie in die Kamera und zucken nicht mit der Wimper.

Die Cliquen tun ihren Job, wenn sie Millionen Menschen töten, indem sie die Natur in eine Menschenfeindin verwandeln, Lebensmittel im Tank verbrennen, Nahrungsmittel unerschwinglich verteuern. Sie sind selbsternannte Auftragskiller und Völkerverbrecher. Welcher Staatsanwalt verfolgt sie, welches Gericht verurteilt sie? Stattdessen werden sie in Ruhmeshallen als Helden der Menschheit verewigt, wenn sie den Armen und Schwachen einen Groschen vor die Füße werfen.

Es gibt kein sinnvolles Pathos mehr. Dennoch schlägt die Stunde des weltumspannenden Pathos. Die Menschheit ruiniert sich an allen Ecken und Enden und was tut sie dagegen?

Nutzt sie ihre ungeheuren Reichtümer, um gigantische Glaspaläste zu bauen, in denen die Besten, Klügsten und Humansten der Naturverwüstung auf den Grund kommen, die Ursachen der Ungerechtigkeit benennen, die Verantwortlichen dingfest machen, dafür sorgen, dass nicht alle sechs Sekunden ein Kind stirbt, dass man in Peking ohne Mundschutz flanieren kann, in Afrika sauberes Wasser hat, in Indien keine weiblichen Embryos abgetrieben, in Deutschland keine Flüchtlinge ausgegrenzt werden?

Die Kategorie Ursache gibt es nicht mehr. Schuldzuweisungen sind in der westlichen Schuldkultur unter-komplex und pöbelhaft. Riesige, gigantische Probleme drohen der Menschheit über den Kopf zu wachsen. Was tut sie dagegen?

Riesige gigantische Gelder werden ausgegeben, um Waffen, Waffen, Waffen zu produzieren, Killermaschinen herzustellen, mit denen man aus tausenden Kilometern Entfernung unschuldige Menschen auslöschen kann, Gottesaugen aus Chips, die den Planeten in einen globalen Käfig verwandeln und den homo sapiens in Stallhaltung nehmen.

Die menschlichste aller Wirtschaftsordnungen tut das Ihre, um Menschen als Konkurrenzmaschinen auszubilden, die sich im Kampf um den Titel: der Größte, der Beste, der Genialste, gegenseitig die Luft abstellen. Heere von Gelehrten, Experten, Geistlichen bläuen uns ein, dass wir Wölfe, Raubtiere, Sünder, Verworfene und leibgewordene Satansbraten sind. Die man vom ersten Atemzug an drangsalieren, konditionieren, sozialisieren und regulieren, denen man Grenzen setzen muss, dass sie als Erwachsene alle Grenzen sprengen und sich transzendieren müssen. Denn der Mensch, der seine Endlichkeit akzeptiert, ist Abschaum.

Der Mensch ist etwas, was überwunden werden muss. Deutsche Philosophen immer vorneweg, im Menschen den Wurm zu sehen, den man in einen Übermenschen verwandeln oder als Untermenschen zertreten muss:

Der Mensch ist Etwas, das überwunden werden soll. Was habt ihr gethan, ihn zu überwinden? Alle Wesen bisher schufen Etwas über sich hinaus: und ihr wollt die Ebbe dieser grossen Fluth sein und lieber noch zum Thiere zurückgehn, als den Menschen überwinden? Was ist der Affe für den Menschen? Ein Gelächter oder eine schmerzliche Scham. Und eben das soll der Mensch für den Übermenschen sein: ein Gelächter oder eine schmerzliche Scham: Ihr habt den Weg vom Wurme zum Menschen gemacht, und Vieles ist in euch noch Wurm. Einst wart ihr Affen, und auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe, als irgendein Affe.Wer aber der Weiseste von euch ist, der ist auch nur ein Zwiespalt und Zwitter von Pflanze und von Gespenst. Aber heisse ich euch zu Gespenstern oder Pflanzen werden? Seht, ich lehre euch den Übermenschen! Der Übermensch ist der Sinn der Erde. Euer Wille sage: der Übermensch sei der Sinn der Erde!“

Das ist die deutsche Übermenschmaschine, die alle Menschen zertritt, die den heutigen Masters of Universe ein Gelächter und eine schmerzliche Scham sind. Die noch Affen sind und Gespenster. Die man an der Börse knicken, als Malocher dem Hunger und beschämender Staatsknete, als Flüchtling im Mittelmeer über Bord gehen lassen muss.

(Unglaublich, aber wahr, dass Nietzsche noch immer davor bewahrt wird, ein Vorläufer der Nationalsozialisten zu sein. Der Arme wurde von den Schergen missbraucht. Im Grunde war er ein Herz und eine Seele mit Albert Schweitzer. Es herrschen in der deutschen Philosophie inzwischen dieselben Deutungskünste wie in der Interpretation der Heiligen Schrift: was hier steht, bestimme noch immer Ich: der hermeneutische Übermensch.

