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Europäische Idee XCI

Hello, Freunde der europäischen Idee XCI,

ab heute, dem 8. August, wird geschändet. Was wir ab jetzt an Natur verbrauchen, kann sie nicht mehr ausgleichen und regenerieren. Über den Daumen gepeilt, müssten wir unseren Naturverschleiß sofort um die Hälfte kürzen, damit wir der Mutter allen Seins nicht die Haare vom Kopf und uns ins Verderben fressen.

„Wenn wir die 2-Grad-Grenze von Paris einhalten wollen, müssten wir weltweit vor 2050 wieder auf diese Null zurück. Leider sind wir aber auf einem ganz anderen Weg. In Ländern mit hohem Einkommen können Wohlstand und Ressourcenverbrauch teilweise entkoppelt werden. Bei Ländern mit kleinem Fußabdruck wird es schwierig. Die wollen verständlicherweise mehr Reis, mehr Transport, mehr Licht. In China etwa hat sich der ökologische Fußabdruck in den letzten 15 Jahren pro Kopf verdoppelt.“ (TAZ.de)

Verkürzen wir den Prozess der bewaffnend ehrlichen, Über-ich-entsorgenden Turbo-Brutalisierung – die Demokratisches nicht mehr ausstehen kann –, der die Welteliten wie im Fieber erfasst hat und enthüllen ihre geheimsten Weltrettungspläne. Ohnehin werden sie ans Tageslicht dringen.

Wozu diese vielen Milliarden überflüssiger Fresser, raunen sie unter sich. Zahlen wir der Hälfte von ihnen eine – nein, nicht allzu üppige – sozial verträgliche Ablebensprämie, um der anderen Hälfte ein notdürftiges BGE zu finanzieren. Dann haben wir Ruhe vor diesen Menschheitsplagen. Die Gefahr der Weltrevolution ist gebannt. In den Stand der algorithmischen Unsterblichkeit zu gelangen, ist aufwendig und teuer. Das können wir, die Extraordinären der EINPROZENT, uns nur selbst leisten. Der Rest in den Orkus.

Die Evolution macht einen Ruck und schickt sich an, den nächsten Schritt der Menschheit zu tun. Trumps künftige Mannschaft besteht vor allem aus

Milliardären, sein Programm wird an der Wallstreet von Masters of Universe in Gold und Platin entworfen.

Faktisch hatte EINPROZENT schon lange die Weltregierung in ihren Händen. Doch es fehlte die Legalisierung durchs Volk, das seine Henker noch immer selber wählte. Die wird jetzt subito nachgeholt. Mit bewährten Methoden der Demokratie-Machenschaften und garantiert legalen Volkserziehungsmitteln, mit denen man die gefügige Masse, die nach Formung dürstet, aus dem Hintergrund lenkt und leitet.

„Die neuen Propagandatechniken befassen sich nicht mehr nur mit dem Individuum oder der Gesellschaft als Ganzes. Sie widmen sich vielmehr auch und vor allem der Anatomie der Gesellschaft mit ihren zahllosen, verästelten und miteinander verwobenen Gruppierungen. Sie sehen den Einzelnen nicht nur als Zelle innerhalb der Gesellschaft, sondern als Zelle, die in gesellschaftlichen Einheiten organisiert ist. Wird der Nerv des Organismus ‚Gesellschaft‘ an einem sensiblen Punkt gereizt, wird automatisch eine Reaktion bei bestimmten anderen Elementen dieses Organismus hervorgerufen. Je komplexer unsere Zivilisation wird und je deutlicher sich zeigt, wie nötig die im Hintergrund arbeitenden Führungsinstanzen sind, desto konsequenter werden die technischen Mittel zur Steuerung der öffentlichen Meinung entwickelt und eingesetzt. Mithilfe von Druckerpresse, Zeitung, Eisenbahn, Telefon, Telegraph, Radio und Flugzeug können Gedanken rasch, ja sogar zeitgleich im ganzen Land verbreitet werden. (Heute mit dem weitaus funktionstüchtigeren Gottesgeschenk des Worldwideweb).

Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land. Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. Doch das ist nicht überraschend, dieser Zustand ist nur eine logische Folge der Struktur unserer Demokratie: Wenn viele Menschen möglichst reibungslos in einer Gesellschaft zusammenleben sollen, sind Steuerungsprozesse dieser Art unumgänglich.