Man traut seinen Augen nicht, wenn man in Wiki liest, warum Nietzsche kein Fanfarenbläser des Unmenschlichen gewesen sein kann: weil er so poetisch und einfühlsam war. Hat man noch nicht verstanden, dass Übermenschen sensible, hochgebildete Menschenfreunde sind? Die es nicht aushalten, dass Menschen nicht ihrem Ideal des Übermenschen entsprechen und ergo müssen sie mit Zwang zu Supermenschen gedrillt oder mit barbarischen Methoden vom Erdboden vertilgt werden? Siehe: Also sprach Zarathustra)

Die Amerikaner hören es nicht gern, doch auch sie waren gute Schüler des Zarathustra. Genauer: Nietzsches Zarathustra, und bestimmte Elemente Amerikas fußen auf denselben heiligen Traditionen. Jeder Gläubige ist ein Held des Glaubens.

Schauen wir auf die Rückseite des Großen Siegels der USA:

                               

Auf dem neubabylonischen Turm – ohne Vollendung, damit Gott nicht herunterfährt und alles in Trümmer legt – sehen wir das allsehende Auge des Herrn der Heerscharen. (Das Symbol ist auch auf der Rückseite der Eindollarnote.)

Das Symbol ist das Vorbild der NSA. Symbole müssen irgendwann realisiert werden, sonst werden sie ranzig. Die Politikwerdung der amerikanischen Gründungssymbole erleben wir just in time.

Erste Inschrift: Annuit Coeptis – „Er heißt das Begonnene gut“. Eine demütige Variante des Genesisspruches: Siehe, und alles war sehr gut. Gott selbst gab sich die Note Einsplus mit Sternen. Amerika muss sich a little bit bescheiden mit einer guten „Zwei mit Rücksicht auf die Eltern“, damit die Spitze der Pyramide in Konkordanz mit dem Himmel vollendet werden kann. Inzwischen müssen sie oben angekommen sein, wenn das Allsehende Auge die ganze Welt im Visier hat.

Zweite Inschrift: Novus Ordo Seclorum – die Neuordnung der ZEIT. Kühner und gottgleicher geht nichts mehr. Die Amerikaner sind dabei, auf gleiche Augenhöhe mit ihren Ursprungsdokumenten zu kommen. Allzulange hielten sie sich mit lästiger Demokratie auf.

Es gibt deutsche Gelehrte, die ungerührten Auges behaupten, dass Demokratie auf diesem christlich-totalitärem Boden gewachsen sei. Dazu gehören namhafte deutsche Historiker, die bekanntlich Experten in Demokratie sind. Auch der gut-katholische Alexis de Tocqueville betrachtet Religion als Fruchtwasser der Demokratie, obgleich er die alttestamentarischen Gesetze der ersten Puritaner für abscheuliche Barbarei hält.

Die religiösen Demokratiebewunderer beziehen sich zumeist auf die Verfassung Virginias von 1776, die als Vorbild für die Unabhängigkeitserklärung der USA gilt.

Nehmen wir Artikel 1 und 16 und vergleichen:

Artikel 1

„Alle Menschen sind von Natur aus in gleicher Weisefrei und unabhängig und besitzen bestimmte angeborene Rechte, welche sie ihrer Nachkommenschaft durch keinen Vertrag rauben oder entziehen können, wenn sie eine staatliche Verbindung eingehen, und zwar den Genuss des Lebens und der Freiheit, die Mittel zum Erwerb und Besitz von Eigentum und das Erstreben und Erlangen von Glück und Sicherheit.“

Artikel 16

„Die Religion oder die Ehrfurcht, die wir unserem Schöpfer schulden, und die Art, wie wir sie erfüllen, können nur durch Vernunft und Überzeugung bestimmt sein und nicht durch Zwang oder Gewalt; daher sind alle Menschen gleicherweise zur freien Religionsausübung berechtigt, entsprechend der Stimme ihres Gewissens; es ist die gemeinsame Pflicht aller, christliche Nachsicht, Liebe und Barmherzigkeit aneinander zu üben.“

(Nur im Vorübergehen: George Mason, Verfasser der Artikel, war im Privatleben Sklavenhalter. Zwar votierte er gegen Beibehaltung des Sklavenhandels, aber nicht aus humanitären Gründen, sondern weil dies den Handel, das Gewerbe und die Künste „entmutige“: „Die Armen verachteten eine Arbeit, solange diese von Sklaven verrichtet werde. Sklaven verhinderten die Einwanderung von Weißen, die das Land wirklich bereichern und stärken würden. (…) Jeder Herr über Sklaven werde als ein kleiner Tyrann geboren.)

Mason bezieht sich auf die Natur, wenn er die Menschen in gleicher Weise frei und unabhängig nennt. Nicht auf Gott, schon gar nicht auf die Bibel. Sein Schöpfer in Artikel 16 kann niemals identisch sein mit der heidnischen Natur, die die Menschen als gleiche Wesen erschafft. Der Schöpfer ist von Anfang an der Spalter seiner Geschöpfe in geliebte und verworfene: aus reiner Willkür. Die meisten Gebildeten jener Zeit waren Mischwesen aus Vernunft und Glauben.

Die größten Aufklärer Englands wie John Locke hielten sich für Gläubige, bezogen sich aber auf griechische Philosophen. Ihr Gott war ein rationaler Gott der Vernunft. Das war keine offenbarte Theologie, an die man glauben muss. Das war Deismus, die Verehrung eines vernünftigen Gottes.

Die fromm aufgewachsenen Frühaufklärer konnten sich den Befreiungsklängen der aus Italien über Frankreich gekommenen philosophischen Schriften der Griechen nicht entziehen und ersannen ihre vernünftigen Denkgebäude, die sie aber aus Angst vor staatlicher Zensur – oder noch immer vorhandener Höllenangst – mit christlichen Rückbindungen absicherten. Ihr Gott der Vernunft, ihre Vorstellungen von Natur, ihre beginnenden Menschenrechtsideen haben mit der Bibel so viel zu tun wie Sokrates mit Jesus.

Weder im Alten noch im Neuen Testament ist der Hauch einer Andeutung von Demokratie, Gleichheit, Freiheit und Menschenrechten zu spüren. Sondern nichts als theokratische Unterwerfung der Sündenkrüppel in Furcht und Schrecken. Die allmähliche Infiltration des englischen Neocalvinismus durch urgriechische Epikuräer, Sokratiker, Kyniker und Stoiker – nicht anders als bei Spinoza, der sein Judentum mit der Stoa zur Vernunft brachte – beschreibt vorbildlich Wilhelm Dilthey in seiner Schrift „Weltanschauung und Analyse des Menschen seit Renaissance und Reformation“ (Ges. Schriften II. Band).

Anhand der Sozinianer und Arminianer – zweier Gruppen, die Ratio und Glauben in Einklang bringen wollten – schreibt er: „Die Dogmenkritik der Arminianer und Sozinianer ist der Ausdruck der Mündigkeit der menschlichen Vernunft, welche sich vorbereitet, alle Traditionen der Prüfung zu unterwerfen.“

Wenn Dogmen der ursprünglichen Bibeltradition mit der Vernunft kollidieren, gibt es keinen guten Klang. Beide Ideenströme sind nicht kompatibel. Was blieb? Seltsame Mischprodukte aus rationalen Sätzen, die man biblischen Dogmen mit Gewalt einpfropfte. Die beiden Grundtraditionen des Abendlands „stellen sich gegeneinander“, wie Dilthey formuliert. Es sei die große Leistung der Ratio gewesen, dass sie den „anmaßlichen Anspruch dieser Dogmen auf eine absolute Geltung ein für allemal vernichtet hat“.

Hier irrte Dilthey – leider. Die Geltung der Dogmen war nicht ein für allemal vernichtet. Sie überlebte, hat raffiniert ihre Strategie gewechselt und paradiert heute ausgerechnet mit jenen Gedanken, denen sie früher am liebsten Gift gegeben hätte. Der giftige Wurm im aufgeklärten Apfel hat den Apfel übernommen und missioniert mit dem Anspruch, als Glauben die Spitze der Vernunft zu sein. Wir befinden uns auf der lichten Höhe von Benedikt, Habermas – und amerikanischen Weltpolitikern, die ihre christliche Einstellung in demokratischen Kostümen verkaufen. Wie Dabbelju Bush und Barack Obama, der inzwischen eine ähnliche Entwicklung wie Platon gemacht hat.

Berauscht von seinen rhetorischen Erweckungsfähigkeiten düste er anfänglich durch die ganze Welt – selbst nach Kairo – um der Welt die Frohe Botschaft zu bringen, dass der Messias nahe herbei gekommen sei. Als die Welt, vor allem in der Gestalt der konservativen Tea Party, den Messias kalt ins Messer laufen ließ, verwandelte sich der optimistisch gesonnene Menschheitsfreund in den Chef der NSA, der die ganze böse Welt, die ihm die Gefolgschaft verweigerte, unter Kuratel stellt.