Die unsichtbaren Herrscher kennen sich auch untereinander meist nicht mit Namen. Die Mitglieder des Schattenkabinetts regieren uns wegen ihrer angeborenen Führungsqualitäten, ihrer Fähigkeit, der Gesellschaft dringend benötigte Impulse zu geben, und aufgrund der Schlüsselpositionen, die sie in der Gesellschaft einnehmen. Ob es uns gefällt oder nicht, Tatsache ist, dass wir in fast allen Aspekten des täglichen Lebens, ob in Wirtschaft oder Politik, unserem Sozialverhalten oder unseren ethischen Einstellungen, von einer (angesichts von 120 Millionen US-Bürgern) relativ kleinen Gruppe Menschen abhängig sind, die die meisten Abläufe und gesellschaftlichen Dynamiken von Massen verstehen. Sie steuern die öffentliche Meinung, stärken alte gesellschaftliche Kräfte und bedenken neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen.“ (Edward l. Bernays, Neffe Freuds, in seinem unsterblichen Werk „Propaganda“)

Wir sehen, dass Freuds Erkenntnisse nicht im Privaten verkümmerten und dem Fortschritt der Gesellschaft dienstbar gemacht wurden. Das lukrative Motto seines cleveren Neffen könnte man auf die Formel bringen: wo Es war, soll Ich verhindert und dem Über-Ich der EINPROZENT subordiniert werden. Eine wirksame und wissenschaftlich erprobte Methode, um Demokratie vor ungezügelten Machenschaften des Volkes zu retten und den wahren, von der Evolution ausgemendelten Kräften die geräuschlose und anonyme Lenkungsmacht zu verschaffen.

In Thailand durfte das Volk selbst die Militärjunta wählen, die es am eisernen Zügel führen wird. Auf den Philippinen wurde ein Volksführer gewählt, dem Menschenrechte herzlich gleichgültig sind. In der Türkei jubeln begeisterte Horden einem Despoten zu, der sie demnächst auffordern wird, per Referendum die Todesstrafe gegen alle Feinde der Regierung einzuführen. Hiesige Volksfreunde sabbern schon vor Erregung, um daraus die naheliegende Folgerung zu ziehen: sagten wir‘s nicht schon immer?

Das Volk will in patriarchalischer Güte gelenkt und geleitet werden. Schicksalsfragen darf man den Triebgesteuerten nicht überlassen. Lasset sie weiterhin wählen – aber nur Belangloses. Wesentliche Entscheidungen müssen von Alpha-Wesen der Gesellschaft gefällt werden, die ihre Qualifikation durch obergrenzenloses Hamstern von Money hinlänglich bewiesen haben. Wählt das Volk nicht das Richtige, muss es ohne Sentimentalitäten abgesetzt werden. Völker, die nicht reibungslos funktionieren und unbemerkt unseren Willen vollstrecken, können wir uns nicht erlauben.

Als Eliten sind wir alternativlos. Wir kennen keine Fehlentscheidungen, die Kategorie Schuld haben wir abgeschafft. Was immer geschieht, ob Böses oder Gutes, es wird uns nützen. Wir haben die unfehlbare Methode erfunden, die Welt unseren Interessen zu unterwerfen und dienstbar zu machen. Ob Moralisches oder Unmoralisches, Tugendhaftes oder Verwerfliches: private Laster sind öffentliche Tugenden, öffentliche Laster haben wir zu unseren Tugenden abgerichtet.

Hört genau hin: unsere Laster sind eure Vorteile, weil es unsere sind. Seit Jahrhunderten sorgen wir dafür, dass nichts Böses geschehen kann, das nicht zu unserem Vorteil genutzt werden könnte. Wir haben das uralte Problem der Theodizee gelöst: wie konnte Gott das Böse schaffen? Er schuf das Böse, damit es in unseren Händen zum Guten wird.

„Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR; sondern soviel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken. Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahinkommt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und wachsend, daß sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen, also soll das Wort, so aus meinem Munde geht, auch sein. Es soll nicht wieder zu mir leer kommen, sondern tun, was mir gefällt, und soll ihm gelingen, dazu ich’s sende.“

Gott und seine auserwählte EINPROZENT tun nichts vergeblich. Was auch immer sie tun und sähe es noch so verrückt und verwerflich aus: es ist unfähig, nutzlos zu sein. Am Ende wird der Taler im Kasten klingen und unsere Seelen sich in den Himmel schwingen. Wobei wir – unter uns gesagt – kaum glauben können, dass es noch einen verlockenderen Himmel geben kann als den unsrigen. So voller Risiken, spannender Grenzüberschreitungen, unterhaltsamer Händel und Konflikte unter den Menschen, unglaublich packender Abrichtung der selbstherrlichen Natur zu unserer allzeit verfügbaren Magd und Kurtisane, an deren Todeszuckungen unsere sportive Leidenschaft sich nicht satt sehen kann. Was ist die Faszination eines Stierkampfes mit verblutenden Bullen gegen das Röcheln der Mutter Natur, der wir langsam die Kehle zudrücken? Für dieses einmalige Schauspiel im Universum danken wir unserem Schöpfer, der uns eine ganz neue Welt aus Nichts bescheren wird. Die alte Natur haben wir abgestochen, Zeit für eine junge, neue und glutäugige, mit der wir Spaß haben bis in Ewigkeit.

Nehmen wir pars pro toto die deutsche Kanzlerin. Alles setzt sie in den Sand – und wird doch die Einzige sein, der man zutraut, den ganzen Schlamassel auszuräumen. Da zeigt sie ihre auserwählte Zugehörigkeit zum EINPROZENT. Jetzt ist sie gerade ein bisschen abgesunken. Doch sachte, es muss spannend sein fürs Publikum. Rechtzeitig zur Wahl wird sie die Fäden wieder in Händen halten. Wenn wir nur ihre Syrienpolitik betrachten wollen. Eine einzige Kaskade an Fehlleistungen.

„Merkel hat den falschen Krieg unterstützt – Bushs Irak-Intervention – und den richtigen Militäreinsatz nicht gewagt: die Einrichtung von Flugverbotszonen zum Schutz der Opposition vor Assads Luftwaffe. Als sich in der Türkei unter Erdoğan mit der Per­spektive auf einen EU-Beitritt die Menschenrechtslage verbesserte, startete Merkel 2004 ihre Bundestagswahlkampagne gegen eine türkische EU-Mitgliedschaft. Als die Flüchtlinge aus Syrien perspektivlos in Lagern in der Türkei und dem Libanon saßen, gab es keine finanzielle Hilfe. Die deutschen Grenzen blieben dicht. Dann die Kehrtwende, als sich die Flüchtlinge zu Fuß aufmachten: Nun durften alle kommen. Als daraufhin die AfD an Zustimmung gewann, machte Merkel die Tore wieder dicht und schloss den Pakt mit Erdoğan, der längst wieder Krieg gegen die Kurden führte und Journalisten verfolgen ließ. In Syrien rechnete die Bundesregierung anfangs mit einem schnellen Sturz Assads, vom Auftauchen des IS war sie ebenso überrascht wie von der russischen Intervention. Die Kanzlerin, die bis zum Flüchtlingsherbst 2015 immer einen Blick für das politisch Machbare und Notwendige hatte, hat im Nahen Osten versagt.“ Schreibt Martin Reeh in der TAZ.

Streng genommen hat Merkel nie eine konstruktive, selbstdurchdachte Politik betrieben. Das hatte sie auch nie im Sinn. Ihr Auftrag war, den Saustall Gottes auf Erden so lange auf gleichbleibend miserablem Niveau weiter zu treiben, bis der Herr sie ablösen wird. Ob Sozialismus, ob Kapitalismus, christliche Notverwaltung kann nirgendwo schaden.

Gelegentlich hatte sie eine Erleuchtung, um sich im irdischen Lazarett selbst was zu gönnen. Einmal wollte sie das Klima retten, einmal die Samaritanerin der Flüchtlinge sein. Immer übernahm sie Gedanken anderer und sprang auf den Wagen auf, der von anderen vorgefahren wurde. Doch nach kurzer Zeit langweilte sie sich ihrer Erleuchtungen und ging ungerührt zurück in die emotionslose Kälte der dienenden Magd.

In Anlehnung an den koitus interruptus könnte man von einer illuminatio interrupta sprechen. Klimarettung? Aus den Augen, aus dem Sinn. Flüchtlinge retten? Die europäischen Außengrenzen sind dicht. Der geplante Handelsvertrag mit Afrika wird vor allem europäischen Tycoons nützen. Die Entwicklungshilfen dienen dem Profit der Geberländer. Noch immer werden die Flüchtlingscamps am Mittelmeer nicht ausreichend unterstützt: das sind die Maßnahmen, mit denen Merkel die Ursachen des Flüchtlingselends vorbeugend verhindern wollte.