So war die Entwicklung Platons, der sich aus einem sokratischen Musterschüler in den faschistischen Zwangsbeglücker verwandelte – wenn wir Popper folgen, was wir hier gewisslich tun. Aus einem hochgemuten Menschheitsbeglücker, der dem lernfähigen Menschen alles Gute zutraute, war ein pessimistischer Beglückungstyrann geworden. Die Vorstellung, den Menschen das Glück mit Zwang zu bringen, machte Platon zum Vorläufer des Christentums. Platons totalitäre Beglückung schlug sich nieder in seinem perfekten Staat, einem Gebilde, in dem Sokrates am ersten Tage als Ketzer geköpft worden wäre (so Popper).

Bei den Christen war der Erlöser und Glücksbringer identisch mit Gottvater, der die abtrünnigen Menschen mit Allmachtsgebärden zum Glauben zwingen will. Im Vergleich mit der christlichen Himmel- und Hölledogmatik war Platons Politeia ein Kita-Verein. Aus Barack Obama, der Lichtgestalt, wurde in bester christlich-platonischer Tradition ein kaltschnäuziger Drohnenkiller und Käfighalter einer rundum überwachten Menschheit.

Der Schriftsteller Eugen Ruge empört sich über Obama und Merkel. Dass Merkel sich dagegen wehrt, die Stasi mit der NSA zu vergleichen, kommentiert der Ex-Ossi:

„Sehr geehrte Frau Merkel! Wie oft und mit welchem Eifer haben Sie die Machenschaften des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR verurteilt! Zu Recht, denn die Stasi war eine ekelhafte Institution, das müssen Sie mir, einem Republikflüchtigen, nicht erklären. Dennoch hat die Stasi über mich persönlich vermutlich nicht den hundertsten, vielleicht nicht den tausendsten Teil der Informationen besessen, die irgendwo bei der NSA auf Festplatten herumliegen. Wäre es, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, nicht Ihre politische, Ihre juristische, Ihre moralische Pflicht, mich als Bürger vor den Angriffen auf meine Privatsphäre zu schützen?“

Doch noch schärfer ist Ruges Kritik an Obama: „Wenn ich von dem ganzen Skandal nur einen Halbsatz wüsste, nämlich den des amerikanischen Präsidenten, dass davon ja nur Ausländer betroffen seien – wäre das Grund genug, mich zu empören. Das Schlimmste: Er merkt gar nicht, was er da sagt! Er hält es für eine Entschuldigung! Nur Ausländer betroffen? Nur Polen? Nur Deutsche? Nur Chinesen? Allein für diese Äußerung, für diesen Halbsatz, müsste sich Barack Obama beim Rest der Welt entschuldigen. Wenn nicht er selbst, müssten seine Diplomaten herumfahren und versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben. Was passiert jedoch? Ein Minister aus dem Kabinett Merkel darf in die Vereinigten Staaten fliegen, um dort mit der Bitte um Aufklärung vorstellig zu werden. Mit anderen Worten: Der Unverschämtheit folgt die Demütigung.“ (Eugen Ruge in der FAZ)

Bundesinnenminister Friedrich, der sich anfänglich jede Kritik an NSA und an Amerika verbat, muss nach Canossa-Washington fliegen, um bei inferioren Beamten um Verzeihung zu bitten, dass es in Deutschland empörte Kritik an den amerikanischen Unverschämtheiten gibt. Bitte vergib uns, Großer Bruder, dass wir uns wehren, wenn Du uns ordentlich zeigst, wer der wahre Herr der Ringe ist. Schließlich ist das deine Pflicht, uns vor uns selbst zu beschützen.

Wir seien ein souveräner Staat, wagte Regierungssprecher Seibert zu sagen. Deshalb gelten noch immer die alten, aus den Adenauer-Zeiten stammenden Geheimverträge, nach denen die Amis hier hausen können wie sie wollen?

Natürlich ist jede Amerikakritik Antiamerikanismus, wie jede Israelkritik Antisemitismus ist. Unter ungleichen Freunden kritisiert man nicht. Die Deutschen als kollektive Verbrechernation mussten in der Tat lange Zeit unter strengste Beobachtung gestellt werden. Wenn uns die Alliierten aber in die Souveränität entlassen, haben sie sich an ihr Wort zu halten und uns nicht mit Geheimverträgen wie potentielle Verbrecher zu behandeln.

Wenn eine deutsche Regierung nicht willens oder fähig ist, Schaden vom Volk zu wenden – wie sie es in ihrem Amtseid schwor –, hätte sie bereits gestern zurücktreten müssen. Was sind wir für Demokraten, die wir uns noch bedanken, dass man uns wie Pawlow‘sche Hunde dressiert? Was sind wir für eine Menschheit, dass wir uns von elitären Cliquen schikanieren lassen, die uns sehenden Auges in den Höllenschlund stürzen?  

Wenn die Menschheit nicht bereit ist, sich zur globalen Demokratie weiter zu entwickeln, wird sie die Erde zur höheren Ehre Gottes in ein planetarisches Leichenhaus verwandeln.