Alles, was Merkel sagt, ist Haschen nach Wind. Zu den meisten Dingen sagt sie ohnehin kein einziges Wort – denn sie hat nichts zu sagen. Wann nahm sie sich Zeit, die Grundlagen des Neoliberalismus, die Ursachen der Ökokatastrophe, die philosophischen Fragen nach Gerechtigkeit gründlich zu studieren? Ihre väterlichen Konfirmandensprüche sind der ganze Fundus ihrer Philosophie und Politik. Ihr Credo ist das Credo des Psalmisten:

„Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.“

Merkel wäre nie mächtig geworden, wenn die Deutschen nicht das dringende Bedürfnis entwickelt hätten, ihre neue Macht und ihren gleißenden Reichtum mit beruhigenden Segenssprüchen einer Mutter rechtfertigen und absegnen zu lassen. Merkel lullt ein, meinte FDP-Lindner, der nur darauf wartet, an der Seite der Besänftigerin im Kabinett zu sitzen.

Erstaunlich das Sprachgefühl der Amerikaner, die unter Lullaby ein Schlaflied und unter Lullaby Town – schmutzige Geschäfte verstehen. Schmutzige Geschäfte mit dem Segen des Herrn: das ist Merkels Politagenda.

„Schlafet meine Prinzchen, schlaft ein.

Nichts als Vergnügen und Ruh!
Spielwerk und Zucker vollauf
und auch Karossen im Lauf.
Alles besorgt und bereit,
dass nur meine Prinzchen nicht schrein.
Was wird das künftig erst sein?
Schlafet, meine Prinzchen, schlaft ein.“

Vier Jahrzehnte sind vergangen, seit die Menschen die ökologische Katastrophe nicht länger verdrängen und vertuschen wollten. Und nichts geschah seit 40 Jahren. Vor 40 Jahren schrieb Erich Fromm den unfassbaren Satz:

„Die nahezu unglaubliche Tatsache ist jedoch, dass bisher keine ernsthaften Anstrengungen unternommen wurden, um das uns verkündete Schicksal abzuwenden. Während im Privatleben nur ein Wahnsinniger bei der Bedrohung seiner gesamten Existenz untätig bleiben würde, unternehmen die für das öffentliche Wohl Verantwortlichen praktisch nichts, und diejenigen, die sich ihnen anvertraut haben, lassen sie gewähren. Wie ist es möglich, dass der stärkste aller Instinkte, der Selbsterhaltungstrieb, nicht mehr zu funktionieren scheint?“ (Haben oder Sein)

Naheliegende Antwort: der Selbsterhaltungstrieb ist schon lange nicht mehr der stärkste aller Triebe. Er wurde vor 2000 Jahren vom Erlösungstrieb abgelöst, der die Selbstvernichtung des Menschen als Voraussetzung seiner transzendenten Rettung benötigt. Sich für alle Zeiten erhalten, indem man sich und die Erde auslöscht, um ein jenseitiges Leben zu erringen: das ist der ins Gegenteil verkehrte Selbsterhaltungstrieb der Erlösungsreligionen.

Das ist gleichzeitig der Grund für die Tatsache – die sonst das Skandalon der gesamten menschlichen Geschichte wäre –, dass nichts geschieht, um das nahende apokalyptische Finale der planetarischen Unheilsgeschichte zu verhindern.

Sämtliche Regierungen aller Nationen – mit Ausnahme einiger Eingeborenenstämme weitab von jeglicher Zivilisation – müssten wegen Unfähigkeit und Pflichtverweigerung angeklagt werden und für den Rest ihres Lebens hinter Schloss und Riegel verschwinden.

Was geschieht allein jetzt in diesem Moment an Ungeheuerlichkeiten in der ganzen Welt – und Merkel wandert, olympische Spiele rund um die Uhr benebeln die Gehirne, in ZDF/ARD und PHOENIX fällt lebendige und debattierte Politik aus. Im deutschen Urlaub geht nichts und wenn die ganze Welt unterginge.

Religion wollte der Selbsterhaltung der Menschen in Not und Verzweiflung dienen. Sie hat den Überlebenstrieb ins Gegenteil verkehrt. Wer das Leben auf Erden hassen muss, um den Menschen zu retten, der will ihn unter Vorgaukeln von Illusionen vernichten. Wer die vertraute Natur als alte vernichten muss, um dem Menschen eine neue zu bescheren, darf sich nicht wundern, dass die alte verschwindet und eine neue sich nicht blicken lässt.

Womit wir bei unserer Frage gelandet wären: was ist seelisch krank? Ist psychische Krankheit vereinbar mit Zurechnungsfähigkeit?

Seelische Krankheit ist kein medizinischer Befund, sondern eine philosophische Aussage, die abhängig ist vom Menschenbild des Betrachters.

Hält dieser den guten Menschen für den Urzustand des natürlichen homo sapiens, muss er jedes Verbrechen als Krankheit definieren, die als Abwehrreaktion gegen tiefgreifende Beschädigung, Demütigung und Lieblosigkeit entstanden sein muss.

Hält er ihn für einen geborenen Teufelsbraten, kann dieser nicht frei gewesen sein, das Böse zu vermeiden.

Die (katholischen) Theologen bringen es fertig, dem Menschen einen freien Willen zu unterstellen, der gleichwohl das Böse wählen kann. Niemand weiß warum. Oder doch, sie geben vor, es zu wissen: das unerklärliche Böse habe zugeschlagen. Der freie Wille hat hier keine andere Funktion, als Gott den Schöpfer von aller Schuld freizusprechen und sein Geschöpf zum allein Schuldigen zu stempeln. Wen dieses Tohuwabohu überzeugt, wird selig.

Die lutherische und calvinistische Vorherbestimmung kennt keinen freien Willen. Wie können protestantische Juristen einen Verbrecher verurteilen, als habe er einen freien Willen?

Welche Doktrin hat das deutsche Strafrecht geprägt, das Verbrechen aus freiem Willen zu kennen scheint? Bei dem Massenmörder Breivik in Norwegen stritten sich die Gutachter:

„Im Fall des rechtsradikalen Massenmörders Anders Breivik, der 2011 in Norwegen 77 Menschen tötete – bis zum Lkw-Attentat in Nizza die blutigste Tat eines Einzeltäters – stritten Gutachter jahrelang darüber, ob Breivik an paranoider Schizophrenie litt. Im Prozess sagten vier Sachverständige aus: Zwei hielten Breivik für unzurechnungsfähig, zwei für zurechnungsfähig. Die Staatsanwaltschaft plädierte für die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt, das Gericht erklärte ihn aber für zurechnungsfähig; er kam ins Gefängnis.“ (Sueddeutsche.de)

Die meisten Gutachter betrachten den instrumentellen Verstand des Verbrechers, mit dem er seine Tat plante und durchführte, als Beweis seiner Zurechnungsfähigkeit. Ein schrecklicher Irrtum.

Wie aber steht es mit normalen Menschen, die in Wissenschaft, Technik und Politik das Überleben der Menschheit gefährden? Müssen wir Erich Fromm nicht zustimmen, der solche Normalos für wahnsinnig hält? Äußerlich scheinen sie gesund, ihren Taten nach aber müssen sie tiefgreifend geschädigt sein? Ihre instrumentellen Fähigkeiten sind grandios. Heißt das aber, sie wüssten, was sie tun? Sie hätten keine Skrupel, mit Bedacht und klarem Willen die Menschheit in den Abgrund zu führen?

Wären alle Verbrechen dieser Welt erzwungene Taten eines unfreien Willens, müsste man alle Gesetzbücher der Völker für sadistische Orgien halten.

Wären alle Verbrechen dieser Welt ungezwungene Taten eines freien Willens, mit welchen Motiven wären die Verbrechen zu erklären?

Das Böse müsste um des Bösen willen getan worden sein. Das säkulare Recht wäre gefangen in theologischen Dogmen, die kein Mensch verstehen kann, der sich das Denken noch nicht verbieten ließ. Die philosophische Grundlage des Rechts wären religiöse Glaubenssätze. Nun ahnen wir, welche Bedeutung der Gott in der Verfassung haben könnte: mit dem Flammenschwert müsste er diesen Unsinn verteidigen.

Sollte es stimmen, dass wir ab heute, dem 8. August, die Natur irreversibel schädigen, wären wir monströse Menschheitsverbrecher. Nicht nur an Tieren und Pflanzen. Sondern an der Zukunft unserer Kinder.

Hätten wir einen freien Willen, verdienten wir für diese Ungeheuerlichkeiten den vielfachen, grässlichen Tod im Höllensud.

Was aber, wenn wir nicht wüssten, was wir tun? Dürften wir dann ungehindert weitermachen? Oder müssten wir unsere Unfreiheit durch Selbsterkenntnis beenden, um den globalen Zerstörungsprozess zu stoppen?

Die Schlussfolgerung wäre unvermeidlich, dass zur persönlichen und gattungsmäßigen Selbsterforschung jeder Mensch bedingungslos verpflichtet wäre.

 

Fortsetzung folgt.